Der Kollege Frömmrich hat zu Recht darauf hingewiesen, welche Mitarbeiter von diesen Meldungen an die PVS eigentlich betroffen sind. Es handelt sich überdurchschnittlich häufig um Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des einfachen und des mittleren Dienstes, obwohl ihr Anteil viel geringer ist als etwa der der Mitarbeiter des gehobenen Dienstes. Nach wie vor trifft zu: Sie opfern Indianer, um die Häuptlinge zu retten.Auch das ist ein falscher Ansatz in der Personalpolitik.
Deswegen können Sie sich nicht ernsthaft hierhin stellen und sagen, das sei ein wunderbares und intelligentes Modell der Personalführung. Ich frage mich, wo Sie leben. Angesichts des Unsinns,den Sie hier fabrizieren und dann den Menschen verkaufen wollen, stelle ich mir vor, wie wohl wirklich intelligente Modelle der Personalführung aussehen.
In den letzten Wochen und Monaten ist es in den Landesverwaltungen zu einem Vertrauens- und Motivationsverlust sowie zu einem Gefühl der Unsicherheit gekommen. So habe ich das in den letzten Jahren nie wahrgenommen.
Auch wir haben Einschnitte vorgenommen. Wir haben uns in der damaligen Koalition – das würde man heute vielleicht nicht mehr machen, Herr Kollege Al-Wazir – trefflich über die Kürzungen bei den Jubiläumszuwendungen gestritten. Das hat einen „tollen“ materiellen Gegenwert in Höhe von 1,5 Millionen c gebracht. Der politische Ärger, den wir uns damit eingehandelt haben, war jedoch um ein Vielfaches höher.
Die damalige Opposition hat gesagt, für die hessischen Verwaltungen bedeute das den Untergang des Abendlandes.Aber das,was Sie heute machen,ist ein Radikalabbau. Sie betreiben Kahlschlag. Sie werfen all das, was in den hessischen Verwaltungen aufgebaut wurde, nämlich den sozialen Frieden, über Bord.
An dem PVS-Desaster wird deutlich, dass Sie nicht einmal die Grundzüge der Organisation einer Verwaltung beherrschen. Zunächst macht man eine Aufgabenkritik. Dann legt man eine Organisationsstruktur fest. Anschließend beschäftigt man sich mit dem Personalbedarf.
Sie gehen genau den entgegengesetzten Weg. Sie handeln nach Gutsherrenart à la Roland Koch: Ich schreibe fest, wie viele Mitarbeiter ich nicht mehr brauche, und danach richte ich die Organisation und die Struktur aus. – Das Ergebnis sehen wir bei der Schließung von Amtsgerichten und Finanzämtern. Die Bürgernähe geht verloren. Sie haben es geschafft, dass wir völlig demotivierte Verwaltungsmitarbeiter haben. Das ist Ihre politische Verantwortung.Wir lassen Ihnen das nicht durchgehen.
Das ist auch ein Beispiel dafür,wie man es in wenigen Monaten schaffen kann, eine ganze Verwaltung zu ruinieren. Auch Ihr Ausstieg aus der Tarifgemeinschaft der Länder ist ein falsches Signal.
Wir haben Ihnen einen anderen Weg angeboten, den Sie nie ernsthaft geprüft haben. Die GRÜNEN haben gesagt, dass wir bei den Personalkosten einsparen sollten. Wir wiederholen das wie eine tibetanische Gebetsmühle: Wir werden Personalkosteneinsparungen machen. Das kann man erreichen, indem man sozialer staffelt, etwa beim Weihnachts- oder Urlaubsgeld. Jemandem, der B 6 hat und mehr verdient,darf man mehr abziehen als einem Beamten oder Angestellten im mittleren Dienst. – Das wurde kaltschnäuzig abgelehnt.
(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Er hat ein sonniges Gemüt! Darum bleibt er! Darum wird er nicht gemeldet!)
Ihre Alternative ist, es sich mit den hohen Funktionsträgern nicht zu verderben. Nach dem Motto „Sie sind alle irgendwie beteiligt“ geht es eben quer durch die Masse. Aber unter sozialen Gesichtspunkten ist das einfach nicht in Ordnung.
