Protocol of the Session on July 4, 2007

Was Sie aber eigentlich beabsichtigen, Ihr eindeutiger Vorsatz ist – das kann man heute festhalten, Herr Siebel –, ein riesiges Durcheinander zu machen und jedenfalls in der Öffentlichkeit zu zeigen, dass alles nicht in Ordnung ist.

Erlauben Sie mir wirklich, das zu sagen: Herr Siebel, was Sie eben gemacht haben, das kann man nur als parlamentarischen Eintopf bezeichnen – alles einmal hineinwerfen, was Ihnen zur Wissenschaftspolitik so gerade einfällt, einmal durchrühren und dann Noten vergeben.

Was ich bei Frau Sorge und Ihnen die ganze Zeit vermisst habe, war, in irgendeiner Form inhaltlich auf das einzugehen, was an den Hochschulen passiert, und Verbesserungsvorschläge oder Alternativvorschläge zu unterbreiten.

In einem halben Jahr haben wir Wahlen, und Sie wollen uns dann ablösen. Dann erwarte ich aber endlich einmal Alternativen zu dem, was wir hier in den letzten vier Jahren gemacht haben.

(Beifall bei der CDU)

Ich sehe sie nicht. Sie haben nicht den Mut, irgendetwas darzustellen, was vielleicht nicht populär sein könnte.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ein Moratorium, wie Sie das heute vorschlagen, dient nicht dem Rechtsfrieden.Das wissen Sie sehr wohl.Dem Rechtsfrieden dient ausschließlich das Einhalten der Gesetze und der Regeln. Die Gesetze sind einzuhalten.

Ich will das an drei Punkten festmachen: Wir haben zurzeit politisch, rechtlich und finanziell klare Verhältnisse.

Frau Kühne-Hörmann hat es dargestellt, und ich will das nicht alles wiederholen. Wir haben am 16. Oktober des vergangenen Jahres politisch entschieden und ein Studienbeitragsgesetz beschlossen – nach drei Lesungen, intensiven Auseinandersetzungen auf der Straße und hier im Parlament.Alles wurde beleuchtet, in Anhörungen unter Polizeischutz, wie Sie es gerne haben wollten. Der Hauptdissens ist, wir bleiben unterschiedlicher Meinung, ob Studienbeiträge für die Studierenden von Nutzen sind oder nicht. Lieber Herr Siebel, schon heute sage ich Ihnen eines:Wir werden Ihnen nachweisen, dass sie von Nutzen sind. Ich freue mich heute schon darauf.

Wenn ich daran erinnern darf – dieses Beispiel halte ich Ihnen immer wieder vor: Sie sind einmal nach Erbach gegangen und haben, nachdem Sie vorher den Kauf des Schlosses scharf kritisiert haben, gesagt: gar nicht so schlecht.

Sie sind herzlich dazu eingeladen, mit mir im Wintersemester an die Hochschulen zu gehen, damit ich Ihnen zeigen kann, was alles Gutes aus dem Studienbeitragsgesetz geworden ist. Dann können Sie es immer noch kritisieren – wenn die Mehrheit der Studierenden anderer Auffassung ist.

Rechtlich und politisch ist die Sache in Ordnung. Wir haben das im vergangenen Jahr mit Mehrheit parlamentarisch beschlossen.

Zweitens, die rechtliche Situation. Mit Ihrer Klage von unten ist nichts Neues passiert. Sie haben schon als Oppositionsfraktion Klage eingereicht, und das wurde jetzt noch einmal durch 78.000 Menschen bestätigt. Respekt, dass Sie die ins Amt gebracht haben. Tatsache ist aber auch: Wir haben 6 Millionen Einwohner, 4 Millionen Wahlberechtigte. Von denen ist gerade einmal 1 % dorthin gegangen. Wie steht möglicherweise die schweigende Mehrheit dazu? Dazu haben Sie nichts ausgeführt.

Aber wir werden – Respekt vor dem Staatsgerichtshof – selbstverständlich das Urteil abwarten. Das ist eine ganz normale politisch-rechtliche Situation.

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Sie werden es genau nicht abwarten!)

Wir werden abwarten, was dabei herauskommt und dann die Konsequenzen ziehen – wenn wir denn scheitern sollten. Wir gehen allerdings fest davon aus, und da sind wir anders als Sie, dass wir nicht scheitern werden. Dazu gehört auch ein wenig Rechtssicherheit.

(Michael Siebel (SPD):Sie haben gesagt,dass Sie es abwarten!)

Wir können das Urteil gelassen abwarten, denn wir wissen – wir gehen davon aus und sind sehr optimistisch, was dabei herauskommen wird. Wir machen etwas, was nach dem Abgabenrecht durchaus zulässig ist.

Frau Sorge hat darauf hingewiesen, ich hätte mich mit dem Finanzminister abstimmen wollen. Frau Sorge, das habe ich im Ausschuss tatsächlich gesagt. Aber es gehört sich auch so: Wenn wir einen Vorläufigkeitsvermerk ma

chen, muss der haushaltsrechtlich abgesichert sein, und das ist etwas, was man mit dem Finanzminister abstimmt.

