Protocol of the Session on December 16, 2003

(Günter Rudolph (SPD): Falsch!)

Dritter Punkt.Auch inhaltlich ist leider alles falsch.

(Zuruf des Abg. Günter Rudolph (SPD))

Es ist leider so. – Wir befinden uns mitten in einer Tariflaufzeit. Worüber soll ich denn mit den Gewerkschaften verhandeln, wenn der Tarifvertrag bis 2005 läuft?

(Günter Rudolph (SPD): Wo steht es, dass das für das Jahr 2004 ist? Das ist ein Prozess über Jahre!)

Herr Kollege, Sie haben doch vorhin selbst gesagt – ich habe viele Zitate von Herrn Kahl, Herrn Walter und vielen anderen; aber die lasse ich hier weg –, dass die Personalkostenbelastung zurückgeführt werden muss. Darüber sind wir uns einig.Damit können wir nicht irgendwann anfangen. Vielmehr müssen wir jetzt damit beginnen. Wenn Sie sagen, wir könnten das erst machen, nachdem die jetzige Tariflaufzeit vorbei ist, können wir das erst im Jahr 2005 in Angriff nehmen. Das Jahr 2004 bleibt davon unberührt. Wenn Sie das wollen, müssen Sie es sagen. Wir wollen das nicht.

Ich füge eine Bemerkung hinzu: Wollen Sie tatsächlich, dass Hessen bei 38,5 Stunden Arbeitszeit verbleibt?

(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Nein!)

Herr Frömmrich, wenn Sie das nicht wollen, können Sie das auch nicht schreiben. Ein bisschen intellektuelle Redlichkeit müssen wir doch üben.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Sie haben eben vom Pult aus gesagt, dass Sie dem Antrag der SPD zustimmen wollen. Darin steht, dass wir die Arbeitszeitverlängerung zurücknehmen sollen.

(Zuruf des Abg. Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Nein, ich will das im Zusammenhang vortragen. Herr Frömmrich, machen Sie langsam, Sie kommen auch noch dran.

So läuft das nicht. Sie können hier nicht kurz vor Weihnachten eine Schaufensterrede halten, um die Gewerkschaft zu bedienen.Da ich weiß,wie viele Menschen in der Landesverwaltung sich Sorgen machen, sage ich das auch so ausführlich. Das, was Sie vorschlagen, ist von der Sache her nicht möglich. Es ist ein Rückfall in Zeiten, die wir gemeinsam überwunden zu haben glaubten. Hessen wäre das einzige Land mit 38,5 Stunden Arbeitszeit. Das wäre sicherlich falsch.

Ein weiterer Punkt. Haben Sie vielleicht zur Kenntnis genommen, dass uns die Gewerkschaften mitgeteilt haben – und zwar nicht nur jetzt –, dass sie nicht bereit sind, überhaupt in irgendwelche Gespräche einzutreten? Ist Ihnen das entgangen? Es kann ja sein, dass Ihnen das entgangen ist. Dann kann ich es hier noch einmal vortragen. Die Gewerkschaften haben uns seit längerer Zeit wissen lassen, dass sie nicht bereit sind, über irgendetwas zu verhandeln.

(Zuruf des Abg. Günter Rudolph (SPD))

Verzeihung, das müssen Sie einmal zur Kenntnis nehmen.

(Norbert Schmitt (SPD): Das ist Ihr Problem!)

Sie beide freuen sich so. Ich freue mich überhaupt nicht. Wissen Sie, warum ich mich nicht freue? Es wäre gut, wenn wir zu einer Lösung kämen. Können Sie mir erklären, warum der Bundeskanzler beim Bündnis für Arbeit resigniert aufgegeben hat? Das war doch eine innersozialdemokratische Veranstaltung.Wollen Sie auch dann noch lachen?

(Petra Fuhrmann (SPD): Weil die Arbeitgeber die Absprachen nicht eingehalten haben!)

Das Problem ist doch, dass die Menschen in diesem Land ihre Arbeit verlieren. Deshalb lasse ich Sie damit nicht so locker aus dem Haus gehen.Ich komme auch noch auf das Stichwort „Beispiele aus der Wirtschaft“ zurück.

