Ich sage an der Stelle – das kann man aber jetzt nicht lösen, weil es komplexer ist –: Wir müssen auch an die versorgungsrechtlichen Lösungen der direkt Gewählten herangehen.Aber das werden wir nicht mehr in dieser Wahlperiode schaffen.Das gilt hier wie für andere Regelungen. Den Sonderurlaub kann man, wenn man es politisch will, schnell regeln. Das andere ist etwas komplexer. Dafür sollten wir uns die nächste Wahlperiode vornehmen. Ich halte es aber für regelungsbedürftig. Um es ganz vorsichtig und ganz freundlich zu formulieren: Es kann nicht angehen, dass ein direkt Gewählter nach sechs Jahren schon im Alter von 40 Jahren Versorgungsansprüche hat.
Auch die Dezernenten.Das ist völlig klar,Herr Hahn,da müssen wir heran. – Aber hier geht es um den Fall Lex Eichenlaub oder Eigenlob, wie er sich selbst gelegentlich nennt. Dieser Fall muss gelöst werden. Schauen Sie sich einmal an, was für Stellungnahmen der Bürgerinnen und Bürger im Internet stehen. Es ist geradezu verheerend.
Die sozialdemokratische Fraktion in Waldeck-Frankenberg hat immer klare Position bezogen, von Anfang an. Ich glaube, das ist auch sachgerecht. Herr Innenminister, Sie haben einmal sachgerecht gehandelt. Sie haben Gelegenheit,unserem Gesetzentwurf nach einer Anhörung zuzustimmen. Das kann in dieser Wahlperiode verabschie
det werden. Es ist eine sachgerechte Entscheidung. Sie stärkt das Instrument der Direktwahl, wenn man dies ernst nimmt; denn es kann nicht sein, dass man 20 oder 24 Monate vor Ablauf der Amtszeit jemanden aufbaut, weil man niemanden hat.
Das Problem ist tiefliegender, um dies hier nur einmal zu sagen.Den Landrat Eichenlaub will dort eigentlich keiner mehr haben. Es wird daher geklagt, um diesen Zustand noch möglichst lange aufrechtzuerhalten, da man hofft, dass es zu einer Gerichtsentscheidung kommen wird, damit dieser in den Sonderurlaub gehen kann.Ich sage dazu: Nein, es gibt keinen Ausweg für Helden.
Stimmen Sie daher unserem Gesetzentwurf zu, denn er ist gut, konsequent und auch folgerichtig. Den politischen Schaden tragen nun ohnehin CDU, FDP und FWG. Aber das muss uns nicht grämen. Ich glaube, die Menschen in Waldeck haben gemerkt, welches politische Spiel dort läuft, und deswegen muss dem schnellstmöglich ein Ende bereitet werden. – Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Kollege Rudolph. – Der nächste Redner ist Herr Kollege Frömmrich für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich glaube, an dieser Stelle braucht man keinen Schaum vor dem Mund, sondern dies kann man ganz gesittet und normal abhandeln. Die Debatte über den Sonderurlaub von Landrat Eichenlaub ist zu einer Politposse erster Klasse geworden, denn dieser Landrat beschäftigt nun auch schon den Hessischen Landtag. Wir müssen uns mit diesem Gesetzentwurf beschäftigen, weil sich hier ein Landrat auf eine Regelung bezieht, die man – so glaube ich – nicht in Anspruch nehmen kann.
Dieser Landrat hat gleichzeitig eine Berühmtheit erlangt, die er ohne diese Provinzposse nicht erlangt hätte. Ich glaube, es gibt in Waldeck-Frankenberg keinen Menschen, der es geschafft hat, zweimal in die Deutschlandausgabe der „Bild“-Zeitung zu kommen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, daran sehen Sie, dass wir es hier in der Tat mit einer Politposse zu tun haben. Die Bürgerinnen und Bürger – und zwar nicht nur im Landkreis Waldeck-Frankenberg – schütteln über diese Posse lediglich den Kopf und sind im höchsten Maße verärgert über die Art und Weise, wie der Abschied des Landrats aus der Politik organisiert werden soll.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Mehrheitsfraktionen haben sich bis auf die Knochen blamiert. Die CDU im Landkreis Waldeck-Frankenberg steht vor einem kommunalpolitischen Scherbenhaufen. Aber auch da gilt der alte Satz: Jeder blamiert sich, so gut er kann.
