Entschließungsantrag der Fraktion der SPD betreffend Sanierung der Kellerei in Eltville statt Neubau am Steinberg – Drucks. 16/1983 –
Antrag der Fraktion der CDU betreffend Modernisierungsinvestitionen als Grundvoraussetzung für die Zukunftsfähigkeit der Hessischen Staatsweingüter – Drucks. 16/2064 –
Die Redezeit beträgt fünf Minuten. Zur Begründung des ersten Antrags hat Frau Hoffmann für die SPD-Fraktion das Wort.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Lassen Sie mich zu Beginn der Diskussion für die SPD-Fraktion festhalten: Wir wollen die Staatsweingüter als größtes Weingut Deutschlands erhalten,
In diesem Ziel unterscheiden wir uns nicht von der CDUFraktion. Wir bestreiten auch nicht, dass es Investitionsbedarf gibt. Wir wollen die Investition an anderer Stelle als die Mehrheit des Aufsichtsrats und der CDU-Fraktion.
Meine Damen und Herren, diese Landesregierung hat eine Reihe gravierender Fehleinschätzungen zu verantworten, erst in Verantwortung des Ministers Dietzel und jetzt in Verantwortung des Ministerpräsidenten. Unter diesen Fehleinschätzungen leidet der Ruf der Staatsweingüter ganz massiv im Rheingau, aber auch weit darüber hinaus.
Ich will an dieser Stelle die leidige Diskussion über den Pachtzins nicht wiederholen. Ihre erste Fehleinschätzung ist: Sie gingen wie selbstverständlich davon aus, dass die Kellerei am Steinberg ein privilegiertes Bauvorhaben nach § 35 Baugesetzbuch ist. Natürlich werden die zuständigen Behörden die Bauvoranfrage entscheiden. In dieser Hinsicht ist der CDU-Antrag schon von besonderer Originalität. Der Landtag soll nämlich die Landesregierung auffordern, dass bei der Behördenentscheidung alles nach Recht und Gesetz zugeht.
Nach der bisherigen Genehmigungspraxis ist davon auszugehen, dass ein privater Betrieb selbst bei gleicher Größenordnung nicht mit der Privilegierung zum Bauen im Außenbereich rechnen könnte.
Ich füge hinzu: Wenn dennoch eine Genehmigung ausgesprochen werden sollte, hätte das fatale Folgen. In Zukunft könnte im Rheingau keinem privaten Betrieb mehr eine Außenbereichsbebauung versagt werden.Auf der an
deren Seite könnte kein bestehender Weinbaubetrieb mehr in der Ortslage eine bauliche Veränderung vornehmen.Das Charakteristikum des Rheingaus besteht gerade darin, dass Winzerhöfe in der Ortslage sind. Sie haben Bestandsschutz. Das gilt auch für die Staatsweingüter, selbst wenn dort Veränderungen vorgenommen werden sollen.
Eine weitere Fehleinschätzung gibt es bei der Denkmalpflege. Der Minister für Wissenschaft und Kunst hat mir freundlicherweise eine Stellungnahme des Landesamts für Denkmalpflege zur Verfügung gestellt. Daran wird Ihr Vorhaben scheitern: Sie haben nicht nur vor, einen unterirdischen Keller zu errichten, sondern Sie wollen – so, wie die Pläne das vorsehen – auf oder neben dem Keller einen riesigen Baubetriebshof hochziehen.
Dritte Fehleinschätzung: Ich denke, die Landesregierung ist davon ausgegangen, dass die Kellerei im Rheingau von allen freudig begrüßt wird.Die Situation sieht aber anders aus. Der Rheingauer Weinbauverband, die Rheingauer Heimatforscher,die Stadt Eltville und die große Mehrheit der Ortsweinverbände sprechen sich gegen diese Bebauung aus.
Wenn es Sie tröstet, sage ich Ihnen: Es gibt auch noch einige Befürworter. Das sind der Geschäftsführer – aber er wird dafür bezahlt –,sein Berater,ein Winzer aus Kiedrich und drei Mitglieder der Jungen Union.
Vierte Fehleinschätzung: Der Ministerpräsident hat sich auf der Winterfachtagung des Rheingauer Weinbauverbands festgelegt. Wenn es nicht der Keller am Steinberg sein soll, dann soll eben in einem Gewerbegebiet gebaut werden. Herr Ministerpräsident, damit geben Sie ein Stück des historischen Erbes Hessens auf.
Dazu gehört selbstverständlich das Kloster Eberbach, aber auch das Jugendstilgebäude in der Schwalbacher Straße in Eltville. Die Weinbauverbände haben in letzter Zeit sehr fleißig Stellungnahmen produziert. Ich zitiere aus der Stellungnahme des Weinbauverbands Martinsthal zum Standort Eltville:
Der aus Backstein gemauerte Gewölbekeller, der auf Sandsteinsockeln ruht und mit dem zurzeit auf Reklametafeln geworben wird, zählt zu den schönsten seiner Zeit. Die vorhandene Substanz stellt damit einen einzigartigen Wert dar, den es für unsere Nachkommen zu erhalten gilt.
