Protocol of the Session on May 12, 2004

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Überall, wo das so gemacht und nicht etwa dümmlich zerredet wird, sagen die Leute: Prima, gebt uns mehr davon. Wir sind froh, wenn abends an der Bushaltestelle jemand steht und guckt, was da passiert. – Diese Kräfte sind kein Ersatz für einen Polizeikommissar. Es ist gut, wenn im Park jemand steht und aufpasst. Es ist gut, wenn sich die Menschen um andere kümmern.

Wir zwingen niemanden dazu, sondern wir machen nur ein Angebot. Dieses Angebot ist mittlerweile von über 40 Städten angenommen worden. Deshalb kann und muss man dieses Thema anders behandeln, als Sie es hier tun.

Letzter Punkt: Statistik. Auch das ist kein Anlass zum Jubeln. Jeder Betrachter weiß, dass man eine Entwicklung über einen längeren Zeitraum verfolgen muss, wenn man ernsthaft vorgehen will.Trotz dieser Einschränkung – darauf lege ich Wert – lässt sich erkennen, dass Hessen deutlich unter dem Bundesdurchschnitt liegt, was die Kriminalität betrifft.

Nehmen wir Frankfurt. Es wurde gesagt – das hat vielerlei Gründe –, wie man die Zahl der Straftaten im vergangenen Jahr errechnet hat. Wir haben vieles von dem, was vorher im Dunkeln geblieben ist, aufgehellt. Was die Statistik betrifft, sind wir zum Teil Opfer unserer eigenen Arbeit: Graffiti, jede Menge Kontrolldelikte, und zwar andere als vor Jahren. Manches wurde früher gar nicht verfolgt.

Die Zahl der Straftaten liegt bei ca. 110.000. In der Zeit Ihrer Regierungsverantwortung, von 1991 bis 1998 oder – wenn Sie so wollen – bis 1999, haben Sie in Frankfurt am

Main kein einziges Mal einen so günstigen Wert erreicht. In Frankfurt am Main war die Kriminalität unter RotGrün immer deutlich höher, als sie heute ist.Wir befinden uns, was die Kriminalität angeht, auf dem Stand von 1983. Unter Ihrer Regierungsverantwortung hatten wir einen Spitzenwert von 140.000 Straftaten.

Ich behaupte nicht, das alles sei Anlass für Begeisterung. Nur um es richtig einzuordnen: Wer hier Kritik übt, muss sich an seinen eigenen Leistungen messen lassen.

(Beifall bei der CDU)

Herr Minister, lassen Sie eine Zwischenfrage von Herrn Al-Wazir zu?

Frau Präsidentin, ich möchte gerne im Zusammenhang vortragen. Außerdem ist die Zeit fortgeschritten. – Nehmen Sie zu dem Thema „Statistik und Frankfurt“ einfach einmal die zwei Botschaften auf.

Es ist gesagt worden – das gehört wie das „Ceterum censeo“ des alten Cato dazu –:Die hessische Polizei ist am besten ausgebildet, am besten ausgestattet und am besten bezahlt.

(Beifall bei der CDU – Manfred Schaub (SPD):Wir wollten das so! Das ist unglaublich!)

Wir wollten dies gemeinsam und haben es durchgesetzt.

(Weitere Zurufe von der SPD)

Frau Präsidentin, es tut mir Leid, aber ich möchte gerne, dass das im Protokoll deutlich herauskommt: Mitglieder der SPD-Fraktion rufen „Unglaublich!“ Sehr gut, mehr sage ich dazu nicht. Außer der SPD-Fraktion im Hessischen Landtag haben das mittlerweile alle begriffen.

(Fortgesetzte Zurufe von der SPD)

Herr Schaub, ich bin im Besitz des Mikrofons. Da Sie sich so aufregen – Sie wollten doch eine politische Debatte –, möchte ich auf eine Sentenz eingehen. Das möge Ihnen jetzt einmal deutlich werden, sehr verehrter Herr Schaub.Wenn ich „effektive Politik statt starker Sprüche“ sage, nicken Sie. Dann will ich Ihnen jetzt etwas sagen: Sie sind ein Pharisäer. – Ich will Ihnen auch sagen, warum.

(Lebhafter Beifall bei der CDU)

Langsam, langsam. – In der Sache können wir immer streiten; das muss vielleicht auch sein.Aber eines lasse ich mir hier nicht vorhalten. Dabei beziehe ich mich auf die Truppe, die die politische Verantwortung für einen Ministerkollegen trägt, der woanders sitzt – ich meine Otto Schily.

Von wegen große Sprüche.Wir alle sehen uns der größten Herausforderung durch den Terrorismus gegenüber. „Wer den Tod haben will, kann ihn kriegen“, wurde verkündet. Ich habe noch nie etwas Martialischeres gehört. Ununterbrochen wird angekündigt, eine Sicherungshaft für diejenigen einzuführen, die wir zwar nicht strafrechtlich belangen, aber auch nicht ausweisen können.

Der Unterschied zwischen unserer Politik – die Sie kritisieren mögen – und dem, was Sie politisch verantworten, ist der: Das, was wir angekündigt haben, haben wir auch

durchgeführt. Das, was Sie in Berlin ankündigen, führen Sie nicht durch. Die Sicherungshaft kommt nämlich nicht.

