Protocol of the Session on November 26, 2003

Meine sehr geehrten Damen und Herren, deshalb wird es an den Stellen dazu kommen, wie Sie das bei den Demonstrationen sehen konnten, dass am Ende in der Tat – ob es Lehrer, Polizisten, Finanzbeamte sind – alle Beteiligten sagen:Ihr,Landesregierung und Landtagsmehrheit, nehmt uns bei der Arbeitszeit sehr in Anspruch.

Ich akzeptiere ausdrücklich, dass es dort Diskussionen gibt und geben muss, wenn man so etwas tut. Wenn ich sage, wir hätten eine solche Entscheidung lieber vermieden, dann sage ich aber auch: Wenn wir nur 1,5 oder 2 % durchschnittliches Wachstum in den letzten Jahren gehabt

hätten, hätten wir diese Entscheidung selbstverständlich vermieden, und deshalb ist es immer wieder die Frage, ob wir uns in unserer Gesellschaft noch dahin gehend begreifen und in der Lage sind zu organisieren, dass alles, was wir uns hier leisten, mit dem zusammenhängt, was wir erarbeitet haben. Wer hat die politische Kraft – und die scheinen Sie nicht zu haben –,

(Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

in den Zeiten, in denen es eben so ist, auch dafür zu sorgen, dass wir das Problem in unserer Generation lösen und nicht mit den Schultern zucken und es auf die nächste Generation schieben? Denn das können wir nicht verantworten.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Aber wenn man das erreichen will – das würde in der Tat die spannendere Diskussion sein –, dann muss man etwas dazu beitragen, dass künftige Entwicklungen so werden, dass es wieder wirtschaftliches Wachstum gibt. Diese Debatte würde sich durchaus auch bei uns in Hessen lohnen. Mit Verlaub, sie an der Frage – wenn ich schon in einer Krisensituation bin – Straßenbau festzumachen: Wenn ausgerechnet die SPD und vielleicht nachher sogar noch die GRÜNEN – ich weiß ja nicht, was einem hier alles noch passieren kann – Krokodilstränen über die Größe des Straßenbaus weinen, dann gehört das wieder zu dem Kapitel wie bei den Netzwerkern.Bleiben Sie doch bei Ihrer eigenen Überzeugung: Solange wir Straßen gebaut haben, haben Sie uns unverantwortliche Politik bei der Erhöhung der Investitionen für den Straßenbau vorgeworfen;und wenn wir jetzt in einer schwierigen Situation sind, dann schimpfen Sie mit uns, weil wir keine Straßen bauen. So beliebig darf Politik in einem Land nicht sein.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Deshalb bin ich dem Wirtschafts- und Verkehrsminister sehr dankbar, dass wir einen Weg gefunden haben, mit den finanziellen Möglichkeiten,die wir haben,die meisten Straßenbauprojekte zu beginnen und fortzuführen, und dass die Ausfälle, die es in diesem Bereich gibt, überschaubar bleiben. Ich sage Ihnen ganz verbindlich, es bleibt bei unserem Regierungsprogramm, und es bleibt bei dem Ziel,

(Lachen des Abg. Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN))

wie viele Mittel wir insgesamt bis zum Jahr 2008 im Straßenbau ausgegeben haben werden. Wir gehen nämlich nach wie vor davon aus – offensichtlich Herr Al-Wazir nicht mehr –, dass es in Deutschland gelingen wird, dass der Druck der Bevölkerung irgendwann groß genug sein wird, dass wir wieder entsprechend unseren Möglichkeiten wirtschaftliches Wachstum und Erfolge haben werden. Wir wollen die letzten drei Jahre nicht bis zum Jahr 2008 fortschreiben. Meine sehr verehrten Damen und Herren, das wäre wahrlich eine zu düstere Bilanz für dieses Land.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Deshalb gilt auch weiter: Es wird Kassel-Calden in seiner Entwicklung fortgesetzt, es wird die Entwicklung des Logistikstandortes Nordhessen fortgesetzt – mit beachtlichen Erfolgen. Mir macht die Arbeitslosenstatistik im Augenblick genauso wenig Freude wie Ihnen. Und deshalb habe ich an der Stelle auch genickt. Es sind nur zwei Probleme, die man miteinander verbinden muss. Wir sind nach wie vor eines der erfolgreichsten Länder in der