Im Übrigen kommt ein Kaufkraftargument hinzu. Derjenige, der ein geringeres Einkommen hat, gibt das eher für den Konsum aus als jemand, der über ein höheres Einkommen verfügt. Das lernt man im ersten Grundkurs der Volkswirtschaftslehre.
Deswegen bleibt es auch bei unserer Forderung,einen Beschäftigungspakt aufzulegen.Was spricht eigentlich dagegen, mit den Gewerkschaften einen Pakt zu schließen und zu sagen: „Wir machen eine Begrenzung der Personalkosten“? Wir haben vorgeschlagen, in den nächsten Jahren bei den Personalkosten 1 % einzusparen. Das ist ein ehrgeiziges Ziel. Die Beteiligten sollen gemeinsam herausarbeiten, wie das möglich ist.
Frau Wagner, es ist möglich. In anderen Bereichen wird das vorgemacht. Gehen Sie in große Betriebe. Dort wird ein Sanierungspakt geschlossen und gesagt, dass man die Summe X erbringen müsse. Dann geht es darum, wie das zu schaffen ist.
(Beifall bei der SPD – Jürgen Frömmrich (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN): Man hat noch nicht einmal den Versucht gemacht, mit den Mitarbeitern zu reden!)
Was ist denn die hessische Landesverwaltung? Mit etwa 150.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ist sie der größte Arbeitgeber in diesem Bundesland. Daher muss es möglich sein, intelligente Konzepte zur Personalkosteneinsparung zu entwickeln – wenn man nur bereit ist, auf eine intelligente Weise darüber zu diskutieren. Sie tun genau das Gegenteil.
Herr Kollege Rudolph, ist Ihnen klar, dass in Großbetrieben, gerade in deutschen Unternehmen, am Ende solcher Programme Entlassungen stehen und dass die PVS verhindert, dass Menschen aus dem Landesdienst entlassen werden?
Das ist so, wie Sie es darstellen, nicht richtig. Ich nehme das Beispiel der Volkswagen AG, des größten Arbeitgebers in Nordhessen mit rund 15.000 Beschäftigten. In diesem Unternehmen sind die Arbeitszeitregelungen so gestaltet, dass alle Beschäftigten kürzer arbeiten, damit mehr Leute beschäftigt werden können. Unter dem Strich
Nein, ich höre aus vielen Rückmeldungen und in Gesprächen mit Angehörigen der Landesverwaltung – wenn Sie das nicht wahrnehmen,ist das Ihr Problem –,dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verärgert sind. Sie fragen sich: Warum redet die Landesregierung nicht vorher mit uns, warum verkündet sie per Internet, was wir zu machen haben?
Das ist Ihr Weg, den wir heftigst kritisieren. Reden Sie doch einmal mit den Betroffenen über intelligente Einsparmöglichkeiten. Das haben Sie nicht gemacht.
Über das Instrument PVS – die Personalvermittlungsstelle oder, wie es treffender genannt wird, die Mobbingstelle – muss man nach viereinhalb Monaten ein vernichtendes Urteil fällen. Sie ist ein verfehltes Instrument der Personalpolitik, der Personalbewirtschaftung. Sie haben es fertig gebracht,ganze Verwaltungen lahm zu legen,weil die Mitarbeiter natürlich zu Recht fragen: Was passiert mit mir? – Wenn man Angst hat, konzentriert man sich weniger auf die Arbeit;dann ist sich jeder selbst der Nächste.Sie werden nicht erreichen,dass in dieser Situation die Bürgernähe des Landes weiter aufrechterhalten wird.
