Entweder sind Ihre Drähte zu Edmund sichtlich abgekühlt – wie man aus dem Rüffel aus München zu Ihrer Haushaltsführung und dem Kommentar aus der Bayerischen Staatskanzlei zum hausgemachten Finanzdebakel in Hessen ersehen kann –, oder aber Sie haben kein Interesse an der gemeinsamen Bundeskulturstiftung. Oder beides.
Während uns Ihr Verhältnis zu Edmund Stoiber oder Frau Merkel egal sein kann, ist Ihre lasche Haltung, Herr Ministerpräsident, wenn es um die Bundeskulturstiftung geht, ein Schaden für die kulturelle Entwicklung in Hessen.
Wir sind gespannt, wie der Kunstminister in diesen düsteren Zeiten die kulturellen Leuchttürme befeuern wird, wie sich die Landesregierung z. B. die Finanzierung der Theater-Biennale im Rhein-Main-Gebiet vorstellt. Schon allein aus hessischem Interesse muss die Hessische Landesregierung Einfluss auf die Bayerische Landesregierung nehmen, um sie zu einer Aufgabe ihrer Blockadehaltung zu bewegen.
Denn beispielsweise auch die dauerhafte Sicherung des Leuchtturms documenta hätte auf dem Plan der Bundeskulturstiftung gestanden. Wenn allerdings das Engagement der Landesregierung für die Kulturstiftung des Bundes so schwach daherkommt wie bisher, dann steht zu befürchten,dass in diesem Falle keine Leuchttürme den Weg weisen – zum Schaden für die teilweise doch sehr guten Ideen des Kunstministers wie beispielsweise zur Museenlandschaft,zur Theater-Biennale oder auch zum ForsytheBallett.
Deshalb fordern wir Sie heute noch einmal dringlich auf, sich dafür einzusetzen,dass es trotz der Haltung der Bayerischen Landesregierung schnellstmöglich zur Errichtung der gemeinsamen Bundeskulturstiftung kommt und dadurch die Kulturförderung bundesweit vorankommt.
Meine Damen und Herren, zukünftig werden – nach der Fusion – in der neuen Bundeskulturstiftung jährlich finanzielle Mittel in Höhe von mindestens 46,5 Millionen c für die Förderung der Kultur und Kunst in der Bundesrepublik mehr zur Verfügung stehen. Dabei geht es neben der Fördersumme um die Fragen, welche künstlerischen und kulturellen Schwerpunkte in welchen Teilen der Stiftung bearbeitet und gefördert werden.
Ich bin mir sicher, dass sich, wenn sich die Politik hier etwas zurückhält, die Stiftungen untereinander schnell einigen. Kernstück der Vereinbarung zwischen Bund und Ländern – und das sage ich hier in aller Vorsicht – wird voraussichtlich das so genannte Konsultationsverfahren zur zukünftigen Kulturförderung des Bundes sein.
Warum sollte es hier nicht zu einem echten Fortschritt der Entflechtungsdebatte in der Föderalismusdiskussion kommen? Ich bin sehr zuversichtlich, denn bei der geplanten Fusion kann es nur Gewinner und keine Verlierer geben.
Was erwarten wir uns von der Bundeskulturstiftung? Wir erwarten, dass auch nach einer Fusion die bisherigen Förderschwerpunkte der Kulturstiftung des Bundes und auch der Kulturstiftung der Länder im Kern erhalten bleiben und die dritte, neue Säule – d. h. die gemeinsamen Projekte von Bund und Ländern – erfolgreich etabliert wird. Wir erwarten ebenfalls, dass in der Säule der Stiftung, die hauptsächlich von der dann ehemaligen Kulturstiftung des Bundes verantwortet und organisiert wird, weiterhin das Auswahl- und Förderprinzip „Qualität statt Proporz“ beibehalten wird.
Wer die Arbeit der Stiftungen beobachtet, wird feststellen,dass die Qualität der unterstützten Projekte sehr hoch ist und dass viele kulturschaffende Künstlerinnen und Künstler in Hessen diesem hohen Niveau entsprechen. Die Kulturlandschaft in Hessen wird also besonders von der neuen Stiftung profitieren.
Ausdrücklich begrüßen wir auch, dass es die Bundeskulturstiftung vorhat, alle wichtigen bundesweit geltenden Fördermaßnahmen – Stipendien,Kunst- und Kulturpreise – zu erfassen, um sie aktuell und transparent allen Kunstund Kulturschaffenden zugänglich zu machen.
