Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Hierüber sollten wir wirklich noch einmal reden, weil das so, wie Sie es gesagt haben, nicht richtig ist. Erstens.Wenn jemand in den Landtag kommt, der zuvor Verwaltungsbeamter gewesen ist, dann aber als Rechtsanwalt arbeitet, muss er dies natürlich im Handbuch des Hessischen Landtags angeben.
Zweitens. Sie haben gesagt, die Bundesregelung sei gut. Ihr Beispiel von Herrn Schily und Ihr Hinweis, dass mit zwei verschiedenen Maßen gemessen werde, zeigen doch, wie schlecht diese Regelung ist.
Lieber Herr Kollege Kahl, ich sage Ihnen ganz deutlich: Wenn Herr Schily zur Offenlegung dieser Tatsachen verklagt werden würde, dann würde dies wiederum beim Bundesverfassungsgericht landen, doch dann sähe es genau umgekehrt aus – vorausgesetzt, die Richter, die im ersten Senat sitzen, würden hierüber wieder entscheiden. Dann wäre das Chaos perfekt. Daher ist gegen Herrn Schily auch noch nichts unternommen worden.
Ich will Ihnen noch einmal zeigen, wie gut diese Regelung des Bundes ist. Zu Herrn Hans-Christian Ströbele, einem Kollegen, denn er ist auch Rechtsanwalt, steht: „Entgeltliche Tätigkeiten neben dem Mandat (nach der Bundesre- gelung):Rechtsanwalt,Berlin“.Danach steht nichts mehr.
Zu Herrn Gysi – auch ein Kollege von mir, nebenher ist er noch Publizist – steht:„Rechtsanwalt,Berlin“.Dann kommen die Mandate: „Mandat 01, Stufe 1; Mandat 02, Stufe 1; Mandat 03, Stufe 1“. Das geht über eine ganze Seite so weiter. Wenn er z. B. ein Energieunternehmen vertreten würde, das in Bezug auf das Energieerdkabelnetz Interessen verfolgen würde, die er berücksichtigen könnte, wäre dies völlig ohne Aussagewert.
Herr Kollege Wintermeyer, in Bezug auf diese Einzelheiten habe ich – auch aufgrund des Appells des Bundes der Steuerzahler – den Vorschlag gemacht, dies vernünftig miteinander zu diskutieren.Das sollten wir im Ältestenrat tun, nicht aber heute Abend.
Ich wollte lediglich darauf hinweisen, dass Sie in Ihrem Gesetzentwurf eine Lücke haben, die schlicht und ergreifend etwas damit zu tun hat,dass diejenigen die Einkünfte ihrer Tätigkeiten nicht offenlegen müssen, die zuvor eine Tätigkeit ausgeführt haben und diese auch während ihrer Parlamentszugehörigkeit fortführen.Aber diejenigen, die erst während ihrer Parlamentszugehörigkeit eine Tätigkeit aufgreifen – das zeigt das Beispiel von Herrn Schily –,müssen die Einkünfte aus dieser Tätigkeit sehr wohl offenlegen. Diesen Unterschied müssen Sie sich einmal klarmachen. Jeder weiß, wenn in diesem Zusammenhang der Name Merz fällt, dass dieser keinerlei Einkünfte aus Nebentätigkeiten offenlegen muss, weil er vor seiner Parlamentszugehörigkeit schon Rechtsanwalt war.
Daher sollten wir hierüber noch einmal sehr genau diskutieren. Wir sind bereit, zu einer interfraktionellen Übereinkunft zu kommen. Dieses Angebot steht. Doch so, wie Sie den Gesetzentwurf formuliert haben, ist noch eine Reihe von Fragen offen. Diese wollen wir in aller Ruhe diskutieren. Darum geht es. Ich glaube, dass dies ein vernünftiger Vorschlag ist.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Kollege Wintermeyer hat bei der Einführung schon einiges zu der Historie gesagt. Es ist in der Tat richtig, dass wir im Juli 2005 den Gesetzentwurf hier eingebracht haben, nachdem der Deutsche Bundestag Analoges beschlossen hatte. Dazu gab es einige Bemerkungen von Ihrer Seite, wenn ich das so global zusammenfassen darf, von der Seite der jetzigen Gesetzesantragsteller, die eine Reihe von Bedenken nannten.Dann wurde sehr bald gesagt, man solle doch erst einmal die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts abwarten. Damit haben wir uns einverstanden erklärt.Ganz offen gesagt:Sonst hätten Sie es gleich abgelehnt. Das hätte uns auch nicht weitergebracht.
