Protocol of the Session on September 6, 2007

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Lassen Sie mich nur ein kleines Beispiel aus dem Bereich der Qualität nehmen. Wenn wir über die Flexibilität der Öffnungszeiten reden, dann dürfen wir nicht außer Acht lassen, wie bedeutsam diese für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf sind. Es ist zurzeit so, dass 41 % der Menschen am Samstag arbeiten, 14 % nachts und 15 % in Wechselschicht. Allein das zeigt, dass wir sehr viel mehr auch über die Flexibilisierung von Kinderbetreuung reden müssen, als das bisher der Fall ist.

Wenn ich über Qualität rede, lassen Sie mich noch einmal den „Hessen-Kurier“ nehmen. Auf der Seite hinter dem KNIRPS-Programm taucht der kochende Roland Koch auf, und zwar mit der Überschrift „Ossis Welt on tour spezial“. Da habe ich, auch was die Qualität der Sprachförderung in den Kindergärten unter dieser Landesregierung betrifft, große Bedenken.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Abschließend möchte ich sagen: Wir brauchen nicht länger Schaumschlägerei, sondern wir brauchen konkretes Handeln.Wir brauchen verbindliche Zusagen des Landes für die jungen Mütter und Väter auf Betreuungsplätze, auch für unter Dreijährige. Das geht nur mit einem Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich freue mich,dass Sie alle in der Gegenwart ankommen. Auch die Qualität von Betreuung muss jetzt tatsächlich auf die Tagesordnung. Deswegen bin ich mir sicher, dass

die Hessinnen und Hessen am 27. Januar nächsten Jahres nicht fünf weitere Jahre Versprechen hinnehmen werden. Wir GRÜNE sind die Partei, die von Anfang an gesagt hat,dass wir ein qualitatives und verlässliches Angebot für junge Familien brauchen. Ich hoffe, wir werden deshalb sehr viel stärker als dieses Mal in diesem Landtag vertreten sein. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die FDP-Fraktion hat Herr Rentsch das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Wintermeyer, gut, dass Sie sich schon melden, denn ich wollte mich gleich auf Sie beziehen. Das ist sehr nett. Sie haben recht.

(Axel Wintermeyer (CDU): Sie sind etwas belegt, vielleicht haben Sie eine Zigarre geraucht?)

Nein, das habe ich nicht. – Meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU,ich wundere mich,dass wir diesen Antrag hier überhaupt diskutieren, denn es gibt eine zeitliche Nähe zum Wahlkampf. Und Ihre selbst auferlegte Maxime, keine Wahlkampfparolen im Landtag abhalten zu wollen – ich weiß nicht, ob das damit einhergeht. Sie sollten sehr stark aufpassen, dass Sie das, was Sie gestern durch den Kollegen Beuth formuliert haben, auf der anderen Seite nicht selbst wieder einreißen.

Meine Damen und Herren, das, was wir hier diskutieren und was Kollege Reißer vorhin „KNIRPS“ genannt hat – es erinnert mich an: „der knipst das Licht aus“, das ist hier nicht gemeint, KNIRPS heißt das Programm, wenn ich es richtig sehe –, ist wieder einmal eine Schöpfung der wirklich gut bestückten Marketingabteilung der Landesregierung.

(Zuruf der Abg. Petra Fuhrmann (SPD))

Das kann man unterschiedlich betrachten. Aber auf jeden Fall muss man sagen: Die Namen sind etwas Besonderes. So etwas findet man in anderen Ländern nicht. Es ist eindeutig, dass man immer wieder versucht, hier mit kreativen Namensschöpfungen einen neuen Meilenstein zu setzen. Wir sind sehr gespannt, was nach KNIRPS kommt.

(Petra Fuhrmann (SPD): Nanamaus oder KNIRPS plus!)

Wir haben schon einmal in einer Pressemitteilung gesagt: Gender light ist das Ganze nicht, denn Knirpse sind Jungen. Ihr Programm richtet sich ja hoffentlich auch an Mädchen.

(Beifall des Abg. Roland von Hunnius (FDP))

Da muss die Union noch nacharbeiten. Da ist anscheinend das Familienbild noch erweiterungsbedürftig. Aber zur Sache, meine Damen und Herren.

