Herr Wirtschaftsminister, Sie quälen uns hier seit Monaten mit grundsätzlichen Ausschweifungen und meinen dabei noch, einen quasi wissenschaftlichen Ansatz zu vertreten. Das könnten Sie den Menschen in Hessen doch viel banaler sagen.
Treten Sie vor die Bürgerinnen und Bürger Hessens, und sagen Sie ihnen, wie es ist: Die Landesregierung hat insbesondere bei der Wirtschaftspolitik kein Konzept, und ich als Wirtschaftsminister habe mir vorgenommen, die Probleme auszusitzen. – Das trifft den Sachverhalt am besten, und dies können die Menschen auch nachvollziehen und daraus ihre eigenen Schlüsse ziehen.
Meine Damen und Herren, die Fakten sind alarmierend. Hessen verzeichnet den stärksten Rückgang an Erwerbstätigen seit 1991: großes Minus bei den Arbeitsplätzen, dramatisches Plus bei den Arbeitslosenzahlen – das ist die traurige Realität in Hessen.Gerade im Dienstleistungsbereich, der im Rhein-Main-Gebiet traditionell stark vertreten ist,ist der Abbau bei den Arbeitsplätzen hoch,der Anstieg der Arbeitslosigkeit dramatisch.
Dabei haben sich die Auswirkungen der so genannten Sparbeschlüsse der Hessischen Landesregierung in dieser Entwicklung noch gar nicht niedergeschlagen. Meine Damen und Herren, die Kürzungen gerade bei den Investitionen, der Abbau von Arbeitsplätzen in der Verwaltung – all dies wird die negative Entwicklung noch weiter beschleunigen.
Es ist doch geradezu widersprüchlich, wenn im Straßenbau, in Entwicklung und Forschung von der Landesregierung Millionen von Euro gestrichen werden, dieselbe Landesregierung jedoch im gleichen Atemzug flammende Appelle an die Wirtschaft im Lande richtet, doch bitte die Investitionen zu steigern.
Diesem Wunsch liegt die durchaus richtige Erkenntnis zugrunde, dass nur ein Plus an Investitionen für Wachstum und damit für die Schaffung von Arbeitsplätzen sorgt. Dann aber nützt es nichts, bei den anderen immer diese richtige Maßnahme zu fordern, sich selbst jedoch aus der Verantwortung zu stehlen.
Das erschüttert das Vertrauen in die Politik und macht sie unglaubwürdig. Das so genannte Sparprogramm der Hessischen Landesregierung ist eine reine Kürzungsorgie ohne Konzept, auch im wirtschaftlichen Bereich.
Der Wirtschaftsminister hat mit seinen Kürzungen bei den Investitionen, der Forschung und der Förderung des Tourismus das Prinzip „Kürzen ohne Konzept“ besonders stark verinnerlicht. Was will man auch von einer Politik verlangen, die anscheinend das Aussitzen von Problemen zum Maßstab ihres Handelns macht und dabei auf naturwüchsige Regulierung hofft?
Meine Damen und Herren, wer nicht begreift, dass eine gute Wirtschaftspolitik zupackendes Handeln statt passives Zuschauen verlangt,der kann die Zukunft von Hessen nicht gestalten.
Es kommt aber noch dicker. Diese Landesregierung ist längst nicht nur Zuschauerin, sondern sie schaut auch weg, wenn die Probleme auftauchen. Sie duckt sich weg. Dann braucht man sich auch nicht zu wundern, wenn die Zahlen katastrophal sind. Da ist vernünftige Wirtschaftspolitik zum Nutzen der Menschen im Lande Hessen nicht möglich. Die konzeptionslosen Kürzungen der Landesregierung bei der Investitionsbank Hessen um über 1,4 Millionen c zeigen, dass sie nicht begriffen hat, was jetzt, angesichts der schlechten Datenlage, eigentlich getan werden müsste.
Die Zukunft der Standorte der IBH in Kassel und Wetzlar ist ungewiss.Es sind aber gerade diese Standorte in der Region, die den Kontakt mit den Unternehmen am engsten halten, sodass man bei Schwierigkeiten schnell vor Ort präsent sein kann. Meine Damen und Herren, werden diese Standorte in Kassel und in Wetzlar geschlossen,
so ist dies ein weiterer Beleg für die Konzeptionslosigkeit der Landesregierung bei der Regionalentwicklung.