Wir wissen, dass unsere Forderung an die Landesregierung ein hohes Ansinnen darstellt. Wir fordern die Landesregierung nämlich auf, einzugestehen, einen Fehler gemacht zu haben. Wir fordern die Landesregierung auf, eine moderne Personalpolitik zu betreiben. Die macht man nun einmal mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern,nicht gegen sie.Wir fordern die Landesregierung auf, ihre verhängnisvolle Personalpolitik zu ändern. Wir sind bereit, auch unpopuläre Maßnahmen mitzutragen, wenn Sie es ehrlich meinen. Unser Angebot steht nach wie vor.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Aufgabe, die Personalkosten absolut und als Quote der Gesamtausgaben zu senken, war für die vorige Landesregierung wichtig und ist für die jetzige Landesregierung wichtig. Deshalb kann ich sagen: Es ist vollkommen zu begrüßen, dass die Landesregierung die Senkung der Personalkosten als einen der Schwerpunkte ihrer Politik ansieht.
Das ist allerdings das Einzige, was ich loben kann. Nach den erfreulich konkreten Darlegungen des Herrn Staatssekretärs Dr. Arnold im Haushaltsausschuss muss ich sagen, dass sich die PVS – zumindest bisher – nicht als ein Erfolg erwiesen hat.
Wie würden Sie es denn nennen, wenn die Vorgabe lautet, 7.734 Stellen in die PVS zu melden, und am 27.April, also einen Monat nach dem gesetzlich vorgegebenen Schlusstermin, sind nur 6.118 Stellen dargestellt? Statt 7.734 Stellen sind es nur 6.118 Stellen. Das ist eine Quote von 79,1 %. Das als einen „Erfolg“ zu bezeichnen, ist ausgesprochen gewagt.
Für den Bereich des Ministeriums für Umwelt, ländlichen Raum und Verbraucherschutz lautete die Vorgabe, 1.378 Stellen an die PVS zu melden. Gemeldet worden sind 376,8 Stellen, also 27,3 %.Auch das ist nicht als Erfolg anzusehen. Es entspricht aber – nach der Rechnung von Herrn Staatssekretär Dr. Arnold – einer Zielerreichung von 101,3 %. Da staunt man allerdings und überlegt sich: Wie kann das zustande kommen? Mehr als 100 % Zielerreichung bei einer Erfüllungsquote von 27,3 %? Das ist eigenartig.
Die Landesregierung weist darauf hin,dass sie von der gesetzlichen Möglichkeit Gebrauch gemacht hat, die Vorgabe um 10 % zu reduzieren. Das ist zwar richtig, aber es ist nichts anderes als ein Beweis dafür,dass die gesetzliche Vorgabe von 7.734 Stellen nicht zu erreichen war.Wie soll man das sonst lesen? Entweder war die Vorgabe realistisch, und sie konnte nicht durchgesetzt werden, oder es wurde von vornherein ein 10-%-Puffer eingebaut, um selbst im schlimmsten aller Fälle einen Erfolg melden zu können. Das sind die beiden Möglichkeiten.Was auch immer zutrifft: Es ist kein Zeichen für einen überragenden Erfolg der PVS.
Die überraschenden Erfolgsmeldungen aus dem Hause Weimar zeigen auf unrühmliche Weise, dass nach einem Modell gerechnet worden ist, das wir eigentlich vergessen glaubten, nämlich nach dem Modell Holzapfel. Sie erinnern sich – das sage ich jetzt für die jüngeren Kollegen unter uns –: Der damalige Kultusminister Holzapfel musste mit zu geringen Haushaltsmitteln ein zu großes Soll an Unterrichtsstunden bewältigen. Das stellt man ja sehr ungern dar. Deshalb hat er in seiner Not die Zahl der nach der Stundentafel zu erteilenden Stunden reduziert und das Ist auf die reduzierte Summe bezogen. Schon war der Erfolg da. Das ist genau die gleiche Art der Rechnung wie die, die Sie von der CDU jetzt aufstellen.
(Beifall bei der FDP – Jürgen Frömmrich (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN):Frau Wolff übernimmt das Konzept gerade!)
Das war schon damals falsch, und wir haben es kritisiert. Auch Sie haben es kritisiert, aber Sie machen jetzt genau das Gleiche. Sie reduzieren das Ziel, um einen Erfolg ausweisen zu können.
Ich möchte die Personen nicht vergleichen. Beide sind sehr unterschiedlich und auf ihre jeweilige Art zu würdigen. Aber die Rechenart ist bedauerlicherweise die Gleiche, Herr Kollege Milde.