Protocol of the Session on April 23, 2003

Chancengerechtigkeit darf nicht dazu führen, dass Dinge nicht mehr unterscheidbar sind. Wir müssen erreichen, dass die Schule von den Kindern nicht als graue Einheitsanstalt wahrgenommen wird, in der alle Kinder über einen Kamm geschoren werden. Die Landesregierung legt Wert darauf, Kinder als Individuen wahrzunehmen, die gemäß ihren Fähigkeiten und Bedürfnissen gefördert und gefordert werden. Dazu dient nicht zuletzt die deutliche Profilierung und Neuordnung der Organisationsstrukturen der Schule. Um gerade im Rahmen dieser Profilbildung noch mehr Transparenz und Gerechtigkeit zu ermöglichen, arbeiten wir an der Erstellung landesweiter Vergleichsarbeiten, deren Ergebnisse dann im Internet veröffentlicht werden. Es wird dann deutlich weniger vorkommen als bisher, dass die Fähigkeiten von Schülerinnen und Schülern an einer Schule ganz anders beurteilt werden als an einer anderen, obwohl es sich in Wahrheit um die gleichen Fähigkeiten und das gleiche Leistungsniveau handelt.

Es ist ein wichtiges Element unserer Qualitätsgarantie, dafür zu sorgen, dass Jugendliche, in welcher Stadt, in welchem Landkreis, an welchem Ort sie auch immer unterrichtet werden, den Anspruch haben, in einer Gesellschaft, in der sie anschließend in ihren Ausbildungsverhältnissen häufig nach ihren Zeugnissen beurteilt werden, sicher zu sein, dass gleiche Leistung zu gleichen Noten führt, egal wo im Lande Hessen dies gemacht wird.

(Beifall bei der CDU)

Wir gehen davon aus,und es ist unser ehrgeiziges Ziel:Wir wollen mit diesen Maßnahmen der Qualitätsgarantie erreichen, dass wir, wenn wir die fünf Jahre abgeschlossen haben – das ist ein durchaus längerer Zeitraum von Möglichkeiten,Schule zu verändern,den wir uns dann auch zurechnen lassen; neun Jahre sind eine relativ lange Zeit – und wir zu dem Zeitpunkt im internationalen Wettbewerb abrechnen, wie es in den einzelnen deutschen Bundesländern gegangen ist und wie es in Europa gegangen ist, sagen können, dass Hessen auf dem Weg zum Bildungsland Nummer eins mit den Bildungsergebnissen der Schülerin

nen und Schüler unserer hessischen Schulen wirklich auf einem der vorderen Plätze steht. Darauf haben die jungen Menschen einen Anspruch, und das wollen wir mit unserer Politik erreichen.

(Beifall bei der CDU)

Wir wollen unsere Reformen gemeinsam mit Eltern, Schülern und Lehrern unseres Landes umsetzen. Sie können von uns erwarten, dass wir ihre Bemühungen in den Reformprozess aktiv einbauen, dass wir Fortschritte und Stärken öffentlich benennen und dass wir uns auch mit den Schwachstellen beschäftigen. Wir können froh sein, dass es in unserem Land – das will ich ausdrücklich sagen – sehr viele Lehrerinnen und Lehrer mit hohem Engagement und ausgewiesener Kompetenz gibt. Die mehr als 52.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an den hessischen Schulen sind für die kommenden fünf Jahre die Basis, auf der die Erfolge von Schulpolitik ruhen werden, auf ihnen und auf niemand anderem; denn sie sind dort beschäftigt. Sie werden und sie wollen dort beschäftigt bleiben. Wir brauchen ihr Engagement und ihre Mitarbeit. Was wir nicht gebrauchen können, ist eine ständige Lehrerbeschimpferei, die sie aus dieser Landesregierung nie gehört haben. Wir müssen es mit ihnen zusammen machen.