Wir haben dies bereits anlässlich der ersten Diskussion zur Kulturstiftung hier angesprochen. Damals wollten CDU und FDP uns aber leider nicht folgen. Ich konnte mich jetzt bei einem Besuch der Kulturstiftung des Bundes in Halle davon überzeugen, dass sie diese Aufgabe sehr ernst nimmt und bereits die ersten Schritte hierzu eingeleitet hat.
Meine Damen und Herren, mit der geplanten Fusion werden wir die größte Kulturstiftung Europas bekommen. Diese Fusion ist überfällig.
Wir wollen nicht, dass es zu einer bloßen Scheinehe der beiden Bürokratien kommt. Über den weiteren Prozess und die weiteren Inhalte kann noch gesprochen werden. Jetzt ist es aber wichtig, wie sich die Beteiligten in den nächsten Monaten verhalten.
In diesen finanziell schwierigen Zeiten, in denen in Städten und Kommunen viele Kulturinstitutionen wegbrechen und Theater und Museen um ihr Überleben kämpfen, müssen alle Möglichkeiten genutzt werden, die hessische Kulturlandschaft zu erhalten.
Dass die Bundeskulturstiftung dazu einen Beitrag leisten wird, ist unstrittig. Ebenso unstrittig dürfte also auch die Zustimmung zu unserem Antrag wie zu unserem Ergänzungsantrag sein, ebenso natürlich auch zum Antrag der FDP-Fraktion.
Im Ursprungsantrag haben wir unsere Bewertung zur Lage der Bundeskulturstiftung, und was wir uns von ihr erwarten, deutlich gemacht – nämlich neue Impulse für Kunst und Kultur. Mit der heutigen Debatte und unseren Anträgen wollen wir dafür sorgen, dass wir – und damit meine ich neben dem Hessischen Landtag besonders alle Kunst- und Kulturinstitutionen in Hessen, die auf die Bundeskulturstiftung als neues, effizientes Förderinstrument warten – nicht wieder von einem Bundesland überrascht werden und die Fusion im letzten Moment wieder verhindert wird. – Vielen Dank.
Verehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich glaube schon, dass wir in diesem Hause in dieser Frage eine große Einigkeit haben.
Ich will aus einem sehr interessanten Artikel aus der August-Ausgabe der Zeitschrift „art“ zitieren, die sich natürlich der Biennale in Venedig gewidmet hat. Sie kommt zu folgendem Schluss:
Eine gemeinsame Stiftung stärkt und nährt die Länder, gerade in Zeiten knapper Kulturkassen, kollabierender Museumsetats, astronomischer Kunsthandelspreise. Sie kann fördern, was notwendig ist, und schützt auch so das Gemeingut vor einem schleichenden Ausverkauf an private Sammler und der Auslieferung an Sponsoren. Statt vor dem Bund sollten sich die Länderpolitiker davor fürchten, irgendwann zwar noch die Hoheit, aber kaum mehr Kultur zu besitzen.
Meine Damen und Herren, das ist natürlich bezogen auf die Situation und Diskussion vor der Sommerpause.Aber ich will noch einmal festhalten, das galt und gilt für mich – ich freue mich, dass der Ministerpräsident kommt, wir beide haben in diesem Prozess, der zwischen den Staatskanzleien und den Kunstministern ausgehandelt worden ist, immer eine sehr einvernehmliche und auch eigene Rolle gespielt. Denn wir haben uns von Anfang an gegen zu viel Bürokratie und zu viel neue Institutionalisierung, auf die ich dann gleich komme, gewandt.Aber unsere Anstrengungen waren angesichts von 15 Ländern, in denen die Bürokratie offensichtlich mehr geliebt wird als die Kultur – ich sage das jetzt sehr hart – nicht immer erfolgreich.
Verehrte Frau Sorge, ich will festhalten, dass es gleich zu Beginn dieser Diskussion einen kapitalen Fehler gegeben hat, nämlich die Gründung einer eigenen Bundesstiftung neben der Stiftung der Länder. Die heutige Situation hätten wir mit ein bisschen Vernunft – ohne die eigene Position immer so hart zu vertreten – schon vor zwei Jahren haben können.Wir wollten eine gemeinsame Stiftung des Bundes und der Länder, die auch wirksam ist.
