Protocol of the Session on July 3, 2007

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Kollege Siebel, Ihre gespielte Empörung, die Sie hier vorgetragen haben, ist empörend. Dies macht auf uns wenig Eindruck.

(Michael Siebel (SPD): Ein empörendes Beispiel!)

Denn das, was wir hier vor Jahren miteinander besprochen haben und worüber wir uns geeinigt haben, war doch, dass wir den hessischen Hochschulen mehr Autonomie geben und dass wir diese Autonomie auch erhalten wollen.

(Michael Siebel (SPD): Dass Sie nicht lernfähig sind, davon gehen wir aus!)

Deshalb haben wir uns zunächst dafür entschieden, dass die TU Darmstadt diese Autonomie erhalten und diese auch erproben können soll. Dazu war innerhalb der Hochschule eine Vorbereitungszeit von über zehn Jahren notwendig, um dies auf den Weg zu bringen.

(Ruth Wagner (Darmstadt) (FDP): Ja!)

Es war einfach notwendig, dass das, was wir in Gesetzesform gegossen haben, auch funktionieren sollte. Wir haben hier vor zweieinhalb Jahren – wenn wir uns richtig erinnern, haben wir dies mit absoluter Mehrheit getan, und

zwar haben sich alle Stimmen dieses Hauses für dieses Gesetz entschieden – das TUD-Gesetz auf den Weg gebracht. Wir haben auch vereinbart, dass jährlich darüber berichtet wird, wie die Erprobungsphase dieses Gesetzes verläuft. Wir können bislang feststellen – auch aufgrund der Gespräche, die wir vor Ort geführt haben –, dass dies äußerst positiv angekommen ist.Darauf haben Sie auch in Ihrer Rede hingewiesen.

Nun gibt es aber in Darmstadt eine Verzögerung, und zwar bei der Findung einer neuen Präsidentin oder eines neuen Präsidenten.

(Ruth Wagner (Darmstadt) (FDP): Auch nichts Neues!)

Ja, auch dies ist nichts Neues. – Die Begründung, dass aufgrund dessen, dass der Nachfolger von Herrn Prof. Wörner nicht sofort zu finden ist, eine Notwendigkeit dafür bestehe,dieses Gesetz zu ändern,ist nach unserer Meinung völlig irrelevant und wird nicht akzeptiert. Wenn man sich mit den Gesprächsaussagen vor Ort beschäftigt – das hätten Sie durchaus einmal machen können, da Sie auch aus Darmstadt kommen –,dann stellt man fest:Es ist weniger ein strukturelles als vielmehr ein kommunikatives Problem.

(Zuruf des Abg. Michael Siebel (SPD))

Herr Siebel,das müssen Sie durchaus einmal zur Kenntnis nehmen. Wenn Sie sich mit den Menschen vor Ort unterhalten, dann werden Sie feststellen, dass Sie auch ein Stück weit auf deren Rat eingehen müssen, statt Ihre verbohrte Ideologie, die Sie hier immer wieder vortragen, zu verfolgen und zu versuchen, hieraus politisches Kalkül zu ziehen.

Die Technische Universität Darmstadt hat ein Höchstmaß an Freiheit bekommen. Sie muss aber auch ein Stück weit lernen, mit dieser neu gewonnenen Freiheit umzugehen. Sie muss auch lernen, mit der Verantwortung umzugehen, die sie damit bekommen hat. Das gilt für alle Gremien dieser Hochschule.

Deswegen sind wir dafür, dass während der Erprobungsphase, deren Dauer wir bis zum Jahr 2009 bestimmt haben, nichts geändert werden soll. Das soll dann mit den Verantwortlichen in den Universitäten besprochen werden.

