Regen Sie sich doch nicht so auf,hören Sie doch erst einmal zu. Wir haben z. B. in der Bauwirtschaft seit vielen Jahren eine Umlagefinanzierung, die aber tariflich vereinbart ist.
(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ja! – Zurufe von der SPD – Marco Pighetti (SPD): Also geht es doch!)
Sehr geehrter Herr Al-Wazir, hören Sie gut zu. Schauen Sie sich die Entwicklung der Ausbildungsplätze auch in der Umlagefinanzierung der Bauwirtschaft an. Dort ist die Zahl der Ausbildungsplätze trotz Umlagefinanzierung und tariflich vereinbartem System kontinuierlich zurückgegangen.
Auch die IG BAU sagt Ihnen: Mit Ihrer Zwangsabgabe werden Sie genau das Gegenteil erreichen, weil Sie keine tariflichen Ausnahmegenehmigungen mehr möglich machen wollen. Das ist eine Strafsteuer für die Ausbildungsbetriebe und für die Kommunen.
Denn auch dort setzen Sie nur bei den Angestellten an, bei den sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätzen. Was sagen denn die Spitzenverbände dazu? Die nennen das eine Strafsteuer für die Kommunen.
Sie setzen an der falschen Stelle an und schaffen gerade keine Ausbildungsplätze, sondern Sie machen Ausbildung kaputt.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP – Norbert Schmitt (SPD): Auf welche Gesetzentwürfe beziehen Sie sich denn?)
Gehen Sie endlich an die betrieblichen Rahmenbedingungen heran, damit sich Leistung und Investitionen in
Deutschland wieder lohnen. Gehen Sie an die grundsätzlichen Maßnahmen heran, betriebliche Bündnisse zuzulassen, den Kündigungsschutz in bestimmten Bereichen zu lockern.
nach etlichen Vermittlungsverfahren – nachdem Sie die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen zerstört haben. Das ist der eigentliche Murks, der veranstaltet wird. Daraus kommen Sie mit einer Zwangsabgabe nicht heraus.
Meine Damen und Herren, die Hessische Landesregierung setzt mit ihren Programmen genau da an. Sie hat sich eine Selbstverpflichtung auferlegt und in der Verwaltung die Zahl der Ausbildungsplätze erhöht.
Sie hat Praktikantenplätze angeboten und zusätzlich die verschiedenen Programme beim Wirtschaftsministerium und beim Sozialministerium aufgestockt, um einen eigenen Beitrag zu leisten.
Ich füge nur noch einen Satz an. Allein durch staatliche Maßnahmen werden wir die Ausbildungsmisere nicht lösen können,
sondern wir brauchen wieder wirtschaftliche Rahmenbedingungen, die Ausbildung ermöglichen. Wir sorgen für die Nachqualifizierung von Jugendlichen. Auch durch die Gespräche mit dem Ministerpräsidenten wurde dies bewirkt.
Wir sorgen für eine bessere schulische Ausbildung. Aber mit Ihrer Zwangsabgabe treiben Sie die Unternehmen in den Ruin – nicht Jugendliche in Ausbildung.
(Beifall bei der CDU und der Abg. Ruth Wagner (Darmstadt) (FDP) – Gerhard Becker (Nidda) (SPD): So viel dummes Geschwätz mitten in der Nacht!)
Vielen Dank, Frau Staatsministerin. – Das Wort hat die Kollegin Margaretha Hölldobler-Heumüller, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Ich habe eine Frage an die Damen und Herren
von CDU und FDP: Welche Antwort haben Sie denn, wenn in einer deutschen Tageszeitung eine Anzeige der Firma Aldi steht und es dort heißt: „Filialleiternachwuchs gesucht; Voraussetzung: abgeschlossene Ausbildung, Fachrichtung spielt keine Rolle“? Was sagen Sie dem Betrieb, der diesen jungen Menschen ausgebildet hat? Welche Antwort haben Sie denn da?
Wenn Sie hier versuchen, ein Schreckensbild vom Moloch Verwaltung – alles ist so kompliziert – aufzubauen, dann kann ich Ihnen nur sagen,
die Ausbildungszahlen sind bei den IHKs und bei den Handwerkskammern vorhanden. Da muss nichts Neues erhoben werden. Diese Zahlen sind bekannt.
Ich habe mich gemeldet, um etwas über die 20 % der Jugendlichen zu sagen, von denen wir hier sprechen,
die 20 % der Jugendlichen, zu denen wir sagen: Wir als Gesellschaft bieten euch keine Perspektive für eine Ausbildung.
und am Montag hat der Kollege Boddenberg gesagt: Ei, die Jugendlichen müssen halt mal ein bisschen flexibler sein. – Ich kann nicht verstehen, warum jemand, der Wände anmalen möchte, Schweine tot machen soll.
(Heiterkeit und Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD – Zuruf der Abg. Ruth Wagner (Darmstadt) (FDP))
In der gesamten Diskussion haben wir auch bei Ihnen, Herr Gotthardt, vermisst, dass Sie Antworten auf die Misere geben. Genau diese Antworten fehlen auch von der Sozialministerin. Es geht um jeden fünften Jugendlichen in diesem Land, und da sollten wir uns überlegen, ob wir uns diese Misere leisten wollen.