Wir haben das modernste Polizeiarbeitsplatzsystem COMVOR eingeführt. Wir haben Ihr Millionengrab HEPOLAS beendet und haben das Topsystem POLAS eingeführt. Das ist doch Fakt.
Meine Damen und Herren, wir haben konsequent die modernsten Methoden zur Verbrechensbekämpfung eingeführt.
Dank einer erfolgreichen Regierung von FDP und CDU wurde im HSOG endlich die Schleierfahndung verankert, und sie wird mit ganz großem Erfolg angewendet. Das ist Fakt.
Im Hessischen Gesetz über die öffentliche Sicherheit und Ordnung haben wir den Unterbindungsgewahrsam verlängert und damit dafür gesorgt, dass im Vorfeld von Veranstaltungen Krawall und Randale strikt unterbunden werden können. Und wir haben die Videoüberwachung eingeführt,die die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger deutlich erhöht – sogar so sehr, dass Ihr Innenminister mit Ihrem ehemaligen SPD-Oberbürgermeisterkandidaten in Frankfurt ganz andächtig über die Konstablerwache geschritten ist und sich angesehen hat, was unser Innenminister in Frankfurt ermöglicht hat.
Herr Schaub, bei alledem, was ich eben aufgeführt habe, haben Sie sich verweigert. Sie haben immer destruktiv Nein gesagt. Das ist die Wahrheit.
Jetzt komme ich zu dem, was Sie heute vorgelegt haben, Herr Kollege Schaub und meine Damen und Herren von der SPD-Fraktion. Nach diesen umfassenden ersten Renovierungsmaßnahmen des HSOG in der ersten Legislaturperiode geht es jetzt ganz konsequent und ganz stringent weiter.Wir werden es konsequent weiterentwickeln. Der Innenminister hat einen umfangreichen Katalog zur Verbrechensbekämpfung und zur Verbesserung des Polizeigesetzes vorgelegt. Er schafft damit ein ganz neues und modernes Polizeirecht,mit dem die Bürgerinnen und Bürger,aber insbesondere – und das gehört dabei betont – die Polizistinnen und Polizisten in Hessen, die tagtäglich im wahrsten Sinne des Wortes ihren Kopf für die Sicherheit hinhalten, besser geschützt werden.
(Jürgen Walter (SPD): Und jetzt noch länger! – Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Dafür werden die gerade belohnt: kein Urlaubsgeld,Weihnachtsgeld weg!)
Das Herzstück des vorgelegten Maßnahmenbündels des Innenministers ist eben die Einführung des finalen Rettungsschusses.Die CDU-Fraktion begrüßt diese Neuregelung, weil sie so sehr notwendig war und weil sie endlich Rechtssicherheit für die betroffenen Beamten schafft. Ich bin froh, dass wir diese Neuregelung einvernehmlich und auch einstimmig diskutieren können, und es wird auch in der Öffentlichkeit so gesehen. – Herr Al-Wazir schränkt dies leider schon ein.
In der Öffentlichkeit heißt es,beispielsweise in der „FNP“ vom 20.11.2003: „Todesschuss – endlich Rechtssicherheit“. „Keine Lizenz zum Töten“, schreibt das „Darmstädter Echo“. Die „HNA“ sagt: „Klarheit muss sein“. „Raus aus der Grauzone“, heißt es in der „OffenbachPost“.
Meine Damen und Herren, hier muss auch einmal deutlich gesagt werden:Bei dieser Regelung geht es eben nicht darum, menschliches Leben zu töten, sondern es geht darum, einen Menschen in allerhöchster Lebensgefahr zu schützen. Es geht darum, ihn zu retten.