Wir haben das mit Herrn Buchmann besprochen. Er trägt an der Technischen Universität Darmstadt im Moment die Verantwortung. Er hat das in der Anhörung zur Novellierung des Hochschulgesetzes ganz klar gesagt. Er sagte, dass es da im Moment überhaupt keinen Handlungsbedarf gibt und dass man gucken muss, wie man die Dinge weiter voranbringt, die an der Technischen Universität Darmstadt im Moment zu machen sind, nämlich eine neue Präsidentin oder einen neuen Präsidenten zu wählen.

Es ist uns deshalb völlig unverständlich, warum die SPDFraktion diesen Gesetzentwurf vorgelegt hat. Herr Kollege Siebel, er ist sogar schädlich. Sie haben vorhin gesagt, der Hochschulrat habe die Finger im Spiel. Damit bekommt das einen Touch, den es überhaupt nicht hat.

Der Hochschulrat ist ein Gremium aus renommierten und kompetenten Persönlichkeiten. Er hat sich bei der Zusammenarbeit innerhalb der Hochschule wirklich ein Stück weit bewährt. Deswegen sind Ihre parteipolitischen Spielereien bei dieser Frage völlig überflüssig. Das bringt der Technischen Universität Darmstadt und auch den an

deren Universitäten in ganz Hessen nichts, die auf dem Weg hin zu mehr Freiheit sind. Das muss man nämlich sehr individuell sehen. Das hat auch Frau Kollegin Beer gesagt. Jede Hochschule muss ihren Rahmen finden, wie sie es für sich und ihre Möglichkeiten am besten machen kann.

Sie reden immer von Demokratie. Ich kann mich daran erinnern, dass dieses Haus äußerst demokratisch ist. Wir haben demokratisch über das TUD-Gesetz abgestimmt. Die Abstimmung ergab ein einstimmiges Votum.

An diesem Gesetz ist überhaupt nichts undemokratisch. Deswegen ist es absurd,dass gesagt wird:Wir wollen mehr Demokratie schaffen. – Das ist für jemanden verwirrend, der von außen kommt und sich mit der Thematik nicht so beschäftigt hat. Man kommt dann auf ganz andere Folgerungen als die, die Sie hier einbringen.

(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Er hat nicht das Zustandekommen des Gesetzes kritisiert, sondern das, was darin steht!)

Abschließend möchte ich noch Folgendes sagen. Die Technische Universität Darmstadt befindet sich auf einem guten Weg. Die Entwicklung verläuft positiv. Einige Dinge brauchen Zeit, damit sie sich einspielen. Diese Zeit und die notwendige Freiheit müssen wir der Technischen Universität Darmstadt und den anderen Hochschulen geben.

Ich bin mir sicher, dass die Technische Universität Darmstadt demnächst eine neue Präsidentin oder einen neuen Präsidenten haben wird, die oder der die erfolgreiche Arbeit der Technischen Universität Darmstadt weiterführen wird.

Wir sind gespannt, was die Erprobungsphase ergibt, die im Jahr 2009 beendet sein wird.Wir werden dann alle Ergebnisse zusammenführen und das mit den Vertretern der Technischen Universität auswerten. Dann werden wir möglicherweise Veränderungen vornehmen.

Der Gesetzentwurf der SPD-Fraktion ist überflüssig und unsinnig.

(Norbert Schmitt (SPD): Na, na, na!)

Er zeigt einmal mehr,dass es richtig ist,dass Sie in der Opposition sind und wir die Regierungsmehrheit stellen.

(Norbert Schmitt (SPD): Das ist heute ein echter Reißer!)

Herr Kollege, das wird auch in Zukunft so bleiben. – Danke schön.

(Beifall bei der CDU)

Die nächste Wortmeldung stammt von Frau Abg. Sorge. Sie spricht für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es wird Sie nicht überraschen: Wir GRÜNEN unterstützen den Vorstoß der SPD-Fraktion. Denn das Desaster bei der Wahl bzw. der Nichtwahl des Präsidenten der Technischen Universität Darmstadt hat doch gezeigt, dass es im Gesetz eine Unstimmigkeit gibt.

(Ruth Wagner (Darmstadt) (FDP):Aber deswegen brauchen wir doch kein Gesetz!)

