Das heißt im Klartext: Das ist der Umfang eines kompletten Schuljahres unter Rot-Grün, was ein Grundschüler heute mehr in der Schule zur Verfügung hat,um zu lernen. Das ist wirklich Qualitätsverbesserung. Sie haben zu verantworten, wie groß der Unterrichtsausfall bei Ihnen war.
Reden wir über die Klassengrößen. Es waren zu Ihrer Regierungszeit in der Grundschule 21,4 Schüler, heute 21,3 Schüler; Hauptschule 19,3 bei Ihnen, heute 18,8 bei uns; Realschule 26,3, heute 25,7 usw. Die Schüler-LehrerRelation war bei Ihnen 19,4, bei uns 19,0, obwohl die Schülerzahl um 55.000 Kinder gestiegen ist.
Wir haben darüber hinaus die Zahl der Ganztagsangebote,wenn man den 01.08.dieses Jahres hinzunimmt,etwa vervierfacht. 130 waren es in Ihrer Regierungsverantwortung. Sie haben von 1992 bis 1998 nicht ein einziges Angebot zusätzlich genehmigt.
Heute stellen Sie sich hin und fordern von uns das,was Sie selbst nicht gemacht haben.Wir haben heute rund 500 zur Verfügung. Das Gleiche gilt auch für die Frage der betreuenden Grundschulen – 288 bei Ihnen,
heute haben wir etwa 2.100. Oder, um das letzte Beispiel zu nennen, was den Ausbau der Vertretungsmittel angeht: bei Ihnen 4,4 Millionen c, heute 42 Millionen c, und wir werden im nächsten Jahr diese Mittel noch einmal um 10 Millionen c auf 250 Millionen c erhöhen.
Das ist etwa das Zehnfache dessen, was Sie zur Verfügung gestellt haben. – So weit einige Fakten. Ich will über Lehrund Lernmittel und deren Erhöhung hier überhaupt nicht reden. Das würde den Rahmen sprengen, was alles quantitativ und damit letzten Endes auch qualitativ gelaufen ist.
Bildungs- und Erziehungsplan – das Stichwort ist angesprochen worden – heute versus Kuschelpädagogik nach rot-grüner Art: Wir haben in der Grundschule Standardziele eingeführt und definiert, was Grundschule eigentlich leisten muss – das war bei Ihnen verpönt –,Stellen für Zuwandererkinder und intensive Deutschförderung erhöht, Deutschförderung gegen Ihren Widerstand mit Riesenerfolg eingeführt.
Landesweite Prüfung in der Haupt- und Realschule – Sie kennen das. Ich will es nur deutlich machen. SchuB-Klassen und Osterferiencamp sind zwei weitere Glanzlichter. Das kann man nicht anders sagen. Diejenigen, die an den SchuB-Klassen teilgenommen haben, haben zu 90 % einen Hauptschulabschluss erworben, obwohl es Risikoschüler waren.
Meine Damen und Herren, ein Erfolgsmodell – deshalb werden wir dies in der nächsten Legislaturperiode ausbauen.
Das Osterferiencamp ist ein Beitrag zur Förderung von Schwachen. Es ist doch völlig unbestritten, dass gerade schwächere Schüler ein Recht darauf haben, gefördert zu werden. Das machen wir. Aber nicht nur die, auch starke Schüler haben das Recht darauf, gefördert zu werden. Deshalb sagen wir Ja zur Förderung von begabten und hochbegabten Schülern.Wir brauchen in dieser Republik auch Eliten. Das bekennen wir in allem Freimut. Das ist zwingend notwendig.
Meine Damen und Herren, Landesabitur, achtjähriges Gymnasium, Förderangebote habe ich angesprochen, und, was aus meiner Sicht auch sozialpolitisch hochinteressant und wichtig ist, dass es erreicht wurde, dass beispielsweise die Zahl der Schüler, die wegen nicht ausreichender Sprachkenntnisse vom Unterricht zurückgestellt werden mussten, praktisch von 4,7 % auf 2,5 % halbiert wurde.
Was ich persönlich im Interesse der Schicksale der einzelnen Kinder für sehr positiv halte, ist, dass es gelungen ist, die Zahl der Kinder, die ohne Abschluss die Schule verlassen haben, von über 21 % auf jetzt rund 14 % zu reduzieren.
Das ist ein Riesenerfolg für die Kinder, die Förderung in besonderer Weise notwendig haben. Wir haben nicht nur
für diese Kinder etwas gemacht, sondern wir haben auch für die Kolleginnen und Kollegen eine Menge gemacht, was teilweise schon wieder in Vergessenheit geraten ist – aktuell die Vorgriffsstunden, eine Geschichte, die Sie bewusst bezweifelt haben. Es wurden bewusst Zweifel gestreut, ob wir das machen oder nicht. Für uns war das immer klar. Wir machen das – versprochen, gehalten, ohne Wenn und Aber. Wir haben um zwei Multiplikatoren erweitert. Das kommt bei den Kolleginnen und Kollegen insgesamt sehr gut an.
Die Altersteilzeit haben wir auch in den Schuldienst eingeführt,die Zwangsteilzeit aus Ihrer Regierungszeit abgeschafft, Ihre Altersentlastungskürzungen im Interesse der Kollegen zurückgenommen, Schulleiter um 10.000 Stunden entlastet, die Disziplinarmöglichkeit für Lehrer und Pädagogen verbessert, die Versetzungsbestimmungen verändert, Aufwertung der gesamten Konferenz, und – meine Damen und Herren, das wollen wir nicht vergessen – wir haben durch unsere Lehrereinstellungspolitik dazu beigetragen, dass die Kollegien verjüngt worden sind.