Der Vorschlag der Fraktion meiner eigenen Partei im Deutschen Bundestag war, möglichst eine kapitalgedeckte Stiftung zu schaffen, die auf Dauer aus den Zinseinnahmen des eigenen Vermögens hätte fördern können. Unsere Deckungsvorschläge reichten dabei von einem Rückgriff auf die UMTS-Lizenzen – die waren aber angeknabbert und von vielen gewünscht – bis zu einer Verwendung der Goldreserven der Deutschen Bundesbank. Es stellt sich doch die Frage, wie das Vorhandensein der Goldreserven der Deutschen Bundesbank noch weiter legitimiert werden kann und ob man sie nicht gerade als Stiftungsvermögen verwenden könnte.
Wenn es gelingt, diesen Prozess zu einem guten Ende zu führen, handelt es sich in der Tat um die größte Stiftung in Europa. Dabei haben wir gerade in Hessen, ohne uns dessen immer bewusst zu sein – das sage ich mit leiser Kritik –, eine der größten kapitalgedeckten Kulturstiftungen, nämlich die der Firma Aventis, die aber leider nicht so sehr, wie wir uns das wünschen, hessische Projekte fördert, sondern eher global agiert. Daran kann man sehen,
dass es sinnvoll ist, staatlich unterstützte Stiftungen so zu organisieren, dass man möglichst viele private Zustifter gewinnt, die die Stiftung unterstützen.
Nächster Punkt. Die Systematisierung der Förderung, die bisher von den Staatskanzleien unter Zuarbeit der beiden vorhandenen Stiftungen sowie der Kunstministerien geleistet worden ist, ist sicher ganz interessant.Aber es geht nicht, zu glauben, dass dieses Beispiel der gemeinsamen Kunstförderung wirklich einen Beitrag zur Entflechtung in der Diskussion um den Föderalismus leisten könnte. Alle Beteiligten wissen,dass das in vielen Detailbereichen ein ungeeignetes Thema ist.Es kann einen Beitrag leisten, aber das, was neu vorgeschlagen worden ist, zeigt, dass es eben nicht gelingt.
Die neuen Verfahren, die jetzt vorliegen, haben nach meiner Auffassung einen großen Nachteil. Darin stimme ich ausnahmsweise Herrn Naumann zu, dem ich, als er Kulturstaatsminister war, nie gefolgt bin. Er hat das in einem Artikel in der „Zeit“ sehr schön das „Rapunzelprinzip“ genannt.
Wir werden wieder neue Bürokratien schaffen, insbesondere wenn der Unterausschuss Kultur der KMK nach den vier Prinzipien, auf die man sich geeinigt hat, entscheiden soll, ob nach der Sortierung in drei Körbe etwas gegen die Interessen eines einzelnen Landes verstößt. Dann will man sich darauf verständigen, ob man das mit einfacher Mehrheit zurückweisen kann, ob man dazu eine Zweidrittelmehrheit braucht oder ob das Veto eines Landes genügt.
Ich sage Ihnen: Wenn man das auf die Spitze treibt, kann man die Kultur in Deutschland nicht erhalten. Das ist wirklich der Punkt. Der Unterausschuss Kultur der KMK hat uns in Hessen noch nie genützt. Das will ich einmal ganz hart sagen. Er hat eher dazu gedient, alte Erbhöfe zu bewahren. Diese Erbhöfe sind aus vielen Gründen entstanden, wie z. B. Bayreuth oder die Bamberger Symphoniker, die damals aus der Tschechoslowakei geflohen sind und sich bei uns im Westen gut etablieren konnten. Sie werden nach wie vor gefördert.
Aber am Beispiel Bayreuth sage ich Ihnen:Bayreuth wäre unter den privaten Theatern in Deutschland dasjenige, das zehn Jahre im Voraus ausverkauft wäre, auch wenn es kostendeckend arbeiten müsste. Das weiß doch jeder. Wenn es ein solches Privattheater in Deutschland gäbe, dann dieses. Dass diese beiden Einrichtungen in der gemeinsamen Förderung sind, hat viel mit Landespolitik bayerischer Art zu tun. Das wissen wir doch. Deshalb denke ich, wir müssen genau aufpassen, dass wir nicht neue Bürokratien schaffen, die uns am Ende bei der Organisation einer gemeinsamen Kulturpolitik behindern.
Vier neue Prinzipien sind als Förderziele formuliert worden: Erstens die Gleichbehandlung vergleichbarer Förderfälle in allen Ländern. Wie soll das eigentlich gehen? Wer wird im Unterausschuss Kultur der KMK sagen: „Das ist eine Gleichbehandlung vergleichbarer Förderfälle“?
