Protocol of the Session on July 14, 2004

Deshalb gefährdet diese Politik der Landesregierung den sozialen Frieden und ruiniert die innere Sicherheit. Sie tun das nicht aus inhaltlichen Gründen, sondern ausschließlich aus ideologischen. Sie verbrämen das mit finanzpolitischen Erwägungen. Das ist falsch.

Deswegen fordern wir Sie auf: Korrigieren Sie Ihre Fehlentscheidungen. Wer sich hierhin stellt und behauptet, zu den Kürzungen im Sozialbereich gebe es keine Alternative, der sagt schlicht und ergreifend nicht die Wahrheit.

(Petra Fuhrmann (SPD): So ist es!)

Belege sind Ihr Geld für den Kauf von Schlössern und die Unterstützung von Pferderennbahnen. Wir könnten Ihnen Hunderte von Projekten aufzählen, für die diese Mittel weitaus sinnvoller ausgegeben werden können.

(Beifall bei der SPD)

Hören Sie also bitte auf, zu sagen, da gebe es keine Alternativen.

Meine Damen und Herren, wir müssen sparen, auch im öffentlichen Bereich. Sicherlich müssen wir Strukturen verändern. Wir haben jetzt in Hessen Mehreinnahmen von rund 350 Millionen c zu verzeichnen. Nehmen wir viel Geld für den Schuldenabbau – einverstanden. Nehmen wir aber auch ein paar Millionen dafür, um die unsinnig gemachten Einsparmaßnahmen zurückzunehmen. Sie haben Geld, jetzt tun Sie es, das ist auch volkswirtschaftlich sinnvoller für die Zukunft.

(Beifall bei der SPD)

Herr Kollege, kommen Sie bitte zum Schluss.

Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, Ihre Politik des Kahlschlags ist der falsche Weg. Wir wollen eine Sicherheitspolitik, die die innere Sicherheit in Hessen gewährleistet und nicht abbaut. Wir wollen eine

Politik, die den sozialen Frieden in unserem Land erhält und nicht zerschlägt. Deswegen fordern wir Sie zur Umkehr auf. – Vielen Dank.

(Anhaltender Beifall bei der SPD und des Abg.Ta- rek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Als nächste Rednerin hat Frau Kollegin Oppermann für die CDU-Fraktion das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Rudolph, mit Ihrem Rundumschlag versuchen Sie, den Eindruck zu erwecken, dass nach unserer „Operation sichere Zukunft“ dieses Land in Not und Elend versunken sei.Sie sind nicht bereit, zu erkennen, dass wir 1 Milliarde c einsparen mussten,

(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Sie haben das doch gar nicht geschafft!)

weil wir seit Jahren kein Wachstum und eine anhaltend hohe Arbeitslosigkeit haben. Auf der anderen Seite fordern Sie den Finanzminister auf,vermehrt Anstrengungen zum Sparen zu unternehmen.

(Birgit Zeimetz-Lorz (CDU): So ist es!)

Meine Damen und Herren, das ist doch wirklich Scheinheiligkeit pur.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Jörg-Uwe Hahn (FDP))

Nun zu Ihrem Antrag im Einzelnen.

Erziehungsberatungsstellen. Herr Rudolph, von Ihnen kann ich es nicht verlangen. Sie können das nicht wissen, denn Sie sind nicht Mitglied im Sozialpolitischen Ausschuss.

(Widerspruch bei der SPD)

Wir unterhalten uns dort schon seit langer Zeit über die Kommunalisierung sozialer Hilfen. Die Träger der Erziehungsberatungsstellen wussten, dass sie nicht mit einem unveränderten Fördervolumen rechnen konnten. Im Übrigen darf ich darauf verweisen, dass der prozentuale Zuschuss des Landes bei den kommunalen Erziehungsberatungsstellen bei 10 bis 12 % liegt, bei den freien Trägern bei ca. 22 %. Bei den Erziehungsberatungsstellen, bei der Schuldnerberatung wie auch bei dem Programm für straffällig gewordene Jugendliche und in anderen Bereichen ist eine Einschränkung im Leistungsbereich leider nicht zu vermeiden gewesen.

