Protocol of the Session on October 15, 2003

Vielen Dank, Frau Apel. – Herr Grumbach für die SPDFraktion.

Ich will mich nicht lange an dem Spiel beteiligen, wer wann regiert hat.

(Heinrich Heidel (FDP): Du würdest auch nur verlieren!)

Nur ein freundlicher Hinweis: Es gab zwischendurch auch eine Ministerin Reichhardt, die die eine oder andere Entscheidung zu verantworten hat. Frau Apel, sehen Sie bei Ihrer Begeisterung einmal in Ihre Argumente zur Biotopkartierung.

Aber das ist nicht mein Problem; denn wir reden heute über einen Antrag der FDP. Herr Heidel, an der Stelle würde ich schon vorschlagen,dass Sie ein Stück in die Verantwortung gehen, nämlich in die Verantwortung für das,

was ein Parlament versprechen kann und was es nicht versprechen kann. Was wir nicht versprechen können, ist, dass irgendjemand eine Planung auf den Weg bringen kann, ohne diese Richtlinien zu beachten. Alles, was dort ausweisbar ist, ist, schon ohne dass es ausgewiesen ist, erst einmal ein Punkt, an dem sich Planung orientieren muss. Wer den Kommunen etwas anderes verspricht, verspricht ihnen etwas, was er nicht halten kann. Ich finde, das Parlament sollte an der Stelle so verantwortlich sein, nur das zu versprechen, was es halten kann. Das ist eine gute Tradition, und dabei sollten wir bleiben.

Sie haben außerdem das ganz schlichte Problem – das ist vorhin schon gesagt worden –:Sie können nur planen,und Sie können nur mit dem abwägen, was Sie ausgewiesen haben.Das ist hart bei der Vogelschutzrichtlinie.Wenn Sie die Vogelschutzgebiete nicht ausgewiesen haben, können Sie dort keine Straße, kein Baugebiet, nichts planen, das ist ein absolutes Planungshindernis. Bei FFH ist die Regelung etwas weicher; aber auch dort gibt es eine ganze Reihe von Regelungen, die Sie beachten müssen. Deswegen sollten wir sehen, dass diese Ausweisung schnell vorankommt. Damit tun wir den Kommunen einen größeren Gefallen, weil sie damit auch Planungssicherheit haben, indem sie abwägen können.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Ansonsten stellt sich schlicht die Frage der Transparenz. Es ist selbstverständlich, dass auch die Kommunen die Gutachten bekommen. Das Spiel, dass jeder, der beweisen will, dass etwas nicht richtig ist, erst einmal selber viel Geld ausgeben muss, können wir uns bei knappen öffentlichen Kassen nicht mehr leisten.Ich halte das auch für ein dummes Spiel, weil die Gutachten in der Regel unter der Hand zirkulieren und es nur darum geht, ob man sie verwenden darf oder nicht. Jeder Abgeordnete, der die richtigen Verbindungen hat oder in einem Kommunalparlament sitzt, kennt das.

Ich finde schon, dass die Kriterien offen gelegt werden müssen, weil ich glaube, dass man, wenn man für den Naturschutz eine Akzeptanz erreichen will, zwei Dinge tun muss: Zum einen muss klar sein, worum es geht, und zweitens müssen die Menschen feststellen, dass auch sie etwas davon haben.

Herr Heidel, damit bin ich bei dem Punkt, von dem ich glaube, dass Sie mit dem Wort vom „Mehltau“ die falsche Melodie spielen.Wir haben gestern über die Entwicklung des ländlichen Raums gesprochen. Wir haben gestern darüber geredet, dass in vielen Regionen der Tourismus eine zentrale Quelle für den Nebenerwerb darstellt. Deshalb ist es richtig, zu sagen:Wenn wir Tourismus haben wollen, dann müssen wir dafür sorgen, dass die Natur, nach der die Touristen aus den Großstädten geradezu gieren, geschützt wird und dass sie für sie zugänglich ist. Das sind zwei Dinge, die zusammengehören. Wenn wir das hinbekommen, indem wir Schutzgebiete ausweisen und mit einer geschickten Lenkung dafür sorgen, dass die Leute diese Gebiete auch besuchen können, dann wird es nicht der Mehltau sein, der sich über das Land legt, sondern es wird der Morgentau sein, aus dem neue touristische Pflänzchen sprießen. Ich finde, wir sollten an der Stelle den Menschen, die vom Tourismus leben, die Hoffnung geben, dass wir durch eine schnelle Schutzgebietsausweisung und eine vernünftige Besucherlenkung das gemeinsame Ziel erreichen. Davon haben wir mehr, als wenn wir Versprechen abgeben, die wir nicht halten können.