Die Hochschule hat zwar nach dem TUD-Gesetz ein Mitspracherecht bei der Besetzung des Hochschulrats – das gilt zumindest für die Hälfte der Mitglieder –, aber wenn dies erfolgt ist, hat der Senat überhaupt keinen Einfluss mehr auf den Hochschulrat.

Der Hochschulrat hat insbesondere das Recht, Kandidaten für die Wahl des Präsidenten vorzuschlagen. Der Senat darf dann zwar wählen, darf aber selbst keinen Kandidaten zur Wahl vorschlagen. Das gilt selbst dann, wenn er mit den Vorschlägen des Hochschulrats nicht einverstanden ist.

Frau Kollegin, gestatten Sie Zwischenfragen?

(Sarah Sorge (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ja, von mir aus!)

Gut.Von Ihnen aus fragt jetzt Frau Beer.

Frau Kollegin, das, was mit dem Gesetzentwurf der SPDFraktion vorgeschlagen wird, ändert doch an diesem Vorschlagsrecht überhaupt nichts. Unterstützen Sie die SPDFraktion in der Intention, die hier mündlich vorgetragen wurde, oder in der Intention, die sie schriftlich eingereicht hat?

Ich bedanke mich für diese Nachfrage. Ich will das noch einmal klarstellen. Wir unterstützen die Intention der SPD-Fraktion, wie sie hier und auch während der Pressekonferenz vorgestellt wurde.

(Nicola Beer (FDP): Vielleicht sollte das dann beantragt werden!)

Ich habe das genauso gesagt. Ich habe gesagt:Wir unterstützen den Vorschlag der SPD-Fraktion.

Ich fahre in meiner Rede fort. Oder wollen Sie noch weitere Zwischenfragen stellen?

Der Senat selbst darf zwar wählen, darf aber niemanden zur Wahl vorschlagen, auch dann nicht, wenn er mit den Vorschlägen des Hochschulrats nicht einverstanden ist. Genau diesen Fall hatten wir.Das ist an und für sich schon ein Problem. Denn der Präsident oder die Präsidentin muss die gesamte Hochschule nach außen vertreten. Im Idealfall müssen sie das Ganze auch in großer Einigkeit weiterentwickeln. Genau darum geht es ja bei der ganzen Diskussion um autonomere Hochschulen.

Deshalb ist die Mitsprache, wer Präsident oder Präsidentin wird, gerade bei autonomen Hochschulen eine der wichtigsten Dinge.Diese wichtige Entscheidung sollte unserer Meinung nach auch voll in der Hand der Hochschule liegen. Dabei kann der Hochschulrat gerne mitwirken. Keinesfalls aber sollte der Hochschulrat aufgrund eines Webfehlers im Gesetz die Präsidentenwahl maßgeblich entscheiden oder die Wahl eines Präsidenten sogar verhindern können.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN so- wie der Abg. Norbert Schmitt und Michael Siebel (SPD))

Genau das aber ist an der Technischen Hochschule in Darmstadt geschehen. Der Senat der TUD hatte bereits im Vorfeld der Wahl immer wieder laut und deutlich vernehmen lassen, dass er eine Auswahl haben möchte und ihm nur zwei Vorschläge zu wenig sind. Damals waren es noch zwei Vorschläge. Danach wurde einer der beiden Vorschläge zurückgezogen.

Hier hat man doch schon im Vorfeld eine Unstimmigkeit zwischen Senat und Hochschulrat erkennen können. Dass der Hochschulrat nicht in der Lage war, hierauf zu reagieren, hat die bestehende gesetzliche Regelung und den Hochschulrat demontiert und der gesamten Hochschule einen Imageschaden zugefügt.

Es ist deshalb geradezu absurd – das ist mir wirklich absolut unverständlich –, wie man nach diesem Debakel an der Technischen Universität Darmstadt weiterhin der Meinung sein kann, dass sich das alles von selbst regeln würde.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)