An dieser Stelle wundere ich mich darüber – Herr Kollege Rudolph hat es bereits angesprochen –, weshalb sich zu dieser Frage nicht auch hochkarätige Politiker der CDU öffentlich geäußert und versucht haben,diese Posse zu beenden. Da wären Herr Staatsminister Dietzel und Frau Kollegin Ravensburg gefragt, die in dieser Frage wirklich hätten Farbe bekennen und sagen können,wie es hier aussieht.
Es ist durchaus legitim – das will ich an dieser Stelle auch ausdrücklich sagen –, dass ein Politiker, der viele Jahre lang hauptamtlich kommunalpolitisch tätig gewesen ist, noch einmal eine andere berufliche Tätigkeit außerhalb der Politik anstrebt.Wir wollen das ausdrücklich, und wir sagen immer, dass Menschen nicht nur eine politische Biografie aufweisen sollen, sondern dass wir auch eine Durchlässigkeit zwischen Politik und Privatwirtschaft wollen. Es stellt sich aber die folgende Frage:Wie soll dieser berufliche Wechsel organisiert werden, und wie wird mit dem Votum der Bürgerinnen und Bürger, der Wählerinnen und Wähler im Landkreis Waldeck-Frankenberg umgegangen? Diese Wählerinnen und Wähler haben den Landrat für eine volle Legislaturperiode bzw. Amtszeit gewählt.
Ich glaube, man ist es den Bürgerinnen und Bürgern im Landkreis Waldeck-Frankenberg schuldig, eine saubere und einwandfreie Lösung zu finden und ihnen zu sagen, wie man diesen Wechsel in die Privatwirtschaft organisiert. Ich halte den Rückgriff auf die Urlaubsverordnung für rechtlich äußerst bedenklich, und dafür gibt es viele Gründe, die man unter anderem in der Begründung des Regierungspräsidenten wiederfindet.
Hieraus möchte ich nur einige Dinge zitieren. Der Regierungspräsident sagt in seiner Verfügung: „Im vorliegenden Fall wurde das durch die Urlaubsverordnung eingeräumte Ermessen durch die oberste Dienstbehörde, den Kreisausschuss des Landkreises Waldeck-Frankenberg, fehlerhaft ausgeübt.“ Der Regierungspräsident sagt außerdem:„Im konkreten Fall musste zusätzlich in die Ermessensentscheidung einbezogen werden, dass der Antragsteller kein normaler Laufbahnbeamter, sondern kommunaler Wahlbeamter ist.
Nach Art. 138 der Hessischen Verfassung werden die Oberbürgermeister, Bürgermeister und Landräte als Leiter der Gemeinden oder Gemeindeverbände von den Bürgern in allgemeiner,unmittelbarer,freier,gleicher und geheimer Wahl gewählt. Die Direktwahl des Landrats verleiht ihm damit eine besondere Legitimation für die Dauer der Wahlperiode von sechs Jahren.“ Es wird weiterhin gesagt:„Die Bürgerinnen und Bürger gehen davon aus, dass der Kandidat für das zu wählende Amt im Regelfall auch für die ganze Amtsperiode zur Verfügung steht. Ihre Erwartung darauf kann insofern ihre Wahlentscheidung beeinflussen.“
Frau Kollegin Zeimetz-Lorz, ich glaube, dass man, wenn man hierüber ehrlich diskutiert, feststellen kann, dass all die Argumente, die ich gerade vorgetragen habe, seinerzeit auch auf den Fall Mutz zugetroffen hätten. Ich frage Sie daher:Warum ist seinerzeit nicht vom Regierungspräsidenten oder Innenministerium in gleicher Weise gegen diese Anwendung der Urlaubsverordnung vorgegangen worden? – Darauf antworte ich Ihnen mit aller Deutlichkeit – die Zeitungen haben dies zum Teil auch geschrieben –:Vonseiten der CDU hat man sich natürlich erhofft, dass man, wenn das Amt des Oberbürgermeisters von seinem direkten Vertreter – ebenfalls von der CDU – verwaltet würde, natürlich bei der anstehenden Direktwahl bessere Chancen haben würde.