Ich kann mich an ein Plakat erinnern – das war das einzige Plakat, das damals von der GEW gut war –: „Unser Jüngster wird 50“. Das hing in den Schulen zu Ihrer Regierungsverantwortung aus.Wir haben seit 1999 bis heute inklusive Ersatzeinstellungen und Neueinstellungen rund 15.000 junge Pädagoginnen und Pädagogen an die Schulen geholt und damit einen großen Prozess zu einer Verjüngung der Kollegien mit neuen Ideen eingeleitet, gemischt mit Erfahrung.
Meine Damen und Herren, ich will aber noch kurz auf Ihren Antrag eingehen. Sie haben zu Recht gesagt: Der Bildungserfolg darf nicht an die soziale Herkunft gekoppelt sein. – Darin sind wir uns im Grundsatz völlig einig.Aber es stellt sich die Frage: Was haben Sie selbst zu Ihrer Regierungszeit getan, um diese Disparität zu reduzieren? Sie waren bis 1999 an der Regierung, und schon die PISAStudie hat ergeben, dass es diese Kopplung gibt.
Das ist mit anderen Worten das Ergebnis Ihrer Politik,obwohl Sie versucht haben, flächendeckend möglichst integrierte Gesamtschulen einzuführen. Also müssen Sie sich fragen lassen, warum das bei Ihnen nicht funktioniert hat oder warum das gerade in Nordrhein-Westfalen auch so schlecht ist.
Sie müssen sich fragen, warum bekannter- und erwiesenermaßen in Bayern und Baden-Württemberg die Korrelation zwischen Bildungserfolg und sozialer Herkunft in unserem gemeinsamen Sinn besser als in den Ländern ist, die tendenziell für integrierte Systeme eintreten. Sie verwechseln Chancengerechtigkeit mit Ergebnisgleichheit, und Sie blenden damit die Realität aus.
Ich möchte versuchen, Ihnen das mit einem kurzen Zitat von Prof. Giesecke zu erklären, der zu PISA geschrieben hat:
Wenn Kinder in der Grundschule systematisch unterfordert werden, schadet das den ohnehin benachteiligten, während Schüler aus dem bildungsnahen Milieu das mit Hilfe des „kulturellen Kapitals“ ihrer Familie weitaus besser kompensieren können.
Er kritisiert das Prinzip der Individualität des Lernens. Also sagt Giesecke: Diese Subjektorientierung – Schüler
lernen das, was Spaß macht, was sie interessiert – hat zur Benachteiligung von Kindern aus bildungsfernen Schichten beigetragen. Schüler aus diesen Familien müssen sich vor diesen Familien im Hintergrund teilweise emanzipieren. Sie brauchen Rat, Wegweisung, Anregung, wenn sie ihr schulisches Angebot und Potenzial optimal nutzen wollen. Dafür brauchen sie eine Schule, in der der Lehrer nicht nur Moderator für einen selbstbestimmten Lernprozess ist, nicht nur die Binnenoptimierung, sondern Führung übernimmt.
Ihr Versuch der Binnendifferenzierung, der Binnenoptimierung ist eine Täuschung. In der Lebenswirklichkeit funktioniert es nicht. Ihr Problem ist doch: Keiner will heute dafür die Verantwortung haben, hat jemals in verschiedenen Schulformen vor einer Klasse gestanden. Sie können es persönlich überhaupt nicht beurteilen, was im Unterricht tatsächlich abgeht. Es gibt keinen Lehrer, der in der Lage ist, 25 Stunden in der Woche binnenzudifferenzieren, Binnenoptimierung zu machen – graue Theorie.
Im Übrigen ist die Lehrerausbildung,die wir deutschlandweit haben, dafür überhaupt nicht ausgelegt. Es gibt überhaupt keine Didaktiken, die das entsprechend näherbringen. Mit anderen Worten: Ihre Gleichmachereipolitik führt zu einer Benachteiligung der Schwächeren. – Das ist im Übrigen etwas, was die Studie, die ich schon öfter zitiert habe – ich will es nicht vertiefen –, auch zum Ausdruck gebracht hat.
Die TIMS-Studie will ich als Letztes erwähnen: Das Selbstwertgefühl leistungsschwacher Schüler der integrierten Gesamtschule sinkt bis Ende der Schulzeit unter das Selbstwertgefühl von Hauptschülern.
Meine Damen und Herren, das sind doch Erkenntnisse, die Sie nicht einfach negieren können. Hier geht es doch um Kinder und junge Menschen. Da muss man doch mehr Seriosität an den Tag legen, als Sie glatte Ideologiegleichheit an den Tag legen.
Meine Damen und Herren, ich will im Übrigen aus Ihrer Partei die ehemalige Bundesvorsitzende der Arbeitsgemeinschaft für Bildungsfragen zitieren, die erklärt hat – in der „FAZ“ nachzulesen –, dass die Bildungspolitik der SPD in den letzten 30 Jahren gescheitert ist.Wo sie Recht hat, hat sie Recht.
Sie hat hinzugefügt: Es ist ohne Test vorherzusagen, dass Länder mit differenzierten Schulsystemen bessere Schülerleistungen in allen Schulformen haben werden. – So weit Ihre eigene Genossin.
Oder: Das Max-Planck-Institut hat untersucht, die Studie liegt vor, bezogen auf Schüler nordrhein-westfälischer Gesamtschulen – –
„Die Besten der Gesamtschule halten mit den schlechtesten Gymnasiasten nicht mit.“ So weit das Ergebnis. Das muss uns doch zu denken geben.