(Günter Rudolph (SPD): Falsch!)

Meine Damen und Herren, aber Sparen, ohne dass es jemand merkt, funktioniert nun einmal nicht. Das betrifft auch die Frauenhäuser. Beispielsweise nehme ich das Frauenhaus im Vogelsbergkreis. Hier darf ich an den Bericht des Landesrechnungshofs erinnern: Im Vogelsbergkreis gibt es eine neu eingerichtete Fachstelle für Frauen in Not, die vom Sozialministerium unterstützt wird und die Beratungsgespräche anbietet. Die umliegenden Frauenhäuser in Gießen und Fulda sind durchaus in der Lage – und praktizieren dies auch –, betroffene Frauen aufzunehmen.

(Lebhafter Widerspruch bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Thema Jugendarbeit. Ich weiß nicht, in welchen Haushalt Sie geschaut haben, als Sie diesen Antrag geschrieben haben. Im Haushalt des Landes Hessen stehen 74 Millionen c im Rahmen des FAG für die Aufgaben der örtlichen Jugendhilfe. Die kommunalen Jugendbildungswerke stehen mit 2,5 Millionen c im Haushalt, und auch die Jugendverbandsarbeit wird mit ca. 2 Millionen c gefördert. Meine Damen und Herren, die Jugendarbeit wird in Hessen auch weiterhin gefördert. Schauen Sie in den Haushalt, und verbreiten Sie hier keine Unwahrheiten.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Thema Polizei. Im Rahmen der „Operation sichere Zukunft“ konnte auch die Polizei nicht gänzlich ausgenommen werden. Gemessen an dem Stellenanteil der Polizei am Gesamtstellenaufkommen der Landesverwaltung wurde aufgrund der politischen Schwerpunkte innere Sicherheit und polizeiliche Präsenz ein äußerst maßvoller Sparbeitrag vorgesehen. Bei der Umsetzung der Vorgaben der vorzunehmenden Einsparungen galt es, die unterschiedlichen Beschäftigtengruppen der Polizei so einzubeziehen, dass die Funktionsfähigkeit und -bereitschaft der Polizei erhalten bleibt. Ein gänzlicher Ausschluss der Polizeivollzugsbeamtinnen und -beamten war hier nicht möglich. Der Polizeivollzugsdienst wurde hier mit 360 Beamtinnen oder Beamten herangezogen, die in den Jahren 2007 und 2008 aus Altersgründen ausscheiden. Bis zur Pensionierung versehen diese weiterhin Dienst bei ihren Dienststellen.

Hinzu kommt aus der Verlängerung der Arbeitszeit der Beamtinnen und Beamten ein rechnerischer Kapazitätszuwachs von rund 1.100 Vollzeitstellen. Gleichzeitig wird aus der Ausbildungsoffensive im gehobenen Polizeivollzugsdienst bis zum Jahr 2006 ein über die voraussichtliche Ausscheidungsrate hinausgehender Personalzuwachs von mehr als 500 ausgebildeten Polizistinnen und Polizisten erzielt.

Meine Damen und Herren, das sind die Zahlen. Die polizeiliche Präsenz wird hierdurch nachhaltig gestärkt.

(Beifall des Abg. Dr. Franz Josef Jung (Rheingau) (CDU) – Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Wie bitte?)

Ich will auch sagen: Der verbleibende Abbau von 600 Stellen im Verwaltungsbereich wird sicherlich zu strukturellen und personellen Einschnitten führen und – das sage ich auch – bedarf bei der Realisierung erheblicher Anstrengung und struktureller Überlegung.

Aber nehmen Sie bitte auch zur Kenntnis: Wir haben, diese Landesregierung hat in den letzten Jahren mit der Ausstattungsoffensive schon viel erreicht.

(Beifall des Abg. Dr. Franz Josef Jung (Rheingau) (CDU))

Ich nenne hier die 10.000 neuen Computer, POLAS und COMVOR. Überlegen Sie einmal, was von Ihnen in Ihrer Regierungszeit für die Polizei getan worden ist. Da braucht man gar nicht lange zu überlegen: Sie haben die Polizei in Ihrer Regierungszeit schmählich im Stich gelassen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Lachen des Abg. Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN) – Dr. Franz Josef Jung (Rheingau) (CDU): Die GRÜNEN zuallererst!)

