Wir hatten diese Debatte hier schon häufiger. Wenn Sie sich die einzelnen hessischen Programme vor Augen führen – ich will sie in Anbetracht der Zeit nicht aufzählen –, werden Sie sehen, dass sie alle etwas gemeinsam haben: Es geht darum,die Menschen für den ersten Arbeitsmarkt fit zu machen.
Diesem wichtigsten Ansatz steht der Antrag der GRÜNEN völlig entgegen. Glücklicherweise ist die Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt im Bund – aber gerade auch in Hessen – positiv.
(Norbert Schmitt (SPD): Gerade in Hessen! – Marcus Bocklet (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Falsch! So ist das, wenn man keine Zahl hat! – Norbert Schmitt (SPD): Sie bringen die falsche Zahl vor!)
Es sind viele neue Arbeitsplätze entstanden, und viele Menschen haben eine konkrete Perspektive. Auch wenn Sie sich jetzt aufregen, sage ich Ihnen: Wir sind an der Stelle doch gar nicht so weit auseinander.Wir müssen uns gemeinsam bemühen, neue Beschäftigungsverhältnisse für die Langzeitarbeitslosen zu schaffen.
Wir haben in diesem Haus schon häufiger über ein Konzept für ein Kombilohnmodell gesprochen. Das ist breit ausdiskutiert worden. Wahrscheinlich sind wir alle der Meinung, dass es unbefriedigend ist, wenn in einzelnen Branchen immer noch Löhne gezahlt werden, mit denen auch bei Vollzeitarbeitsstellen der Lebensunterhalt kaum gesichert werden kann. Das hören wir z. B. von der Friseurin in Brandenburg oder auch von in der Sicherheitsbranche Beschäftigten.
Wir sind einer Meinung, dass da etwas geschehen muss. Die Debatte über Sittenwidrigkeit und anderes läuft derzeit. Ich bin ganz zuversichtlich, dass die Bundesregierung in den nächsten Monaten richtige Vorschläge machen wird.Wir sollten gemeinsam – und damit schließe ich – die Zuständigkeit des Bundes sehen und uns dann gemeinsam zu den Vorschlägen abstimmen.Aber es sollte in diesem sensiblen Bereich keine hessische Sonderlösung geben. – Danke schön.
(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wenn ein einziges Mal die hessische CDU nicht die Allerletzten wären!)
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Zunächst einmal möchte ich sagen, dass die Grundidee des Antrags schlicht nicht neu ist. Es gab den Versuch des Landrates des Main-Kinzig-Kreises, Erich Pipa, der so etwas Ähnliches vorgeschlagen hat. Auch der Deutsche Gewerkschaftsbund hat Ideen in einer ähnlichen Richtung entwickelt. Tatsache ist, dass wir etwas brauchen, um Arbeit statt Arbeitslosigkeit zu finanzieren.Das wollen alle.Aber darüber, ob das jetzt der richtige Weg ist, müssen wir uns noch streiten.
Der Vorschlag erscheint mir derzeit noch unausgegoren. Wie bei den sogenannten 1-c-Jobs stellt sich auch bei diesem Modell der GRÜNEN ganz klar die Frage, wie man sicherstellt, dass tatsächlich zusätzliche Jobs gefördert werden. Das kritisiere ich auch bei den 1-c-Jobs.
Was ist daran zusätzlich, wenn z. B. die Grünflächen nicht ordentlich gepflegt werden, weil die Kommune objektiv pleite ist? Dann könnte man im Prinzip solche Jobs nehmen. Man könnte das mit 1-c-Jobs machen.Aber zusätzliche Arbeit wäre das eben nicht.
Es soll sich um sinnvolle Tätigkeiten handeln, die zurzeit aus wirtschaftlichen, finanziellen oder gesellschaftlichen Gründen nicht durchgeführt werden. Das ist ein sinnvoller Ansatz. Das gestehe ich zu.
Aber eine finanziell klamme Kommune könnte genau das zum Einfallstor nehmen, um mit solchen Jobs z. B. Stellen in Stadtbibliotheken, Hallenbädern oder anderen Einrichtungen dauerhaft zu betreiben. Bei all diesen Modellen muss man also immer ganz besonders aufpassen, dass man eben nicht ordentliche Arbeitsplätze – das sage ich in Anführungsstrichen – verdrängt und selbst zum Lohndumping beiträgt. Das muss glasklar ausgeschlossen werden. Denn sonst haben wir diese Menschen, die in der Stadtbibliothek oder im Schwimmbad arbeiten, nach einem Jahr Arbeitslosigkeit wieder genau an derselben Stellen, wo wir hier etwas Gutes tun wollten.
