Aber es geht noch weiter. Als der BGS die Aufsicht auf Flughäfen und Bahnhöfen übernommen hat – was wir alle gemeinsam beschlossen haben –, war der Bund auch für die elektronische Überwachung zuständig, die nicht ganz neu ist. Sie wissen – und ich weiß es auch –, woran die Bundesregelung gescheitert ist, nach der man dort auch Geschehnisse hätte aufzeichnen können. Genau das war das Problem in Dresden – und nicht nur in Dresden.
Was nützt denn eigentlich eine Videoüberwachung, die durchläuft? Sie ist nicht ohne Sinn, denn auf dem Monitor können auch Straftaten erkannt werden, und es kann schnell eingeschritten werden.Aber das Beispiel mit dem Koffer ist doch wirklich ein bedrückendes. Gerade deshalb, weil man bisher nicht aufzeichnen durfte, hat die Polizei nach meiner Kenntnis den Täter bis heute nicht ermitteln können. Denn sie hatte gar keine Ansatzpunkte. Ich halte das für falsch.
Verzeihung, ich will es mit der Redezeit nicht übertreiben. Darauf komme ich gleich. – Ich halte es für richtig, dass man diese Hürden, die nicht durch uns aufgebaut
wurden, beseitigt. Sie wurden durch die Leute aufgebaut, die immer gegen die Videoüberwachung eintraten. Ich weiß nicht, wie die GRÜNEN heute dazu stehen. Sie waren ja immer gegen alles. Vielleicht ändert sich da einmal Ihre Position.
Ich möchte Ihnen Folgendes ausdrücklich ans Herz legen. Es darf nicht sein, dass wir im Bereich der Sicherheitspolitik immer erst dann reagieren, wenn etwas passiert ist.
Wir müssen vorher handeln. Ich kann die Krokodilstränen nicht ertragen, wenn Sie mit der immer gleichen Geschichte kommen: Es passiert etwas, dann kommt eine Sondersendung, dann kommt eine Talkshow, und dann kommt die Debatte darüber, wie das geschehen konnte. Keine einzige Frage und keine einzige Antwort sind neu.
Dabei akzeptiere ich den Streit in der Sache darüber, was richtig und was falsch ist. Was ich aber nicht möchte, ist dieses Sichentlanghangeln an ideologischen Mauern, die die SPD jetzt offensichtlich eingerissen hat.Wenn nun der Antrag der CDU-Fraktion lautet: „Der Landtag begrüßt und unterstützt die öffentliche Äußerung des Bundesinnenministers Otto Schily (SPD),künftig verstärkte Videoüberwachung öffentlicher Einrichtungen (Bahnhöfe) durchzuführen“, dann frage ich Sie, was allen Ernstes dagegen spricht. Das ist eine grundsätzliche Beschlussfassung nach dem Motto:Wir begrüßen das, was der Bundesinnenminister – übrigens auch in der Form, wie es hier steht – immer wieder vertreten hat. – Er ist zwar nicht von der Partei,die mich trägt,aber wenn etwas richtig ist,dann könnten wir vielleicht auch ein gemeinsames Signal setzen, um diesen Streitpunkt einmal zu beseitigen. Ich bitte Sie herzlich: Stimmen Sie dem Antrag der CDU-Fraktion zu.
Herr Minister, das war, wenn ich Sie richtig verstanden habe,ein Hinweis an die CDU-Fraktion,anschließend wenigstens unserem Antrag zuzustimmen.
Herr Kollege Schaub, ich habe in Vorbereitung dieses Tagesordnungspunktes meinen Parteifreunden empfohlen, Ihrem Antrag zuzustimmen. Es stehen lauter Selbstverständlichkeiten darin. Es bedarf des Antrages nicht, aber er schadet auch nicht. Wenn wir aber in der Sache näher zusammenkommen, dann hilft das der Sicherheit.
Wenn wir die Entschließungsanträge an den Ausschuss überweisen wollen, müssen die Antragsteller zustimmend signalisieren, dass das geht.
(Dr. Franz Josef Jung (Rheingau) (CDU): Jawohl, Herr Präsident! – Manfred Schaub (SPD): Wir signalisieren es auch!)
Dann stelle ich fest, dass wir die zwei Entschließungsanträge, die von den beiden Fraktionen zur Überweisung an den Ausschuss freigegeben worden sind, hiermit dem Innenausschuss zur weiteren Behandlung überweisen. Wenn die Beschlussempfehlung zurückkommt, werden wir abstimmen. Das betrifft den Tagesordnungspunkt 21 mit der Drucks. 16/320 und den Tagesordnungspunkt 77 mit der Drucks. 16/549. Beide werden an den Innenausschuss überwiesen. – Dem widerspricht niemand.
