Protocol of the Session on February 1, 2007

Seit Beginn der Auswertung haben wir in Hessen fast 6.000 Treffer geliefert. Herr Minister, damit sind wir in Deutschland auf Platz zwei. Der zweite Platz wird uns bei der laufenden Handball-WM nicht reichen. Aber ich glaube, in diesem Bereich ist das auch unter zwei Gesichtspunkten ein sehr ordentliches Ergebnis. Einmal sind wir ganz vorne dabei und haben dann noch die Chance, uns weiter zu verbessern. Daran werden sicherlich alle mitarbeiten.

Es ist keine Selbstverständlichkeit, die wir heute Morgen hier besprechen. Sondern dafür, dass wir dieses gute Ergebnis haben erreichen können, bedarf es einmal des politischen Willens, der gesetzlichen Möglichkeit und zum anderen natürlich der finanziellen und sachlichen Ausstattung.

(Unruhe – Glockenzeichen des Präsidenten)

Beides ist in Hessen gegeben. Und das ist gut so. Deswegen finden wir es wichtig, heute Morgen hier darüber zu sprechen.

Meine Damen und Herren, der rechtliche Rahmen ist angepasst worden. Seit Mitte der Neunziger Jahre wurde sukzessive die Frage der DNA-Daten diskutiert. Zuletzt im November 2005 ist das Gesetz, die Strafprozessordnung, entsprechend angepasst worden, damit die technischen Möglichkeiten, die es seit Mitte der Achtzigerjahre gibt, nunmehr eingesetzt werden können.

Der zweite Punkt betrifft die sachliche und finanzielle Ausstattung. Hessen hat seine Hausaufgaben erfüllt. Allein durch den Haushalt 2007 werden weitere Fachkräfte und Fachingenieure eingestellt werden, werden Mittel zur Verfügung gestellt und darüber hinaus im Landeskriminalamt die entsprechenden Labormöglichkeiten erweitert.

Meine Damen und Herren, der Punkt, der am wichtigsten ist:Es ist kein Selbstzweck,die technischen Möglichkeiten zu nutzen, sondern es ist ein Instrument für eine effektive Strafverfolgung. Das dient der Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger,

(Beifall des Ministers Volker Bouffier)

und das ist das wichtige Signal, was aus dieser Aktuellen Stunde herauskommt.

(Beifall bei der CDU)

Das Beispiel der 16-jährigen Beatrix ist sicher spektakulär, die im Jahre 1981, als es die technischen Möglichkeiten noch nicht gegeben hat, Opfer einer Sexualstraftat ge

worden ist, in Frankfurt tot aufgefunden worden ist und der Täter nach 25 Jahren durch dieses Mittel der Aufklärung seiner gerechten Strafe zugeführt werden kann. Das ist das Wichtige, was sich mit dem genetischen Fingerabdruck und der Spurensuche verbindet. 60 Straftaten im Bereich von Mord und Totschlag, 80 Sexualstraftaten, 400 Diebstähle, 350 Raub- und Erpressungsdelikte –

(Axel Wintermeyer (CDU):Das muss man sich einmal vorstellen!)

das konnte mit der DNA-Analyse aufgeklärt werden. In diesen Fällen werden die Täter mithilfe der modernen Ermittlungsmethoden hinter Schloss und Riegel gebracht. Das dient der Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger in unserem Land.

(Beifall bei der CDU und des Ministers Volker Bouffier)

An vielen Stellen haben wir das miteinander diskutieren müssen. Wir sind an diese technischen Möglichkeiten ohne ideologische Scheuklappen herangegangen. Damit haben wir am Ende Erfolg. Es ist ein wichtiges politisches Signal auch an die hessischen Bürgerinnen und Bürger: Bei der Aufklärung von Mord und Totschlag räumt Hessen dem Opferschutz mehr Aufmerksamkeit als dem Täterschutz ein. Das ist gut so. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank, Kollege Beuth. – Das Wort hat der Abg. Rudolph, SPD-Fraktion.

Herr Präsident, werte Kolleginnen und Kollegen! Die DNA-Analyse ist ein unverzichtbares und sehr effektives Instrument zur Aufklärung von Straftaten – wer bestreitet das ernsthaft, Herr Kollege Beuth?

(Zuruf des Abg.Axel Wintermeyer (CDU))

Herr Wintermeyer, zu Ihnen komme ich später, bitte einmal ganz ruhig an der Stelle.

(Minister Volker Bouffier:Aber anders!)

Herr Bouffier, ich beglückwünsche Sie, dass Sie immer von vornherein wissen, wie sich irgendetwas in diesem Land und in dieser Gesellschaft entwickelt. Das lasse ich Ihnen.

(Axel Wintermeyer (CDU): Das ist ein guter Innenminister!)

Meine Damen und Herren,sie werden in einem laufenden Ermittlungsverfahren genutzt, um abzuklären, ob eine aufgefundene Spur von einer bestimmten Person stammt. Sie kann auch zur Identitätsfeststellung zukünftiger Strafverfolgung eingesetzt werden. Ja, Herr Kollege Beuth, im Jahre 2005 wurde etwas auf Bundesebene verändert – damals unter Rot-Grün, nämlich das Gesetz zur Neuregelung der DNA-Analyse.

Seitdem ist der Richtervorbehalt für anonyme Spuren gestrichen worden. Gleiches gilt für den Richtervorbehalt, wenn der Betroffene einwilligt. Damals war eine wichtige Änderung, dass eine DNA-Analyse für Zwecke zukünftiger Strafverfolgung nicht nur bei erheblichen Straftaten und bei allen Sexualdelikten, sondern auch bei wiederholt

begangenen Straftaten, die, insgesamt genommen, im Unrechtsgehalt von erheblicher Bedeutung sind, zugelassen worden ist. Das war ein wichtiger Fortschritt. Ich glaube, darin sind wir uns einig.