Wir brauchen also mehr Fördermaßnahmen und mehr Arbeitsplätze auf dem zweiten Arbeitsmarkt. Da gibt es bereits subventionierte Arbeit. Insofern sage ich, dass die Grundidee nicht neu ist, aber noch unausgegoren.
Wenn ich die Pressemeldung der GRÜNEN zu dem Antrag lese, dann finde ich, dass das etwas nachlässig formuliert ist. Da schreiben Sie, dass Sie die Leistungen der Grundsicherung, das Wohngeld, die Versicherungsbeiträge, Einmalleistungen und das Arbeitslosengeld II mit einbeziehen wollen. Herr Kollege, wenn Sie die Grundsicherung im Alter oder bei Erwerbsminderung gemeint haben, dann muss ich Ihnen sagen, dass sie nicht hierhin gehört. Wenn Sie die Grundsicherung für Arbeitslose gemeint haben, dann muss ich sagen, dass das das Arbeitslosengeld II ist, und man kann nichts zweimal einbeziehen.
Einmalleistungen gibt es kaum noch. Das muss man sagen. Der Betrag ist also marginal. Außerdem ist aus dem Konzept zumindest für uns im Moment nicht erkennbar, ob diese 1.200 c der Brutto- oder der Nettobetrag sein sollen. Ich nehme einmal an, dass das der Betrag für eine Ganztagsbeschäftigung sein soll. Aber auch das ist noch nicht klar erkennbar.
Insofern sage ich für die SPD-Fraktion: Wir werden im Ausschuss über diesen Vorschlag diskutieren. Aber ich bleibe dazu momentan bei einer außerordentlich kritischen Position. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Bocklet, Sie haben bei Ihrer Eingangsbeschreibung zunächst einmal völlig recht, wenn Sie sagen, dass wir eine große Zahl von Menschen in unserem Bundesland haben, die sehr lange arbeitslos sind und sehr große Probleme haben, wieder in den Arbeitsmarkt zu kommen.Und doch ist Ihr Vorschlag – da teile ich das,was Frau Fuhrmann hier gesagt hat, absolut – –
Ja, das erregt in meiner Fraktion Aufsehen, aber auch Frau Fuhrmann sagt aus meiner Sicht gelegentlich etwas Richtiges. Ich schränke das gleich ein, damit es keine Komplikationen mit der SPD in diesem Hause gibt.
Herr Kollege Bocklet, es ist doch so, dass wir schon eine ganze Reihe von Maßnahmen haben, die genau dieses Ziel erfüllen wollen. Das tun sie mit sehr unterschiedlichem Erfolg. Natürlich gerät man – das ist meine Hauptkritik am dritten Arbeitsmarkt – immer wieder in das Problem, was zusätzliche Beschäftigungsverhältnisse sind. Diese Abgrenzungsfrage gibt es genauso wie im 1-c-JobBereich natürlich auch bei Ihrem Thema.
Genau, das ist auch okay.Aber das Problem bleibt trotzdem bestehen, auch wenn Sie einen 1-c-Job umwandeln. Den bewerte ich als Mechanismus und Instrument im Rahmen der Arbeitsmarktpolitik sehr kritisch. Das muss man klar sagen.
Die 1-c-Jobs sind sehr kritisch zu bewerten, weil sie in vielen Bereichen zu einem Konkurrenzinstrument zu legaler Beschäftigung geworden sind. Sie haben auch in vielen Bereichen legale Beschäftigung verdrängt. Das, was wir von Anfang an empfohlen haben und was auch die Landesregierung empfohlen hat, nämlich die Wirtschaft mit einzubinden, die vor Ort darauf schaut, ob zusätzliche Beschäftigungsverhältnisse geschaffen werden, war der richtige Schritt. Denn natürlich hat die Wirtschaft ein Auge darauf, ob das Arbeitsplätze sind, die sowieso schon bestehen.