Es geht darum, Leben zu retten, auch um den sehr hohen Preis der Tötung eines anderen. Damit kein Missverständnis entstehen kann: Dieser Gesetzentwurf, den der Innenminister vorgestellt hat, gibt wirklich keine Lizenz zum Töten. Diese Lizenz möchte im Übrigen auch niemand.Insbesondere wollen unsere Polizisten diese Lizenz nicht, weil sich kein Einziger von ihnen wünscht, je in eine solche Extremsituation hineinzugeraten. Die hessischen
Polizeibeamten sind in höchstem Maße verantwortungsbewusst, und sie gehören zu den am besten qualifizierten in Deutschland.
Mit dem Gesetzesvorhaben tun wir nichts anderes als unsere Pflicht und Schuldigkeit.Wir stellen Menschen in Extremsituationen, die für unser aller Sicherheit ihren Kopf hinhalten, das Gesetz an die Seite. Es ist richtig – Herr AlWazir, weil Sie eben den Kopf geschüttelt haben –: Ein solches Thema muss bewusst und vorsichtig diskutiert werden. Das gestehe ich Ihnen zu. Doch es ist geradezu zynisch, den finalen Rettungsschuss unter Verweis auf das Nothilferecht abzulehnen. Denn wer das tut, der wälzt die Probleme auf den einzelnen Beamten ab.Herr Schaub hat es dargestellt.
Noch feiger ist es aber, eines zu tun: durch wirklich winkeladvokatenhafte Spielereien vorzugaukeln, es bestehe bereits eine gesetzliche Regelung. Das geschieht eben durch den Hinweis auf die versteckte Regelung der Angriffsunfähigkeit in § 60 HSOG. In einem Rechtsstaat müssen Polizei und Bürger wissen, was erlaubt ist und was nicht erlaubt ist. Wer von den Bürgerinnen und Bürgern beauftragt worden ist, politische Verantwortung zu tragen – und das sind wir –, der hat eben nicht das Recht, sich aus einer solchen Situation wegzustehlen. Wer seinen Beamten zumutet,in Nothilfe zu schießen,der macht es sich einfach zu leicht, der trägt keine Verantwortung.
(Priska Hinz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Können Sie einmal ein bisschen nachdenklicher argumentieren, nicht so platt?)
Denn der als Nothelfer handelnde Polizist – liebe Frau Hinz,hören Sie es sich an,das ist das Nachdenkliche – tritt aus seiner Rolle heraus und handelt als Privatmann. Erwarten Sie von einem Polizisten, dass er als Privatmann handelt, mit all den damit verbundenen Konsequenzen, Frau Hinz?
(Priska Hinz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ich erwarte,dass Sie ein bisschen differenzierter die Sache betrachten und argumentieren!)
Er persönlich, nicht die Polizeibehörde – Herr Schaub hat es dargestellt –, muss sich am Ende gegenüber der Justizbehörde verantworten. Er ist es, der eine mögliche strafrechtliche Konsequenz riskiert. Er und nicht der Dienstherr ist es, der eventuelle Schadenersatzforderungen abwehren muss.
Deswegen ist viel zu lange nicht gehandelt worden. Ich halte es für unerträglich, dass die Entscheidung über die mögliche Tötung eines Menschen, die wohl schwerwiegendste Entscheidung im Leben eines Polizeibeamten, nämlich abzuwägen, welches Rechtsgut jetzt geschützt und welches nicht geschützt wird, auf die unterste Ebene verlagert wird.Das ist nicht okay,das ist nicht fair,und das kann so nicht bleiben. Da stimmen Sie mir bestimmt zu. Wer politisch will, dass eher die Tötung des Geiselnehmers als die Tötung der Geisel gewollt ist, der muss den Mut haben, dies auch ohne Wenn und Aber zu sagen.
Für die CDU-Fraktion sage ich deutlich und unmissverständlich: Im Zweifel steht das Leben des Opfers über dem Leben dessen, der es bedroht. – Da brauchen Sie gar nicht den Kopf zu schütteln, Frau Hinz. Es ist mir wirklich unerklärlich, wie man da den Kopf schütteln kann.