(Beifall bei der SPD)

Ich möchte den Fraktionsgeschäftsführern sagen, dass wir nachher noch gerne die zwölf Beschlussempfehlungen,für die keine Aussprache vorgesehen ist, und den Tagesordnungspunkt Petitionen aufrufen würden. Geht das?

Als Nächster hat Herr Minister Dietzel das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Das Thema FFH-Gebiete hat uns in den letzten Jahren sehr intensiv beschäftigt. Es wird uns sicher auch in den nächsten Jahren beschäftigen.

Wir haben einen Vorschlag gemacht, den wir bei der Europäischen Union einreichen wollen. Etwa 13 % der Landesfläche wollen wir als Vogelschutzgebiete und etwa 9 % der Landesfläche als FFH-Gebiete ausweisen. Weil sich die Schutzgebiete teilweise überlappen, handelt es sich um insgesamt ca. 20 % der Landesfläche. Ich bin davon überzeugt, dass sich in einem Gespräch mit Vertretern der Europäischen Kommission, das für Januar 2004 angesetzt ist, herausstellen wird, dass wir in einem ausreichenden Umfang Flächen für FFH- und Vogelschutzgebiete melden.

Wir sollten hier anmerken,dass wir ein sehr verbands-,gemeinde- und bürgerfreundliches Verfahren gewählt haben. Wir haben nämlich fünf Regionalversammlungen durchgeführt, auf denen unser Vorschlag vorgestellt wurde.

(Beifall des Abg. Dr.Walter Arnold (CDU))

Prof. Schmitz von der Uni Gießen hat diese Regionalversammlungen in hervorragender Weise moderiert. In den Versammlungen konnten Fragen gestellt und Vorschläge gemacht werden. Nach den Diskussionen, die wir im Vorfeld hatten, war ich durchaus überrascht darüber, wie sachlich in diesen fünf Regionalversammlungen diskutiert wurde. Jetzt haben die Regierungspräsidenten zu Kreisversammlungen eingeladen, wo ebenfalls über das Thema Schutzgebiete diskutiert wird. In bestimmten Gegenden wird bestimmt heftig debattiert werden.

Der Grund,warum teilweise so heftig diskutiert wird,liegt in der Unsicherheit, die aus der neuen Rechtslage resultiert. Viele Betroffene wissen nicht, wie sich die Dinge weiterentwickeln werden. Deshalb muss hier eindeutig gesagt werden, dass die Ausweisung von FFH- und Vogelschutzgebieten kein absolutes Investitionshemmnis darstellt.

Ich möchte die Unterstellung in dem FDP-Antrag zurückweisen, dass die Naturschutzbehörden Regelungen hineinbrächten, die hier nicht hineingehören. Ich denke, dass es wichtig und richtig ist, Vorschläge zur Meldung von Schutzgebieten entgegenzunehmen, wenn es dem Allgemeinwohl dient.Allein auf einer Regionalversammlung, die das Regierungspräsidium Kassel organisiert hat, wurden 80 zusätzliche Vorschläge gemacht, welche Flächen als FFH- und Vogelschutzgebiete ausgewiesen werden könnten. Auf der anderen Seite haben wir Planungsträger, die uns auffordern, bestimmte Flächen auszuweisen, damit Investitionsvorhaben nicht dadurch gefährdet werden, dass wir im unvollständigen Umfang FFH- und Vogelschutzgebiete an die EU melden.

