Ich erwähne noch den Elternsprachkurs „Mama lernt Deutsch“. Ich erinnere an die Maßnahmen der SchuBKlassen. Im Schuljahr 2005/2006 hatten 48 % der SchuBSchülerinnen und SchuB-Schüler einen Migrationshintergrund. Insbesondere für Kinder aus Zuwandererfamilien ist die Beherrschung der deutschen Sprache eine elementare Voraussetzung für den Schulerfolg und damit eine Chance zur beruflichen und gesellschaftlichen Integration und zur Vermeidung von Armut.
Die Hessische Landesregierung bietet ein breites und flexibles Spektrum an arbeitsmarktpolitischen Programmen für die unterschiedlichen Problemlagen des Arbeitsmarktes an. In der Kürze kann ich diese Programme nur stichwortartig aufzählen: „Passgenau in Arbeit – PiA“, „Impulse der Arbeitsmarktpolitik – IdeA“, „Perspektive“, „Fit für Ausbildung und Beruf – FAUB“, „Qualifizierung und Beschäftigung für junge Menschen“, „Ausbildungskostenzuschüsse für Lern- und Leistungsberechtigte“, „Betriebliche Ausbildung Alleinerziehender“, „Ausbildung in der Migration“ und „Ausbildung statt Arbeitslosengeld II“.
Die Langzeitarbeitslosigkeit ist eine der Hauptursachen von Armut. Deshalb hat die Landesregierung mit der Bundesagentur für Arbeit das Programm „Erfahrung hat Zukunft“ für die besonders gefährdete Gruppe der über 50-Jährigen auf den Weg gebracht. Das Programm startet in der ersten Phase mit 200 Plätzen und kann bei Bedarf auf bis zu 1.000 Plätze ausgeweitet werden. Hierfür hat das Land Hessen rund 37 Millionen c bereitgestellt.
Wir danken unserer Hessischen Sozialministerin und den anderen Mitgliedern der Hessischen Landesregierung dafür,
(Beifall bei der CDU – Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Darauf haben wir aber lange gewartet!)
dass sie mit all den Programmen, die ich eben nur stichpunktartig aufzählen konnte, einen wesentlichen Beitrag zur Vermeidung von Armut geleistet haben und weiter leisten werden. – Ich danke Ihnen.
Frau Oppermann, dem Dank hätten wir uns gern angeschlossen.Aber vielleicht ist es so,wie Alfons Gerling gestern gesagt hat:Die Gefängnisse sind gut,es fehlen nur die geeigneten Insassen. – Vielleicht ist es auch mit der Sozialpolitik so.Vielleicht ist die Sozialpolitik gut,und es mangelt nur an der geeigneten Bevölkerung.
Frau Oppermann, vielleicht darf ich Sie noch einmal daran erinnern,dass Frage 3 folgendermaßen beantwortet wurde: Eine hessische Messung des Armutsrisikos ist nicht mehr erforderlich. – Ich weiß gar nicht, woher Sie Ihre Erfolgsdaten haben. Sie haben die Situation auf dem Arbeitsmarkt mit herangezogen.
Ich möchte noch einmal zitieren, was zu dem Thema Arbeitsmarkt gesagt worden ist.Wir haben gefragt:Wie viele Menschen wurden damit erreicht, und welche Erfolge wurden gezeitigt? Die Antwort der Hessischen Landesregierung lautet: Momentan liegen die Zahlen noch nicht vor; das Hessische Sozialministerium wird die Zahl irgendwann vorlegen.
Frau Oppermann, nehmen Sie zur Kenntnis, dass Sie, was die Sozialpolitik betrifft, einen völligen Blindflug veranstalten. Sie wissen gar nicht, wovon Sie reden.