Fakt ist, dass es außer in Brandenburg und in Berlin kein einziges gelungenes Beispiel gibt. Das waren Sonderfaktoren. Fakt ist auch, dass es vor einem Jahr eine ganze Reihe von Kollegen gegeben hat, die in diesen Tarifverhandlungen gesagt haben – ich habe das oft genug vorgetragen –: 2,4 % sind falsch. Lasst uns bei 1 bzw. bei 0,5 % bleiben, die z. B. für die Ausweitung der Teilzeitarbeit, für die Übernahme von Auszubildenden und für die Streckung von Arbeitszeitkonten genutzt werden können.

Es gab keine Bereitschaft, überhaupt etwas zu machen. Sie können alle Kollegen fragen, die damals dabei waren. Deshalb ist und bleibt das an dieser Stelle ein Schaufensterantrag.

Wenn wir im Jahr 2005 – wenn die jetzige Tarifperiode herum ist – die Chance haben, mit den Gewerkschaften verantwortlich zu verhandeln, erkläre ich für die Landesregierung, dass wir dazu bereit sind. Dann müssen wir uns aber über die Kriterien verständigen.

Deshalb möchte ich gerne zu Ihrem Beitrag,Herr Frömmrich, noch eine Bemerkung machen. Ich finde es prima, was Sie hier vorgetragen haben. Ich verstehe es auch bis zu einem gewissen Grade. Sie haben gesagt, wir sollten uns Anleihen bei der Wirtschaft holen. Der Kollege Dr. Jung hat Ihnen schon durch Zuruf gesagt, wie es bei VW war. Der größte Teil dessen, was bei VW geschaffen wurde, ist über die Bundesanstalt für Arbeit bezahlt worden. Oder nehmen wir einen anderen großen Betrieb, einen aus Hessen, die Firma Opel. Die hat die Arbeitszeit zwar auf 32 Stunden reduziert, aber die Gehälter sind entsprechend gekürzt worden. Wenn Sie das wollen, dann müssen Sie das auch sagen.

(Beifall bei der CDU – Jürgen Frömmrich (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN): Reden Sie doch erst einmal mit den Beschäftigten! – Weitere Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das will ich nicht. Genau an dieser Stelle unterscheiden wir uns. Sie können sich nicht die Rosinen herauspicken. Wir haben gesagt, wir erwarten von den Menschen ein Stück Mehrarbeit. Aber wir wollen nicht ihr Gehalt beschneiden. Das ist der Unterschied.

(Norbert Schmitt (SPD): Was haben Sie denn gemacht? – Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Eine Unverschämtheit! – Weitere lebhafte Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Verzeihung, die Alternative ist doch, die Arbeitszeit und das Gehalt zu kürzen. Das halte ich für falsch. Wenn Sie das anders machen wollen, können Sie es tun. Mit uns geht das nicht. Aus Ihrer Erregung schließe ich, dass Sie ganz offenkundig Zeit brauchen, sich darüber zu unterhalten, was Sie eigentlich wollen. Unsere Entscheidung war:Wir wollen den Menschen möglichst das Geld lassen und sie bitten, dafür mehr zu arbeiten.

(Zurufe von der SPD)

Das ist die richtige Entscheidung.

(Zurufe von der SPD)

Herr Präsident, Ihre Fraktion ist, wenn ich das sagen darf, ungeheuer aufgeregt.

Wenn Sie das stört – ich habe es als noch nicht so unangenehm empfunden –, dann bitte ich die SPD-Fraktion, den Lärmpegel etwas zu dämpfen.

Herr Präsident, meine Damen und Herren, ich kann noch lauter sprechen. Das nützt aber der Sache nichts.

Jetzt komme ich zu dem, was uns eigentlich gemeinsam am Herzen liegen sollte. Ich unterstreiche ausdrücklich die Aussage – ich weiß nicht mehr, wer es gesagt hat –: Die Mitarbeiter sind unser kostbarstes Gut.

(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Das habe ich gesagt!)

