Sie meinen nun,den Kurs,den wir mit unserer Arbeit fortsetzen, kritisieren zu müssen. Das ist ein Ausdruck dafür, dass Sie mehr mit Rudern als mit Navigieren beschäftigt sind.
Sie nehmen Bezug auf die Ergebnisse des Regionalforschers Gans aus Mannheim, der zu dem Ergebnis kommt, dass die Bevölkerungszahl in Nordhessen und Südniedersachsen in den nächsten Jahrzehnten dramatisch zurückgehen wird.
Frau Ypsilanti, ich kann Sie nur bitten: Pfeifen Sie bitte Ihren Generalsekretär zurück, der völlig überdreht ist. Sonst werden Sie in den nächsten Jahren vom Erfolg verschont bleiben.
Meine Damen und Herren, welche Konsequenzen sind aus diesen Erkenntnissen zu ziehen? Zur Position der GRÜNEN in der Frage komme ich später. Herr Posch hat für die Freien Demokraten einiges gesagt. Die SPD können wir bei der Beantwortung dieser Frage gerne außen vor lassen. Wir können sie vernachlässigen; denn die Sozialdemokraten in Nordhessen sind auch ein Jahr nach der Wahl immer noch in der Phase des ungläubigen Staunens. Was die demographische Entwicklung anbelangt, hat die SPD derzeit die Chance, in ihren eigenen Reihen festzustellen, welche Konsequenzen Überalterung und Mitgliederschwund mit sich bringen.
Meine Damen und Herren von der FDP, Sie fordern mit dem vorliegenden Antrag eine Regionalkonferenz für die Räume Südniedersachsen und Nordhessen.Mit dieser Position, nahmen wir zunächst an, entfernen Sie sich erfreulicherweise von der Haltung der Freien Demokraten in Stadt und Landkreis Kassel, die sich dort der SPD angehängt haben, indem sie die Miniregionalreform fordern, die niemandem weiterhilft und die nicht zu vernünftigen Ergebnissen führen wird.
Wie können Sie nur dazu einladen? Schwenken Sie auf den Kurs der Christdemokraten im Landkreis Kassel ein: eine klare Linie, eine Funktionalreform für die engere Zusammenarbeit der Stadt Kassel mit dem umliegenden Kragenkreis und eine regionale Kooperation auf den verschiedenen Politikfeldern, von Wirtschaftsförderung über ÖPNV bis zu Tourismus und Abfallwirtschaft für die nordhessischen Landkreise und das Oberzentrum Stadt Kassel. Ich schließe dort ausdrücklich die angrenzenden Regionen ein.
Denn eines steht fest,und diesen Erkenntnisstand müssen wir inzwischen haben:Die Eingrenzung einer Wirtschaftsregion kann und darf nicht zu eng definiert werden, und sie muss vor allem flexibel erfolgen. Die Festlegung auf starre Grenzen kann einer positiven Entwicklung abträglich sein. Dabei können für die unterschiedlichen Aufgabenfelder durchaus unterschiedliche Abgrenzungen vor
genommen werden,und die müssen nicht immer mit kommunalen oder staatlichen Grenzen übereinstimmen. So stellt die Vermarktung einer Region im Tourismus sicherlich andere räumliche Bedingungen als beispielsweise der Zuständigkeitsbereich einer Wirtschaftsförderungsgesellschaft oder eines Verkehrsverbundes.
Ich betone ausdrücklich, vor diesem Hintergrund ist die Zusammenarbeit über Landesgrenzen hinweg nicht nur wünschenswert, sondern sie ist von existenzieller Bedeutung. Für die schmale Nordspitze Hessens bleibt festzustellen, dass diese Zusammenarbeit selbstverständlich nicht nur mit Südniedersachsen, wozu wir schon räumlich eine nähere Verbindung haben, sondern auch mit Ostwestfalen und Westthüringen intensiv erfolgen muss.
Meine Damen und Herren, um zu dieser Erkenntnis zu kommen, hätte es des heutigen FDP-Antrags nicht bedurft. Was wir in diesem Land nicht brauchen, das sind neue Gremien und neue Konferenzen.
(Beifall des Abg. Michael Boddenberg (CDU) – Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN):Was macht denn die Hessische Landesregierung?)