Ja, die FDP sagt, es ist richtig, den Bereich der Kinderbetreuung im U-3-Bereich weiter auszubauen. Es ist richtig, dass die Landesregierung hier eine Initiative startet. Wir halten es auch für richtig,das sehr ehrgeizige Ziel,die Versorgungsquote von 20 % zwei Jahre früher zu erreichen,

als das bundesweit geplant ist, zu unterstützen. Das Lob muss man an dieser Stelle erteilen.

(Reinhard Kahl (SPD): Nein, wirklich nicht!)

Wir finden es auch richtig, dass der Kurs, der 1999 begonnen hat, hier weitergeführt wird. Schon das zeigt, dass Hessen nicht auf dem schlechten oder falschen Weg, sondern auf einem richtigen Weg ist, Frau Kollegin SchulzAsche.

Ich will zwei Punkte nennen, von denen ich glaube, dass sie dieses Programm sehr problematisch machen würden, und auf der anderen Seite die Frage stellen: Ist das vom Grundsatz richtig, was wir hier machen?

Wir haben als FDP ein Modell vorgelegt, in dem wir sagen,wir wollen Kinderbetreuung über Gutscheine einführen, weil wir der Meinung sind, dass mit diesem Gutscheinmodell einerseits ein positiver Wettbewerb auf dem Betreuungsmarkt entstehen würde, aber auch weil dieser Gutschein für Eltern ein Angebot ist, das sie die Betreuung deutlich leichter organisieren lässt.

Mit dem Gutschein nämlich können alle Eltern einen Betreuungsplatz in einer Krippe und genauso bei einer Tagesmutter bezahlen. Das macht Sinn, wenn man die Betreuung nicht auf ein Modell konzentriert.

Das ist mit dem CDU-Modell natürlich so nicht möglich. KNIRPS konzentriert sich sehr stark auf die konventionelle – ich glaube, KNIRPS plus ist das, was als Nächstes kommt –

(Heiterkeit der Abg. Kordula Schulz-Asche (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Kinderbetreuung, die vom Grundsatz her nicht falsch ist. Aber sie ist sicher nicht das einzige Modell, das die hessischen Eltern glücklich machen wird.Deshalb sagen wir als Liberale:Wir wollen, dass wir in Hessen zu einer anderen Art der Finanzierung kommen. Wir wollen, dass Betreuung über Gutscheine finanziert wird, die die Eltern bei der Einrichtung ihrer Wahl einsetzen können.

Frau Kollegin Schulz-Asche, das ist auch der Grund, warum wir sagen, dass der Rechtsanspruch falsch ist. Der Rechtsanspruch sorgt nämlich dafür,dass wir in den Kommunen Plätze vorhalten müssen. Diese Plätze werden analog zur Einwohnerzahl mit Kindern hochgerechnet. Dann halten wir Plätze vor, die möglicherweise gar nicht gebraucht werden. Dieser Rechtsanspruch sorgt eher dafür, dass wir ein nicht ausgeglichenes Angebot in diesem Bereich haben. Deswegen halten wir diesen Rechtsanspruch, wie er von den GRÜNEN in ihrem Programm gefordert wird, für falsch.

(Beifall bei der FDP)

Frau Ministerin, aber der Hauptpunkt ist die Frage der Finanzierung. Wir haben es beim BAMBINI-Programm erlebt, dass die Landesregierung ein Programm aufgelegt hat, das über die Kommunen finanziert wird. Das ist letztendlich das, was gemacht wird. BAMBINI wurde mit Geld aus dem Kommunalen Finanzausgleich finanziert. Es bindet diese Mittel. Es widmet diese Mittel einem bestimmten Zweck und gibt sie sozusagen den Kommunen zurück.

Meine Damen und Herren, bei KNIRPS werden wir etwas Ähnliches erleben. Das Land bindet Mittel, widmet Mittel und sagt: Diese Mittel müsst Ihr für einen Betreuungsausbau im U-3-Bereich verwenden. – Ich muss sagen, das hat aus unserer Sicht zwei große Nachteile.Zum einen

ist es natürlich eine sehr spendable Geste der Landesregierung, wieder das Geld der Kommunen zu verwenden und in diesem Bereich zu verteilen. Frau Ministerin, Sie müssten sich etwas mit dem Auf-die-Schulter-Klopfen zurückhalten.Wie gesagt, Sie benutzen hier zuvörderst Geld der Kommunen, um dieses Programm zu finanzieren.

