Kümmern wir uns doch darum.Auf der anderen Seite sollen sie das, was sie in Berlin zu entscheiden haben, selbst entscheiden können. Meine sehr verehrten Damen und Herren, das ist nicht nur der Punkt Subsidiarität, sondern es ist auch der Punkt klare Zuständigkeiten. Das ist auch der Profit für den Bürger. Der Bürger kann doch überhaupt nicht mehr unterscheiden, was eigentlich Länder-, was Bundessache ist. Für den ist das doch alles ein Durcheinander und überhaupt nicht mehr nachvollziehbar.Deshalb kann er auch nicht mehr loben oder abstrafen. Deshalb haben wir auch bei jeder Landtagswahl, oder wenn Landtagswahlen zusammenfallen, wie am 2. Februar, eine kleine Bundestagswahl. Für den Bürger sind das „die Politiker“, die da irgendetwas machen.
Nein, die saubere Trennung muss hergestellt, die Verantwortlichkeiten müssen wieder geschaffen werden. Meine sehr verehrten Damen und Herren, das können wir schaffen durch die Streichung der Gemeinschaftsaufgaben zwischen Bund und Ländern – Art. 91a und 91b –, die Abschaffung der Mischfinanzierung und die Abschaffung der Bundesfinanzhilfen nach Art. 104a Grundgesetz.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, als Liberale möchten wir eine klare Trennung der Aufgaben und Zuständigkeiten haben. Wir sind der festen Überzeugung, dass dies auch ein politischer Befreiungsschlag für unsere Republik in der jetzigen Situation ist.
Dazu gehört das Konnexitätsprinzip.Die Hessen haben es eingeführt. Der Bund ziert sich. Gerade am Wochenende hatten wir wieder Diskussionen in unserem eigenen poli
tischen Laden. Da wurde mir gesagt: Es ist ja schön, dass ihr Länder das habt, aber wir vom Bund – es ist doch unüberschaubar, welche finanziellen Folgen das hat. – Nein, meine sehr verehrten Damen und Herren, das kann nicht sein. Wenn der Bund bestellt, dann muss der Bund auch bezahlen – genau so, wie, wenn das Land Hessen bestellt, auch das Land Hessen bezahlen muss.
Das Wichtigste für uns ist der Wettbewerbsföderalismus. Wir sind in eine Falle hineingelaufen, indem wir Art. 72 unseres Grundgesetzes, der von der Einheitlichkeit der Lebensverhältnisse spricht, als eine Gleichmacherei der Lebensverhältnisse verstanden haben.Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, für uns Liberale steht die Freiheit vor der Gleichheit.Für uns Liberale ist es wichtig, dass man die Freiheit haben muss – und auch ein Land die Freiheit haben muss –, anders und besser zu sein als das andere Land.
Unsere Vorschläge zu den Themen Verwaltungszuständigkeiten und Europa haben Sie in den letzten Wochen und Monaten aus den zahlreichen FDP-Papieren lesen können. An dieser Stelle möchte ich – das ist mein persönliches Bedürfnis – Otto Graf Lambsdorff danken.
Gäbe es nicht Otto Graf Lambsdorff und die von ihm geleitete Föderalismuskommission der Friedrich-NaumannStiftung, die parteiübergreifend besetzt wurde – Otto Graf Lambsdorff macht, seitdem er aus der aktiven Politik heraus ist,alles parteiübergreifend,und das ist gut so –,
hätte es die Diskussion und die Erfolge nicht gegeben, die wir mit der Einsetzung der Föderalismuskommission am Donnerstag und Freitag in Berlin sehen.
