Protocol of the Session on March 25, 2004

In der gesamten Diskussion haben wir auch bei Ihnen, Herr Gotthardt, vermisst, dass Sie Antworten auf die Misere geben. Genau diese Antworten fehlen auch von der Sozialministerin. Es geht um jeden fünften Jugendlichen in diesem Land, und da sollten wir uns überlegen, ob wir uns diese Misere leisten wollen.

(Zuruf der Abg. Ruth Wagner (Darmstadt) (FDP))

Für diese Jugendlichen haben Sie überhaupt keine Antworten. Da wird allenfalls noch gesagt, die Jugend sei selbst schuld.– Ich sage,das ist die Jugend,die wir erzogen haben, die in unsere Schulen geht und die in unsere Be

triebe gehen will. Es ist unsere verdammte Pflicht und Schuldigkeit, denen eine Perspektive zu bieten.

(Zuruf der Abg. Birgit Zeimetz-Lorz (CDU))

Dazu möchte ich Antworten von der Landesregierung hören.Alles, was wir denen bieten, ist eine düstere Zukunft. Die einzigen Antworten und Konzepte, die wir von der Landesregierung in den Haushaltsberatungen gehört haben, waren:

(Zuruf der Abg. Birgit Zeimetz-Lorz (CDU))

Wir streichen die Jugendberufshilfe,

(Norbert Schmitt (SPD): Hört, hört!)

die Erziehungsberatung,

(Norbert Schmitt (SPD): Hört, hört!)

die Suchtprävention,

(Norbert Schmitt (SPD): Hört, hört!)

aber wir erwarten von den Jugendlichen, dass sie frohen Herzens durch alle Warteschleifen gehen, die wir ihnen anbieten. Wir erwarten, dass sie alle Arbeit tun – egal, ob sie die tun wollen oder nicht.

Ich kann nur sagen: Diese Landesregierung ist für 20 % unserer Jugendlichen eine Bedrohung und für den sozialen Frieden eine akute Gefahr.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD – Zuruf der Abg. Ruth Wagner (Darmstadt) (FDP))

Vielen Dank. – Das Wort hat der Kollege Boddenberg, CDU-Fraktion.

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das muss jetzt immer dazu gesagt werden!)

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau Fuhrmann, nachdem Sie heute Morgen Ihre Statistik über die glänzenden Ausbildungserfolge der rot-grünen Bundesregierung vorgelegt haben, muss ich schon die Frage stellen: Wenn das so ist, wie Sie behaupten – dass sich die Lage verbessert hat –, wieso wollen Sie dann eine Ausbildungsplatzabgabe?

(Zuruf der Abg. Petra Fuhrmann (SPD))

Entweder ist also diese Statistik nicht richtig – was ich vermute, denn wir haben ja nun erlebt, was Jump und andere Programme nicht gebracht haben –, oder der wahre Grund für Ihr Vorhaben ist ein ganz anderer. Der hat nur bedingt etwas mit Ausbildung zu tun, sondern er hat wieder einmal etwas damit zu tun, dass Sie Ihre linken Bataillone beruhigen wollen. Denn da gibt es den Deutschen Gewerkschaftsbund, dessen stellvertretende Vorsitzende in diesen Tagen sagt: Wir wollen eine Abgabe haben und werden sie fordern, denn Gerhard Schröder und Franz Müntefering haben uns das versprochen.

Meine Damen und Herren, wenn das wieder einmal der Grund sein sollte, dann sage ich Ihnen allerdings ob der Krokodilstränen,die hier gerade wieder einmal von Ihnen vergossen worden sind: Sie sollten sich wirklich schämen. Dazu ist dieses Thema wahrlich nicht geeignet.

(Beifall bei der CDU)

Mehr als die Steilvorlagen, die wir bei dieser Thematik von Ihnen bekommen, kann man sich nun wirklich nicht mehr wünschen. Da sagt Ihr Vorsitzender in NRW, der SPD-Vorsitzende Schartau: Ausbildung wird niemals funktionieren, wenn in irgendeiner Form ein Muss oder ein Zwang dahinter steckt; deswegen werden wir aus Nordrhein-Westfalen mit allem Nachdruck dafür plädieren, unser Modell des freiwilligen Ausbildungskonsens auch zukünftig fortzuführen.