Herr Al-Wazir oder andere Kollegen, die schon länger dabei sind, können Sie vielleicht haushaltsrechtlich beraten. So etwas kann ein Fachminister nicht allein. Dazu braucht man den Finanzminister. Das haben wir gemacht, und das habe ich Ihnen mitgeteilt.

Als ich Ihnen das mitgeteilt hatte, hätten Sie eigentlich schon schalten müssen, dass das so kommt. Die Vorläufigkeit hatten wir so vorbereitet. Ich bedauere es und es tut mir furchtbar leid, wenn Sie diese Information mit einem Tag Verspätung erreicht hat, weil wir sie Ihnen auf dem Postweg zugeleitet haben. Es ist doch in Ordnung, das kann doch einmal passieren.

(Zuruf der Abg. Sarah Sorge (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Wie gesagt, es handelt sich um einen Vorläufigkeitsvermerk,wie im Abgabenrecht.Das ist durchaus in Ordnung, und damit ist das Ganze auch rechtlich abgesichert.

Das Dritte ist, wir haben ganz deutlich gesagt: Für den aus unserer Sicht unwahrscheinlichen Fall, dass wir vor dem Staatsgerichtshof nicht gewinnen, stellen wir sicher, dass wir den Hochschulen – und damit den Studierenden – die Beiträge zurückzahlen.

Wir wollen den Studierenden, aber auch den Hochschulen, eine finanzielle Sicherheit geben. Sonst würde dort nicht investiert werden.

Was Sie mit dem Moratorium wollen, bedeutet, es würde ab sofort kein müder Euro in die Hand genommen werden, es würde nichts passieren.

Deswegen haben wir gesagt, wir wollen, dass etwas passiert, dass die Lehre verbessert wird. Deswegen gehen wir den Weg, wie wir ihn gehen. Durch den Vorlauf haben wir mittlerweile festgestellt – und das ist heute noch einmal von Frau Beer und anderen bestätigt worden –, es passiert an den Hochschulen etwas im Bereich der Lehre. Das wollen wir nicht stoppen.Durch die Sicherung mit 60 oder 65 Millionen c – oder eventuell mehr,wenn es länger dauert – werden wir dafür geradestehen. Wir gehen davon aus, dass es so sein wird.

Meine Damen und Herren von der Opposition, eingangs habe ich gesagt, Sie haben keine Gegenvorschläge gemacht. Wir sind uns darüber einig, dass 1999 viele Dinge im Argen lagen. In der Wissenschaftspolitik haben Sie einen Trümmerhaufen hinterlassen. Ich werde Ihnen auch einmal darstellen, wie das finanziell aussieht. Heute sind wir in der Lage, mit dem, was wir für das Jahr 2008 planen und für das Jahr 2007 schon nachgewiesen haben,

(Unruhe – Glockenzeichen des Präsidenten)

dass wir gegenüber dem Jahr 1998 jährlich – ich betone: jährlich – bei den Investitionsausgaben und in den laufenden Hochschulausgaben mit 450 Millionen c über Ihren Ansätzen von 1998 liegen. Ich kann Ihnen die Zahlen gerne geben.

Das sind 900 Millionen DM. Das heißt, wir haben eine großartige Kraftanstrengung unternommen, um aus dem Loch herauszukommen, das Sie uns hinterlassen haben. Zunächst geschah das in der CDU/FDP-Koalition; dann haben wir es in dieser Legislaturperiode fortgesetzt.

(Beifall bei der CDU)

Wir haben mit HEUREKA 3 Milliarden c aufgebracht, also jährlich 250 Millionen c – und das mit einem Hochschulpakt, dessen Mittel, ausgehend von den mageren Jahren, um 1,5 % jährlich gestiegen sind. Mittlerweile liegen sie bei 1,23 Milliarden c gegenüber 965 Millionen c im Jahr 1999. Mit dem neuen Forschungsprogramm LOEWE, das ab 2010 mit 90 Millionen c anlaufen wird, werden es sogar über 500 Millionen c sein.Wenn Sie jetzt noch 120 Millionen c an Studienbeiträgen hinzuzählen, können Sie sich ausrechnen, dass wir jährlich zusätzliche Mittel in Höhe von 600 Millionen c für die Hochschulen haben.

Die Hochschulen brauchen diese Mittel dringend, weil zwischen 1991 und 1999 – liebe Frau Sorge, Sie sind ganz schweigsam – nichts passierte.Es gab,unabhängig von den Reformen, die wir durchgeführt haben, eine Stagnation.

(Beifall bei der CDU)

Das TUD-Gesetz, das Hochschulgesetz, die Stärkung der Präsidien, der Bologna-Prozess – all das ist in meiner Zeit passiert. Seien Sie ganz entspannt. Sie kommen auch in der nächsten Legislaturperiode Gott sei Dank nicht in die Situation, irgendetwas anzupacken. Nehmen Sie das einfach zur Kenntnis:Diese acht Jahre Regierungszeit rechne ich Ihnen jetzt bei jeder Debatte wieder vor. Diese acht Jahre sind unser großes Problem, an dem wir heute noch arbeiten; denn Sie haben zwischen 1991 und 1999 völlig versagt. Darunter leiden die Studierenden.