Wir prüfen alle Vorschläge. Wenn es Sinn macht, werden wir sie übernehmen.Es ist aber nicht so,dass wir alle möglichen Schutzgebiete aufnehmen müssen.Wir werden uns auf die wichtigsten und geeignetsten Flächen beschränken.

Sämtliche Einwendungen werden fachlich geprüft, und wir werden,wie es die FDP vorgeschlagen hat,in eine Diskussion über die Feinabgrenzungen eintreten. Bisher wurden in den Regionalversammlungen relativ grobe Karten vorgestellt, sodass wir jetzt Feinabgrenzungen vornehmen müssen, wie wir das schon bei der dritten Tranche getan haben.

Der interessante Punkt der Diskussion lautet – das sehe ich auch an dem FDP-Antrag –: Welche rechtlichen Verpflichtungen bestehen in potenziellen FFH-Gebieten? Man muss klar feststellen, dass der Vorschlag der Fachverwaltung dazu führt, dass wir potentielle FFH-Gebiete und faktische Vogelschutzgebiete haben. Das sage ich vorweg.Wir richten uns aber erst einmal nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts, das eindeutig festgestellt hat,dass die Ziele der Richtlinie nicht unterlaufen werden und keine Tatsachen geschaffen werden dürfen, die eine Erfüllung der Vertragspflichten unmöglich machen.

Wir müssen uns außerdem mit der Frage beschäftigen: Sind die Gebiete, die von der Fachverwaltung vorgeschlagen worden sind und jetzt diskutiert werden, fest zur Meldung vorgesehen? Dazu sagt das Gericht, dass eine endgültige Festlegung für Gebiete besteht, bei denen es nahe liegt, sie zu melden, wenn sich ein Gebiet also zur Meldung geradezu „aufdränge“. Das Gericht sagt aber auch, dass die Möglichkeit besteht, in einem späteren Verfahren Gebiete wieder herauszunehmen. Auch das sollten wir hier einmal eindeutig festhalten.Es handelt sich also nicht um einen starren Vorschlag des Ministeriums.

(Beifall des Abg. Dr.Walter Arnold (CDU))

Ich denke,dass es wichtig ist,dieses hier festzustellen,weil die von mir angesprochene Unsicherheit gerade bei den Regionalversammlungen wiederholt formuliert worden ist.Vielfach wurde gefordert, ein juristisches Gutachten in Auftrag zu geben, um die Ausweisung potenzieller FFHGebiete rechtlich bewerten zu können.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Es stellt sich sicher die Frage, was die Ausweisung von FFH- und Vogelschutzgebieten für Großvorhaben in unserem Land bedeutet. Gerade im Zusammenhang mit der Ausweisung von Vogelschutzgebieten ist es wichtig, das Urteil des Europäischen Gerichtshofs zu berücksichtigen, das besagt, dass in potenziellen Gebieten, deren Meldung als Vogelschutzgebiet sich aufdrängt, praktisch keine Investitionen mehr möglich sind: keine Straßenbaumaßnahmen, keine Ausweisung von Gewerbe- und Baugebieten. Auch deshalb ist es wichtig, dass wir in dem Zusammenhang ausreichend große Flächen melden. Dies gilt z. B. auch für das Umfeld des Frankfurter Flughafens, um nach der Durchführung einer Verträglichkeitsprüfung die Möglichkeit zu haben, das überwiegende öffentliche Interesse festzustellen und bestimmte Flächen aus der Meldung zu FFH- oder Vogelschutzgebieten wieder herauszunehmen.

Ich komme zum Antrag der Fraktion der FDP. Zu Punkt 1 möchte ich feststellen, dass erst dann, wenn Schutzgebiete wirklich ausgewiesen sind, konkrete Folgen für Grundstückseigentümer und Nutzungsberechtigte entstehen.

Das ist sicherlich eine Frage, die auch Heinrich Heidel betroffen hat.

Zu Punkt 2 will ich sagen:Wir werden den Kommunen so rasch wie möglich die maßgeblichen Unterlagen zur Verfügung stellen.Wir sind im Augenblick dabei, weitere Daten zu sammeln. Sobald die Daten geordnet vorliegen, werden sie auch den Kommunen zur Verfügung gestellt.