(Beifall bei der CDU)

Deshalb sage ich ausdrücklich: Ich weiß, dass ihre Aufgabe in vielfacher Hinsicht häufig nicht einfach ist,was sowohl die Anforderungen von Eltern als auch, sagen wir es vorsichtig, die Herausforderungen betrifft, die Schülerinnen und Schüler gelegentlich ihren Lehrern gegenüberstellen. Das ist nicht immer leicht. Wir wissen auch, dass das, was wir als Regierung und was die Kultusministerin von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern an Veränderungen in der Schule, an Qualitätsmanagementmaßnahmen, an Fragen der Unterrichtsgarantie verlangen, unter durchaus hohen zeitlichen Belastungen eine weitere Herausforderung ist.

Wir werden weder die eine Herausforderung ausschließen können, die von Schülern und Eltern kommt, noch können wir irgendjemandem ankündigen, dass wir unsere Herausforderungen reduzieren werden; denn die Bildungsanstrengungen für die nächsten fünf Jahre werden genauso ehrgeizig zu sein haben wie die in den vergangenen vier Jahren. Aber wir sehen, dass die überwiegende Mehrheit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bereit ist, diesen Weg mitzugehen, mitzugestalten, und durchaus auch ein Stück stolz darauf ist, weil sie erkennt, dass sich sichtbar etwas verbessert. Wir wollen auch, dass sich am Image von Lehrerinnen und Lehrern etwas verbessert. Deshalb sage ich hier erneut:Ich bin den Lehrerinnen und Lehrern dieses Landes zu Dank verpflichtet. Wir wollen die Arbeit mit ihnen zusammen machen, die wir in diesem Bundesland machen müssen.

(Beifall bei der CDU)

Bei allen Verbesserungen, die wir im Schulbereich durchführen, muss eines klar bleiben: Es wäre eine Selbstüberschätzung der Möglichkeiten des Staates, zu glauben, dass er den Erziehungsauftrag alleine übernimmt und an die Stelle der Eltern treten kann. Für die Erziehung der Kinder sind in erster Linie die Eltern verantwortlich.Wir wollen so intensiv wie möglich mit ihnen in der Schule zusammenarbeiten.

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Deswegen haben die Schulkonferenzen nichts mehr zu sagen? – Zuruf der Abg. Priska Hinz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Wir wollen als Staat das Bestmögliche tun, aber wir werden uns nicht daran hindern lassen, zu sagen: Es ist keine Institution,in der man die Kinder abgibt,damit dort etwas aus ihnen gemacht wird, sondern es ist ein gemeinsames Projekt, das der Staat und die Eltern bewältigen wollen. Dazu brauchen wir die Mitarbeit der Eltern in unserem Land.

(Beifall bei der CDU – Zuruf der Abg. Priska Hinz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Das gilt umso mehr, als die Voraussetzungen für den Erfolg junger Menschen in Ausbildung, in Schule und im späteren Berufsleben nicht erst mit der Einschulung in die Grundschule beginnen. Wir haben in den letzten Jahren bei den vergleichenden Tests der Schulsysteme der Länder der Welt festgestellt, dass die Lebenserfahrungen der Kinder vor dem Beginn der Grundschule wesentlich auf ihre schulischen Leistungen einwirken. Diese Erkenntnis ist nicht neu, aber in ihrer heutigen Schärfe bedarf sie einer Veränderung der bisher bekannten Strukturen.

Wir stellen fest, dass die inzwischen weitestgehend erreichte – das ist ein Erfolg unserer Gesellschaft – Gleichberechtigung zwischen Jungen und Mädchen in der Ausbildung dazu führt, dass die Lebensentwürfe junger Familien veränderte Betreuungskonzepte erfordern. Wir wollen niemandem einen besonderen Lebensentwurf vorschreiben, und wir wollen in jeder Situation der Familie die Gewissheit geben, dass Kinder unabhängig vom eigenen Lebensentwurf die bestmögliche Ausbildung und auch Betreuung erhalten.