(Lebhafter Beifall bei der CDU – Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wenn wir eine politische Debatte über Sicherheitspolitik führen wollen, sage ich Ihnen:Wenn Sie ernst genommen werden wollen, stellen Sie sich einmal vor, ich oder ein anderer Amtsträger der CDU hätte diesen Spruch gebracht. Sie hätten sich vor Empörung nicht mehr einkriegen können. Sie hätten die Einberufung von Sondersitzungen verlangt. Heute ducken Sie sich feige weg. Das ist aber genau das, was man bei der Sicherheitspolitik nicht tun darf.

(Anhaltender lebhafter Beifall bei der CDU)

Es liegen uns keine weiteren Wortmeldungen vor. – Oder war das eine Wortmeldung? Ich dachte, Sie wollten etwas zur Geschäftsordnung sagen. Sie haben das Wort, Herr Al-Wazir.

Das war eine Wortmeldung, Frau Präsidentin. – Ich glaube,dass es eines Innenministers nicht würdig ist,einen Abgeordneten dieses Hauses derart zu beleidigen, wie er es gerade mit dem Abg. Schaub gemacht hat.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Zurufe von der CDU: Oh!)

Ich stelle fest, dass ein Innenminister, der glaubt, so etwas nötig zu haben, in der Sache große Probleme hat.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Ich stelle daher fest, dass unsere Anträge mehr als gerechtfertigt sind.

Herr Minister, ich sage einen einzigen Satz. Ich wollte Ihnen vorhin eine Zwischenfrage stellen. Jetzt stelle ich sie Ihnen von hier aus.Wären Sie bereit, zuzugeben, dass der Abg. Bouffier schreiend auf dem Kopf gestanden und mit den Ohren gewackelt hätte, wenn unter der Verantwortung von Gerhard Bökel die Kriminalität innerhalb von zwei Jahren um 11 % gestiegen wäre? – Vielen herzlichen Dank.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Es gibt eine weitere Wortmeldung von Herrn Gotthardt. Bitte sehr.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Dass der Kollege Al-Wazir jetzt schon den Kollegen Schaub von der SPD verteidigt, ist in Ordnung. Ich will nur der guten Form halber darauf hinweisen, dass die Überschrift des Antrags von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN „betreffend Innenminister Bouffier als Sicherheitsrisiko“ lautet.Wer einen Antrag mit solch einem Titel versieht, braucht sich dann nicht zu wundern, wenn es heißt: So, wie man in den Wald hineinruft, schallt es heraus.

(Anhaltender lebhafter Beifall bei der CDU)

Habe ich eine Wortmeldung übersehen? – Meine Damen und Herren, es wäre gut, wenn Sie uns gelbe Karten abgäben. Das ist in der Geschäftsordnung so festgelegt.

(Zuruf von der CDU: Skatturnier!)

Nein, kein Skatturnier. Das schreibt die Geschäftsordnung des Hessischen Landtags vor. Die Karten sind gelb. Sie können sie aber auch gern anders einfärben lassen. – Herr Schaub, Sie haben das Wort für die SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch ich müsste längst in Gernsheim beim Fußball sein. Aber ein paar Behauptungen können hier nicht unwidersprochen stehen bleiben – vor allem diejenige nicht, bei der wir vorhin „Unglaublich!“ dazwischengerufen haben. Wenn einer von der Truppe, die die Einführung der zweigeteilten Laufbahn jahrelang verhindert und bekämpft hat,

(Frank Gotthardt (CDU):Was heißt „Truppe“?)

jetzt so tut, als ob er derjenige wäre, der die Einführung mit gefördert hätte, ist das unlauter, und man muss das an der Stelle deutlich sagen.

(Beifall bei der SPD)

Kollege Hahn,ich habe vorhin die Notwendigkeit des Personenschutzes für den Innenminister nicht in Zweifel gezogen.Wir brauchen uns darüber überhaupt nicht zu streiten. Das ist eine sachliche Frage. Das ist völlig korrekt.

Ich habe vorhin gesagt, dass er an einigen Stellen die tatsächliche Stimmung vor Ort nicht mehr vermittelt bekommt, weil zwischen ihm und denen, die das tatsächlich erleben, eine Reihe von Filtern eingebaut ist.

(Lebhafte Zurufe von der CDU)

Meine Damen und Herren, wir sind fast am Ende der Tagesordnung. Wir sollten den Redner ausreden lassen. – Herr Schaub, Sie haben das Wort.

Er bekommt nicht mehr die Stimmung vermittelt, die vor Ort tatsächlich herrscht.Sie haben über Jahre hinweg sehr systematisch über Umstrukturierungen, über die Abschaffung von Regelungen im HPVG, über Anweisungen, über die Organisation bei Großeinsätzen, wo Sie mit teilweise viel zu hohen Zahlen operiert haben, eine Stimmung kreiert,

(Lebhafte Zurufe von der CDU)

Sie haben – im Klartext – das Prinzip „Befehl und Gehorsam“ wieder so stark in die Polizei eingepflanzt, dass dort wieder genau die Dinge möglich sind, die ich vorhin beschrieben habe.