Thema Kriminalitätsbekämpfung. Selbstverständlich gehört zu einer umfassenden Kriminalitätsbekämpfung auch eine zeitnahe und qualitativ hochwertige Durchführung von strafrechtlichen Ermittlungen und Gerichtsverfahren. Betrachten wir einmal die Zahlen der Erledigung von Strafsachen in Hessen aus den Jahren 1998 bis 2003. Der Geschäftsanfall der Staatsanwaltschaften in Hessen und der Amtsanwaltschaft Frankfurt am Main ist von 1998 bis 2003 um rund 10 % gestiegen. Die durchschnittliche Dauer der Verfahren ist seit dem Jahr 2001 praktisch konstant bei 2,5 bis 3,3 Monaten. Dabei konnte die Verfahrensdauer im Jahr der größten Steigerung, im Jahr 2003, sogar im Durchschnitt um zwei Monate verkürzt werden. Auch bei der Justiz gilt, dass durch die Verlängerung der Arbeitszeit Kapazitäten gewonnen werden.

(Petra Fuhrmann (SPD): Da freuen sich die Polizisten!)

Meine Damen und Herren,ich sage es eigentlich fast in jeder Plenarsitzung, und ich werde es wahrscheinlich auch in den nächsten Monaten immer wieder sagen: Die Kraftanstrengung, die wir mit der „Operation sichere Zukunft“ unternommen haben, sichert uns die finanzielle Handlungsfähigkeit in der Zukunft.

(Petra Fuhrmann (SPD): So einen Unsinn kann man überhaupt nicht erzählen!)

Frau Kollegin, Sparen ist niemals populär. Wenn Sie jetzt herkommen, wie ich in einigen Pressemitteilungen gelesen habe, und sagen, die Steuermehreinnahmen, die wir glücklicherweise im ersten Halbjahr hatten, sollten gleich wieder ausgegeben werden, anstatt sie zur Schuldensenkung zu nutzen, zeigt das wieder einmal, dass Sozialdemokraten überhaupt nicht mit Geld umgehen können. – Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der CDU)

Als nächster Redner hat Herr Abg.Al-Wazir, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Am 26. November 2003 haben wir in diesem Plenarsaal über die „Operation düstere Zukunft“ diskutiert.

(Zuruf des Abg. Michael Boddenberg (CDU))

Danke, dass Sie inzwischen auch „Operation düstere Zukunft“ angenommen haben, Herr Boddenberg.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Michael Boddenberg (CDU): Finden Sie das eigentlich immer noch lustig?)

Ich weiß ziemlich gut, dass in dieser Debatte von uns als Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Gegenvorschläge zu Ihren Vorstellungen eingebracht worden sind. Einer dieser Gegenvorschläge war unter anderem, dass wir gesagt haben, wir sind der Meinung, dass eine Landesregierung, die sich in einer zugegebenermaßen schwierigen finanziellen Lage auch noch künstlich arm rechnet, indem sie von einem Wachstum von 1 % ausgeht, wohl wissend, dass alle Prognosen zwischen 1,6 und 1,8 % gesagt haben, nicht seriös ist.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Michael Boddenberg (CDU): Seit wann hat denn eine Prognose gestimmt? – Zuruf des Abg. Dr. Franz Josef Jung (Rheingau) (CDU))

Deswegen haben wir als BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gesagt, wir wollen auch auf der sicheren Seite sein. Wir rechnen nur mit 1,2 % Wachstum. Diese 0,2 % mehr hätten,auf das Jahr gerechnet,Mehreinnahmen von ungefähr 30 Millionen c im Haushalt bedeutet. Ihre gesamten Kürzungs- und Kahlschlagorgien im Sozialbereich haben unter dem Strich 28,5 Millionen c eingebracht. Herr Boddenberg und Herr Milde, Sie wissen es genau, wir stellen Mitte Juli fest