Ich möchte Ihnen einmal ein Beispiel nennen, wo es schwierig wird, abzugrenzen, ob das ein zusätzlicher Arbeitsplatz ist oder nicht. Diese Differenzierung gibt es genauso in Ihrem Modell des dritten Arbeitsmarktes wie auch bei dem jetzt bestehenden 1-c-Job-Modell. Wenn z. B. ein öffentliches Gebäude dringend einmal angestrichen werden müsste, könnten das doch sogenannte 1-cJobber tun. Natürlich wäre es früher so gewesen, dass irgendwann eine Firma diese Räume gestrichen hätte. Mittlerweile wird diese Firma nicht mehr beauftragt, weil 1-c-Jobber das machen. Das ist grundlegend falsch. Dieses Problem haben Sie genauso im dritten Arbeitsmarkt.
Sie sind eine Konkurrenz zu legaler Beschäftigung. Das Problem ist, dass legale Beschäftigung in Deutschland einfach zu teuer ist. Das Problem ist richtig angesprochen worden. Ich habe vor zwei Tagen hier an einer Debatte teilnehmen dürfen, wo Norbert Schmitt versucht hat, die programmatischen Inhalte mit denen der Linkspartei in Deckung zu bringen. Das hat er sehr erfolgreich gemacht. Er hat sich für mehr Mitbestimmung und für mehr Kündigungsschutz ausgesprochen. Damit wäre er schon fast ein guter Chefprogrammatiker für die Linkspartei geworden.
Wo liegen denn die Probleme im jetzigen Arbeitsmarkt? – Es ist für Firmen in vielen Fällen nicht attraktiv, neue Arbeitsplätze zu schaffen. Das gilt für ältere Arbeitnehmer genauso wie für junge Arbeitnehmer. Natürlich ist das Thema Kündigungsschutz ein Problem. Ich sehe, Herr Kaufmann schüttelt leicht den Kopf. – Nein? Entschuldigung, dann nehme ich das zurück. Da will ich hier gar keine Debatte anfangen.
Wenn das jemand kritisiert, dann muss man doch einfach konstatieren, dass viele Unternehmen in diesen Bereichen Probleme sehen und dass sie,wenn es darum geht,ob sie Jobs in Deutschland oder in anderen Ländern schaffen, sich dafür entscheiden, sie nicht in Deutschland zu schaffen. Herr Kollege Bocklet, dieses Problem werden Sie nicht mit dem dritten Arbeitsmarkt lösen können.
(Beifall bei der FDP – Marcus Bocklet (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Will ich auch gar nicht! Ist das so schwer zu verstehen?)
Es ist eine Idee nach dem Motto „Gut gedacht und schlecht gemacht“. Ich glaube, das wird wenig bringen.
Zum CDU-Antrag. Verehrte Kolleginnen und Kollegen, aus meiner Sicht enthält das Existenzgrundlagengesetz von seiner Grundkonzeption her viel Richtiges. Ich finde, man kann es einfacher konstruieren. Die negative Einkommensteuer oder das Bürgergeld, wie es die FDP vorschlägt, sind mit Sicherheit unkompliziertere Wege, das Gleiche zu erreichen.
Ich möchte noch einmal sagen,worum es geht.Es gibt nun einmal eine ganze Reihe von Menschen in diesem Land, die sich mit ihrem Verdienst an der Grenze zum Existenzminimum befinden. Es macht doch keinen Sinn, diese Menschen nicht zu alimentieren, sondern man muss ihnen auch staatliche Unterstützung geben. Das war auch die Idee des Existenzgrundlagengesetzes. Das ist von der Konstruktion her völlig richtig. Ich glaube, man kann es einfacher konstruieren. Die negative Einkommensteuer
Zweiter Punkt. Ich teile das, was die CDU ausführt, nämlich die Zuverdienstregeln im SGB II deutlich zu verbessern. Das ist Unsinn, was wir dort machen. Wir organisieren hier Armut. Das ist so. Wir haben das hier erschwert. Die 1-c-Jobs – das habe ich gerade schon ausgeführt – sind kein Instrument, um aus diesem Problem herauszukommen.
Eine letzte Aussage, Herr Präsident. – Ich glaube, dass es in Hessen eine Reihe von Programmen gibt, die unterschiedlich zu bewerten, aber von der Konzeption her in vielen Fällen erfolgreich sind. Deshalb ist der Antrag der GRÜNEN überflüssig. Herr Kollege Bocklet, ich glaube auch nicht, dass wir in Hessen einen Sonderweg gehen sollten.Das haben Sie heute angeregt.Sie haben angeregt, wir dürften in Hessen nur das machen, was auch auf Bundesebene passiert. Insofern müssten Sie Ihre eigenen Anträge lediglich einmal daran messen, was Sie hier den ganzen Tag selbst erzählt haben. – Vielen Dank.