Es war eine Verkündigung im großen Stil, eine Selbstdarstellung ohne Ende. Es war überhaupt kein Dialog möglich.
Ein umfassendes Konzept zur Einführung der selbstständigen Schule fehlt nach wie vor. Die Pressemitteilungen des Kultusministeriums am Rande des Kongresses waren vage wie immer. Es waren ihnen nur Überlegungen zu mehr Leitungszeit, zu höherer Besoldung und zum Schulleiter als Schulmanager zu entnehmen. Das ist alles bereits bekannt. Das sind keine revolutionären, neuen Gedanken. Vor eineinhalb Jahren haben Sie 15 Dialogforen im ganzen Land veranstaltet. Das waren Dialogforen.
Damals wurden die gleichen Inhalte verkündet, wie sie jetzt am 3. März verkündet worden sind. Frau Wolff, wenn Sie jetzt verkünden, dass die Möglichkeit einer kaufmännischen Hilfskraft in der Schulleitung gut und richtig sei, lesen Sie einmal die Koalitionsvereinbarung von 1999 nach. Darin stand bereits, dass wir Schulleitungen mit kaufmännischen Hilfskräften unterstützen wollen. Bis dato ist nichts geschehen.
Die FDP belässt es nicht bei der Kritik. Wir haben einen Berichtsantrag gestellt, und zwar diesmal nicht dringlich. Denn auf Dringliche Berichtsanträge gibt es im Kulturpolitischen Ausschuss immer nur nette mündliche Vorträge, aber keine konkreten Antworten. Deshalb haben wir jetzt einen richtigen Berichtsantrag gestellt, der schriftlich beantwortet werden muss. Wir haben nach konkreten Vorschlägen für die Erhöhung der Leitungszeit, für die Besoldung der Schulleiter, für die Rechtsstellung der Schule und für die allgemeine Schulverfassung gefragt. Wir hoffen, dass wir wenigstens auf diesen Antrag endlich einmal konkrete Antworten bekommen.
Meine Damen und Herren, die CDU predigt Eigenverantwortung und überzieht die Schulen gleichzeitig mit Regelungen bis ins Detail und Unmengen an Bürokratie. Mehr Eigenverantwortung von Schule bedeutet aber mehr Freiheit für die Schule und weniger Macht für die Kultusbürokratie.
Das müssen Sie von der CDU noch dringend lernen.Aber der Spezialist für Freiheit auf jeder Linie sitzt im Parlament – zwar neben Ihnen, aber noch nicht auf der Regierungsbank neben Ihnen. Das werden wir im nächsten Jahr ändern, und dann gibt es mehr Freiheit für die Schulen.
Vielen Dank, Frau Kollegin Henzler. – Das Wort hat der Kollege Wagner, Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir haben in der letzten Woche die bildungspolitischen Chaostage dieser Landesregierung erlebt. Zuerst kommt am Freitag ein Papier an die Öffentlichkeit, in dem Frau Wolffs eigene Experten sagen, dass sie die Bildungspolitik, die Frau Wolff seit acht Jahren in diesem Land macht, für gescheitert und für dringend korrekturbedürftig halten. Für Samstag werden alle 2.000 Schulleiterinnen und Schulleiter einbestellt. Sie bekommen keine Antwort auf die Frage, wie es mit dem Schulsystem in Hessen weitergeht.
Die Fragen sind nach diesem Kongress mehr und nicht weniger geworden.Das sind bildungspolitische Chaostage dieser Landesregierung.
Meine Damen und Herren, dieser Kongress war teuer, demotivierend und schlicht und ergreifend überflüssig.
(Mark Weinmeister (CDU): Und gut! – Michael Boddenberg (CDU):Waren Sie auch dabei? Waren Sie am Samstag Schulleiter?)
Herr Kollege Boddenberg, wie angeschlagen muss eine Ministerin eigentlich sein, wenn sie 2.000 Schulleiterinnen und Schulleiter dazu verpflichten muss, ihr zuzuhören? Hört denn dieser Ministerin niemand mehr freiwillig zu?
Schauen wir uns an, was die Schulleiterinnen und Schulleiter über diesen Kongress sagen. In der „Bild“-Zeitung vom 05.03. wird ein Schulleiter zitiert.