Letzter Punkt. Sie sagen immer wieder, die Einkommensarmut sei die Hauptursache. Die Armut ist aber nicht nur auf den Mangel an finanziellen Mitteln zur Existenzsicherung zurückzuführen, sondern sie erstreckt sich auch auf soziale und kulturelle Aspekte der Teilhabe an der Gemeinschaft.Erst eine umfassende Betrachtung ermöglicht einen umfassenden Ansatz zur Bekämpfung der Armut. Frau Oppermann, dazu gehören mindestens neun Handlungsfelder, nicht nur die Arbeitsmarktförderung.
Ich habe das schon angesprochen. Das sind neben den Themen Arbeitsmarkt und Bekämpfung der Bildungsarmut auch die Themen Gesundheit, Familienförderung, Förderung von älteren Menschen, Förderung von Migranten, Armut durch Überschuldung und Bekämpfung der verdeckten Armut ebenso wie die Frage,wie wir damit in sozialen Brennpunkten umgehen. Bei all dem, was wir nachgefragt haben, Frau Oppermann, bekamen wir keine wesentlichen Antworten. Nehmen Sie doch einmal zur Kenntnis, dass Sie entweder nicht willens oder nicht in der Lage sind, überhaupt zu wissen, worüber Sie reden, und
Herr Kollege Bocklet, das mit dem Blindflug kann ich gleich an Sie zurückgeben. Herr Kollege, Datenmaterial ist keine Therapie für Armut. Das will ich einmal klar und deutlich sagen.
Sie haben den Bericht entweder nicht richtig gelesen oder nicht verstanden, was noch viel schlimmer ist. Wenn Sie den Bericht richtig gelesen hätten, hätten Sie gesehen, dass die Zahlen entscheidend sind, die belegen, dass Menschen mit den unterschiedlichsten Programmen geholfen worden ist und dass ihnen mit diesen Programmen auch weiterhin geholfen wird.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich freue mich, dass beim Kollegen Schmitt so viel Freude aufkommt, wenn ich hier vorn rede. Ich mag ihn auch sehr gerne. Das passt dann zusammen.
Meine Damen und Herren, das, was die GRÜNEN hier heute thematisieren, ist ein Thema, das wir uns, so glaube ich, ernsthaft anschauen müssen. Aber, Herr Kollege Bocklet, ich will eine Vorbemerkung machen. Ich denke, dass Sie ein Thema angesprochen haben,bei dem ich nicht an allen Punkten sagen kann, dass Sie da Unrecht haben. Ich glaube z. B. – darauf werde ich noch zu sprechen kommen –, dass das Thema Armut und Bildung ein ganz wichtiger Punkt ist. Das will ich gleich noch einmal etwas ausführlicher thematisieren. Aber ich will noch eine Vorbemerkung machen.
Ich spreche mit Ihnen, aber dann erzähle ich es eben den anderen Kollegen. Ich glaube, wir müssen uns in dieser Debatte einmal darüber unterhalten, von welchem Gesellschaftsbild wir eigentlich ausgehen. Welches Bild von
einem Bürger hat denn diese Gesellschaft? Wen wollen wir ansprechen? – Sie haben vorhin gesagt, das Wichtigste sei die Armutsbekämpfung.Das teile ich nicht.Ich glaube, das Wichtigste ist, dass wir den Menschen die Möglichkeiten geben, aus der Armut herauszukommen.
Aber die Menschen, die diese Möglichkeiten nicht annehmen, sollten nicht der Hauptfokus dieser Gesellschaft sein. Denn es gibt sehr viele Menschen in dieser Gesellschaft, die morgens zur Arbeit gehen und abends wieder zu ihrem Haus oder ihrer Wohnung zurückfahren und die Steuern zahlen. Das sind die Leistungsträger dieser Gesellschaft.
(Kordula Schulz-Asche (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN):Es gibt aber auch Leute,die über 75 sind und in Armut leben!)
Herr Kollege Bocklet, ich möchte dieses Thema Gesellschaftsbild einmal ein wenig ausführen. Ich muss Folgendes sagen. Wir haben zurzeit die Situation, dass dieses Land noch nie so viel für Sozialpolitik ausgegeben hat wie heute.Wenn man alle Leistungen der Bundesrepublik mit ihren Ländern und den Kommunen zusammenrechnet, haben wir hier ein Rekordniveau erreicht.