Bundesrepublik Deutschland in der Bereitstellung von Arbeitsplätzen.Wir sind immer unter den ersten drei oder vier Ländern und liefern uns im Augenblick aus statistischen Gründen einen heftigen Streit mit Rheinland-Pfalz. Bayern, Baden-Württemberg und Hessen sind nach wie vor die Spitzenländer in Deutschland. Nur, im Augenblick ist die Wirtschaftskrise so tief – das kann man an den Bankentürmen von Frankfurt und auch an anderer Stelle sehen – dass wir eben im Augenblick auf dem viel niedrigeren Niveau einen hohen Anstieg haben. Die Probleme, die die anderen Länder leider Gottes immer noch haben, nämlich die Arbeitslosigkeit von Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und anderen Ländern,können wir unseren Bürgern wahrlich nicht wünschen. Wir können stolz sein auf die Ergebnisse, die die Wirtschaftspolitik in Hessen hat – auch mit Blick auf die Arbeitslosenstatistik vom heutigen Tag.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Das gilt ganz besonders für Nordhessen.

(Norbert Schmitt (SPD): Das glaubt nicht einmal Ihre eigene Truppe!)

Diese Entwicklung ist sehr beachtlich, und ich glaube, man darf sie nicht unterschätzen.Wir haben in den letzten Jahren – und das hat Sie immer gestört, das haben die Nordhessen uns aber dankbar honoriert –, wenn man die nordhessische Region mit den Regierungspräsidien vergleicht, die drum herum liegen, eindeutig das Ergebnis, dass in keinem anderen regionalen Bezirk ein auch nur annähernd so hoher Zuwachs an sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätzen wie in der Kasseler Region vorhanden ist, also im Regierungsbezirk Nordhessen. Deshalb bestand natürlich eine berechtigte Sorge, dass in der Wirtschaftskrise diese gerade jung und neu entstandenen Arbeitsplätze relativ schnell wieder abschmelzen, dass sie am Ende gefährdet sind.

Es ist festzustellen, dass im Augenblick der Rückgang von sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen in Nordhessen prozentual signifikant geringer ist als in Mittel- oder gar in Südhessen, was eine ungewöhnliche Entwicklung ist, auf die wir gemeinsam – und das sollten wir dann wenigstens festhalten – einigermaßen stolz sein können, und zwar unter dem Gesichtspunkt, dass offensichtlich die perspektivischen Entscheidungen,was Kassel als einen Kongressstandort und die Region Nordhessen als Logistikstandort angeht, richtig gewesen sind, auch im Hinblick auf die Verkehrsinfrastruktur. Ich habe gerade ein großes Unternehmen dort eingeweiht – unter der Beteiligung vieler Sozialdemokraten –,

(Zuruf des Abg. Manfred Schaub (SPD))

und die bauen doch nur an dieser Stelle, weil sie inzwischen sicher sind, dass die A 44 irgendwann kommt. Diese Firmen hätten nie dort gebaut, wenn diese Regierung den Weg zum Logistikstandort Nordhessen nicht eingeleitet hätte, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Da wird es konkret, was es mit dem Wirtschaftswachstum in unserem Lande auf sich hat.

Das gilt auch für andere Bereiche.Wenn wir jetzt die Biotechnologie in Frankfurt mit dem Frankfurter Innovationszentrum für Biotechnologie neu zu etablieren versuchen,

(Nicola Beer (FDP): Und gleichzeitig die Mittel beim Wirtschaftsminister kürzen,Technologietransfer zusammengestrichen!)

dann ist das eine Entscheidung, die doch erst in den letzten vier Jahren möglich geworden ist. Ruth Wagner und andere haben mit uns gemeinsam dafür gesorgt, dass dieser Bau dort auch errichtet werden kann, nachdem Sie in den Jahren zuvor zunächst einmal dafür gesorgt hatten, dass die Wissenschaftler das Land verlassen haben. Das hat schon etwas mit Arbeitsplätzen für die Zukunft zu tun, und genau daran werden wir auch anknüpfen.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Meine Damen und Herren, das ist auch, weil es Hessen betrifft, ein gutes Beispiel. Wenn es Anfang der Neunzigerjahre die Absicht der damaligen Landesregierung von Rot-Grün gewesen wäre, die Biotechnologie mit allen ihren Elementen zu einem wichtigen Profil zu machen,dann wären viele Forscher und viele Unternehmen aus dieser Region nicht nach Amerika oder Japan gegangen, sondern sie hätten es hier gemacht.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Und wenn sie es hier gemacht hätten, hätten wir heute neben der Finanzindustrie noch ein anderes Bein, das sich anders entwickeln würde. Denn wir sehen ja an den schmalen Pflänzchen, die wir zurückholen – –

(Norbert Schmitt (SPD): Was war denn zwischen 1987 und 1991? – Nicola Beer (FDP): Quatsch!)