Diese Entscheidung fällt niemandem leicht. Diese Entscheidung kann auch politisch niemandem leicht fallen, und er kann sie auch nicht leichtfertig treffen. Nur, es ist eben so, dass wir nach einer gründlichen Abwägung aller Für und Wider sagen, das muss so geschehen, wir müssen eine solche Regelung treffen.Auch weil es stimmt,was der Berliner GdP-Vorsitzende sagt, haben wir diese Abwägung so vorgenommen. Mit Erlaubnis des Herrn Präsidenten zitiere ich hier Eberhard Schönberg, Vorsitzender der Gewerkschaft der Polizei in Berlin:
Das Dumme ist, dass die Politik, also dieselben Politiker, die uns die gesetzliche Grundlage nicht geben, von uns verlangen, dass wir diesen finalen Rettungsschuss im Notfall auch ausüben. Das ist natürlich so ein bisschen wie Feigheit vor dem Feind, nach dem Motto: Schießt ihn tot, aber ich möchte damit nichts zu tun haben, und schon gar nicht will ich es ins Gesetz schreiben.
(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): So etwas ist doch wirklich sogar unter Ihrem Niveau! – Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Unterste Schublade!)
Wir sagen auch, dass es richtig ist, diesem Gesetzentwurf zuzustimmen,den der Innenminister dem Kabinett vorgestellt hat, weil der Kommentator der „Frankfurter Neuen Presse“ vom 20.11.2003 völlig Recht hat, indem er sagt:
Doch wer streitet denn da? Politiker, Ideologen, Experten – ein Debattierklub, dessen Mitglieder nie in die Situation kommen werden, mit dem Finger am Abzug auf einen Menschen zu zielen. Dieses Los bleibt dem einzelnen Polizisten überlassen.
Wir sagen, dass es richtig ist, eine solche Regelung zu treffen, weil es falsch ist, was der Berliner Innensenator Körting gesagt hat.Ich zitiere auch hier mit Erlaubnis des Präsidenten:
Es ist meine tiefste Überzeugung, dass ich nicht ins Gesetz hineinschreiben will, die Polizeibehörde darf töten. Dieses Recht billige ich wirklich nur einem einzelnen Menschen, auch einem Polizeibeamten, in einer Notwehrsituation zu und nicht einer Behörde,die sozusagen von mir aus dann auch noch aktenkundig macht: Unter den und den Voraussetzungen darf jetzt getötet werden.
Viel zu lange sind die Beamten der Polizei in dieser Frage allein geblieben. Dieser inakzeptable Zustand kann mit dem im Kabinett vorgestellten Gesetzentwurf ein Ende haben. Ich nehme es Ihnen nicht ab: Die SPD hat 49 Jahre Zeit gehabt – –
Letzter Satz, Herr Präsident. – Sie haben dieses Land 49 Jahre lang regiert, und Sie haben diese Regelung nie eingeführt. Deswegen nehme ich Ihnen die Ernsthaftigkeit bei dieser Regelung leider nicht ab. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Erste Feststellung: Herr Kollege Rhein, Sie haben kein Wort zu dem Gesetzentwurf der SPD gesagt.
Zweite Feststellung: Ihre Rede hat bewiesen, dass die SPD mit der Einbringung dieses Gesetzentwurfs einen Fehler gemacht hat.
Genau diese Reden nach dem Motto „platt, platter, am plattesten“ sind einer der Gründe, warum wir nach ausführlicher Diskussion in unserer Fraktion zu dem Schluss gekommen sind, dass wir diesen Gesetzentwurf ablehnen werden.Wir haben auch sehr wohl überlegte und reifliche inhaltliche Gründe. Ich möchte den Versuch machen, zu den inhaltlichen Punkten zu kommen,weil ich finde,wenn man über etwas diskutiert, was der größtmögliche Grundrechtseingriff ist, den der Staat begehen kann, ist ein wenig mehr Ernsthaftigkeit in der Debatte angesagt.