Trotzdem ist es so, dass wir immer mehr Menschen haben, die sich in staatlichen Transfersystemen bewegen. Möglicherweise gibt es einen Zusammenhang zwischen dem, was der Staat an Leistungen erteilt, und dem, was hinten dabei herauskommt, nämlich häufig die Tatsache, dass diese Menschen weiterhin abhängig sind von staatlichen Transfersystemen.
Ich glaube, dass man eine solche Debatte – auch dann, wenn die politischen Gräben in den letzten Tagen etwas tiefer gezogen worden sind, denn es geht in Richtung Landtagswahl – nutzen sollte, um zu überlegen, ob das, was wir dort machen, immer alles richtig ist.
Zweite Vorbemerkung. Frau Kollegin Fuhrmann, die Armutsgefahr ist in Deutschland nach dem Armutsbericht der Bundesregierung von 1998 bis zum Jahr 2003 von 12,1 % auf 13,5 % gestiegen. Noch nie gab es in Deutschland so viele arme Menschen wie im Jahr 2003. Da hatten wir übrigens eine Regierung, die von Rot und Grün geführt worden ist. Man kann an diesen Zahlen Folgendes ablesen: Man kann ablesen, dass es zwischen der Frage, ob Menschen einen Arbeitsplatz haben oder nicht, und dem Thema Armut einen Zusammenhang gibt. Das ist so.
Armut hat häufig – nicht immer – etwas damit zu tun, ob Menschen arbeiten. Da teile ich 100-prozentig Kollegen Bocklets Meinung.Aber Armut konzentriert sich nicht allein auf diesen Bereich. Diese Meinung teile ich auch.Armut hat bis hin zum kulturellen Bereich und zum Bildungsbereich viele weitere Aspekte. Diese Aspekte gilt es letztendlich aufzudröseln.
Folgendes will ich in dieser Debatte auch sagen: Dieser Staat gibt für Sozialpolitik so viel Geld aus wie noch nie.
Wir müssen uns die Frage stellen, ob diese Sozialleistungen so zielgerichtet ausgegeben werden, dass wir es damit schaffen, dass Menschen wieder ein eigenverantwortliches Leben führen können.
Es gab in den letzten Monaten in Wiesbaden ein Beispiel. Da hat ein Arbeitsloser auf dem Weihnachtsmarkt den SPD-Bundesvorsitzenden Kurt Beck angepöbelt. Ich sage ganz offen, dass ich die Medienkritik, die sofort los ging und behauptet hat, Herr Beck habe sich nicht richtig verhalten, für unerträglich halte. Das ist der typische Reflex der Bundesrepublik Deutschland – nach dem Motto, da hat jemand etwas gesagt, was nicht richtig war. Das Medienecho hat sich dann gedreht, nachdem die Leute Enrico Frank kennen gelernt haben. Ich muss sagen, dass ich das,was Herr Beck dort gesagt hat,absolut teile.Natürlich hat das persönliche Auftreten etwas mit den eigenen Chancen im Leben zu tun. Das kann nicht völlig wegdiskutiert werden. Da hat Herr Beck völlig recht.
Es war doch abenteuerlich, dass Herr Frank, der dann von Herrn Beck das Angebot bekommen hat, sich in der Staatskanzlei des Landes Rheinland-Pfalz immerhin acht Jobangebote anzuhören, dieses Angebot aus zeitlichen Gründen nicht annehmen konnte. Jeder normale Bürger in diesem Land wäre zwei Stunden früher losgefahren, nur um pünktlich bei diesem Termin zu sein.
Es ist abstrus, dass diese Menschen, die es anscheinend nicht nötig haben, die mediale Debatte bestimmen. Das ist an dieser Diskussion auch falsch,liebe Kolleginnen und Kollegen.