Die vier Regionen in Hessen – Starkenburg, Rhein-Main, Mittelhessen und Nordhessen – müssen in ihren Stärken gefördert werden. Dies kann am effektivsten gewährleistet werden, wenn die Förderinstrumente in der Region verfügbar sind, wenn vor Ort Ansprechpartner verfügbar sind, die mit den Eigenarten der Region vertraut sind.
Ich möchte aus nordhessischer Sicht sagen: Sollen die Unternehmen in Zukunft wegen jedes Förderantrags nach Frankfurt oder Wiesbaden fahren? So geht wertvolle Zeit verloren, zusätzliche Kosten und Hemmschwellen entstehen. Meine Damen und Herren, gestaltende Regionalpolitik, die die einzelnen Regionen in Hessen voranbringt, kann nur gelingen, wenn die Förderbank IBH rechtzeitig in die Projekte vor Ort eingebunden ist.
Nein, meine Damen und Herren, so kann keine gestaltende Wirtschafts- und Regionalpolitik gelingen. Diese Landesregierung hat kein Konzept für Wirtschaftsförderung und Strukturpolitik. Schauen wir wieder einmal auf die eigenen Ansprüche, in das Regierungsprogramm. Vielleicht hilft es ja, wenn man die Landesregierung ab
und zu an die eigenen Vorhaben und Maßstäbe erinnert. Dort wird eine Evaluierung aller hessischen Wirtschaftsförderungsprogramme unter Effizienzgesichtspunkten angekündigt. Sind das die Antworten? Sind die Kürzungen bei den Investitionen im Straßenbau, bei Forschung und Entwicklung etwa das Ergebnis dieser Evaluierung? – Wenn nicht: Herr Wirtschaftsminister, wann darf man dann mit dem Ergebnis dieser Evaluierung rechnen?
Wer so fantasielos und mit so wenig Kreativität an die Herausforderungen der Gegenwart und Zukunft herangeht,der braucht sich anschließend über mittelmäßige Ergebnisse nicht zu wundern.
Meine Damen und Herren, Europa wird größer. Durch die Beitrittsländer wird sich die Wirtschaftsförderung durch Europa stark ändern. In Zukunft werden auch die Regionen der Beitrittsländer von den Fördermitteln der EU profitieren und mit hessischen Regionen in Wettbewerb treten. Da ist es notwendig, Starkenburg, RheinMain, Mittelhessen und Nordhessen in diesem Wettbewerb gut zu positionieren. Dazu müssen die Rahmenbedingungen so ausgestaltet sein, dass die einzelnen Regionen ihre Stärken voll entfalten können.
Meine Damen und Herren, in diesem Wettbewerb verdient der Wirtschaftsraum Rhein-Main eine besondere Beachtung. Wir alle wissen, wie wichtig die Entwicklung im Rhein-Main-Gebiet als Motor für die Entwicklung von ganz Hessen ist. Aber dieser wichtige Motor für Hessen, für Deutschland und Europa ist ins Stottern geraten. Wir wissen doch alle, die Hauptursache für die katastrophale Entwicklung bei den Arbeitslosenzahlen in Hessen liegt eindeutig im Rhein-Main-Gebiet. Es sind nicht nur die Sozialdemokraten, die die Entwicklung dieses wichtigen Wirtschaftsraumes beklagen. Auch die Wirtschaft mahnt seit langem eine effektivere politische Struktur an, damit sich Rhein-Main im europäischen Wettbewerb der Regionen auch in Zukunft behaupten kann.
Meine Damen und Herren,gestehen Sie sich doch endlich ein, dass das von Ihnen gewollte Ballungsraumgesetz diesen Forderungen eben nicht genügt, damit diese Region im europäischen Wettbewerb eine Spitzenposition einnehmen kann.
Stattdessen warten Sie auf das Urteil des Staatsgerichtshofes. Meine Damen und Herren, der Staatsgerichtshof wird darüber urteilen, ob das Ballungsraumgesetz rechtmäßig ist. Das Urteil, ob das Ballungsraumgesetz den Anforderungen genügt, damit Rhein-Main auch in Zukunft Spitze in Europa ist, ist längst gesprochen. Es genügt diesen Anforderungen eben nicht.
Nehmen Sie endlich Abschied von dem verunglückten Versuch, die anstehenden Aufgaben für die Region durch dieses Gesetz lösen zu wollen. Politisch ist das Ballungsraumgesetz schon längst gescheitert.
Meine Damen und Herren, wie kann durch ein solches Gesetz, das von vielen Kommunen beklagt wird, diese notwendige Identität für die Rhein-Main-Region hergestellt werden? Das kann nicht funktionieren. Dabei benötigt diese Region dringend ein positives Leitbild.
