Protocol of the Session on July 14, 2004

zu diesen – jedenfalls nicht zu allen – Sparoperationen gezwungen wurden, sondern dass Sie manche dieser Sparoperationen, gerade im Sozialbereich, aus einer ideologischen Verbohrtheit heraus begangen haben.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Ich glaube, dahinter steckt ein System. Es gab in diesem Land einen Konsens. Ich möchte jetzt nicht bei Alfred Müller-Armack anfangen. Seine Zeit liegt schon weit zurück. Aber es gab auch einen Konsens in der Union, dass es eine Sozialpolitik geben muss, dass die Sozialpolitik für den Zusammenhalt der Gesellschaft wichtig ist und dass im Zweifelsfall die Sozialpolitik auch die beste Kriminalund Sicherheitspolitik ist. Dieser Konsens bestand. Es gab in diesem Lande eine Sozialpartnerschaft, unter anderem auch mit den freien Trägern, die es in diesem Lande gibt. Das Stichwort dazu lautet: Liga.

Was machen Sie denn? In der Praxis führt das,was Sie machen, zum Ende der Sozialpartnerschaft mit den freien Trägern, die für den Zusammenhalt dieser Gesellschaft gesorgt haben.Praktisch bedeutet das,dass Sie diejenigen, die sich noch darüber Gedanken machen, wie die Sozialpolitik hier aussehen soll, im Prinzip als Hilfstruppe der Opposition betrachten und nicht als diejenigen, die sich für ihre Klientel einsetzen.

Ich kann Ihnen nur sagen: Das ist ein großer Fehler. Denn diese Leute sind keine Hilfstruppe der Opposition. Beispielsweise sind die katholischen Hilfsorganisationen keine Organisationen, die sich im Vorfeld der Sozialdemokratie befinden. Trotzdem sagen die Vertreter von der Caritas bis zur Arbeiterwohlfahrt alle miteinander: Diese Politik ist falsch. – Sie mahnen dringend zur Umkehr, und zwar im Interesse des Zusammenhalts dieser Gesellschaft. Damit fordern sie das letztendlich auch im Interesse der Sicherheit dieser Gesellschaft.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Meine Damen und Herren, ich glaube, dass das von Ihnen politisch gewollt wird. Sie wollen keine Institutionen neben sich haben, auch in anderen Bereichen. Sie wollen im Sozialbereich eine im Prinzip gute Idee entwickeln. Das Stichwort dazu lautet: Kommunalisierung. Das benutzen Sie aber dafür, Ihre Verantwortung am Ende loszuwerden und das Ganze auf die kommunale Ebene abzuschieben. Frau Lautenschläger, genau Sie sind damit gemeint.

Im Grunde genommen haben Sie keinen sozialpolitischen Anspruch. Ich glaube, das hat einen tieferen Grund. Ich glaube, der tiefere Grund besteht darin, dass sich in der Union, zumindest aber in der hessischen Union, inzwischen leider die Auffassung durchgesetzt hat, derzufolge Sie bestimmte politische Themen, bestimmte Ansätze der Politik, die aus Gründen der Gerechtigkeit nötig sind, aus der Politik verbannen wollen. Im Prinzip sind Sie der Meinung – ich drücke es jetzt einmal etwas anders aus –: Wenn jemand ein Problem hat, dann ist er zunächst einmal selbst schuld. – Genau das ist das Problem Ihres Politikansatzes. Ich kann Ihnen nur sagen, dass es auch aus dem Grund des sozialen Zusammenhalts dieser Gesellschaft und nicht zuletzt für die Sicherheit dieser Gesellschaft dringend nötig wäre, spätestens jetzt umzukehren, wo all das eingetreten ist, was wir im letzten Herbst prophezeit haben.Das wäre diesem Land zu wünschen.– Vielen Dank.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Als nächster Redner hat Herr Abg. Hahn für die FDPFraktion das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Bundesrepublik Deutschland ist zu wünschen, dass sie endlich eine neue Bundesregierung erhält und dass es endlich wieder wirtschaftlich und finanziell aufwärts geht.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP und der CDU – Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Oh!)

Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, diesem Land ist zu wünschen,dass die Unglaubwürdigkeit,wie sie sich gerade im Vortrag des Herrn Kollege Al-Wazir wieder fand, nicht weiter belohnt wird.