Drittens die einheitlichen Sitzlandquoten für einzelne Förderbereiche. Wie sollen wir denn – Herr Corts, da gehen wir beide Arm in Arm – den Abtransport der Holbein-Madonna verhindern, wenn wir solche Prinzipien haben? Es helfen nur Gespräche und echte Verhandlungen, wenn es um die Frage geht, wie man mit Privateigen
tum umgeht, das zugleich ein zum hessischen Erbe gehörendes Kulturgut ist. Meine große Bitte an die Staatskanzlei ist, dass wir das in den nächsten Wochen und Monaten, wenn nach der bayerischen Landtagswahl sozusagen die neue Verhandlungsrunde ansteht, aus den Bürokratieverfahren, die ich für sehr schwierig erachte, ein bisschen herausnehmen.
Ich bin sehr froh, dass sich alle Fraktionen im Deutschen Bundestag – ich sage ganz offen, der beste Antrag war der der CDU; der war besser als der meiner Fraktion – einig waren, dass in den Beiräten nicht nur die Bürokraten der 16 Kultusministerien sitzen sollten, sondern auch Abgeordnete, die sich in den letzten Jahren im Deutschen Bundestag um diese Frage gekümmert haben. Das ist richtig. Außerdem sollte man in diesen Beirat – wie bei uns im Stiftungsrat der Kulturstiftung – künstlerische Experten hineinnehmen.Wir brauchen Künstler aus den verschiedenen Bereichen, die mit entscheiden, ob es richtig ist, etwas zu erhalten, anzukaufen oder in den jeweiligen Ländern zu unterstützen.
Die Hessen betrifft das an entscheidenden Punkten der streitigen Themen. Ich nenne das Institut für neue Musik und Musikerziehung in Darmstadt, die Festspiele in Bad Hersfeld, die documenta in Kassel, das Freie deutsche Hochstift, den Literaturfonds in Darmstadt, die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung in Darmstadt und die Arbeitsgemeinschaft „Friedhof und Denkmal“, die zum Sepulkralmuseum in Kassel gehört. Das sind große Kultureinrichtungen, deren Bedeutung über unser Land hinausweist. Es lohnt sich, dafür zu streiten, damit wir hier nicht in einen Länderproporz geraten, sondern wirklich auch Bundesunterstützung erhalten.
Lassen Sie mich zum Schluss sagen – auch darin waren Herr Koch und ich uns, im Gegensatz zu vielen anderen Punkten, sehr einig –: Es gibt klare Kulturkompetenzen, die zu einem ganz großen Teil unsere Städte innehaben. Die Städte sind die eigentlichen Kulturträger in Deutschland. Mit 60 % tragen sie die Hauptlast aller Förderung.
Es gibt klare Kompetenzen für die Länder, nämlich bei den Staatstheatern, den Museen etc., und es gibt Bundesangelegenheiten, die in den letzten Jahren gestärkt wurden,weil der Bund für die neuen Ländern Aufgaben übernommen hat.
Ich bin darüber hinaus der Meinung – übrigens gemeinsam mit Frau Schipanski, was wir auch so eingebracht haben –, dass es gemeinsame nationale Kultureinrichtungen gibt, z. B. alles, was mit den nationalsozialistischen Gedenkstätten, aber auch mit den Gedenkstätten, die an die deutsche Teilung erinnern, zu tun hat. Denken Sie an das KZ Buchenwald, an Guxhagen oder an unsere Grenzmuseen. Das sind keine hessischen oder thüringischen, sondern nationale Einrichtungen.
Liebe Freunde, darin unterscheide ich mich von vielen anderen: Ich bin der Meinung, dass z. B. die Museumsinsel in Berlin vergleichbar mit den großen Museen von London oder Paris ist. Die Museumsinsel ist nicht nur eine Angelegenheit des Landes Berlin oder des Bundes. Auf dieser Museumsinsel findet sich ein kulturelles Erbe, das 7.000 bis 8.000 Jahre umspannt. Das reicht von Exponaten aus dem Zweistromland bis zu Exponaten aus heutiger Zeit. Das ist ein gesamtdeutsches Erbe, an dem sich die Länder beteiligen sollten. Das wollen sie nicht.
Ich bin der Meinung, dass es, wenn wir jemals auch als Kulturnation, also mental, wieder zusammenwachsen wollen, als Symbol dafür eine solche große Einrichtung