Denken Sie doch einmal daran, Sie haben die Forschungsanlage für Insulin fast unmöglich gemacht, und wir haben inzwischen die größte Produktionsanlage für Insulin daneben genehmigt. Das ist der Unterschied zwischen dem, was man leisten kann, und dem, was man nicht leisten kann.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Das betrifft nicht nur diesen Bereich, das betrifft auch die Frage, wie in den vergangenen vier Jahren von der Landesregierung von CDU und FDP begonnen wurde, die Universitäten im Umfeld des Finanzplatzes umzubauen. Wer hat Sie anfangs der Neunzigerjahre daran gehindert, den Umbau der Universitäten, der dort notwendig ist – mit jungen Menschen, die dann dableiben, die nicht in London studieren müssen, während man sich wundert, dass sie nicht als Investmentbanker zurückkommen, sondern dort bleiben –, zu organisieren? Da sind in den letzten Jahren Entwicklungen eingeleitet worden, aus denen wir ein Wachstumspotenzial für das Land, für die Zukunft generieren werden, und wir sind optimistisch, dass wir das tatsächlich auch hinbekommen. Wir machen in diesem Land Schritt für Schritt, Abteilung für Abteilung, völlig unideologisch, ganz pragmatisch

(Lachen des Abg. Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN))

eine Politik, damit zusätzliche Arbeitsplätze entstehen.

(Beifall bei der CDU)

Wenn der Kollege Al-Wazir dabei lacht,dann ist das eine vergleichsweise günstige Gelegenheit

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Bei dem Wort „unideologisch“!)

ja, bei dem Wort „unideologisch“ –, auf den Frankfurter Flughafen zu sprechen zu kommen.

Es kann kein Zweifel daran bestehen:Von allen Jobmotoren, die es in der Bundesrepublik Deutschland gibt, ist der Frankfurter Flughafen der wirksamste und in seinen bisherigen Erfahrungen auch der erfolgreichste.

(Michael Siebel (SPD):Der hat aber einen besseren Aufsichtsratsvorsitzenden verdient!)

Es ist ein Platz, an dem heute 75.000 Menschen arbeiten und der, wenn wir die Erweiterung hinbekommen – das zum Thema „Ideologie“, Herr Al-Wazir –, weitere 50.000, 60.000 oder 70.000 Arbeitsplätze schaffen kann. Das ist ein Potenzial, das es an keiner anderen Stelle der Bundesrepublik Deutschland gibt.

Das ist zunächst einmal eine Chance.Herr Kollege Walter, an dieser Stelle und in aller Freundschaft: Ich finde diesen Versuch, den Sie beständig machen, zu sagen, die SPD sei dafür – auch bei Ihnen gibt es ja den Main-Taunus-Kreis, wo ich herkomme und andere Bereiche,die vom Lärm belastet sind –, ideologisch, wenn Sie damit wegwischen wollen, dass die gesamte südhessische Sozialdemokratie – und damit wollen wir wirklich einmal mit der Lärmbelastung in Bensheim und im Odenwald sowie in anderen Bereichen vorsichtig sein, denn das hat nichts mit Lärmbelastung zu tun – dagegen protestiert, und zwar gegen jedes Flughafenprojekt und in jedem regionalen Planungsparlament Südhessens. Das ist Ihr Ergebnis.

(Lebhafter Beifall bei der CDU und der FDP)

Deshalb sage ich Ihnen auch an der Stelle: Das ist Heuchelei.

(Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Man kann nicht hierhin gehen und sagen: „Ich sozialdemokratischer Landesführer bin für den Flughafen“, und zwei Drittel Ihrer Parteimitglieder im Lande, die in Südhessen sitzen, versuchen, ihn zu verhindern. Das ist keine faire und solide Politik.

(Beifall bei der CDU)

Wir werden die Punkte sorgfältig, Schritt für Schritt – –

(Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))