(Beifall der Abg. Brigitte Kölsch (CDU))

Vielmehr müsste deutlich gemacht werden, dass diejenigen, die sich hier als die Apostel hinstellen, für die sozialen Einschnitte und auch für die Einschnitte, die es hier in Hessen gibt, verantwortlich sind. Herr Al-Wazir, es ist die Politik der Bundesregierung, in der die GRÜNEN eine große Verantwortung tragen, die daran schuld ist, dass Sparmaßnahmen in dieser Größenordnung erfolgen mussten. Ich ergänze dabei, dass noch stärkere Sparmaßnahmen hätten erfolgen können.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Was sind das eigentlich in diesem Landtag für Kollegen von der Opposition, die meinen, die Schwächen ihrer eigenen Parteifreunde in Berlin kaschieren zu müssen, indem sie auf etwas hinweisen und damit die Regierung an zwei Fronten angreifen, aber beide Male ohne Pfeile? Auf der einen Seite sagt der „finanzpolitische Sprecher“ der SPD, der Fraktionsvorsitzende Kollege Walter, es sei unerträglich, dass so viele Schulden gemacht werden. Er sagt: Herr Finanzminister, Sie haben den Haushalt nicht im Griff;Herr Finanzminister,Sie müssen das und das tun.

Auf der anderen Seite stellt sich der innenpolitische Sprecher, gefolgt von der sozialpolitischen Sprecherin der SPD-Fraktion,hierhin und regt sich darüber auf,dass Einschnitte gemacht werden. Herr Kollege Walter, Sie müssen einmal ein in sich stimmiges, konsistentes Konzept vorlegen. Meine sehr verehrten Damen und Herren, das ist die Aufgabe der Opposition dieses Hauses. Wir Liberale nehmen diese Aufgabe wahr.

(Beifall der Abg. Nicola Beer und Florian Rentsch (FDP) und bei Abgeordneten der CDU)

Herr Abg. Hahn, Herr Walter möchte Ihnen gerne eine Zwischenfrage stellen.

Herr Kollege Walter, Sie sollten die Ihnen zustehende Redezeit nutzen, um Ihre Konzepte vorzutragen. Sie sollten

sich nicht mit Zwischenfragen noch auf meine Redezeit kaprizieren.

Die hessischen Sozialdemokraten haben überhaupt keine Konzepte.

(Beifall der Abg. Heinrich Heidel und Florian Rentsch (FDP) und bei Abgeordneten der CDU)

Herr Kollege Walter, der Antrag der Fraktion der SPD ist schlecht. Dann haben Sie ihn auch noch als Ihren Setzpunkt gewählt. Ich hätte wirklich mehr von Ihnen erwartet. Ich hätte gedacht, dass Sie mehr Führungsstärke beweisen und so etwas nicht vorlegen.

Man kann sich wirklich darüber aufregen: Auf der einen Seite sagen Sie, der Haushalt sei nicht korrekt aufgestellt. Auf der anderen Seite sagen Sie aber, es müsse mehr ausgegeben werden. – Liebe Kolleginnen und Kollegen der Roten und der GRÜNEN, wie ist das in Übereinstimmung zu bringen? Wie soll das denn überhaupt logisch möglich sein? Entweder gibt man mehr Geld aus, dann muss man mehr Schulden machen; oder man gibt weniger Geld aus, dann kann man weniger Schulden machen.

Sie behaupten aber, man könne beides gleichzeitig machen. Das ist aber überhaupt nicht möglich. Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, der Antrag, den die Sozialdemokraten vorgelegt haben, stellt einen der Tiefpunkte der Arbeit der Opposition des Hessischen Landtags dar. Ich bedauere sehr, dass sich die GRÜNEN, die heute Morgen in anderen Debatten verdeutlicht haben, dass sie anscheinend an einer konstruktiveren Arbeit der Opposition Interesse haben, an diesem dummen Zeug beteiligen. Das, was Sie hier aufkochen, sind alte Kamellen. Wir haben alleine zu dem innenpolitischen Teil – –

(Zurufe)

Sie können so laut sein, wie Sie wollen, mir steht das Mikrofon zur Verfügung.Deshalb wäre es für uns alle besser, wenn Sie ein bisschen ruhiger wären. Dann muss ich nicht mehr so laut sein. Damit wäre dann alles im grünen Bereich. – Sehen Sie, es geht doch.

(Zuruf)

Es ist nicht alles im grünen Bereich. Ich bitte um Entschuldigung, dass ich diesen Begriff genannt habe. Frau Kollegin, sind Sie damit einverstanden, dass sich alles im blau-gelben Bereich befindet? – Vielen Dank.

