Protocol of the Session on September 4, 2007

Ich beeile mich. – Viertens. Sie wollen die Betriebsvereinbarung einer kritischen Würdigung unterziehen. Was ist das für ein Autonomieverständnis? Wir haben in dem Gesetzentwurf alle erforderlichen sozialen Sicherungen für die Beschäftigten geregelt. Die Stiftungsuniversität erhält die Dienstherrnfähigkeit und die Tarifhoheit. Sie wollen die Betriebsvereinbarung „prüfen“. Dazu kann man wirklich nichts mehr sagen.

Fünftens. Sie sehen den freien Zugang der Studierenden zu den Angeboten der Stiftungsuniversität geschmälert.

(Michael Siebel (SPD):Aber hallo!)

Dann müssten Sie unterstellen, dass die öffentlich-rechtliche Stiftung bewusst Rechtsbruch begeht, denn es gelten die gleichen Zugangsregelungen wie bisher. Das ist der Höhepunkt Ihres verqueren Autonomieverständnisses. Danach dürften die Hochschulen nicht einmal mehr eine eigene Verwaltung haben, mit deren Hilfe die Gesetze als eigene Angelegenheit ausgeführt werden.

Sechstens. Schließlich fordern Sie, die angeblich im Gesetz angelegte Bevorzugung der Stiftungsuniversität – natürlich schaut man aus Darmstadt dorthin – zu korrigieren.

(Michael Siebel (SPD):Auch aus Kassel!)

Wenn Hochschulen benachteiligt wurden, so geschah dies in den Neunzigerjahren unter der Ägide der SPD und der GRÜNEN. Das kann man deutlich sagen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Denken Sie an die Finanzierung der Hochschulen und ganz besonders der Hochschulbauten. Ich habe Sie schon beim letzten Mal eingeladen, dorthin zu fahren. Zu Ihren Zeiten wurde das alles heruntergefahren. Wir haben das seit 1999 geändert. Ich habe die Zahlen hier, erspare Ihnen aber das Vorlesen, denn Sie kennen sie. Aber wenn Sie sie nochmals hören möchten, wiederhole ich sie Ihnen gerne.Wir haben unser eigenes Milliardenprogramm aufgelegt,damit wir aus der Bredouille kamen,die Sie hinterlassen haben.

(Frank Lortz (CDU): Sehr richtig!)

Im Gesetzentwurf ist geregelt, dass die Stiftungsuniversität die staatliche Grundfinanzierung nach den gleichen Prinzipien wie die anderen staatlichen Hochschulen erhält.Wenn darüber hinaus aufgrund der Stiftungsstrukturen durch besondere Einwerbungen eine zusätzliche Honorierung von Leistungen der Stiftungsuniversität sinnvoll ist, sollte das jeden freuen, der an der Hochschulbildung und -entwicklung interessiert ist. Das ist jetzt auch bereits innerhalb unseres Budgetierungsmodells genauso angelegt. Es ist das tragende Prinzip beispielsweise der Exzellenzinitiative. Ihnen aber ist das Wichtigste, dass nur keiner mehr bekommt.

Zusammengefasst fordern Sie, lieber Herr Siebel, für unsere Hochschulen die Rückkehr zu einem System des staatlich reglementierten oder organisierten Pauperismus

der Neunzigerjahre. Mit diesen Prinzipien Demut und Armut lässt sich vielleicht ein Kloster trefflich organisieren, heute aber keine deutsche Universität oder Hochschule mehr.

(Frank Lortz (CDU): Sehr richtig!)

Lieber Herr Siebel, im Vorfeld dieser Diskussion heute habe ich mit Mitarbeitern darüber gesprochen, was die SPD eigentlich will. Da kam auf einmal das Stichwort „Nordkorea“ hoch. Da habe ich gesagt, das kann ich nicht sagen – dass Sie eine Autonomie wie in Nordkorea wollten. Sie wären beleidigt oder fühlten sich beleidigt.

Meine Damen und Herren, das, was Sie vorschlagen, ist ein Weg ins Mittelalter. Dem werden wir nicht folgen.Wir wollen eine moderne Universität und eine Hochschullandschaft, die wettbewerbsfähig ist. Das, was Sie vorschlagen, ist die absolute Reglementierung.