Auch hier müssen wir feststellen: Die Landesregierung handelt nicht. Aus Ihren eigenen Reihen wird das Ballungsraumgesetz von so maßgeblichen Personen wie der Frankfurter Oberbürgermeisterin abgelehnt. Denn es ist eben kein taugliches Instrument zur Zukunftsgestaltung. Es ist auch kein Geheimnis, dass sich Frau Roth mit den Problemen der Rhein-Main-Metropole von der Landesregierung allein gelassen fühlt.
Die SPD will als ein wesentliches Instrument zur Zukunftsgestaltung der Region den Regionalkreis RheinMain. Die Region braucht ein effektives Standortmarketing und gezielte Wirtschaftsförderung. Wir unterstützen diese Forderungen aus hessischer Wirtschaft. Denn wir wollen, dass diese Region vorankommt.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich zum Schluss – weil im Antrag der GRÜNEN auch der Flugplatz Kassel-Calden genannt wird – etwas zu Nordhessen und der Region Kassel sagen.
Auch in der Region Kassel gibt es Diskussionen und Bestrebungen, zu neuen Strukturen zu gelangen, um im Europa der Regionen zu bestehen. Die Wirtschaft in Nordhessen hat diesen notwendigen Prozess für die Region Kassel gerade am letzten Wochenende nachdrücklich angemahnt. Wir unterstützen diese Bestrebungen, weil wir davon überzeugt sind, dass die Regionalreform in der Region Kassel den Menschen nützt. Hier sind es wieder die Christdemokraten,die konzeptions- und orientierungslos, was die Zukunft dieser Region angeht, alles unternehmen, um diesen notwendigen Prozess zu verhindern.
Stattdessen bringt die Kasseler CDU, an der Spitze der Oberbürgermeister, das gesamte Umland mit antiquierten Eingemeindungsvorschlägen gegen sich auf, sodass die eigenen Parteifreunde aus dem Umland oft als Erstes entsprechende Resolutionen gegen die Stadt Kassel in ihren Gemeindeparlamenten verabschiedet haben.
Meine Damen und Herren, so kann man im Vorfeld die notwendige Neupositionierung einer Region vergeigen. Das nützt aber den Menschen nichts, weil dann eine wichtige Chance zur Zukunftsgestaltung vertan wird.Wir können nicht nachvollziehen, was den hessischen Innenminister dazu gebracht hat, zum jetzigen Zeitpunkt zur Regionalreform Kassel eine eindeutig negative Stellungnahme abzugeben, ohne überhaupt eine Alternative anzubieten.
Sie sollten doch froh darüber sein, dass sich in den beiden Gebietskörperschaften Kassel-Stadt und Kassel-Land eine fruchtbare Diskussion über die Zukunft in dieser Region entwickelt. Es ist geradezu bezeichnend, dass Sie im Bereich Kassel das Prinzip der Freiwilligkeit nicht akzeptieren, während das bei Ihnen bei Neustrukturierungsdiskussionen im Süden durchaus auf positive Zustimmung stößt. So kann das nicht funktionieren, und das macht Sie unglaubwürdig.
Die GRÜNEN haben in ihrem Antrag den Flughafen Kassel-Calden genannt. Der Ausbau des Flughafens Kassel-Calden ist eine große Chance für die Region. Darin sind sich die beiden großen Parteien in der Region und auch die FDP einig. Das heißt, diese große Infrastrukturmaßnahme wird von allen Parteien mit Ausnahme der GRÜNEN unterstützt. Dies bietet eigentlich die beste Voraussetzung dafür, diesen Ausbau auch realisieren zu können.
Auch hier muss man leider feststellen, dass die Landesregierung über eine Phase der reinen Ankündigungspolitik noch nicht hinausgekommen ist. Die Landesregierung ist der Region bisher die Antwort schuldig geblieben, wie die zu erwartenden Mehrkosten von 50 Millionen c realisiert werden sollen. Der von Ministerpräsident Koch mehrfach angekündigte Einstieg von Fraport ist nicht erfolgt. Sie sind der Region die Antworten auf berechtigte Fragen bisher schuldig geblieben.
Meine Damen und Herren, weder im Norden des Landes noch in der Rhein-Main-Region hat die Landesregierung überzeugende Antworten für die Zukunft der Regionen. Wir haben große Sympathie für das Anliegen der Kolleginnen und Kollegen der FDP, von der Landesregierung die Vorlage einer Konzeption zu fordern. Das zeigt, sie setzen noch Hoffnung in diese Landesregierung.