Es muss offensichtlich ältere und erfahrenere Politiker geben, die diesem Land letztlich den Anstoß geben, endlich aus seiner Starre herauszukommen. Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir als Hessischer Landtag sollten uns daran aktiv beteiligen – wo und auf welchen Ebenen wir das können. Ich bin dankbar, dass wir ein System der Rücksprache und Konsultationen zwischen der ersten Gewalt – nämlich uns – und der zweiten Gewalt – dem Ministerpräsidenten und dem Kabinett – haben, dass diese Nickeligkeiten aufhören, dass die erste Gewalt von der „Gnade“ der Information durch die zweite Gewalt abhängig ist, und wir jetzt auf gleicher Augenhöhe miteinander kommunizieren. Ich bin dankbar dafür, dass wir auf der Ebene der Konferenzen der Vorsitzenden aller hier im Landtag vertretenen Fraktionen eine Einigung gefunden haben, wie wir uns organisieren, wie wir auch personell aufgestellt in diese Debatte gehen werden.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Ministerpräsidenten – egal, welches Parteibuch sie haben –, die stellvertretenden Ministerpräsidenten – davon habe ich auch fünf in meiner Truppe – –
Die Genannten haben natürlich weniger Interesse daran, das zu machen, wovon ich vorhin gesprochen habe, nämlich die Zustimmungspflichtigkeiten im Bundesrat aufzuheben. Denn ihre Rolle auf der Berliner Bühne wird dann kleiner. Das ist auch ganz natürlich so. Das Sein und das Bewusstsein gehören – wir wissen es – komischerweise immer zusammen. Franz Josef Jung und ich haben in den letzten Wochen schon schöne Erfahrungen in Berlin mit Regierenden Bürgermeistern und Ministerpräsidenten machen können, die noch vor einigen Monaten Fraktionsvorsitzende waren.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, deshalb halte ich so viel von diesen sechs, die jetzt immerhin ständige Gäste in dieser Kommission sein dürfen, die Politik für die Landtage machen können, die das Sein und das Bewusstsein verbinden: dass das Parlament der Ort der Entscheidung ist. Meine sehr verehrten Damen und Herren, es wird hoffentlich gut für den Föderalismus und damit auch für die Wettbewerbsfähigkeit unseres Landes. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich denke, es ist gut, dass wir im Rahmen dieser Woche über die Grundfragen des Föderalismus und seine Zukunft hier debattieren. Wenn ich es richtig sehe, dann tun wir das hier im Konsens. Ich denke schon, dass in dieser Woche eine große Chance für den Föderalismus in Deutschland besteht, eine große Chance, klare politische Verantwortlichkeiten wieder herzustellen, indem nämlich sowohl morgen der Bundestag als auch am Freitag der Bundesrat diese Kommission einsetzen wird, die den Titel trägt „Modernisierung bundesstaatlicher Ordnung“.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Kommission hat sich drei Aufgabenschwerpunkte vorgenommen. An denen sollten wir uns im Rahmen dieser Debatte orientieren. Erstens ist vorgesehen, dass die Zuordnung der Gesetzgebungszuständigkeiten erörtert wird. Zweitens geht es um die Zuständigkeit und die Mitwirkungsrechte der Länder in der Bundesgesetzgebung. Drittens wird es um die Finanzbeziehungen, insbesondere die Gemeinschaftsaufgaben und Mischfinanzierungen, zwischen Bund und Ländern gehen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, Sie wissen, dass es zunächst die Vorstellung gab, dass Bundestag, Bundesrat und die Bundesregierung diese Kommission bestücken. Ich begrüße es ausdrücklich namens der Fraktion – und ich denke, in diesem Sinne spreche ich für alle Fraktionen –, dass es gelungen ist, sechs Vertreter aus den
Länderparlamenten beratend an dieser Kommission zu beteiligen und sie in die Diskussionen eingreifen und daran mitwirken zu lassen.Ebenso ihre Stellvertreter.Damit können wir die Position der Landesparlamente in die Diskussionen dieser Kommission positiv einbringen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren,lassen Sie mich hier besonders zwei Punkte hervorheben.Vom Grundsatz her ist festzuhalten, dass sich der Föderalismus in Deutschland in mehr als 50 Jahren der Geltung des Grundgesetzes positiv bewährt hat. Die Grundentscheidung für den Föderalismus war richtig. Nunmehr aber gilt es, wieder frischen Wind in den Föderalismus zu bringen. Es gilt, Fehlentwicklungen zu korrigieren und in der Zukunft wieder zu klareren Verantwortlichkeiten zu kommen. Das ist notwendig auch im Hinblick auf die Akzeptanz bei den Bürgerinnen und Bürgern.Tatsache ist auch, dass manche Schwierigkeiten in Deutschland davon abhängen, dass im Grunde genommen politische Zuordnungen nicht mehr in der Art und Weise klar konzipiert sind, wie sich das die Väter und Mütter unserer Verfassung ursprünglich vorgestellt haben.
Meine Damen und Herren, deshalb denke ich, Beratungsgrundlage sind die Vorschläge der Ministerpräsidentenkonferenz und die Lübecker Erklärung, die die Landesparlamentarier verabschiedet haben. Als CDU-Fraktion haben wir zehn Punkte mit dem Titel „Starke Länder für ein starkes Deutschland“ beschlossen. Wir haben sie den Bundestagsfraktionen zugeleitet. Ich denke, über diesen Konsens der Fraktionen werden wir hier zu einer positiven Entscheidung kommen.
Lassen Sie mich vier Schwerpunkte aus der Vielzahl der Punke herausgreifen, die hier diskutiert werden und die aus meiner Sicht essenziell für das sind, was jetzt reformbedürftig ist, und wo man möglichst eine positive Entscheidung herbeiführen sollte.
Erstens. Ich glaube, es muss wieder mehr und klarere Kompetenzen für die Länder und damit für die Landesparlamente geben.
Es hat einen schleichenden Prozess der Verflechtung, auch teilweise der Verlagerung von Länderkompetenzen auf den Bund stattgefunden, woran die Länder teilweise nicht ganz unbeteiligt waren. Oft haben finanzielle Gründe eine Rolle gespielt.Aber es hat dazu geführt, dass nicht mehr klare Verantwortlichkeiten vorhanden sind und dass man, wenn man Föderalismus ernst nimmt, eine klare Stärkung der Länder und damit der Landesparlamente in Zukunft braucht und auch in Zukunft will.
