Deswegen ist es völlig richtig, dass gesagt wird: Es gibt jetzt noch ein einziges Mal einen Gesetzentwurf der Bundesregierung und der Mehrheit des Bundestages. Dann muss sich die Union entscheiden, ob sie Ja sagt, das für dieses Land wichtige Thema endlich zu regeln,oder ob sie bei ihrer Blockadehaltung bleibt. Das ist dann die Entscheidung der Union.
Wenn die Union bei ihrer Blockadehaltung bleibt, dann werden wir in den Bereichen, wo wir den Bundesrat nicht brauchen, in Einzelgesetzen dafür sorgen, dass dieses Land vorankommt.
Frau Wagner, Sie müssen sich vielleicht einmal an die eigene Nase fassen. Ich kann mich gut daran erinnern, wie im März 2002 der Staatsschauspieler Koch im Bundesrat seine Show abgezogen hat. Ich meine, mich erinnern zu können, dass Sie damals neben ihm gesessen haben.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Ruth Wagner (Darmstadt) (FDP): Das ist unglaublich! – Zuruf des Abg. Horst Klee (CDU))
Deswegen sage ich Ihnen: Ich glaube, dass sich auch die FDP in diesem Zusammenhang überlegen muss – –
Das ist nicht die Unwahrheit, Sie haben damals neben ihm gesessen und in letzter Konsequenz an der Blockadehaltung mitgewirkt, die das Problem hervorgerufen hat, das wir jetzt haben.
Herr Al-Wazir, ist Ihnen entgangen, dass ich am 22. März 2002 gemeinsam mit Herrn Koch zur Sache geredet habe – anders als Herr Stolpe, der das Recht gebeugt hat, wie das Verfassungsgericht festgestellt hat – und dass wir für die Landesregierung an die rot-grünen Bundesländer appelliert haben, endlich den Vermittlungsausschuss anzurufen, um die drei Punkte, die noch offen waren, zu klären? Wir haben uns enthalten. Das müsste Ihnen ein Hinweis darauf sein,dass wir uns in vielen Punkten nicht einig waren. Haben Sie das vergessen? Ich saß nicht daneben und habe nur gelächelt, sondern ich habe dieselbe Position wie heute vorgetragen. Erinnern Sie sich daran?
Frau Wagner, ich erinnere mich daran. Ich stelle fest, dass Enthaltungen im Bundesrat ein „Nein“ sind, weil das nämlich ein zustimmungspflichtiges Gesetz war. Und ich stelle fest, dass wir nach der Anrufung des Bundesverfassungsgerichts in den Vermittlungsausschuss gegangen sind, wie Sie das vorgeschlagen haben.
Das Ergebnis sehen wir gerade, nämlich eine Blockade allerorten. Denn wenn ein Mann nicht will, dann soll man ihn nicht zwingen, Frau Kollegin Wagner.
Ich komme zum Schluss, Herr Präsident. – Ich sage, dass sich die Union entscheiden muss, ob sie bereit ist, das zu tun, was für die Zukunft dieses Landes nötig ist, nämlich endlich ein zukunftsweisendes Zuwanderungsgesetz zu beschließen,oder nicht.Diese Entscheidung steht jetzt an. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich zum Titel der Aktuellen Stunde zwei bis drei Sätze verlieren. Frau Wagner, Sie haben gesagt: Jetzt
oder nie. – Da will ich Ihnen Folgendes entgegnen: Ein schnelles Zuwanderungsgesetz ist kein Wert an sich. Es muss am Ende auch etwas taugen.
Es muss besser sein als das, was wir bereits heute haben. So etwas schnell zu machen – das ist eben bereits erörtert worden – hat Rot-Grün bereits probiert, indem Sie im Bundesrat unter Missachtung verfassungsrechtlicher Verfahrensregeln ein Gesetz durchgeboxt haben. Ich finde es außerordentlich mutig, was Sie, Herr Kollege Al-Wazir, dazu gesagt haben. Denn letztlich waren die GRÜNEN gemeinsam mit der SPD an der Rechtsbeugung, wie es Frau Kollegin Wagner genannt hat, beteiligt.
Schnell und schlecht – dann lieber nie. Gut und ausgewogen – dann darf es unserer Auffassung nach auch schnell gehen. Aber dafür muss die Koalition zurück an den Verhandlungstisch, und dafür müssen insbesondere die GRÜNEN ihre Blockadehaltung in dieser Frage aufgeben.
Wir leben im Jahr 2004.Es ist doch nicht so,als ob seit dem Jahr 2000 die Zeit stehen geblieben wäre.Wir haben doch einiges erlebt. Denken wir einmal an New York 2001 und ähnliche Geschichten.
Weil möglicherweise Teile dieses Anschlages eben von der Bundesrepublik Deutschland aus geplant worden sind. Das hat etwas mit dem Zuwanderungsgesetz zu tun, Herr Kollege Al-Wazir.