Jetzt hat das Bundesverfassungsgericht entschieden.Vielleicht können wir uns auf folgende Formel einigen, die auch der Vorsitzende dargestellt hat, dessen persönliche Meinung in dem Verfahren wir alle kennen. Er hat gesagt: „Eine Verfassungswidrigkeit kann nicht festgestellt werden.“ Das heißt, die Regel des Bundestages, die dort gilt und die von uns analog übernommen worden ist,ist auf jeden Fall nicht verfassungswidrig.
Ich denke,das ist unstrittig.Also kann man sie aus Rechtsgründen machen.Es ist eine politische Entscheidung – das ist genau der Punkt –, ob man sie machen will, ob man sie
Dann kommen wir der Fragestellung doch schon ein ganzes Stück näher. Denn es geht um die Transparenz, die hier viel beschworen worden ist. Meine Damen und Herren, ist denn niemandem aufgefallen, dass die Präsentation dieses Gesetzentwurfes durch die beiden Fraktionen in ungewöhnlicher Weise stattgefunden hat? Es wurde nicht zu einer Pressekonferenz eingeladen, sondern zu einem Pressegespräch, und es wurde – entgegen der sonst üblichen Praxis – ausdrücklich bedeutet, dass die Pressevertreter der anderen Fraktionen, nämlich von SPD und von uns, nicht erwünscht seien.Wir wurden extra angerufen, wir sollten doch bitte nicht kommen. Dann waren wir auch nicht da. Das ist aber ein bisschen merkwürdig. Üblicherweise werden Gesetzentwürfe im Rahmen der Landespressekonferenz vorgestellt, und es können auch die Vertreter aus den Pressestellen aller hier im Hause vertretenen Fraktionen dabei sein. Warum Sie Angst davor hatten, dass Augen und Ohren der politischen Konkurrenz das gleich mitkriegen, ist mir unverständlich.Aber so viel zum Thema Interesse an Transparenz.
Wir hören und lesen in dem Entwurf auch von schonungsloser Offenlegungspflicht. Die betrifft aber – jetzt kommen wir zum Kern der Sache – ausschließlich diejenigen entgeltlichen Tätigkeiten, die außerhalb des angegebenen Berufs ausgeübt werden und die auch bislang schon dem Präsidenten angezeigt werden mussten. Der Unterschied ist, dass dies veröffentlicht werden soll, ebenso wie das, was es an – unpräzise gesagt – Salär dafür gibt. Was mit einer zu veröffentlichenden Berufsangabe zu tun hat,soll dagegen nicht angegeben werden.Da kommen wir offensichtlich an den Streitpunkt. Denn dadurch wird das Ziel, den Bürgerinnen und Bürgern, der Öffentlichkeit erkennbar zu machen, in welchem Umfang der Abgeordnete oder die Abgeordnete sich dem Mandat und in welchem Umfang er bzw. sie sich anderen Dingen widmet, völlig verfehlt.
Das drückt sich nicht unmittelbar in Geld aus, aber eine gewisse Proportion zwischen der Arbeitsleistung, dem Aufwand und dem dafür erhaltenen Salär sollte es in dieser Gesellschaft in der Regel geben.
(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Michael Boddenberg (CDU): Es gibt sogar Leute, die verdienen ihr Geld im Schlaf!)
Das mag sein. Sie wissen, dass ein Einkommen ohne Gegenleistung bei uns schon immer verboten ist. Das kommt in Ihrem Gesetzentwurf ja auch vor.
