Protocol of the Session on May 4, 2007

Beim Biosprit war es der Anfang, aber in vielen anderen Dingen geht das so weiter. Herr Seehofer verbreitet in

erster Linie Seifenblasen. Da werden Sprechblasen verbreitet, und nichts anderes macht auch die Hessische Landesregierung: viel reden, aber wenig tun.

(Elisabeth Apel (CDU): Da ruft der Brandstifter nach der Feuerwehr!)

Sie machen einen Markt kaputt, der in den letzten Jahren mühevoll und mit grüner Unterstützung aufgebaut wurde. Das kann nicht zielführend sein.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Stimmen Sie also unserem Antrag zu. Ich hoffe auf eine muntere Debatte im Ausschuss. – Vielen Dank.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die Union hat ihr Sprecher, Herr Dietz, das Wort.

Verehrte Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen! In der letzten Woche gab es einen Zwischenruf im „Hessenbauer“: „Rapsöl wieder preiswürdig“. – Ich sage dazu: Eine Entwarnung ist das mit Sicherheit nicht. Das Thema ist ernst. Die Verluste, die beim Umsatz entstanden sind, sind nicht rückholbar. Das muss man einfach feststellen.

Die bestehende Regelung ist starr und geht an der Beweglichkeit der Märkte – der Eckpreis ist fest, der Erdölpreis schwankt – ein Stück weit vorbei. Das ist der Zentralpunkt, an dem wir ansetzen müssen.

Wir haben in der Diskussion gemerkt, jede Fraktion sieht Sonnen- und Schattenseiten. Ich will das nicht unbedingt weiter vertiefen, sondern zwei Vorbemerkungen machen.

Erstens. Lieber Heinrich, nicht erschrecken: ein Lob für die GRÜNEN. Ich freue mich, dass die GRÜNEN heute bezüglich Raps, Rapsanbau eine Meinung an den Tag legen, die ich sehr lange bei ihnen vermisst habe. Das hat man lange Zeit ganz anders gehört. Das gilt auch für das Thema Biodiesel.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Ich will das nicht weiter vertiefen, aber da gab es heftige Widersprüche zur heutigen Meinung. Ich freue mich, dass da eine Meinungsänderung eingetreten ist.

(Martin Häusling (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Der erste Schritt!)

Aber dem Lob folgt der Tadel. Der erste Satz Ihres Antrags ist schlichtweg falsch. Wenn man sich das Mineralölsteuergesetz ansieht, erkennt man, dass dort nicht von einer Steuerbefreiung die Rede ist, sondern von einer Steuerbegünstigung. Mineralöle sind bis zum 31. Dezember 2009 in gewissem Umfang steuerbegünstigt. Diese Steuerbegünstigung darf nicht zu einer Überkompensation der Mehrkosten führen.

(Elisabeth Apel (CDU): Lesen bildet!)

Dann kommt der eigentliche Anstoß. Die Bundesregierung wird aufgefordert, zu berichten, wie sich die Situation am Markt darstellt, erstmals zum 31. März 2005. – Wenn ich mich recht erinnere, waren Herr Fischer und Herr Trittin damals noch im Amt.

(Beifall der Abg. Elisabeth Apel (CDU) – Zuruf des Abg. Martin Häusling (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Für den Fall, dass sich eine Überkompensation ergibt, soll eine Regelung vorgeschlagen werden,um eine Anpassung der Steuerbegünstigung für Biokraftstoffe und Bioheizstoffe entsprechend der Entwicklung der Rohstoffpreise an die Marktlage vorzunehmen.

Der gesetzliche Auftrag an die Bundesregierung stammt also noch aus der rot-grünen Zeit.

(Ursula Hammann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN):Aber nicht die Besteuerung!)

Das hilft uns in der Sache aber nicht weiter, sondern es dient nur der Klarheit und Wahrheit.

Aus der Sicht der Landwirtschaft und der Volkswirtschaft ist das Thema Biodiesel das Beispiel, die in einem unternehmerischen Lehrbuch nicht besser hätte stehen können. Es war ein langer, steiniger Weg. Er begann vor etwa 20 Jahren.

Damals haben sich Landwirte zusammengetan und ohne staatliche Hilfe eine Organisation gegründet – sie wurde vorhin schon genannt: die UFOP. Es entstand eine eigene Kriegskasse mit Einnahmen, die beim Flaschenhals Saatgut mit 1 DM pro kg abgegriffen wurden.Mit diesem Geld wurde gearbeitet, nicht mit staatlichem Geld.

Diese winzige Vereinigung hat sich mit den Konzernen an einen Tisch gesetzt, mit VW, Mercedes und Audi. Sie hat dort mit Überzeugungskraft gearbeitet. Es war immer so, dass die Techniker gesagt haben: Ja, wenn man das so und so macht, dann geht das. Die Verkäufer haben gesagt: Um Gottes willen,da müssen wir unseren ganzen Apparat umstellen, informieren; wir wollen das nicht. – Das ist bis heute so geblieben.