Dabei legt die Landesregierung Wert darauf, dass es bei der Schaffung von Wahlfreiheit wirklich auch um Wahlfreiheit geht. Eltern, die ihre berufliche Karriere ganz aufgeben oder für eine bestimmte Zeit unterbrechen, um die Erziehung ihrer Kinder in den Mittelpunkt ihrer Arbeit zu stellen, haben ebenso Dank, Respekt und Anerkennung verdient wie diejenigen,die Berufstätigkeit und Kindererziehung häufig unter sehr schwierigen Bedingungen in ihrer persönlichen Lebensentscheidung miteinander verbinden.

Wir haben heute eine flächendeckende Versorgung mit Kindergartenplätzen. Die Aufgabenstellung des Kindergartens wird die Hessische Landesregierung in enger Zusammenarbeit mit den Kommunen und den freien Trägern in den kommenden Jahren überprüfen. Es war eine lange Zeit Tradition,die Kinder im Kindergarten nicht mit Vorbereitungsarbeiten auf die Schule befrachten zu wollen. Dies muss mit den heutigen Erkenntnissen überprüft werden. Die Hessische Landesregierung wird mit allen Trägern von Kinderbetreuungseinrichtungen einen Erziehungs- und Bildungsplan für Kinder im Alter von der Geburt bis zum zehnten Lebensjahr im Sinne einer Selbstverpflichtung erstellen.Dieser gemeinsame Bildungs- und Erziehungsplan wird die Eigenständigkeit von Kindergärten und Schulen wahren und die Verantwortung der Eltern berücksichtigen. Die verbindliche Zusammenarbeit von Tageseinrichtungen für Kinder und der Grundschule soll insbesondere durch gemeinsame Fortbildungsangebote auch für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eröffnet und gefördert werden.

Zugleich muss das Betreuungsangebot für Kleinstkinder sowie Kindergartenkinder verbessert werden. Die Landesregierung wird vermehrt ihre finanzielle Unterstützung für Aktivitäten von Gemeinden anbieten, die es

durch entsprechende Öffnungszeiten leichter machen,Erwerbstätigkeit und Kindererziehung zu verbinden. Da das Angebot an Kinderkrippen und Kinderkrabbelstuben aber aufgrund der finanziellen Verhältnisse der Kommunen – Veränderungen in einer Zeit, in der wir keine finanziellen Zusatzmöglichkeiten haben – nur schwerlich schnell ausgebaut werden kann,will Hessen zum Land der Tagesmütter werden und zugleich eine soziale Absicherung dieser Berufstätigkeit erreichen.

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Macht doch mal etwas! Wie lange wollen Sie das nur erklären?)

Deshalb treten wir mit unserer „Offensive für Kinderbetreuung“ mit allen Beteiligten in einen intensiven Dialog, um das Tagesmütter-Netzwerk auszubauen.

Herr Kollege Al-Wazir, wir haben in ganz Hessen inzwischen 62 Städte und Gemeinden mit insgesamt 87 Servicestellen von freien und kommunalen Trägern, die Angebot und Nachfrage bei Tagesmüttern zusammenführen. Damit haben wir heute fast doppelt so viele Vermittlungseinrichtungen wie nur ein Jahr zuvor.

(Evelin Schönhut-Keil (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Doppelt so viele Plätze wäre besser gewesen!)

Als erstes Bundesland haben wir die individuelle Bezuschussung von Tagesmüttern und Tagesvätern eingeführt und im letzten Jahr rund 1.100 Personen auf diese Art und Weise gefördert.Wir sind auf dem Weg zum Land der Tagesmütter, Schritt für Schritt, aber in die richtige Richtung.

(Beifall bei der CDU – Lachen bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir wissen, dass die Betreuungsaufgaben nicht in der Grundschule enden. Deshalb wird die Landesregierung ihr Konzept fortsetzen,Jahr für Jahr mehr Schulen mit Betreuungsangeboten auszustatten. Wir werden auch dort das Prinzip der Freiwilligkeit achten und mit dem nachmittäglichen Angebot dafür sorgen, dass Kinder, die in der ganztägigen Betreuung sind, nicht vom Ehrenamt in Vereinen, nicht von den Musikschulen und nicht von den kirchlichen Freizeitaktivitäten ferngehalten werden.