(Zurufe von der SPD)

Ich bin fest davon überzeugt,dass die 120 Millionen c,die wir jetzt über die Studienbeiträge zusätzlich einnehmen, der Lehre zugute kommen und diesen Bereich stärken werden.

Aber ich will Ihnen in aller Ruhe noch einmal sagen: Wir arbeiten an einem großartigen Projekt, und wir wollen die Studierendenzahlen steigern. Aber das Dilemma und die schwierige Situation in den Jahren Ihrer Regierungszeit haben dazu geführt, dass wir unglaublich hohe Abbrecherquoten hatten. Sie waren, deutschlandweit gesehen, überdurchschnittlich hoch. Das wollen wir abarbeiten, auch durch eine Verbesserung der Lehre mithilfe des Aufkommens aus den Studienbeiträgen.

Wie gesagt, Sie können jede Debatte, die wir im letzten Jahr geführt haben, wiederholen.Wir sagen, wir erbringen eine Vorleistung, und wir sagen ausdrücklich, dass die Mittel aus den Studienbeiträgen obendrauf kommen. Sagen Sie uns erst einmal, was Sie überhaupt vorhaben.

Ich habe das, was Frau Ypsilanti anfangs gesagt hat, nicht mehr gehört. Sie haben nämlich gesagt, dass Sie, unabhängig davon,ob die Studienbeiträge kommen oder nicht, den gleichen Betrag auf den Tisch des Hauses legen würden,wenn Sie in die Situation kämen.Das habe ich in letzter Zeit überhaupt nicht mehr gehört.

Kommen Sie nach vorne, lieber Herr Siebel. Äußern Sie sich dazu, dass Sie gesagt haben: Statt Studienbeiträge zu erheben, werden wir woanders kürzen und einen vernünftigen Finanzierungsvorschlag machen. – Damit würden Sie deutlich machen, dass Sie, statt Studienbeiträge zu erheben, 120 Millionen c auf den Tisch des Hauses legen würden, um die Lehre zu verbessern. Nichts ist gekommen. Genauso war es zwischen 1991 und 1999. Darunter leiden die Hochschulen heute noch. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Staatsminister. – Herr Siebel hat sich noch zu Wort gemeldet.

Herr Staatsminister Corts, wenn Sie es wünschen und mich dazu auffordern – ich dachte, ich hätte das schon oft genug gemacht –, erkläre ich Ihnen hiermit, dass die SPDLandtagsfraktion schon in den letzten Haushaltsberatungen dargelegt hat, dass, selbst wenn das Studienbeitragsgesetz vor dem hessischen Staatsgerichtshof bestätigt wird, was auch aufgrund Ihrer Einlassungen höchst unwahrscheinlich ist, all das, was über die jetzigen Studienbeiträge finanziert wird, als im hessischen Landeshaushalt solide finanziert dargestellt wird. Natürlich machen wir das. Natürlich werden wir die Leistungen übernehmen, die jetzt im Studienbeitragsgesetz über Studiengebühren finanziert werden. Sie werden erhalten bleiben.

Ich bin sehr einverstanden mit dem, was Sie aufgeschrieben haben: Ausstattung von Praktika und Laboren, Verbesserung der technischen Ausstattung, Kapazitätserweiterung. Im Übrigen sind wir bei dem Punkt Kapazitätserweiterung durchaus unterschiedlicher Auffassung.Wir haben im Zusammenhang mit der Umsetzung des Hochschulpakts 2020 darüber diskutiert.Sie haben doch gesagt: Wir handeln nach dem Gießkannenprinzip und verteilen das Geld an alle Hochschulen in Hessen. – Sie haben die Chance vertan. Sie hätten das an dem Punkt einmal zuspitzen und sagen sollen: Lassen Sie uns bei den Fachhochschulen einen Schwerpunkt setzen, wie das auch in den anderen Ländern der Fall ist. – Das ist eine Chance, die Sie nicht wahrgenommen haben. Vielmehr betreiben Sie Ihre Hochschulpolitik mit einer relativ großen Langweiligkeit.

Sie fragen, wo die Alternativen sind. Dabei dachte ich, wir führen hier eine Diskussion über das Moratorium. Aber Sie wollen eine Diskussion über Konzepte führen. Gut, dann machen wir das auch, meine Damen und Herren. Es ist nicht das erste Mal, dass wir uns über die leistungsorientierte Mittelzuweisung streiten.

Sie haben sich immer vehement dagegen gewehrt, dass Faktoren für die Förderung von Frauen an den Hochschulen eingeführt werden, und zwar solche Faktoren, die tatsächlich wirken.

(Zuruf des Ministers Udo Corts)

An dem Punkt sind Sie wieder angestochen. – Sie haben sich jedes Mal dagegen gewehrt, die Punkte aufzunehmen, die von der Landeskonferenz der Frauenbeauftragten genannt wurden.