Ich glaube, solche Entscheidungen kann man nicht nach Gusto treffen, sondern man hätte auch den Sonderurlaub von Herrn Mutz nicht genehmigen dürfen, wenn die
Gründe zutreffen, die nun im Bescheid des Regierungspräsidenten stehen und die mit dem Innenministerium eng abgestimmt worden sind.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, der Kreistag hat in der letzten Sitzung mit der Mehrheit von CDU, FWG und FDP beschlossen,dass gegen die Verfügung des Regierungspräsidenten geklagt wird. Mit diesem Beschluss beginnt der Posse zweiter Teil. Ich streite aber nicht ab,dass es wiederum legitim ist,dass man gegen Verwaltungsentscheidungen klagen kann. Das ist in einem Rechtsstaat so, und das steht auch jedem zu.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn Sie sich aber in den Zeitungen einmal die Leserbriefe der Bürgerinnen und Bürger anschauen,dann kann ich Ihnen hierzu nur sagen: Die Bürgerinnen und Bürger, die Wählerinnen und Wähler haben in unserem Landkreis kein Verständnis für diesen Beschluss des Kreistags. Dieser Beschluss führt dazu, dass die Politik insgesamt in Misskredit gebracht wird, und es werden nicht nur die hauptamtlichen Wahlbeamten an den Pranger gestellt, sondern es stehen gerade die ehrenamtlichen Mitglieder der Parlamente in der Kritik. Das ist nicht richtig.
Ich glaube,dass die Verfügung des Regierungspräsidenten die richtigen Probleme benennt. Gleichwohl hat der Landtag jetzt die Aufgabe, den Rechtsrahmen so zu ändern, dass sich solch ein Vorgang nicht wiederholen kann. Der Gesetzentwurf der SPD ist nach meiner Meinung, was den Sonderurlaub betrifft, ein Schritt in die richtige Richtung. Ich sage aber auch: Die anderen Problembereiche, die in diesem Zusammenhang angesprochen wurden, bleiben mit dem Gesetzentwurf der SPD weiterhin ungelöst. Ich glaube, dass es jetzt an der Zeit ist, das sage ich auch in Richtung des Innenministers, aufgrund der Debatten, die wir geführt haben – ich kann mich noch an die Debatte über den „goldenen Handschlag Härtel“ erinnern;
ich kann mich noch daran erinnern, wie wir über Frau Diehl diskutiert haben, und wir diskutierten öffentlich über den Abgang von Herrn Diestelmann –,und aufgrund dieser Probleme, die bereits diskutiert worden sind, festzustellen, dass dies etwas mit folgender Frage zu tun hat: Ist das Beamtenrecht auch für direkt gewählte Bürgermeister und Landräte kompatibel, und zwar mit dem in der Verfassung verankerten Gebot der Direktwahl von Bürgermeistern und Landräten? Ich bin der Meinung, dass wir an dieser Stelle nachjustieren müssen.
Wir haben ein sehr differenziertes Verhältnis zur Direktwahl von Bürgermeistern und Landräten gehabt – das ist aber ein Verfassungsbestandteil. Die Bürgerinnen und Bürger des Landes wollten dies so. Ich glaube, dass folgende Frage – die die Versorgung des Landrats angeht; und das ist auch umfangreich diskutiert worden – problematisch ist:Warum verliert jemand, der nach neun Jahren sagt, dass er in die Wirtschaft wechseln wolle, für die gesamte Amtszeit, nämlich für volle neun Jahre, seine Versorgungsansprüche?
