Protocol of the Session on July 5, 2007

Frau Ministerin, würden Sie eine Zwischenfrage von Herrn Dr. Jürgens zulassen?

Ja. Ich will nur diesen Gedanken zu Ende führen.

Wir haben von Anfang an gesagt, weil es um wenige Fälle geht, wollen wir den Menschen, den Eltern, helfen. Es ist deswegen genauso sichergestellt. Wie normale Menschen nicht jeden Tag das Gesetz lesen, lesen sie auch nicht je

den Tag die Erlasse der Landesregierung, sodass wir die Verbände direkt informieren. Mit denen sind gerade hörbehinderte Menschen wesentlich häufiger in Kontakt, als dass sie schauen, was im Erlass und was im Gesetz steht.

Es wird über die Verbände informiert. Die Verbände geben das sehr schnell den Eltern mit. Natürlich wird von uns auch die kommunale Seite – d. h. die Kindergärten – informiert, weil sie bestätigen muss, dass die Eltern an einem Elternabend teilgenommen haben.Ansonsten haben wir ein ganz einfaches Formblatt vorgesehen, mit dem die Eltern die Kosten erstattet bekommen.

Herr Dr. Jürgens, Sie haben das Wort.

Frau Ministerin, Sie haben aufgeführt, dass der Erlass für die Regelung im Kindergarten in vergleichbarer Weise wie der Erlass für die Regelung in den Schulen erfolgt sei. Nun hat der Erlass für die Regelung in den Schulen eine gesetzliche Grundlage im Gleichstellungsgesetz. Können Sie uns erklären, a) welche gesetzliche Grundlage eigentlich der Erlass für den Kindergarten hat, wenn es im Gleichstellungsgesetz keine Regelung gibt, und b) ob Sie beabsichtigen, falls Sie es für ausreichend halten, die Regelung in den Schulen aus dem Behinderten-Gleichstellungsgesetz wieder herauszunehmen?

Herr Kollege Dr. Jürgens, ich bedauere, dass Sie meine Ausführungen gerade nicht verstanden haben. Wir haben zwei unterschiedliche Zuständigkeiten in diesem Bereich. Wir haben einmal das, wofür das Land zuständig ist. Deswegen haben wir die Landeszuständigkeit im hessischen Gleichstellungsgesetz geregelt.Wir bitten die Kommunen an vielen Stellen, sich genauso zu verhalten. Deswegen basiert der Kultuserlass direkt auf dem Gesetz.

Weil wir grundsätzlich die Kommunen nicht in dem Gesetz eingeschlossen haben – Stichwort: Konnexität, ich kann das gerne noch einmal länger erklären –, haben wir an der Stelle gesagt,wir helfen den Eltern unbürokratisch. Es handelt sich um eine nicht so große Anzahl. Das können wir regeln. Das ist an der Stelle freiwillig. Es wäre schön, das hätte genauso dort allein funktioniert. Aber ganz wichtig ist, dass die Landesregierung klar sagt: Wir regeln das.

Wir haben das beim Regierungspräsidium in Kassel angesiedelt. Den Eltern ist geholfen, weil es für Eltern wichtig ist, dass sie an einem solchen Elternabend teilnehmen können und gerade nicht benachteiligt sind, sondern unterstützt und selbstverständlich über das Angebot informiert werden.Trotzdem bleibt der Appell an die kommunale Seite bestehen, sich in ihrem Bereich ihrer Verantwortung genauso bewusst zu sein, wie wir das als Land machen.Wir sind an dieser Stelle deswegen einen anderen Weg gegangen, weil wir ganz klar auf der einen Seite die Landesausgabe und auf der anderen Seite die Aufgabe der Kommunen haben.

Einige Kommunen sind darin sehr vorbildlich, andere haben durchaus noch Nacharbeitungsbedarf. Aber wir haben in der Verfassung ein Konnexitätsprinzip. Trotzdem hat die Landesregierung von Anfang an in dieser Debatte

gesagt:Wir unterstützen die Eltern. – Dem sind wir nachgekommen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU)

Wir sind am Ende der Debatte zu diesem Tagesordnungspunkt und kommen zur Abstimmung. Ich stelle den Gesetzentwurf der Fraktion der SPD für ein Gesetz zur Änderung des Hessischen Gesetzes zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen, Drucks. 16/7527 zu Drucks. 16/6895, in zweiter Lesung zur Abstimmung.

Wer ihm seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Wer ist dagegen? – CDU und FDP. Dann ist dieser Gesetzentwurf abgelehnt.