Es ist auch erstaunlich, dass die Freien Demokraten nach vier Jahren Regierungsbeteiligung jetzt zu Erkenntnissen kommen, zu denen sie schon hätten kommen können, als sie selbst noch mit in der Verantwortung waren. Sie erwecken jetzt zu dieser Frage als FDP den Eindruck oder beabsichtigen den Eindruck zu erwecken, Sie seien der Vortrupp der wirtschaftlichen Entwicklung in Nordhessen. – Davon kann keine Rede sein. Die Landesregierungen in Wiesbaden und Hannover arbeiten bereits eng zusammen. Ich will auch nicht behaupten, dass Sie die Nachhut seien. Aber es ist zunehmend festzustellen, dass Sie mit unserem Haupttrupp Schritt zu halten immer größere Schwierigkeiten haben.
Lassen Sie uns über einige Projekte sprechen, in denen es konkret um südniedersächsisch-hessische Kooperationen geht. Herr Posch, Sie haben den Flughafen Kassel-Calden angesprochen. Wir haben im Moment eine herbeigeredete Belastung der Stadt Hann.Münden,nachdem bei der Trassenvariante die C-Trasse favorisiert wurde. In Hann. Münden formierte sich der Widerstand. Bei näherer Betrachtung können wir die tatsächliche Belastung von Hann. Münden vernachlässigen, und wenn wir vergleichbare Gemeinden von der Peripherie des Rhein-Main-Gebietes darstellen, dann ist geradezu lächerlich, was in Hann. Münden geschieht.
Aber auch über diese Frage, die zugegebenermaßen zu Irritationen zwischen Niedersachsen und Hessen geführt hat, gibt es Gespräche auf Kabinettsebene und vor allem – das ist vielleicht wichtiger, und dafür bin ich ihnen sehr dankbar – bilaterale Gespräche des betroffenen Kollegen Dr. Lübcke mit seiner niedersächsischen Kollegin. In diesen Gesprächen wird viel mehr ausgeräumt, als Sie in Ihrer gesamten Selbstherrlichkeit glauben.
Am Ende dieser Entwicklung wird auch Niedersachsen erkennen, dass der Ausbau des Flughafens Kassel-Calden nicht nur eine bedeutende Infrastrukturmaßnahme für den nordhessischen Raum ist, mit all den daraus resultierenden positiven Impulsen, sondern dass es auch positive
Dann werden wir die Zustimmung auch der niedersächsischen Bürgerinnen und Bürger gewinnen, insbesondere wenn man weiß,dass die derzeit 650 Arbeitsplätze bei den Plänen der GRÜNEN für eine Nulllösung gefährdet wären. Auch das muss an dieser Stelle deutlich gesagt werden: Die Alternativlösung Null existiert nicht, weil wir dann den Bestand gefährden.
Weil wir diese Arbeitsplätze retten wollen, weil wir – es gibt verlässliche Studien, die in die Raumordnungsplanung eingegangen sind – 1.150 neue Arbeitsplätze schaffen wollen und weil wir das ehrgeizige Ziel haben, wenn man den katalytischen Effekt mit einrechnet, 2.000 Arbeitsplätze am Flughafen Kassel-Calden zu schaffen, werden wir auf diesem Kurs bleiben. Das wird sowohl für die beteiligten Kommunen als auch für das Land insgesamt von Vorteil sein. Dort werden – auch das können Sie im Gutachten nachschauen – 1,74 Millionen c per anno steuerliche Effekte direkt für die Kommunen erzielt, allein 400.000 c für die Standortgemeinde Calden. Auch diese positiven Effekte werden nach Niedersachsen abstrahlen.
Ich sagte es, die Forderungen der GRÜNEN sind absurd und wie so oft realitätsfern. In der „Frankfurter Rundschau“ vom Montag konnte ich lesen, Ihr Konzept für Nordhessen sei,Tourismus und Umweltschutz zu stärken.
Das mag so in Ordnung sein, reicht aber alleine nicht. Herr Frömmrich, ich glaube, Sie haben etwas missverstanden. Es geht nicht darum, die im Jahr 2020 noch verbleibenden Nordhessen unter Natur- oder Denkmalschutz zu stellen, um sie für zahlungskräftige Ballungsraumbewohner auszustellen.
(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): So ein Unsinn! – Weitere Zurufe von dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Vielmehr brauchen wir eine vernünftige Weiterentwicklung der nordhessischen Wirtschaft, eine Kontinuität der bisherigen guten Wirtschaftspolitik. Wir müssen den Bestand sichern. Wir brauchen Neuansiedlungen, und wir müssen die Kernkompetenzen stärken.