Im März 2004 gab es eine von den Sozialdemokraten beantragte Aktuelle Stunde zum Thema innere Sicherheit, bei der im Betreff stand: Sicherheitsrisiko Bouffier. Während der Plenarsitzungsrunde im Mai haben wir Anträge von Rot-Grün behandelt, bei denen es sowohl um die innere Sicherheit als auch um die Sozialpolitik ging.Auch in der Plenarsitzungsrunde im Juni 2004 gab es Anträge von Rot-Grün zu diesem Thema. Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen,es wird nicht besser,wenn Sie diesen Unsinn in immer wieder neuen Anträgen darstellen. Wo sind Ihre Konzepte?

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Wo können Sie denn punkten und sagen, dass diese Landesregierung etwas falsch macht? Ich sage Ihnen – das ist dann auch das Konzept der FDP –:Wir meinen – –

(Zuruf)

Frau Kollegin, ich will Sie nicht verstehen. Aber die Menschen draußen verstehen Sie auch nicht.

(Petra Fuhrmann (SPD): Sie können Sie auch nicht verstehen!)

Es ist deshalb nicht sinnvoll,dass Sie meinen,Ihre Unruhe dadurch kundgeben zu müssen, dass Sie von dort hinten aus so laut rufen.

Wir als FDP haben uns viel Mühe gemacht. Herr Kollege Roland von Hunnius hat dafür zu Recht im letzten halben Jahr sehr viel Lob von Beobachtern und Begleitern aus diesem Hause und von außen erhalten.Wir haben uns die Mühe gemacht, den hessischen Haushalt auf den Kopf zu stellen und zu schauen, wie er saniert, was verkauft werden und wo effektiver gearbeitet werden kann. Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, dieser Arbeit müssen Sie sich erst einmal unterziehen.

(Heike Hofmann (SPD):Auch wir haben Gegenanträge gestellt!)

Zweitens haben wir gesagt: Das Schlimmste, was ein Land machen kann, ist, Schulden aufzunehmen. Noch schlimmer als das Schlimmste ist, in verfassungswidrigem Umfang Schulden aufzunehmen. – Diese Regierung hat für das Haushaltjahr 2004 einen Haushaltsentwurf vorgelegt, der schon vom Ansatz her verfassungswidrig war. Das ist der Hauptangriffspunkt, der sich auch für die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes bietet. Wir nehmen jetzt schon unseren Kindern das Geld weg.

(Beifall bei der FDP)

Wir erhöhen jetzt noch den Schuldenstand. Die Sozialdemokraten und die GRÜNEN finden das Klasse. Sie wollen noch mehr Schulden aufnehmen,

(Günter Rudolph (SPD): So ein Unsinn!)

damit der Staat noch mehr aus seinem Füllhorn geben und damit noch mehr gemacht werden kann. Meine sehr verehrten Damen und Herren, regen Sie sich doch ab. Ihr Konzept ist doch eindeutig. Auf der einen Seite nölen Sie wegen der Ausgaben.Auf der anderen Seite sagen Sie, der Staat müsse mehr Aufgaben übernehmen.

Legen Sie sich diesen Widerspruch doch einmal selbst offen dar. Dann werden auch Sie zu der Auffassung gelangen, dass es nicht sinnvoll ist, das Parlament mit solchen Anträgen zu beschäftigen. Denn das sind Diskussionen, die wir in den letzten drei Plenarsitzungsrunden alle schon einmal geführt haben.

Ein bisschen Verständnis habe ich schon dafür. Ihre Strategie würde aufgehen, wenn Sie in irgendeiner Weise Begleiter hätten.Aber Sie haben keine Begleiter mehr.Auch wir sprechen mit den Vertretern der Sozialverbände.Auch wir sprechen mit den Vertretern der Gewerkschaften über die innere Sicherheit. Da gibt es doch niemanden, der Ihnen auch nur ansatzweise glauben würde,dass Sie das,was Sie jetzt versprechen, umsetzen würden, wenn Sie in Hessen regieren würden. Es gibt doch keinen Einzigen, der das glaubt. Frau Fuhrmann, alle wissen doch, dass Sie in Berlin genau das Gegenteil von dem machen, was Sie hier predigen.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP und der CDU)

„Die Menschen sind nicht so dumm“, sagte gerade eben eine sehr kluge Frau, die unsere Politik beobachtet.

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Aber mancher Abgeordnete!)

Die wissen doch genau, wie unterschiedlich die Aussagen der Sozialdemokraten in Berlin sind und wie die prakti