In Hessen hat der Durchstart so richtig in der Wetterau begonnen. Das wurde schon angesprochen. Die Zuckerrübenauflade- und Transportgemeinschaft hat 50 LKWs umgestellt und auf eigenes Risiko getestet: Pflanzenöl pur, verschiedene Mischungen, Biodiesel. Dabei hat sie festgestellt: Pflanzenöl pur ohne Änderungen am Motor führt zu Kolbenfressern – Finger weg, RME ist das Mittel der Wahl. – Ab dem Jahr 1993 wurden dann 1000 t mineralischen Diesels ersetzt – Klimaschutz schon damals, als noch niemand richtig darüber geredet hat.

Das ging dann weiter mit Tankstellen. Es waren die Genossen in Hessen, die damit angefangen haben, in Reichelsheim in der Wetterau, in Alsfeld. Dann kamen auch private Unternehmer dazu, vor allem freie Tankstellen. Später kamen Heizölhändler hinzu, die dann insbesondere Speditionen für diesen Markt erschlossen haben.

Ein mühsames, steiniges Geschäft, aber es ist nach den Regeln des Marktes abgelaufen. Die hessische Erzeugergemeinschaft hat sich in Neuss mit Eigenkapital an einer Ölmühle bzw. an einer Veresterungsanlage beteiligt, sodass sie vom Rapsanbau bis hin zum fertigen Sprit alles in der Hand hatte und auf diese Weise Wertschöpfung in der Region erzielen konnte.

Die Spediteure sind ganz, ganz wichtige Kunden geworden. Sie brauchen aber einen Preisvorteil von etwa 10 Cent, weil die Ölwechselintervalle halbiert werden müssen und weil der Energiegehalt des Biodiesels etwas geringer ist als der des mineralischen Diesels. Deshalb reagieren die Spediteure sehr empfindlich auf diese Besteuerung, sind von der Fahne gegangen oder haben sogar ei

gene Anlagen stillgelegt, um die Verluste zu minimieren. Die Besteuerung ist einfach zu hoch.

Jetzt kämpfen hinter den Kulissen die Finanzer und die Fachpolitiker. Ich will nicht aus dem Nähkästchen plaudern, aber ich denke, das ist genau der Punkt, an dem wir ansetzen müssen. Die Finanzer hatten bei dieser Regelung Eurozeichen in den Augen. Das ist klar. Wenn der Erdölpreis bei 80 $, teilweise bei 85 $ pro Barrel liegt und das über Wochen anhält,dann bestätigt sich der Eindruck, jetzt sei alles gewonnen. Dass wenige Monate später nur noch 51 $ je Barrel zu zahlen waren und jede Form der Besteuerung von Biodiesel nur schädlich sein konnte, hat keiner geahnt. Die Landwirte und die Biodieselhersteller haben das aber vorausgesagt. Es ist leider so gekommen, wie sie es beschrieben haben. Der starre Stufenplan, der beschlossen wurde, ist nicht haltbar.

Es wird darauf ankommen, eine andere Regelung mit flexiblen Formen der Anpassung zu finden. Das ist aber eigentlich kaum möglich. Soll man das tageweise machen, wochenweise, monateweise? Das ist schwierig. Vielleicht muss man jedes halbe Jahr den Steuersatz anpassen, weil sich der Markt so schnell verändert. Das Problem ist, dass es hier von Gazprom bis Teheran Probleme gibt, die wir nicht im Griff haben und die sofort sich auf die Preise auswirken.

Die Konzerne ziehen Vorteile aus der vorgeschriebenen Beimischung von Biodiesel. Das läuft alles über ihre Tankstellen. Sie beziehen Biodiesel von dort, wo sie ihn am billigsten kriegen. Hier müssen wir ebenfalls nachsteuern. Vorhin wurde es schon beschrieben: Für Palmölmethylester wird Regenwald abgehackt oder brandgerodet. Wenn man sich nur einmal die Menge an Holz betrachtet, von der Gefährdung der Artenvielfalt ganz zu schweigen: Wenn brandgerodet wird, dann wird eine Menge Kohlendioxid freigesetzt. Da müsste man zehn Jahre lang nur mit Palmölmethylester fahren, um wieder zu einer CO2-Bilanz von null zu kommen. Das kann nicht in unserem Sinne sein.Von sozialen Aspekten habe ich in diesem Zusammenhang noch gar nicht geredet.

Außerdem muss man sehen: Biodiesel wird vonseiten der Konzerne schlechtgemacht. Es wird auf BtL verwiesen. Ich sage deutlich, die Anlagen sind in der Größenordnung, wie wir sie bräuchten, noch nicht praxisreif. Es geht erst langsam los. Wenn man dann aber sieht, welche Investitionen an der Stelle erforderlich sind – 250 bis 400 Millionen c je Anlage – dann weiß man mit Sicherheit, dass die Landwirte das nicht im Griff haben werden. Deswegen kann ich mich nicht damit anfreunden, dass wir eine solche Politik mitmachen. Das können die großen Konzerne oder Kapitalgeber machen, aber die Wertschöpfung fließt nicht mehr in die Region.