Lassen Sie mich konkret ein Beispiel hervorragender jahrzehntelanger Zusammenarbeit zwischen Niedersachsen und Hessen nennen. Das ist das Volkswagenwerk mit dem Standort in Baunatal und den diversen Standorten in Niedersachsen. Das Volkswagenwerk investiert in Nordhessen am Standort Baunatal für das weltweite Logistikzentrum OTC. Von dort aus wird die gesamte Ersatzteilversorgung abgewickelt. Dort wird ein wichtiges Signal gesetzt.
Das Regionalmanagement Nordhessen hat mit dem Cluster Logistik die richtige Richtung eingeschlagen. Es gibt, gerade am Sonntag bestätigt, konkrete Beispiele, dass die Hessische Landesregierung dort auf dem richtigen Weg
ist. Der Magna Park in Neu-Eichenberg ist mit 60 % Zustimmung von der Bevölkerung befürwortet worden.
Es gibt natürlich auch negative Beispiele, wo Sozialdemokraten Entwicklungen behindern. Bei einem Gewerbegebiet in Schauenburg, in unmittelbarer Nähe von Baunatal, stehen über 400 Arbeitsplätze auf der Kippe, die geschaffen werden könnten; denn die halsstarrigen Sozialdemokraten in der Gemeindevertretung sind nicht in der Lage, die richtigen Weichen zu stellen.
Bei dieser miserablen Wirtschaftspolitik folgen Sie den Vorbildern in Berlin – das wissen Sie genauso gut wie ich –, die hier, wie es ein Kommentator sagt, mit dem Vokabular preußischer Junker gegen die Arbeitgeber und ihre Verbände vorgehen, statt eine vernünftige Politik zu machen.
Lassen Sie mich einige Punkte ansprechen,die Herr Posch hier erwähnt hat. Auch die Hochschulen waren Gegenstand der gemeinsamen Kabinettsitzung des hessischen und des niedersächsischen Kabinetts. Auch dort sind wir auf einem guten Weg, auf einem guten Kurs.
(Günter Rudolph (SPD): Sie sind doch gar nicht im Kabinett! – Gegenruf des Abg. Dr. Walter Lübcke (CDU): Noch nicht!)
Herr Posch, was Sie ansprachen, was der Präsident der Universität Kassel für die zukünftige Entwicklung gesagt hat, ist natürlich richtig. Dort müssen wir Korrekturen vornehmen. Wir dürfen diese Entwicklung nicht aus dem Auge verlieren, es darf nicht in die falsche Richtung gehen.
Lassen Sie mich einige Beispiele aus dem unmittelbaren Grenzbereich nennen:Das Biokompetenzzentrum in Witzenhausen und die Firma SMA in Niestetal, einen Steinwurf von der Landesgrenze entfernt.
(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN):Sie wollten das doch verhindern! – Gegenruf des Abg. Dr.Walter Lübcke (CDU))
Dort bildet sich im nordhessisch-südniedersächsischen Raum eine Kompetenz für nachwachsende Rohstoffe heraus, die von der Landesregierung entschieden vorangetrieben wird.Auch dort sind wir auf einem guten Kurs.
Was die Mitte-Deutschland-Verbindung auf der Schiene angeht: Die Problematik der Verhandlungen mit der Deutschen Bahn müsste Ihnen bekannt sein.Es sind mehr Bundesländer betroffen als Hessen und Niedersachsen. Deswegen müssen hier die Bundesländer insgesamt Druck auf die Bahn ausüben, damit dort die Verträge eingehalten werden.
Lassen Sie mich noch einige Worte zu den von Ihnen erwähnten Autobahnprojekten sagen. Die Bundesautobahn A 49 ist sicherlich ein innerhessisches Projekt.Dieses Projekt ist symptomatisch für die Widerstände, die wir bei der Realisierung von Infrastrukturprojekten in unserem Land haben. Viele aus diesem Haus möchten gerne feixend am Grabe eines solchen Infrastrukturprojekts stehen und unternehmen vor Ort alles dafür, um diese wichtigen Projekte zu verhindern.
Auch die Autobahn A 44 ist ein Projekt, dessen Geschichte noch weiter zurückgeht. Ich bin selbst als un