Wir werden eine Vielzahl neuer Anknüpfungsmöglichkeiten für diese Institutionen suchen und gemeinsam mit ihnen ein Angebot schaffen, Kinder und Jugendliche in Vereinen, Gruppen und Verbänden an den Nachmittagen zu betreuen – wenn eine Betreuung notwendig und gewünscht ist – und ein einheitliches Konzept zu realisieren. Das ist der Weg,wie wir mit Betreuungsangeboten an hessischen Schulen umgehen werden.

(Beifall bei der CDU)

Betreuung hat allerdings sehr viel mit der Erwerbstätigkeit der Eltern zu tun, weil sie in der Regel deshalb nachgefragt wird. Damit bin ich bei der zweiten großen Aufgabenstellung der Hessischen Landesregierung und zugleich der deutschen Politik. Es ist unsere Aufgabe, Rahmenbedingungen in unserem Lande zu schaffen, die mehr Bürgerinnen und Bürgern die Chance geben, in einem marktwirtschaftlichen Prozess Arbeit zu bekommen.

Arbeit entspringt vor allem auch dem internationalen Wettbewerb um Aufträge. In diesem Wettbewerb um Aufträge sind wir in Deutschland stark zurückgefallen. Noch nie in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland hat es in drei aufeinander folgenden Jahren ein Wachstum

von nur etwa einem halben Prozent gegeben. Noch nie seit Bestehen der Bundesrepublik war die Frühjahrserholung am Arbeitsmarkt so schwach wie in diesem Jahr. Mit mehr als 4,6 Millionen Arbeitslosen in Deutschland im März dieses Jahres müssen wir feststellen, dass wir auf dem zweithöchsten Arbeitslosenstand seit über 50 Jahren sind.

Die Erwartungen für die nächsten Monate – darin liegt eines der Probleme bei der Schaffung von Ausbildungsplätzen – sind nicht optimistisch. Wie sich in unserem Lande langsam als Erkenntnis durchsetzt, ist dies nicht allein auf die Entwicklung der Weltwirtschaft zu schieben. Dabei bestreitet niemand, dass die Verunsicherung der Weltwirtschaft im Zuge der Ereignisse des 11. September 2001 und des Irak-Konflikts negative Auswirkungen gehabt hat. Das würde zwar sehr wohl ein niedrigeres Niveau des Bruttoinlandsprodukts für ganz Europa erklären, nicht aber den dramatischen Abstieg Deutschlands innerhalb der Staaten der Europäischen Union.

Die Ursachen dafür,dass Großbritannien und Frankreich, Irland, Österreich und die Niederlande, alles Länder, die noch bis in die Neunzigerjahre weit hinter uns lagen, Deutschland im Pro-Kopf-Bruttoinlandsprodukt inzwischen überholt haben, liegen nicht im konjunkturellen, sondern im strukturellen Bereich.

(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Die hatten aber auch nicht 16 Jahre Kohl!)

Das ist eine Binsenweisheit.Die Auseinandersetzungen in der Sozialdemokratischen Partei in diesen Tagen zeigen aber, dass selbst eine solche Binsenweisheit noch keineswegs eine hinreichende Akzeptanz in der deutschen Politik hat.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, es bleibt dabei: Wir haben zu dem – –

(Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Wissen Sie, jemand, der vier Jahre lang regiert hat und wieder gewählt worden ist, kann zwar immer noch auf das hinweisen, was vorher war – auch ich tue das gelegentlich –, aber er kann eines nicht mehr sagen: Er darf nicht sagen, er habe immer noch kein Rezept gefunden, wie er mit den Problemen fertig wird. Wenn er dieses Konzept nicht gefunden hat, muss er weg, und ein Neuer muss ran. Das ist sehr, sehr einfach.