(Zuruf der Abg. Petra Fuhrmann (SPD))

Ministerpräsident Steinbrück, Nordrhein-Westfalen, sagt: Unsere gemeinsamen Anstrengungen im Ausbildungsbündnis dürfen durch eine staatliche Zwangsabgabe nicht zunichte gemacht werden.

(Hans-Jürgen Irmer (CDU): Richtig!)

Meine Damen und Herren, ein ganzer Zettel voller Zitate von Sozialdemokraten, die allesamt sagen: Das ist ein völlig falsches Instrument.

(Zuruf des Abg. Hans-Jürgen Irmer (CDU))

Das Verheerende ist – das macht mich wirklich zornig –, dass zurzeit 16 % aller Betriebe sagen, sie warten erst einmal ab, was denn da kommt.

(Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Meine Damen und Herren, das heißt, das, was hier seit Monaten vorgetragen wird, tritt jetzt schon ein. Wir werden mit dieser Debatte genau das Gegenteil von dem erreichen, was Sie angeblich vorhaben.

(Beifall bei der CDU)

Frau Fuhrmann, eine letzte Bemerkung kann ich Ihnen nicht ersparen.Wir haben schon häufiger darüber gesprochen:Was ist Ihnen denn eigentlich lieber, dass ein junger Mensch keine Beschäftigung hat oder dass er Beschäftigung hat? Wir haben nie behauptet, dass ein Praktikum die Ausbildung ersetzen kann.

(Petra Fuhrmann (SPD): Dass er einen Ausbildungsplatz hat!)

Das haben wir nie behauptet. Meine Damen und Herren, es spricht aber Bände, dass von 1.000 angebotenen Praktikumsstellen, die allesamt dafür ausgelegt sind, später in Ausbildung zu führen,

(Zuruf der Abg. Petra Fuhrmann (SPD))

gerade einmal 150 nachgefragt werden.

(Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Frau Hölldobler-Heumüller, das mit dem Schlachter ist zwar ein nettes Beispiel, aber Sie wissen genau, dass das nicht meine Rede ist. Meine Rede ist, dass junge Menschen aufhören müssen, mit zwölf oder vierzehn Jahren sich den Beruf vorzustellen, den sie am Ende ausüben wollen, ohne dass sie über Alternativen nachdenken, auch einmal über handwerklich-technische Berufe,

(Zuruf der Abg.Margaretha Hölldobler-Heumüller (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

wenn sie in der Schule und in ihrem jungen Alter eine entsprechende Befähigung bei sich entdeckt haben.

Herr Kollege Boddenberg, Sie müssen dringend zum Schluss kommen.

Meine Damen und Herren,nur das verstehe ich unter Flexibilität. Ich glaube, wir alle sollten diese Botschaft dringend an Schüler und Eltern vermitteln. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Jörg-Uwe Hahn (FDP))

Vielen Dank. – Herr Kollege Schäfer-Gümbel, SPD-Fraktion.

(Frank Gotthardt (CDU): Da ist heute Morgen der konservative Flügel der SPD gefordert!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Bei dem Unsinn, den ich mir heute Morgen hier anhören musste, komme ich schon auf Betriebstemperatur. Was mir nun aber wirklich die Wutfalte auf die Stirn treibt, das ist die Frechheit, mit der Sie, Frau Lautenschläger, sich hier vorne hinstellen und erklären,

(Zuruf des Abg. Hans-Jürgen Irmer (CDU))

was Sie alles für die Ausbildung tun. Das genaue Gegenteil ist der Fall. Sie haben Stellen abgebaut. Sie haben Infrastruktur abgebaut. Sie lassen die Jugendlichen alleine. So geht es nicht.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Gottfried Milde (Griesheim) (CDU) – Jörg-Uwe Hahn (FDP): So, jetzt geht es Ihnen besser!)