(Beifall bei der CDU)

Ich komme zum Schluss.Zur Abstimmung steht in zweiter Lesung der Gesetzentwurf der Landesregierung. Ich bitte um Zustimmung. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Staatsminister. – Den Oppositionsfraktionen ist jeweils noch eine Minute Redezeit zugewachsen.

Es gibt eine Kurzintervention von Herrn Kaufmann. Bitte, Herr Kaufmann.

(Frank Lortz (CDU): Na, na, na!)

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Staatsminister, Sie vergleichen das, was Sie im Jahre 2007 leisten, mit den Leistungen der rot-grünen Regierung,die seit 1998 nicht mehr im Amt ist. Sie haben es tatsächlich nötig, auf so lange Zeiträume zurückzugreifen, und kritisieren damit all Ihre Vorgänger. Ist Ihnen denn nicht klar, dass auch die Regierung Wallmann damit in Ihre Kritik fällt?

Dann loben Sie sich dafür, wie viel Geld Sie mehr ausgeben. Unter Ihrer Regierung mit Finanzminister Weimar wurden bis heute rund 10 Milliarden c zusätzlicher Schulen gemacht, und das soll auch noch so weitergehen. Dazu können wir nur feststellen: Auch die Hochschulen haben davon ein bisschen etwas abbekommen. Eine Finanzierungspriorität zugunsten der Hochschulen ist aber wahrlich nicht erkennbar. Sie haben ein bisschen von den Schulden dorthin geschoben. Meine Damen und Herren, insoweit sind die Begriffe Demut und Armut vielleicht eher in Ihre Richtung zu schieben, die Vergleiche mit der Vergangenheit aber sind doch ein Stück weit daneben.

Herr Corts, ich nehme die alten Beispiele gar nicht so gerne, aber ich darf doch daran erinnern: Unter der letzten rot-grünen Landesregierung wurden Hochschulbauten vorfinanziert,weil sich der Bund nicht in der Lage sah, seine Finanzierungsanteile zu liefern. Die damalige Bundesregierung aber hatte weder mit der SPD noch mit den GRÜNEN etwas zu tun,wie Sie sich sehr gut erinnern wollen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, wenn der Wissenschaftsminister – nach meiner Empfindung nicht ganz frei von Arroganz – sich hierhin stellt und alles als so toll erklärt: Sehr verehrter Herr Corts, warum flüchten Sie dann eigentlich aus dem Amt und erklären, Sie wollen ab dem nächsten Jahr damit nichts mehr zu tun haben? Sie werden damit sowieso nichts mehr zu tun haben, weil der Wähler das nicht zulassen wird.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Widerspruch bei der CDU – Zuruf der Abg. Ruth Wagner (Darmstadt) (FDP))

Aber vorab schon zu erklären, man wolle weglaufen, obwohl man hier gerade das Paradies geschildert hat – diesen Widerspruch könnten Sie noch aufklären.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Zuruf des Abg.Michael Boddenberg (CDU))

Zu einer weiteren Kurzintervention hat sich Herr Siebel gemeldet. Herr Siebel, Sie dürfen jetzt das Wort ergreifen.

Herr Staatsminister Corts, ich sage Ihnen, ich bin gerne Sprecher einer Fraktion, die im Hinblick auf den Gesetzentwurf, der hier in zweiter Lesung zur Beratung vorliegt, diejenigen unterstützt, die nachdenklich und in Verantwortung an den Hochschulen agieren. Genau das haben wir in unserem Antrag zum Ausdruck gebracht.

Nicht nur ich, sondern auch Frau Kollegin Beer und Frau Kollegin Sorge haben hier zum Ausdruck gebracht, dass wir bereitstehen, zu einem Gesetzgebungsverfahren zu kommen, das an der Johann Wolfgang Goethe-Universität etwas ermöglicht, das wir im Hessischen Landtag schon einmal praktiziert haben. Das wird von Ihnen in einer Art und Weise und in einer Aggressivität mit Vergleichen beantwortet, die wirklich hart am Rande nicht der Zulässigkeit, aber dessen sind, was man noch mit netten Worten umschreiben kann.Das macht mich doch bedenklich. Das war bisher nicht Ihr Stil.

(Michael Boddenberg (CDU):Aber notwendig!)

