Sie meinen damit offenbar ausschließlich Besserverdienende, oder Heile-Welt-Familien.Auch Alleinerziehende, auch geprügelte Frauen und Kinder sind in diesem Land Familien und brauchen die Unterstützung des Landes.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Walter Lübcke (CDU): Das bestreitet doch keiner!)
Viertens. Meine Damen und Herren, es ist alles sinnvoll, wenn man es auch volkswirtschaftlich begründet,denn sozialpolitische Argumente sind bei Ihnen ja „Perlen vor die Säue“ geworfen.
Sie schaden Hessen volkswirtschaftlich ganz massiv. Sie streichen die Schuldnerberatung und verhindern damit, dass Gläubiger ihr Geld zurückbekommen. Sie verhindern, dass Menschen wieder eine schuldenfreie Perspektive erhalten und arbeiten gehen können. Sie verlagern die Kosten auf die Kommunen und das Justizministerium. Das ist teuer.
Sie streichen die niederschwellige Drogenberatung. Damit nehmen Sie unter Umständen einen Anstieg der Kosten für die stationäre Unterbringung dieser Menschen in Kauf. Sie nehmen die Verelendung dieser Menschen in Kauf.
Außerdem nehmen Sie unter Umständen einen Anstieg der Beschaffungskriminalität durch Süchtige in Kauf.
Herr Hoff, ich habe Ihnen vorhin die Einsparmöglichkeiten genannt: SAP, Luxusmöbel in der Staatskanzlei. Es gibt genügend Möglichkeiten, diese Kürzungen zu kompensieren.
Meine Damen und Herren, Sie verursachen mit Ihrer Operation, die eine Amputation ist, einen Verlust an innerer Sicherheit in diesem Land.
Das wird dramatisch für die Menschen und teuer für die ganze Gesellschaft. Sie streichen die Hilfen für straffällig Gewordene: auch da ein Verlust an innerer Sicherheit. Stattdessen hohe Kosten, denn ein Tag im Knast kostet schließlich 100 c. Die Zuschüsse, die Sie gegeben haben, waren wesentlich niedriger.
Sie streichen die Erziehungsberatung. Auch hier: höhere Kosten. Jedes Kind in einer Jugendhilfemaßnahme ist erheblich teurer.
Meine Damen und Herren, Sie konterkarieren das Bundesprogramm soziale Stadt vollkommen, das ausdrücklich die bauliche Sanierung von so genannten sozialen Brennpunkten mit sozialer Integration koppeln will. Auch da droht zumindest dauerhafte Sozialhilfeabhängigkeit, und erhöhte Kriminalitätsraten könnten die Folge sein.
Meine Damen und Herren, Jugendliche erhalten in Hessen bei dieser Regierung künftig eher einen Knast- als einen Ausbildungsplatz.Auch das wird sehr teuer, und zwar für die ganze Gesellschaft.
Ihre Regierung verstärkt Desintegration und soziale Ausgrenzung. Diese Regierung bricht sämtliche Wahlversprechen und verstößt massiv gegen das Sozialstaatsgebot der Verfassung. Diese Regierung hat unter anderem auch ein reaktionäres Gesellschaftsbild.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Hans-Jürgen Irmer (CDU): Das hat noch gefehlt! – Zuruf des Abg.Volker Hoff (CDU))
Genau, das hat noch gefehlt. Herr Irmer, ich komme zu Ihnen – und leider nicht nur zu Ihnen. Das Reaktionäre wird überdeutlich,wenn Sie sich einmal die Verteilung der Kürzungen ansehen.
Wer immer in dieser Republik Kritisches äußern kann und soll, wird von der Landesregierung geschleift. Sehen wir uns die Liste der Kürzungen an:
das Sigmund-Freud-Institut, das Institut für Kinder- und Jugendpsychotherapie, das Archiv der deutschen Frauenbewegung, die Hessische Stiftung für Friedens- und Konfliktforschung. Meine Damen und Herren, diese wenigen Beispiele zeigen, welches Gesellschaftsbild bei Ihnen hinter den Kürzungen steht – vor allem, wenn man betrachtet, dass die Vertriebenenverbände weiterhin ungekürzt ihre Kulturtage durchführen können.
Meine Damen und Herren, zu diesem Gesellschaftsbild passt auch der feudalistische Umgang mit den Bediensteten des Landes. Der peinlichste Höhepunkt war es wohl, dass Landesbeamtinnen und -beamte, Polizeibeamtinnen und -beamte bei einem Empfang der Landesregierung in Kassel bedienen mussten.
Deutlich betreibt die Regierung den Abbau von Mitbestimmungsrechten für die Personalvertretungen, überdeutlich die Androhung von betriebsbedingten Kündigungen und die zunehmenden Repressalien in den Ministerien.
Meine Damen und Herren, Kochs Weltbild wird sehr deutlich: Frauen zurück an den Herd; wer kritisch ist, fliegt raus; wer strauchelt, soll selbst sehen, wo er bleibt, oder aber er wird weggesperrt.
Herr Koch, wir wollen, dass Sie aufhören, die soziale Infrastruktur in Hessen komplett platt zu machen.
Das bringt – abgesehen von kurzfristigen Einsparungen – langfristig weniger innere Sicherheit, mehr Sozialhilfeempfängerinnen und -empfänger, mehr Schuldner, mehr Obdachlose, mehr Arbeitslose
Mit Ihrer Politik nehmen Sie Menschen, jungen wie alten, in schwierigen Lebensverhältnissen, vielen Behinderten und ihren Angehörigen buchstäblich die nötige Luft zum Atmen.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Clemens Reif (CDU): Stellen Sie sich vor, Bökel wäre Ministerpräsident!)