Es gibt am Standort Eltville Entwicklungsmöglichkeiten. Das belegen die Gutachten, die Sie in Auftrag gegeben haben. Der Rheingauer Weinbauverband hat mehrfach seine Meinung bekräftigt, dass die Kosten für die Modernisierung der bestehenden Kellerei bei weitem überschätzt werden. Nach seiner Meinung ließe sich die bestehende Kellerei mit einem Investitionsaufwand modernisieren, der deutlich unter den Kosten für einen Neubau am Steinberg liegt.
Wie Sie wissen, haben verschiedene Besichtigungen stattgefunden. Ich vertraue auf das Urteil der Praktiker. Die SPD-Fraktion schließt sich der Meinung des Weinbauverbands an: Lassen Sie den Steinberg in Frieden, sanieren Sie am vorhandenen Standort. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich sage gleich, es ist sicherlich nicht überraschend, dass wir den Antrag der Sozialdemokraten ablehnen.Ich kann den Pessimismus, der hier in Bezug auf das Vorhaben verströmt wird, überhaupt nicht verstehen. Er erschreckt uns aber auch nicht.
Zunächst einmal ist es erfreulich, dass wir hier heute über dieses Thema sprechen können, nachdem das, was im letzten Plenum auf der Tagesordnung stand, ohne Aussprache an den Ausschuss verwiesen worden ist.
Mit einer fast 900-jährigen Tradition und einer Rebfläche von 200 ha sind die Hessischen Staatsweingüter das größte deutsche Weingut. Sie stellen damit einen wichtigen Imageträger für unser Land dar. Es überrascht nicht, dass alle – und das zu Recht – auf die Staatsweingüter stolz sind.
Ebenfalls nicht zu unterschätzen ist der Beitrag, den die Hessischen Staatsweingüter zum Erhalt des Weltkulturerbes Mittelrheintal leisten; denn die Staatsweingüter bewirtschaften mehr als ein Fünftel aller Steillagen in Hessen. 63 ha der Betriebsfläche der Staatsweingüter sind Steillagen, die extrem hohe Bewirtschaftungskosten ausweisen. Selbst die Steillagenförderung kann nicht verhindern, dass deren Bewirtschaftung, wie vielerorts zu beobachten ist, aus ökonomischen Gründen eingestellt wird. Das Land Hessen stellt sich seiner Verantwortung, über die Staatsweingüter unsere abwechslungsreiche Kulturlandschaft im Rheingau zu erhalten.
Vielmehr muss es das langfristige Ziel sein, dass sich der Betrieb der Staatsweingüter aus eigener Kraft trägt.
Gut,bisher nur Zustimmung,Herr Walter.– Es geht weiter. Bei einer kritischen Analyse der Ursachen dieses Defizits fällt es auf, dass die im Hochpreissegment angesiedelten Flaschenweine der Staatsweingüter, deren Absatz entgegen allgemeiner negativer Markttendenzen in den letzten Jahren sogar gesteigert werden konnte, mit überdurchschnittlich hohen Produktionskosten behaftet sind. Neue Marktpartner, die dieses Hochpreissegment im Großhandel abdecken, können allerdings aus Kapazitätsgründen nicht bedient werden.
Um die Staatsweingüter voranzubringen, sind daher dringende Modernisierungsinvestitionen, die seit mehr als 20 Jahren unterblieben sind, unabdingbar.
Es freut mich, dass diese Einsicht inzwischen quer durch die Fraktionen dieses Hauses gereift ist. Das muss ich einmal sagen.
Bei den infrage kommenden Investitionsalternativen wurden eine Neuinvestition bzw.Sanierung am bisherigen Standort in Eltville sowie eine Aussiedelung in die Domäne Steinberg von Bausachverständigen und von Sachverständigen für Kellerwirtschaft sehr differenziert untersucht.Dabei zeigt sich,dass die im Aufsichtsrat der Staatsweingüter getroffene Entscheidung für den Standort an der Domäne Steinberg den effizientesten Einsatz finanzieller Mittel gewährleistet. Mit dieser Option entfällt ebenfalls ein nicht zu unterschätzendes Investitionshindernis, nämlich Anliegerreaktionen, wie wir sie im vorvergangenen Winter bei den Plänen für einen Neubau des Landtags erleben durften.
Auf die Eltviller komme ich noch zu sprechen. Ich bin selbst ein halber Eltviller, Frau Hoffmann. Wir kommen gleich darauf zurück.