Ich bedauere, dass Sie das getan haben. Das ist Ihre Antwort auf das, was von meiner Person und auch von Frau Kollegin Beer und Frau Kollegin Sorge zu einer möglichen Zusammenarbeit im Zusammenhang mit diesem Gesetzentwurf gesagt wurde und angeboten worden ist. – Danke schön.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Eine weitere Wortmeldung liegt von Frau Beer für die FDP-Fraktion vor. Frau Beer, Sie haben eine Redezeit von sechs Minuten.

Herr Präsident, sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrter Herr Minister! Ich erkenne an, dass Sie in Ihrem Haus einen Mitarbeiter gefunden haben, der einige

kunstvolle Pirouetten gedreht hat, damit er etwas zu Papier bringen konnte, was Sie hier vorlesen durften.

(Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Allerdings kann man doch trotz aller dieser Drehungen und Wendungen erkennen, dass die inhaltliche Durchdringung zu wünschen übrig gelassen hat.

(Beifall des Abg. Florian Rentsch (FDP))

Das möchte ich an drei Punkten verdeutlichen.

Erster Punkt. Die separate Behandlung des Teils für die Stiftungsuniversität Frankfurt ist in diesem Hause ab dem ersten Tag, an dem Sie Ihren Gesetzentwurf vorgelegt haben – ich darf noch einmal daran erinnern: der Teil Stiftungsuniversität ist nach der Kabinettsanhörung hineingekommen; vorher waren das zwei verschiedene Paar Schuhe –, diskutiert worden. Noch bis weit in den August hinein haben wir versucht, mit Ihnen und den anderen Fraktionen zu eruieren, in welcher Art und Weise wir eine solche Trennung jetzt noch nachträglich formal vornehmen können, um diesen gemeinsamen Rückhalt für die Stiftungsuniversität nach außen demonstrieren zu können, wie wir das in schon bewährter Art und Weise bei dem Gesetz für die Technische Universität Darmstadt geschafft haben.Auch damals lagen die Interessen teilweise sehr weit voneinander entfernt. Aber in einigen wenigen Sitzungen ist es in intensiver Beratung gelungen, dafür einen gemeinsamen Weg zu finden.

Nichts anderes will unser Gesetzentwurf erreichen. Denn mit Ihrem Gesetzentwurf ist dies aufgrund der anderen Teile nicht möglich.

(Ruth Wagner (Darmstadt) (FDP): Sehr richtig!)

Zweitens: umfassende Reform. Herr Minister, Sie waren es in Person, der die weitergehenden Versuche anderer Hochschulen, mehr Autonomie zu bekommen – Stichwort:Modellfachhochschule Gießen-Friedberg –,mit dem Argument abgefangen hat: Das brauchen wir jetzt zum Ende der Legislaturperiode nicht mehr,denn ich,Minister Corts, arbeite mit meinem Ministerium an einer umfassenden Reform des Hessischen Hochschulgesetzes. Das werde ich ihnen vorlegen.

Dann hat es zwei Jahre gedauert – und herausgekommen ist TUD light. Mehr ist es nicht. Das hat die Anhörung zu Ihrem Gesetzentwurf deutlich gemacht. Sonst würde es irgendeine Hochschule geben, beispielsweise eine der fortschrittlichen wie die Fachhochschule Gießen-Friedberg, die dieses Modell wählen wollen.Aber es will keine. Denn es gibt dort zu wenig Autonomie, und dann kann man auch in den bisherigen Strukturen der erfolgreichen Reform des Jahres 2000 in der Ägide von Ruth Wagner agieren.

Dritter Punkt: Findungskommission. Mit Ihren Ausführungen verkennen Sie völlig, dass die Form, die wir in unserem Gesetzentwurf zur Findungskommission an der Stiftungsuniversität Frankfurt vorsehen – ich betone noch einmal: unser Entwurf bezieht sich auf die Stiftungsuniversität Frankfurt –, genau die Form ist, die die Universität Frankfurt selbst, vertreten durch ihren Präsidenten Prof. Steinberg, in der Anhörung vorgeschlagen hat.

(Beifall der Abg.Ruth Wagner (Darmstadt) (FDP))

Das ist das einzige Modell, das sicherstellt, dass nicht der Präsident Hochschulräte vorschlägt, die anschließend