Meine Damen und Herren, Tagesordnungspunkt 27 wird aufgerufen:

Vorlage der Landesregierung betreffend den Bericht an den Hessischen Landtag zur Umsetzung des Hessischen Gleichberechtigungsgesetzes nach § 6 Abs. 7 HGlG – Drucks. 16/7186 –

Es wird vorgeschlagen, diesen zur abschließenden Beratung dem Sozialpolitischen Ausschuss zu überweisen. – Einverstanden.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 28 auf:

Große Anfrage der Abg. Fuhrmann, Eckhardt, Habermann, Dr. Pauly-Bender, Schäfer-Gümbel, Dr. Spies (SPD) und Fraktion betreffend Umsetzung von Hartz IV in Hessen – Drucks. 16/7152 zu Drucks. 16/6010 –

Redezeit: fünf Minuten je Fraktion. Erste Rednerin ist Frau Fuhrmann für die SPD-Landtagsfraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Eigentlich ist es ein Armutszeugnis, wenn wir um 18.50 Uhr den einzigen Bericht über die Gleichberechtigung von Männern und Frauen in Hessen ohne Aussprache in den Ausschuss schicken und dann über das aufgerufene Thema sprechen. Wir schaffen es immer wieder, zu vorgerückter Stunde über bestimmte wichtige Themen zu sprechen. Eines dieser wichtigen Themen ist Hartz IV, weil es eine ganze Menge von Menschen in Hessen betrifft.

Wir haben eine Landesregierung – noch –, die es mit der Umsetzung von Hartz IV sehr, sehr eilig hatte, fast so eilig wie der kanadische Sprinter Ben Johnson, der 100 Meter lief, dem aber ganz schnell die Puste ausging, weil herauskam, dass er gedopt war.

Genauso schnell wie Ben Johnson ging offensichtlich auch der Landesregierung bei den Hartz-Reformen die Puste aus. Allerdings war sie wahrscheinlich nicht gedopt. Das will ich zugeben.Von dem Elan,mit dem Sie über die Umsetzung von Hartz IV gesprochen haben, insbesondere über die Optionsmodelle, scheint nicht mehr viel übrig zu sein. Von Ihrer Dynamik, durch die Kreise zu reisen und irgendwelche Schilder an Landratsämter anzuschrauben, ist nichts übrig geblieben. Nichts davon ist mehr zu spüren. Die Profilierung der Ministerin auf Bundesebene war eine Zeit lang jede Woche ein großes Thema. Überall hat man gehört, was die Ministerin in Berlin zu tun gedenkt. Auch davon ist nichts mehr zu hören. Schwung, Dynamik

und Elan sind also weg. Ich sage Ihnen aber:Aussitzen gilt nicht. Dazu ist die Zeit, bis wir die Regierung in Hessen übernehmen, denn doch zu lang.

(Beifall bei der SPD – Axel Wintermeyer (CDU): Ob wir das noch erleben? – Weitere Zurufe von der CDU)

Es sind noch sieben Monate, Herr Kollege.

(Lachen bei der CDU)

Nach zweieinhalb Jahren der Umsetzung von Hartz IV in den Kommunen hat die Landesregierung nach wie vor keinen blassen Schimmer, wann belastbares Zahlenmaterial in Hessen vorliegen wird. Nach zweieinhalb Jahren Hartz-Reform kann die Landesregierung mehr als die Hälfte der von uns in der Großen Anfrage gestellten Fragen gar nicht, nur teilweise oder nur mithilfe der Bundesagentur und anderen Institutionen halbwegs beantworten. Da frage ich mich schon, wie groß das Interesse an dieser Reform bei der Landesregierung tatsächlich ist. Wir alle wollen zwar, dass die Reformen in Hessen erfolgreich umgesetzt werden; wir wollen allerdings auch wissen,wann die Strukturdaten,die Auflistung der Wirkungskosten und die Aufwandskennzahlen endlich vorliegen.

Ihre Begründung, die uns auch im Ausschuss immer wieder entgegengehalten worden ist, lautet, dass sowohl Verfahrens- als auch Softwareprobleme dafür verantwortlich seien. Das sind fadenscheinige Ausflüchte. Zweieinhalb Jahre sind wahrlich genug, um eine Bilanz vorzulegen.

(Beifall bei der SPD)

Die Landesregierung ist meisterhaft im Finden von Ausreden. Trotz aller Anstrengungen, die Sie unternommen haben wollen, und trotz aller vollmundigen Versprechungen des bereits für Mitte 2006 angekündigten Kennzahlenvergleichs mit der Regionaldirektion Hessen ist die Datenlage bis heute völlig unzureichend – geschönt formuliert. Es liegen uns jetzt mit der Beantwortung unserer Großen Anfrage zwar 128 Seiten Anlagen vor,was wir der enormen Fleißarbeit des Ministeriums zu verdanken haben, wofür wir uns auch ausdrücklich bedanken wollen; aber Sie geben mit dieser Antwort auch unumwunden zu, dass es keinen Kennzahlenvergleich gibt und die Validität der verschiedenen Zahlen durchaus fraglich ist. Sie kennen also weder den Sachstand, noch können Sie Angaben zur Vergangenheit machen.