Zweitens. Wir wollten deutlich machen – ich finde ich – das gehört dazu –, dass in Zukunft mit einer klaren Zuordnung von Kompetenzen für die Länder im Grunde genommen der Verzicht der Länder auf Mitwirkungsrechte in der Bundesgesetzgebung einhergeht, wenn es um Grundsatzfragen des Bundes geht.
Es ist nämlich die Wahrheit, dass sich die Verfassungsväter und Verfassungsmütter in etwa vorgestellt haben, dass 10 % der Bundesgesetzgebung zustimmungspflichtig ist. Die Realität ist die, dass heute zwei Drittel der Bundesgesetzgebung zustimmungspflichtig sind.
Man kann doch nur im Nachhinein feststellen, was wäre es für ein Segen für die Bundesrepublik Deutschland ge
wesen, wenn die Petersberger Beschlüsse im Jahre 1998 Realität in der Steuerreform geworden wären und nicht die Herren Lafontaine, Schröder und Eichel hätten blockieren können.
Das gilt auch in den zukünftigen Fragen.Das sage ich ganz klar. Ich glaube, hier brauchen wir mit einer klaren Länderkompetenz aber auch ein klares Signal von den Ländern für die Bereitschaft, die Zustimmungspflicht zurückzuführen. Ich denke, dass hiermit in Zukunft wieder zusätzliche Dynamik in die politische Einscheidung Einzug halten wird.
Dritter Punkt. Wir brauchen eine klare Aufgaben- und Ausgabenverantwortung zwischen Bund und Ländern. Die ganze Situation der Mischfinanzierung und der Gemeinschaftsaufgaben hat dazu geführt, dass nicht mehr klare Verantwortlichkeiten da sind und dass im Grunde genommen nicht mehr konkrete Handlungsfähigkeit in den unterschiedlichsten Bereichen vorhanden ist.
Der Abstimmungsprozess, die Vermischung der Verantwortlichkeiten führen im Grunde genommen zu einer Fehlentwicklung.Wir können beispielsweise die Frage der Gemeindeverkehrsfinanzierung selbst regeln.Wir können den Wohnungsbau selbst machen.Wir können den Hochschulbau selbst machen. Dazu brauchen wir keine Mischfinanzierung zwischen Bund und Ländern.
Meine Damen und Herren, wer ein typisches Beispiel dafür will, was sich falsch entwickelt hat, dem mag klar gesagt werden: Allein an dem einen Beispiel Bau der UBahn-Station an der Messe in Frankfurt mit der Zuständigkeit der Stadt Frankfurt am Main, mit der Zuständigkeit des Landes und mit der Zuständigkeit der Bundesrepublik Deutschland merkt man deutlich, dass dies eine Farce ist, wie sich das entwickelt hat, und dass hier in Zukunft klare Verantwortlichkeiten auf einer Ebene stattfinden sollen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, das ist allerdings auch – das füge ich aus meiner Sicht hinzu – der schwierigste Teil der Diskussion, weil es nämlich hier eine unterschiedliche Einschätzung zwischen denjenigen gibt, die sich Geberländer nennen, und denjenigen, die sich Nehmerländer nennen. Jörg-Uwe Hahn hat gerade ein Beispiel von gemeinsamen Erfahrungen dargestellt, die wir in den letzten Wochen in Berlin gemacht haben.
Ich will nur Folgendes sagen. Ich glaube, wir müssen auch als Geberland deutlich machen, dass wir auch in Zukunft eine Grundsolidarität zwischen den Ländern brauchen, aber dass es schon richtig ist, dass das für diejenigen Länder, die sich entsprechend mehr anstrengen, die damit auch entsprechend mehr Erfolg haben, nicht nivelliert wird und im Grunde genommen Leistungen auf dieser Ebene nicht belohnt werden. Insofern ist Wettbewerbsordnung in Zukunft angebracht.
Ich glaube auch, dass Gleichwertigkeit nicht Gleichförmigkeit heißt. Aber ich wiederhole – das will ich einmal akzentuieren, weil ich den Eindruck habe, dass das sonst in die falsche Richtung geht –: Wir brauchen auch ein Stück der Grundsolidarität. Das müssen wir gegenüber den Nehmerländern signalisieren, weil wir sonst in dieser Frage – da bin ich relativ sicher – nicht weiterkommen.
Beispielsweise trägt Mecklenburg-Vorpommern vor, dass dort eben nicht die Voraussetzungen vorliegen, das selbst zu machen, wie sie beispielsweise das Land Hessen hat. Hier braucht es noch gewisser Kraftanstrengung, um eine Reform hinzukriegen, die sich als Ordnung des politischen Wettbewerbs nachher entsprechend realisieren lässt.