Genau so ist es. Deshalb darf ich Ihnen versichern, dass wir uns mit außerordentlich großer Sorgfalt und großer Intensität darum bemühen, die Personalvermittlungsstelle konkret auszugestalten.Wir tun dies selbstverständlich unter Beteiligung der Personalräte. Wo leben Sie denn? Die Personalräte sind beteiligt, das wissen Sie doch.

(Zurufe von der SPD)

Gehen Sie deshalb davon aus, dass wir die Arbeit schätzen, die die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Landesverwaltung erbringen.Wir wissen, dass der Erfolg dieser Landesregierung zu einem guten Teil der Arbeit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter geschuldet ist. Eines gilt aber auch: Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Landesverwaltung sind nicht identisch mit den Mitgliedern der sich für alles kompetent erklärenden Gewerkschaften. Auch das muss man einmal deutlich sagen. Von den Gewerkschaften werden Interessen vertreten. Das ist legitim. Aber eine Gleichsetzung der Mitarbeiterschaft mit der Gesamtheit der Mitglieder der Gewerkschaften ist nicht in Ordnung.Das habe ich hier schon oft genug gesagt, und ich wiederhole es heute noch einmal.

Ich fasse zusammen: Ich bin froh, wenn wir im Ausschuss Gelegenheit haben, nach dem Abklingen Ihrer Erregung sehr konkret darüber zu sprechen, was Sie wollen. Dann werden Sie sehr konkrete Antworten bekommen. Es geht aber nicht, acht Tage vor Weihnachten einen Schaufensterantrag zu stellen: inhaltlich gar nichts und nebenbei Beispiele aus der Wirtschaft, die, wenn man sie aufgreift, für die GRÜNEN eine blamable Geschichte wären.

(Lebhafte Zurufe von der SPD)

Lieber Herr Frömmrich, lassen Sie mich abschließend noch eines sagen. Wir hätten wesentlich bessere Verhältnisse – ich bitte, mir das abzunehmen –, wenn Ihre Parteifreunde in Deutschland und auch in Hessen nicht bestimmte Entscheidungen getroffen hätten, die die wirtschaftliche Entwicklung erschwert haben. Ich muss es Ihnen heute sagen, weil Sie mit dem moralischen Zeigefinger auf uns gezeigt haben: Ich habe einer Regierung angehört, die sich sehr um die damaligen Hanauer Nuklearfabriken gekümmert hat. Dann kam eine andere Regierung und hat die Entscheidungen getroffen, die dazu geführt haben, dass die ganze Anlage heute platt ist. Jetzt nehme ich mit großem Erstaunen zur Kenntnis: Das, was Ihr Bundesminister Trittin und andere immer für Schrott erklärt haben,kann man ohne Probleme ins Ausland bringen, weil es offensichtlich doch kein Schrott ist.

Meine Damen und Herren, wenn Sie hier bezüglich der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter moralische Kategorien einführen, dann sage ich Ihnen: Ich bin gerne bereit, darüber zu sprechen, ob wir Beschäftigung sichernde Maßnahmen durchführen. Ich bin aber nicht bereit, der Regierung vorwerfen zu lassen, wir würden mit den Menschen ohne Anerkennung ihrer Würde, ohne Anerkennung ihrer berechtigten Ansprüche umgehen. Dem ist nicht so, dem war nicht so, und das wird auch in Zukunft nicht so sein.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Staatminister. Sie waren fast genau in der Zeit. – Für die SPD-Fraktion hat der Abg. Schmitt das Wort. Sie haben fünf Minuten Redezeit.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Minister, ich bin mir nicht sicher, ob Sie unseren Antrag bewusst missverstanden haben, sich mit ihm bewusst nicht auseinander setzen wollten oder ihn tatsächlich nicht verstanden haben.

(Günter Rudolph (SPD):Alles gleich schlecht!)

All das ist gleich schlimm. Ich finde, Sie haben hier unter Ihrem Niveau diskutiert.

(Beifall bei der SPD)

Sie haben groß angekündigt, Sie wollten sich mit dem Antrag ernsthaft auseinander setzen. Ich muss sagen, Sie sind unter der von Ihnen selbst gesetzten Zielmarke geblieben.