Ich nehme ein Beispiel aus dem Bundestag. Weil wir die Regel noch nicht haben, kann man hier noch nicht darauf zurückgreifen.Meine Damen und Herren,Sie werden sich vielleicht erinnern: Der ehemalige Bundeskanzler Dr. Helmut Kohl hat in seiner Zeit als Bundestagsabgeordneter nach Ausscheiden aus dem Amt dem Bundestag noch eine Periode angehört und als Berufsbezeichnung Unternehmensberater angegeben.
Herr Kollege Reif, das ist überhaupt nicht ehrenrührig. Ich bin weit von dieser Position entfernt. Aber eines ist
doch klar: Die drei mal 600.000 c, die er in der Zeit von Leo Kirch für seine Beratungstätigkeit empfangen hat, muss er aufgrund der Regelung, die Sie hier vorschlagen, nicht angeben.
(Axel Wintermeyer (CDU): Das kommt darauf an, in was er ihn beraten hat! – Jörg-Uwe Hahn (FDP): Es kommt darauf an!)
Das heißt, der Umfang der Tätigkeit wird nicht mitgeteilt. Das kann unserer Meinung nach aber nicht sein, wenn die Transparenz wirklich verbessert werden soll. Meine Damen und Herren, denn dann ist doch leicht kalkulierbar, dass eine große Zahl von Kollegen dazu neigen wird, weil es eine völlig ungeschützte Berufsbezeichnung ist, Unternehmensberater als Beruf anzugeben.
Das ist doch nicht verboten. Natürlich, Herr Kollege Hahn. Das können Sie doch machen. Rechtsanwalt kann man nicht so ohne Weiteres als Berufsbezeichnung angeben, wenn man kein Jurist ist, aber Unternehmensberater schon. Dann können Sie alle Privaten beraten, und die dafür eingesteckten, erhaltenen, erarbeiteten Honorare auch behalten. Genau das ist der Punkt.
Herr Kollege Wintermeyer, jetzt schütteln Sie den Kopf. Es gibt doch nur zwei Möglichkeiten. Offensichtlich sind der Gesetzentwurf und das, was Sie dazu gesagt haben, nicht ganz klar. Mir scheint nämlich, dass der Kollege Kahl und ich ihn unterschiedlich verstanden haben. Ich habe ihn so verstanden: Was ich im Rahmen des angegebenen und im Handbuch veröffentlichten Berufs einnehme, soll ich nicht angeben müssen,
(Nicola Beer (FDP): Genau! – Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU) und Jörg-Uwe Hahn (FDP): Es sei denn!)
Dann habe ich es richtig verstanden. Das heißt, ich kann, wenn ich Abgeordneter geworden bin, einen Beruf wählen – das ist nicht verboten –, z. B. Unternehmensberater. Dann kann ich auf dem freien Markt Unternehmen beraten,
wie immer ich will,mit welchem Aufwand auch immer,mit welchem Honorar auch immer. Das soll ich nicht angeben müssen. Das ist Ihre Position.
Deswegen ist das ein Freiberuflerschutzgesetz. Denn die sind im Wesentlichen davon betroffen und werden von der Regelung ausgenommen. Das ist genau der Streitpunkt. Wir sind nämlich in der Tat der Meinung, dass Nebentätigkeiten alle Tätigkeiten sind, die neben dem Mandat ausgeübt werden. Bei Ihnen sieht es so aus, als ob das Mandat die Nebentätigkeit zu etwas anderem sein könnte.
Wenn man sich das Urteil des Bundesverfassungsgerichts genauer anguckt,kommt man auch zu diesem Streitpunkt. Die Kernaussage ist § 44a des Bundesabgeordnetengesetzes:
Die Ausübung des Mandats steht im Mittelpunkt der Tätigkeit eines Mitglieds des Bundestages. Unbeschadet dieser Verpflichtung bleiben Tätigkeiten beruflicher oder anderer Art neben dem Mandat grundsätzlich zulässig.