Er sagt: „Alles, was uns berichtet wurde, kennen wir schon. Kritische Diskussion darüber – Fehlanzeige!“
In der „Frankfurter Rundschau“ werden Schulleiter zitiert: „Da gab’s von morgens bis abends Frontalunterricht.“ „Sehr kommunikativ war das nicht. Es war eher eine Performance.“ – Also eine Kultusministerin als Performancekünstlerin. Frau Kultusministerin, ich dachte eigentlich, Sie kümmerten sich um Schülerinnen und Schüler und gäben keine Performances ab.
Ein weiteres Zitat: „Es gab keine Gelegenheit, sich zu beteiligen.“ Das geht in allen Presseveröffentlichungen zu Ihrem Kongress munter weiter. Im „Wiesbadener Kurier“ heißt es von einer Schulleiterin:
Erkennbar Neues habe sie nicht erfahren, schließlich sei man ständig im Gespräch über diese Themen. Die Veranstaltung sei daher überflüssig und stehle ihr die Zeit für die übliche samstägliche Arbeit in der Schule.
Genau an diesem Punkt wird es richtig ärgerlich. Die Schulleiterinnen und Schulleiter in unserem Land haben Wichtigeres zu tun, als sich die Tiraden von Frau Wolff und Herrn Koch anzuhören. Sie haben eine wichtige Aufgabe, und zu dieser Aufgabe gehört es nicht, von dieser
Der Kollege Weinmeister sagte vor wenigen Minuten: Wenn man sich profilieren will, dann bitte nicht auf dem Rücken der Schulleiterinnen und Schulleiter. – Herr Kollege Weinmeister, Sie haben ausdrücklich recht. Deshalb hätte diese Landesregierung den Kongress niemals durchführen dürfen.
Herr Kollege Weinmeister, wenn Sie hier über Stilfragen reden, dann sollten Sie einmal mit Ihrer Landesregierung das Gespräch über Stilfragen suchen. Was ist es für ein Stil, und was ist es für ein Umgang mit den engagierten Schulleiterinnen und Schulleitern, ihnen das Bürokratiemonster Unterrichtsgarantie plus zuzumuten, mit dem die Schulleiterinnen und Schulleiter vor Arbeit nicht mehr ein noch aus wissen?
Was ist es für ein Stil,eine neue Schulverwaltungssoftware einzuführen, mit großem Tamtam anzukündigen, die nicht funktioniert? Die Menschen, die an den Schulen mit dieser Software arbeiten müssen, müssen dann auch noch von ihrer Ministerin lesen,sie seien nicht gut geschult,und es liege an ihnen, wenn das Kultusministerium eine unausgereifte Software einführt. Was ist das eigentlich für ein Stil, Herr Kollege Weinmeister?
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD – Michael Bodden- berg (CDU): Das stimmt doch gar nicht! Bei den GRÜNEN gibt es wohl noch Lochkarten! Das passt ins Bild!)
Einer der Geladenen... hörte das Ganze wohl, doch er fragt sich, wie die Ankündigungen in die Praxis umgesetzt werden. Für ihn war der Kongress wie eine „Talk-Show bei Christiansen“.
Frau Kultusministerin, Frau Christiansen hört Mitte des Jahres auf. Vielleicht sollten Sie sich hier an Frau Christiansen orientieren.
Richtig ärgerlich wird es bei den vermeintlichen Inhalten dieses Kongresses.Ich zitiere eine Schulleiterin,wiederum aus der „Frankfurter Rundschau“:
Gleich am heutigen Montag will sie eine Reihe von Anträgen stellen und damit der auf dem Kongress eingeforderten neuen Eigenverantwortung nachkommen:Sie möchte eine Ganztagsschule – ein Antrag, der ihr in der Vergangenheit schon mehrfach abgelehnt worden sei.
(Lebhafter Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Beifall bei Abgeordneten der SPD – Zuruf der Abg. Mark Weinmeister und Michael Boddenberg (CDU))
Ich bin bei den letzten beiden Sätzen. – Um dem Ganzen die Spitze aufzusetzen, sagt die Ministerin auf dem Kongress laut der „Süddeutschen Zeitung“, die Schulleiterinnen und Schulleiter in unserem Land seien „miserabel bezahlt“.– Frau Ministerin,wer ist eigentlich seit acht Jahren verantwortlich für diese miserable Politik?
(Lebhafter Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Beifall bei Abgeordneten der SPD – Zuruf der Ministerin Karin Wolff)
Frau Kultusministerin, befreien Sie die Schulen in unserem Land von dieser miserablen Politik. – Vielen Dank.