Es stehen sogar noch die vorherigen Bürgermeisteransprüche in Abrede. – Herr Innenminister, das ist aber ein Problem, das durchaus geregelt werden muss.
Nun zum ersten Punkt. Im Zusammenhang mit Frau Härtel hat auch der Ministerpräsident gefragt: Warum sorgt man nicht dafür,dass man eine gesetzliche Regelung trifft, mit der man abgeschlossene Perioden organisiert?
Der zweite Punkt ist, dass man, wenn man sich die Versorgung von kommunalen Wahlbeamten insgesamt anschaut – wir werden morgen über die Versorgung von Abgeordneten reden –, feststellt, dass es in der Tat zutreffend ist, dass es sich um eine Luxusversorgung handelt.
Ich habe mir einmal den Vortrag von Oda Scheibelhuber, den diese am 24. September 2005 im Rahmen einer Landesvorstandssitzung der KPV gehalten hat, angesehen, und ich habe festgestellt, dass sie darlegt hat, wie die Versorgungsansprüche von kommunalen Wahlbeamten aussehen.
(Birgit Zeimetz-Lorz (CDU): Aha, ein Kenner! – Zuruf von der CDU: Da haben Sie sich die Protokolle angesehen?)
Herr Kollege, das stand im Internet. Hierzu können Sie im Internet einfach einmal googlen. – Nur ein Zitat zur Versorgung: „Die Mindestversorgung, die ein in den Ruhestand getretener Wahlbeamter bei allen Fallkonstellationen immer erhält – also bereits nach einer Wahlperiode –, entspricht einer ruhestandsfähigen Dienstzeit von 18,7 Jahren nach der allgemeinen Skala.“
Jemand,der sechs Jahre lang Bürgermeister war,hat einen Versorgungsanspruch – und zwar nicht mit 55, 60 oder 65 Jahren, sondern von dem Tage an, an dem er aus dem Amt ausscheidet. Er erhält die Mindestversorgung von 35 %, und jemand, der ein Laufbahnbeamter in gleicher Größenordnung ist, muss dafür 18,7 Jahre lang in diesem Job tätig gewesen sein.
Wenn uns dies nicht dazu zwingt, auch den Bereich der Versorgung anzugehen, dann frage ich mich: Wann soll man dies ansonsten machen? Ich finde,dass in diesem Zusammenhang dringend eine Regelung geboten ist. Wir sollten uns dies in aller Ruhe anschauen, und wir sollten uns in aller Ruhe anschauen, wie die Versorgung neu zu regeln ist. Wir sollten uns anschauen – das kann man sofort machen –, wie die Sonderurlaubsregelung geändert werden könnte, dass sie eben für hauptberufliche Wahlbeamte nicht mehr anwendbar ist, sondern nur noch für Laufbahnbeamte.
Frau Präsidentin,ich komme zu meinem letzten Satz.– Ich glaube, wir haben von den Bürgerinnen und Bürgern den Auftrag erhalten, endlich zu handeln. – Herzlichen Dank.
Herr Frömmrich, vielen Dank. – Nächste Rednerin ist Frau Kollegin Zeimetz-Lorz. Sie spricht für die CDUFraktion.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kollegen! Verehrter Herr Kollege Frömmrich, was Sie gesagt haben, ist alles interessant. Das hatte aber bedauerlicherweise nichts mit dem vorliegenden Gesetzentwurf zu tun. Darüber können wir sehr gerne diskutieren. Der vorliegende Gesetzentwurf der SPD-Fraktion ist der völlig verfehlte Versuch, ein punktuell aufgetretenes Ereignis parlamentarisch durch den Kakao zu ziehen und daraus Kapital zu schlagen.
Herr Kollege Rudolph, das in der Überschrift formulierte angebliche Ziel, die „Stärkung der Demokratie auf kommunaler Ebene“, wird jedenfalls mit diesem Gesetzentwurf glatt verfehlt.