(Zurufe von der CDU: In die Wetterau! – Heiter- keit)

Die Wetterau hat Chancen, aber – –

(Elisabeth Apel (CDU): Sag es ruhig! – Heiterkeit)

Ich gebe es ja zu. – Die Chancen, Wertschöpfung in der Region zu behalten, sind viel größer, wenn wir – ob Holzvergasung oder welche Methode auch immer – das Erdgasnetz nutzen, um die Kundschaft an Land zu ziehen. Das ist gesetzlich geregelt. Die Technik müssen wir aber noch weiterentwickeln. Das geht nicht alles von heute auf morgen, aber es sind wirklich Chancen gegeben, dass die Regionen, wo das Holz wächst, wo Getreide oder andere Pflanzen wachsen, selbst Wertschöpfung erzielen können.

Ich finde es sehr seltsam, das sage ich wieder in Richtung der Konzerne, dass Erdgas bis 2018 von der Mineralölsteuer befreit ist. Da ist es wichtig, zu hinterfragen, wie die Überkompensation berechnet wird, wenn eine tatsächliche Steuerbefreiung – nicht Steuerbegünstigung – in das Gesetz hineingeschrieben wird. Hier müssen wir nachjustieren.

Ich will eines in Erinnerung rufen.Alle Fraktionen in diesem Hause haben sich bei der Umsetzung der EU-Richtlinie „Natura 2000“ sehr viel Zeit gelassen.Wir haben uns zehn bis 15 Jahre Zeit gelassen, bis wir sie umgesetzt haben. Man kann aber wirklich einmal hinterfragen, ob wir in vorauseilendem Gehorsam das, was aus Brüssel kommt, immer sofort umsetzen müssen, und zwar in einer sturen Art und Weise, die uns selber schadet.

(Martin Häusling (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Stimmen Sie jetzt unserem Antrag zu?)

Auf dem Obergefreiten-Dienstweg ist zu hören, dass es zwischen den Finanzern und den Fachpolitikern in Berlin rumort. Die Diskussion ist wahrscheinlich nicht ganz einfach,weil die einen eben Eurozeichen in den Augen haben und die anderen die Strukturwirkung in Richtung Mittelstand sehen. Die Kunst wird sein, hier eine Lösung zu finden, die gesetzliche Verpflichtungen, den Abbau der Überkompensation und die Förderung der Entwicklung eines neuen Biokraftstoffmarktes miteinander verbindet. Das eigentliche Problem liegt in der Beweglichkeit des Erdölmarktes.

Ich freue mich auf die Diskussion im Ausschuss. Lassen Sie uns gemeinsam nach Lösungen suchen.

(Beifall bei der CDU)

Danke sehr. – Für die Landesregierung hat jetzt Herr Minister Dietzel das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich teile die Besorgnis, die in dem Antrag der FDPFraktion geäußert wird. Wir haben – auch wenn wir über die Wege unterschiedlicher Meinung sind – die übereinstimmende Haltung,dass wir den Anteil der erneuerbaren Energien und der nachwachsenden Rohstoffe erhöhen wollen. Daher müssen wir uns auch mit dem Energiesteuergesetz beschäftigen, das im Sommer 2006 in Kraft getreten ist, und mit dem Quotengesetz, das zum 1. Januar 2007 in Kraft getreten ist.

Klaus Dietz sprach eben die Überlegung an, Biodiesel mit 19 Cent/l zu besteuern. Ich habe aus unserer Bundestagsfraktion gehört, dass darüber diskutiert wird, die Einführung des nächsten Schritts im Jahre 2008 auszusetzen. Diese Auseinandersetzung werden wir aber abwarten müssen.

Ich unterstütze ganz eindeutig das, was Herr Grumbach gesagt hat.Wir müssen die Besteuerung so gestalten, dass Biodiesel mithalten kann. Genau darüber müssen wir uns unterhalten. Es geht nicht um die Forderung, überhaupt nicht zu besteuern, sondern um das Mithalten-Können. Über die Höhe der Besteuerung sollten wir miteinander diskutieren. Ich werde dazu nachher noch etwas sagen.

Man muss hier anmerken, dass ein bestimmter Bereich des Biodieselmarktes nicht betroffen ist. Das heißt, Biodiesel als reiner Kraftstoff ist betroffen, nicht betroffen ist die Beimischungsregelung. Biokraftstoffe zur Nutzung in der Land- und Forstwirtschaft sind dauerhaft steuerbefreit.Auch das ist Inhalt dieses Gesetzes.

Wir brauchen Planungssicherheit für die Unternehmen, die hier aktiv sind – von der Landwirtschaft über die Ölmühle bis zur Biodieselanlage – weil teilweise Investitionen in mehrfacher Millionenhöhe getätigt werden müssen. Die Landwirte und die Betreiber von Ölmühlen und Biodieselanlagen haben sich auch bei uns in Hessen aktiv an dieser Entwicklung beteiligt. Ich will hier nur eine Firma nennen, das Unternehmen Lurgi, das in Hessen ansässig und im Anlagenbau national und international tätig ist.