(Anhaltender Beifall bei der CDU und der FDP)

Wenn Sie ein bisschen durch die Welt gehen, dann bemerken Sie doch, das Problem ist nicht, dass wir in Schwierigkeiten stecken, sondern das Problem ist, dass die Bundesregierung, die schon über vier Jahre lang im Amt ist, eine Koalitionsverabredung geschlossen hat, in der sie nicht auf die Schwierigkeiten Rücksicht nimmt, der Bundeskanzler sechs Monate nach Beginn der zweiten Amtsperiode auf die Idee gekommen ist, er müsse die Politik ändern, und seine eigene Partei anschließend beschlossen hat, eher die Partei zu ändern als die Politik.

Deshalb fragen alle: Wann wollen Sie in diesem Lande endlich etwas ändern? Das ist die Frage, mit der sich die Menschen beschäftigen, und das ist die Frage, auf die ein Unternehmer die Schaffung eines Ausbildungsplatzes gründet. Der Unternehmer muss zwar nicht schon morgen wieder Gewinne einfahren, aber er muss die begrün

dete Hoffnung haben, dass sein Unternehmen in Zukunft wächst.

Das ist die Aufgabe, die wir in diesem Lande im Bereich der Universitäten, der Forschung, der Standortbedingungen und des Verkehrs haben. Bei der Bewältigung dieser Aufgabe helfen Sie von den Sozialdemokraten uns weder auf Landesebene noch auf nationaler Ebene. Wir müssen die Frage beantworten:Worin liegt die Hoffnung, morgen und übermorgen wieder besser zu sein als heute? Das muss jeder von uns in eigener Verantwortung leisten.

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten der FDP)

Dabei haben wir – das wird Frau Ypsilanti noch weniger gefallen – mit einem grundlegenden Fehler der Achtzigerjahre zu kämpfen. Die Reduzierung der Arbeitzeit bei vollem Lohnausgleich war falsch. Diese Politik hat zu einem überproportionalen Rückgang der geleisteten Arbeitsstunden in Deutschland, zu größerer Arbeitslosigkeit und geringerer Wettbewerbsfähigkeit geführt. Das Ergebnis ist eindeutig. Die mangelnde Fähigkeit Deutschlands, auf die Herausforderungen des Strukturwandels, d. h. die Umstellung von der Industrie- auf die Wissens- und Dienstleistungsgesellschaft, flexibel und rasch zu reagieren, lässt sich durchaus auch an der Entwicklung des Arbeitsvolumens zwischen 1991 und 2001, z. B. im Ländervergleich, ablesen: Einem Minus beim Arbeitsvolumen in Deutschland von 5,2 % steht ein Plus in den Vereinigten Staaten von etwa 25 % gegenüber. 5 % minus zu 25 % plus – bei nicht wesentlich veränderten Bevölkerungszahlen: Das lässt einen vorsichtigen Verdacht aufkommen, die Wirtschaft welches Landes gewachsen ist und die Wirtschaft welches Landes nicht gewachsen ist.

Dies ist eine Entscheidung, die ausnahmsweise weder die eine noch die andere Regierung getroffen hat. Sie von der Sozialdemokratischen Partei und von den GRÜNEN sind dem aber noch hinterhergelaufen und haben gesagt, das sei richtig so.

Wir haben im Augenblick vonseiten der Sozial- und Tarifpartner eine Weichenstellung, die uns belastet, die zwar möglicherweise Führungskräfte in den Verbänden befriedigt, die aber bei den Arbeitsplatzsuchenden in der konkreten Situation nicht als Hilfe, sondern als Behinderung ankommt. Ich mache da gar keinen großen Unterschied zwischen den Gewerkschaften und den Arbeitgeberverbänden. Beiden ist es gelungen, die niedrigen Löhne in Deutschland wegzuverhandeln. Sie haben aber nicht bemerkt, dass dabei die Arbeit mit verloren gegangen ist. Heute sitzen auch in Hessen viele Unternehmen, von denen in erster Linie die Gewerkschaften mit Stolz sagen, dass es keine Niedriglöhne mehr gibt. Es wird aber elegant verschwiegen, dass die früher so bezahlte Arbeit heute in Tschechien oder Polen zum Wohlstand beiträgt und der Bundesrepublik Deutschland an der Stelle Arbeitslosigkeit beschert.

(Beifall bei der CDU)