Punkt 3 erscheint mir unbedenklich, denn es heißt auch im FDP-Antrag, dass eine Ausweisung nicht automatisch und zwangsläufig ein Hindernis für die Durchführung von Infrastrukturmaßnahmen ist. Dem stimme ich ausdrücklich zu.

Zu Punkt 4 ist zu sagen, dass die Regionalpläne die geplante Ausweisung von Gebieten berücksichtigen müssen.Die Kommunen werden dabei entsprechend beteiligt.

Zu Punkt 5:Es ist sicher wichtig,hier herauszustellen,dass Verschlechterungen generell zu vermeiden sind. So lautet die Formulierung. Bei der Ausweisung eines FFH-Gebietes wird die zum gegenwärtigen Zeitpunkt aktuelle Nutzung akzeptiert. Das heißt, wenn es sich um Grünland handelt, dann wird die Fläche als Grünland akzeptiert, und wenn es sich um Ackerland handelt, dann wird es als Ackerland akzeptiert. Eine Änderung der Nutzung ist dann aber eher nicht mehr möglich.

Zu Punkt 6 können im Augenblick noch keine Zahlen vorgelegt werden. Ich habe EU-Kommissarin Wallström angeschrieben und die Auffassung vertreten, dass sich die Europäische Union an den dadurch entstehenden Kosten beteiligen sollte, wenn sie Schutzgebiete in dem Umfang ausgewiesen haben will.

Eine Antwort darauf habe ich noch nicht bekommen; denn – das hat auch Frau Abg.Apel eben gesagt – wir hinken hinter anderen Ländern her, was das Sammeln von Naturschutzdaten betrifft. In Nordrhein-Westfalen ist 1991 oder 1992 damit begonnen worden, diese Daten zu sammeln. Sie sind dort auch in der Lage, gegenüber der Europäischen Union zu argumentieren. Dazu sind wir im Augenblick nicht fähig.

Deswegen brauchen wir diese Daten. Frau Abgeordnete, ich hoffe, dass wir mit weniger als 28 Millionen c auskommen und trotzdem eine gute Datengrundlage schaffen. Es ist sicherlich wichtig, dass wir bis zu diesem Winter die vierte Tranche an die Europäische Union melden und mit allen Betroffenen darüber diskutieren – soweit das möglich ist.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Minister. – Damit sind wir am Ende der Aussprache zu Tagesordnungspunkt 10.

Es gibt keinen Widerspruch, wenn ich feststelle, dass dieser Antrag an den Ausschuss für Umwelt, ländlichen Raum und Verbraucherschutz überwiesen wird? – Dann ist das so.

Damit schlage ich vor, dass ich jetzt die Beschlussempfehlungen aufrufe, zu denen, wie vorher verabredet worden ist, keine Aussprache stattfindet.

Ich komme zunächst zu Tagesordnungspunkt 41:

Beschlussempfehlung und Bericht des Kulturpolitischen Ausschusses zu dem Antrag der Abg. Habermann, Quanz, Riege, Dr. Reuter, Ypsilanti (SPD) und Fraktion betref

fend Weiterentwicklung der Ersatzschulfinanzierung – Drucks. 16/668 zu Drucks. 16/247 –

Auf den Bericht wird verzichtet.

Ich bitte um die Abstimmung über diese Beschlussempfehlung. Wer ist dafür? – Wer ist dagegen? – Damit ist diese Beschlussempfehlung mit den Stimmen von CDU und FDP gegen die Stimmen der GRÜNEN und der SPD angenommen.

Tagesordnungspunkt 42:

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Verkehr zu dem Antrag der Fraktion der SPD betreffend freie Metrorapid-Gelder für Transrapidverbindung Frankfurt – Hahn – Drucks. 16/670 zu Drucks. 16/301 –

Auf einen Bericht wird verzichtet.

Wer ist dafür? – Wer ist dagegen? – Damit stelle ich fest, dass die Beschlussempfehlung mit den Stimmen der CDU gegen die Stimmen der restlichen Fraktionen angenommen ist.