Auch hierzu sage ich:Das ist offensichtlich alles Nostalgie. Es werden keine Vergleiche oder Vergleichsdaten geliefert. Ich frage mich schon, wie viele Leistungsbezieher und Leistungsbezieherinnen hinzugekommen bzw. weggefallen sind. Sie können nicht einmal sagen, wie viele Empfängerinnen und Empfänger von Arbeitslosenhilfe nun Arbeitslosengeld-II-Empfängerinnen und -Empfänger sind.

Ich frage mich außerdem, was in den letzten zwei Jahren in den Arbeitsgemeinschaften und Optionskommunen punktuell geleistet wurde.Sie können aber noch nicht einmal sagen, mit welchem Betreuungsschlüssel in den Optionskommunen gearbeitet wird. Ich höre auch heute noch Klagen,dass Anträge schleppend bearbeitet werden. Ich höre Klagen, dass Familien aus dem Wohnumfeld herausgerissen werden.

(Florian Rentsch (FDP): Das ist doch kein Problem der Optionskommunen!)

Ich sage doch gar nicht, dass das ein Problem der Optionskommunen sei. Wer hat das denn gesagt? Kollege Rentsch, immer langsam – und zuhören. Das bildet.

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, Sie wissen noch nicht einmal, wie viele Anträge abgelehnt wurden, und können nichts darüber sagen, wie viele Bedarfsgemeinschaften in Hessen umziehen mussten.

Frau Kollegin, Sie müssen zum Ende kommen. Ihre Redezeit ist zu Ende.

Ich komme zum Schluss. – Ich freue mich, dass die Arbeitslosenzahlen zurückgehen, allerdings weniger im Bereich ALG II, und deshalb brauchen wir hier mehr Informationen.All das, was Sie vorgelegt haben, ist lückenhaft und zeugt meines Erachtens von großem Desinteresse an der Sache. Die Beantwortung dieser Großen Anfrage ist schlicht inakzeptabel.

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Für die Fraktion der FDP hat Kollege Rentsch das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Fuhrmann, ich muss mich entschuldigen. Sie haben recht. Ich habe bei Ihrem Gesamtbrass auf die Optionskommunen nicht mehr zwischen Ihren Aussagen differenziert.

(Petra Fuhrmann (SPD): Wie kommen Sie auf die Idee? Es gibt sehr erfolgreiche! Aber die brauchen bestimmte Strukturen!)

Sie haben recht. Es gibt sehr viele erfolgreiche Optionskommunen.Das ist völlig richtig.An denen sollten wir uns orientieren. Entschuldigen Sie bitte noch einmal, dass ich bei Ihren Ausführungen nicht genau differenzierend zugehört habe, wie Sie es verdient hätten. Dafür möchte ich mich noch einmal entschuldigen.

(Beifall bei der FDP – Petra Fuhrmann (SPD):Man muss immer zuhören, Florian!)

Die Anfrage der SPD-Fraktion konnte nicht beantwortet werden. Das muss man leider feststellen. Das liegt nicht an der SPD-Fraktion oder am Hessischen Sozialministerium, sondern daran, dass wir zurzeit bei der Umsetzung von Hartz IV zu unterschiedliche Modelle haben.Wir Liberale haben immer gesagt, wir wollen hier einen Wettbewerb haben, um zu prüfen, welches der Modelle das erfolgreichere ist, welches Modell sich in der Praxis bewährt. Fakt ist aber, dass es bei der Umsetzung der Reform in den Optionskommunen bisher nicht gelungen ist, einen Kennzahlenvergleich zu ermöglichen, da die Software- und Verfahrensprobleme immer noch nicht behoben ist. So ist der Sachverhalt.

Ich sage ganz offen: Das ist nicht unbedingt ein befriedigender Tatbestand, weil wir als Landespolitiker keine

Möglichkeit haben, Einfluss zu nehmen und letztendlich einen Vergleich durchzuführen.Aber es ist nun einmal so, wie es ist.

Frau Fuhrmann, einen Fehler darf man an der Stelle nicht machen: Sie haben wieder den Eindruck erweckt, das Sozialministerium würde die Daten bei den Kommunen erheben.Das ist nicht der Fall.Das Sozialministerium hat an der Stelle überhaupt keine rechtliche Handhabe, diese Daten zu erheben. Das ist der Tatbestand.

(Beifall bei der FDP – Petra Fuhrmann (SPD): Doch, die Optionskommunen müssen Auskunft geben!)