(Beifall bei der FDP und der Abg. Kordula Schulz- Asche (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Aber vor allen Dingen müssen wir darüber diskutieren, ob es richtig ist, in jeder Kommune das gleiche Standardprogramm zu fahren. Es gibt in den Kommunen sehr unterschiedliche Bedürfnisse,und deshalb ist es die Frage: Ist es nicht richtig, den Kommunen mehr Freiheit einzuräumen?

Wenn die Landesregierung schon sagte: „Du gibst so viel für den Bereich der Betreuung aus“, dann wäre ich wirklich dankbar, wenn dafür auch originäres Geld in die Hand genommen würde. Was Sie machen, ist, dass Sie in diesem Bereich Geld der Kommunen ausgeben.

(Beifall bei der FDP und der Abg. Kordula Schulz- Asche (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Deshalb habe ich große Angst,dass bei dieser ganzen Diskussion, ähnlich wie bei den Versprechungen von Frau von der Leyen, die an diesem Punkt immer ganz weit vorne ist, große Erwartungen bei den Menschen geschürt werden.

(Michael Boddenberg (CDU): Ist auch guter Hoffnung!)

Herr Kollege Boddenberg, ich weiß nicht, ob Frau von der Leyen guter Hoffnung ist. Ich glaube, mit sieben Kindern ist Frau von der Leyen gut bedient. Ich bin mir nicht sicher, ob noch weitere Kinder geplant sind.

(Heiterkeit der Abg. Kordula Schulz-Asche (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Aber die Gnade der späten Geburt kann man auch anders auslegen. Das ist völlig richtig.Meine Damen und Herren, das soll nicht das Thema sein.

Frau von der Leyen hat bei den Eltern in Deutschland in den letzten Monaten große Erwartungen geweckt. Sie hat gesagt, sie will in diesem Bereich aktiv werden. Ich prophezeie, dass diese Versprechungen darin münden werden, dass letztendlich die Kommunen wieder die Zeche für diese Politik zahlen. Das kann es nicht sein.

Die Kommunen haben in diesem Bereich Vorleistungen erbracht. Sie sind in Vorleistung getreten. Sie haben sich in diesem Bereich engagiert. Jetzt wird es Zeit, dass sich Land und Bund in diesem Bereich beteiligen, anstatt große Sonntagsreden zu schwingen.Wir würden uns wünschen, die Landesregierung würde nicht nur diese Mittel aus dem KFA nehmen, sondern sie selbst würde auch mit originären Landesmitteln die Kommunen unterstützen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Für die SPD-Fraktion hat Frau Fuhrmann das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich habe gar nicht gedacht, dass diese Debatte so erheiternd losgeht. Vom Kollegen Reißer, der heute ein echter Reißer war, bis zur Ministerin, die guter Hoffnung ist und dann noch ein Schwesterchen für ein Programm angekündigt hat – das hat schon einen hohen Unterhaltungswert. Ich muss allerdings sagen, mit der Sachlage hat es wenig zu tun.

Am 28.08. wurde von der Bund-Länder-Arbeitsgruppe die Vereinbarung zum Betreuungsausbau verabschiedet. Genau an diesem Tag hat die CDU diesen netten Entschließungsantrag KNIRPS eingebracht – wie immer ein Produkt der metzschen Sprechblasenfabrik. Es fällt Ihnen immer noch eine nette Abkürzung ein. Zufall, Absicht? Wer weiß es schon.

Angesichts des ernormen Eifers dieser Landesregierung, sich hier bei der reinen Addition von Plätzen – allerdings leider erst seit zwei Jahren – zu brüsten, ist das dann mit Sicherheit kein Zufall, wenn dieser CDU-Antrag am gleichen Tag kommt. Gegen die Zufallstheorie spricht auch, dass der Antrag praktisch deckungsgleich mit der Pressemitteilung des Ministeriums ist, inklusive des dezenten Seitenhiebs auf die Kolleginnen und Kollegen auf Bundesebene, dass noch über die Frage der Finanzierung gestritten würde.