Das Zuwanderungsgesetz muss den vitalen Sicherheitsinteressen unseres Landes am Ende gerecht werden. Ein Zuwanderungsgesetz ohne Beachtung dieser Sicherheitsinteressen kann niemals gut und ausgewogen sein. Aber ich glaube,daran haben die GRÜNEN überhaupt kein Interesse. Das haben Sie, Herr Kollege Al-Wazir, hier deutlich gemacht. Was grünes Interesse ist, hat Angelika Beer auf Ihrem Länderrat zum Ausdruck gebracht. In der „FAZ“ vom 10.5. wird sie mit der Aussage zitiert: „Die Union spaltet unsere multikulturelle Gesellschaft.“ – Wir wollen nicht Multikulti als Ziel unseres Zuwanderungsgesetzes. Wir wollen, wie es hier auch schon zum Ausdruck gekommen ist, lediglich eine begrenzte und gesteuerte Zuwanderung und Verfolgten und Flüchtlingen aus humanitären Verpflichtungen heraus Schutz bieten, solange sie verfolgt sind. Dafür sind wir zu haben. Wir wollen hochqualifizierte Menschen in unserem Land. Das kann und muss geregelt werden.Aber wir wollen keine Zuwanderung in Sozialsysteme. Das muss das Zuwanderungsgesetz am Ende auch hergeben.
Dass die GRÜNEN das Interesse verloren haben, könnte auch etwas damit zu tun haben, dass die Flüchtlingsfragen auf EU-Ebene eine Klärung erfahren haben. Sicherheit ist nun einmal kein grünes Thema. Damit können Sie Ihre Basis nicht beeindrucken. So ist die Blockadehaltung auch zu erklären.
(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): In fünf Minuten so viel Unsinn zu reden ist schon eine Leistung!)
Schily hat längst erkannt, dass die innere Sicherheit, die Gefahrenabwehr, die Terrorbekämpfung und die Bekämpfung extremistischer Bestrebungen in Deutschland beim Zuwanderungsgesetz Berücksichtigung finden müssen. Das muss dort geklärt werden.
Frau Kollegin Wagner, wo sollen wir es denn sonst klären, wenn nicht im Ausländerrecht? Sollen wir die Frage der Sicherheit in Deutschland, die eben auch mit Ausländern zu tun hat, im Rentenrecht oder sonst wo klären? Hier ist sie gut aufgehoben und muss Gegenstand dieses Zuwanderungsgesetzes werden. Die Forderungen, die wir hier erheben, kommen doch nicht von irgendwo her. Da geht es z. B. um nachgeholte Grenzkontrollen bei illegal Eingereisten, weil die Identitätsverschleierung häufig eine Rückführung und Ausweisung erschwert oder verhindert. Rot-Grün lehnt das ab. Rot-Grün lehnt auch die erleichterte Ausweisung straffälliger Ausländer ab.
Herr Kollege, stimmt es und erinnern Sie sich, dass diese Frage nach der Sicherheitskonzeption für das Zuwanderungsgesetz bereits im ersten dieser 116 Anträge, der von der CDU stammte, enthalten war und dass es nicht zutrifft, was die GRÜNEN und die Roten, insbesondere aber die GRÜNEN, behaupten, dass nämlich dies draufgesattelt sei?
Ja, Herr Kollege, das ist völlig richtig. Die Frage nach der Sicherheit ist nichts Neues. Die Frage nach der Sicherheit ist beim Zuwanderungsgesetz bloß noch nicht geklärt. Da geht es, wie Sie, Herr Kollege Klein, zu Recht darauf hingewiesen haben, um die Regelausweisung von Mitgliedern gewaltbereiter extremistischer Organisationen oder die Ermessensausweisung von so genannten „geistigen Brandstiftern“.
(Priska Hinz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Die Bezeichnung „geistige Brandstifter“ ist wirklich nichts, was man in diesem Zusammenhang benutzen sollte!)
Da geht es um die Regelanfrage beim Verfassungsschutz. Das sind doch alles Dinge, die notwendig sind und mit dem Zuwanderungsgesetz geklärt werden müssen. Ein letzter Punkt ist die Verkürzung des Instanzenzuges und die Verfahrensbeschleunigung bei Ausweisung und Abschiebung bei besonderer Gefährlichkeit.
Herr Kollege, Sie müssen zum Schluss kommen. Es gibt auch noch den Wunsch nach einer Zwischenfrage. Das muss jetzt aber schnell über die Bühne gehen.
Ich komme zum Schluss.– Es geht um die Lösung des Problems, dass sich kriminelle Extremisten den Rechtsstaat mit seinen ausgeprägten prozessualen Individualrechtsschutzmöglichkeiten zunutze machen und sich jahrelang durch alle Instanzen klagen und letztlich nicht mehr abgeschoben werden können.
(Priska Hinz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das können Sie doch nicht wirklich ernst meinen! – Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Und Sie wollen den Rechtsstaat bei Gelegenheit abschaffen oder einschränken!)
Das lehnen Sie von Rot-Grün ab. Ich meine, das muss Gegenstand des Zuwanderungsgesetzes werden. Daher wollen wir lieber ein gutes statt ein schnelles Recht. – Herzlichen Dank.