Beschlussempfehlung und Bericht des Innenausschusses zu dem Entschließungsantrag der Fraktion der FDP betreffend Folterverbot: Keine Änderung des Hessischen Polizeigesetzes (Drucks. 16/65), zu dem Dringlichen Antrag der Fraktion der SPD betreffend Autoritätsverlust des Innenministers Bouffier durch skandalöses Verhalten des Frankfurter Polizeipräsidenten (Drucks. 16/93) und zu dem Dringlichen Entschließungsantrag der Fraktion der CDU betreffend Folterandrohung im Zusammenhang mit dem Entführungsfall Jakob Metzler (Drucks. 16/96) – Drucks. 6/211 zu Drucks. 16/96, zu Drucks. 16/93 und zu Drucks. 16/65 –
Die vereinbarte Redezeit beträgt fünf Minuten. Zu Wort gemeldet hat sich Herr Kollege Posch für die FDP-Fraktion.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Kollege Hahn hat es gerade in die Diskussion geworfen:Das Thema gewinnt wieder an Aktualität.Ich vermute, er meint damit, dass vor kurzem darüber berichtet worden ist, dass die Vernehmungen der Polizeibeamten abgeschlossen sind, die zur Folterandrohung befragt worden sind.
Meine Damen und Herren, wir haben diese Anträge bislang nicht im Plenum diskutiert, sondern sie sofort dem Ausschuss überwiesen. Dies haben wir vor allem deswegen getan, weil wir geglaubt haben, wir könnten in dieser Frage eine gemeinsame Beschlussfassung des Landtags herbeiführen. Leider ist das nicht gelungen. Das bedauere ich sehr. Das führt dazu, dass wir noch einmal zu den Ausgangsanträgen sprechen müssen.
Vorab eine Bemerkung:Wenn mir jemand vor einem Jahr gesagt hätte, dass der Hessische Landtag über das Folter
verbot bzw. die Aufweichung des Folterverbots diskutieren würde, dann hätte ich den, mit Verlaub, für verrückt erklärt.
Ich sage das deswegen – das kommt in unserem Antrag zum Ausdruck –, weil aufgrund der deutschen Geschichte und aufgrund des internationalen Rechts das Folterverbot absolut und keiner Veränderung zugänglich ist.
Wenn es so ist, dass dies ein absoluter Grundsatz ist, dann hätte man,meine ich,sich bemühen müssen,aufgrund dieser Vorfälle, um die es geht, eine gemeinsame Entschließung zustande zu bringen.
Ich will es nicht bestreiten: Es gab diesen entsetzlichen, unsäglichen Mordfall Metzler. Die Ermittlungsmethoden sind diskutiert worden. Die Frage des Opferschutzes und anderes mehr sind ebenfalls diskutiert worden.All das gehört dazu.
Um es noch einmal in Erinnerung zu rufen: Herr Daschner hat entschieden, dem Entführer von Jakob von Metzler Schmerzen anzudrohen, um das Versteck der Geisel zu erfahren.
Meine Damen und Herren, es ist nicht einfach, diesen Sachverhalt rechtlich zu beurteilen.Aber ich meine, es ist die Aufgabe von politischen Verantwortungsträgern, einen solchen Sachverhalt klar darzustellen und rechtlich auch klar zu beurteilen. Genau das ist in dieser Situation nicht geschehen.
Meine Damen und Herren, wenn dann gesagt wird, man habe Verständnis für die Situation, und man gleichzeitig weiß, dass dieses Verständnis – dies hat der Ministerpräsident geäußert –
dazu führt,dass man einen Gesetzgebungsbedarf konstruiert und behauptet, dann sage ich: Entweder war es leichtsinnig, die Äußerung zu machen, Verständnis zu haben, oder es ist Populismus, was ich nicht unterstellen, aber auch nicht ausschließen will.
Es haben sich dann auch andere gemeldet. Herr Schönbohm hat gesagt, man müsse über Folter bei Polizeiverhören nachdenken. Herr Mackenroth vom Richterbund hat dann gesagt, darüber müsse man nachdenken.
Herr Al-Wazir, er hat es zurückgenommen, aber von einem Verantwortungsträger erwarte ich, dass er bei einer solch sensiblen Frage sehr in sich geht, bevor er sich äußert.
Es ist dann gesagt worden, es sei ehrenwert gewesen, dass der Polizeibeamte in Sorge um das Kind Schmerzen androhte.
Ich glaube, wir können beurteilen, in welcher Situation sich ein Polizeibeamter befindet, der zwischen zwei Rechtsgütern abwägen muss. Damit setzt er sich auch der Situation aus, in einem Verfahren dann testiert zu bekommen, dass es um einen rechtfertigenden Notstand geht bzw. seine Verhaltensweise lediglich entschuldigt ist.
Diese Äußerungen, die hier gemacht worden sind – der Bedarf, Gesetze zu verändern, ist ja sofort formuliert worden,der Bund der Kriminalbeamten hat sofort Vorschläge unterbreitet, wie das aussehen kann –, ärgern mich ein klein wenig.
Wir haben im Ausschuss versucht, eine gemeinsame Formulierung zu finden.Diese gemeinsame Formulierung hat aus sämtlichen Anträgen etwas Gemeinsames übernommen.Beispielsweise hat sie aus dem Antrag der Union das Thema Opferschutz aufgenommen, wenngleich es formal in keinem Zusammenhang steht.Weiterhin wurden Intentionen aus dem Antrag der SPD und auch aus unserem Antrag übernommen. Leider gibt es eine einzige Formulierung, die es der Union offensichtlich unmöglich macht, eine gemeinsame Beschlussfassung herbeizuführen. Sie lautet:
Der Landtag verurteilt jegliche Äußerung, die geeignet ist, Verstöße gegen das Folterverbot durch Sicherheitsbehörden des Landes zu verharmlosen und zu bagatellisieren.