Wichtig ist auch: In den letzten Jahren gab es eine Fülle spektakulärer Fälle der Verbrechensaufklärung, die erst durch die DNA-Analyse möglich geworden ist.Das ist gut so, denn es ist völlig klar: Bei Verbrechen geht es um Opfer, und der Rechtsstaat muss dafür sorgen, dass solche Verbrechen geahndet werden können.

(Beifall bei der SPD)

Aber es gab in den letzten Jahren gerade vonseiten der CDU immer wieder die Forderung, die DNA-Analyse möglichst auf viele, wenn nicht gar auf alle Straftaten zu erweitern.

(Axel Wintermeyer (CDU): Das haben wir nie gefordert!)

Herr Hahn, weil Sie wie ich ein gutes Gedächtnis haben – eine Pressemitteilung der FDP vom 2. Juni 2003, Entschuldigung, es war Kollegin Beer. Es sollte eine prophylaktische Erfassung der DNA bei Schwarzfahrern erfolgen. Das hatte Kollegin Beer gefragt. Es stellte sich in diesem Jahr die Frage bei der Rechtsstaatspartei FDP.

(Jörg-Uwe Hahn (FDP): Ui!)

Meine Damen und Herren, Herr Wintermeyer, bei dem Einsatz der DNA-Analyse geht es um Fragen, die zu einem Rechtsstaat gehören, nämlich auch Fragen der Verhältnismäßigkeit und der Zweckmäßigkeit mit zu beantworten.

(Beifall bei der SPD)

Herr Bouffier, nicht alles, was technisch möglich ist, muss deswegen auch umgesetzt werden.

(Michael Boddenberg (CDU): Richtig!)

Alles, was technisch möglich ist, darf nicht um jeden Preis gemacht werden. Auch das sind Elemente eines Rechtsstaates.

(Beifall bei der SPD)

Sie haben damals bei der HSOG-Änderung umgesetzt, dass für nicht strafmündige Kinder unter 14 Jahren die Schaffung einer DNA-Datei möglich wurde, obwohl viele Experten, Datenschützer und CDU-geführte Länder gesagt haben: Wir machen das nicht, weil das der falsche Weg ist. – Das zeigt an der Stelle, bei Ihnen steckt noch oft Ideologie dahinter.

Ist die DNA-Analyse ein grenzenloses Wunderwerk kriminalistischer Beweistechnik? Kann man es so sehen oder ist sie ein notwendiges Instrument eines Rechtsstaates zur effektiven Verbrechensaufklärung und Verbrechensvorbeugung? – Deswegen ist hierüber eine sachliche Debatte notwendig.Die DNA-Analyse ersetzt nicht eine Gerichtsverhandlung.Es gab in den Anfangsjahren erhebliche Anlaufschwierigkeiten. Herr Innenminister, Sie werden das wissen. Deswegen gibt es keinen Grund, sich jetzt für so etwas feiern zu lassen.

Meine Damen und Herren, genauso gehört es zur Diskussion, dass es die hessische CDU war, die am liebsten wollte, wenn jeder Bundesbürger anhand seines DNACodes im Personalausweis erfasst und kontrollierbar wäre. Das hatte der damalige rechtspolitischer Sprecher Wintermeyer gefordert. Er ist beim Datenschutzforum blutig auf die Nase gefallen, weil alle Experten gesagt ha

ben: Das ist nicht in Ordnung, denn die Dokumentation gentechnischer Daten ist gerade nicht mit der Anfertigung eines Fingerabdruckes oder eines Fahndungsbildes gleichzusetzen. – Deswegen lehnen wir dies weiterhin konsequent ab.

(Beifall bei der SPD und des Abg. Jörg-Uwe Hahn (FDP))

Meine Damen und Herren, Sie neigen bei diesen Dingen gelegentlich dazu zu sagen: Bürgerrechte ja, sie sind irgendwo wichtig, aber wir müssen uns in erster Linie um die Opfer kümmern. – Ja, die Opfer haben Rechte, damit sie der Rechtsstaat schützt und, wenn dagegen verstoßen wurde, Verbrechen geahndet werden. Aber deswegen ist es gut, dass in vielen Bereichen der Richtervorbehalt weiter gilt.

Ich will darauf hinweisen, dass beim Großteil der Straftatbestände aufgrund der Art der Delikte die DNA-Analyse völlig ausscheidet – nehmen Sie die Betrugs- oder Vermögensdelikte. Das zeigt ein Blick in das Strafgesetzbuch. Liebe Kolleginnen und Kollegen, nur bei 14 % der Verfahren werden in Deutschland erkennungsdienstliche Maßnahmen durchgeführt.

(Axel Wintermeyer (CDU):Wo es schwer wiegt!)

Von daher ist es notwendig, Herr Wintermeyer, gegen diesen Personenkreis, der auch Menschen und die Gesellschaft zu Schaden bringt, entschlossen vorzugehen. 14 % erkennungsdienstliche Maßnahmen – dies sagt nicht, dass DNA-Analysen nicht notwendig sind. Und dies sagt nichts darüber aus, dass sich das Verfahren in den letzten Jahren bewährt hat.

Die DNA-Analyse hat sich an rechtsstaatlichen Verfahrensgrundsätzen zu orientieren. Sie hat in der Tat dazu geführt, dass Verbrechen, die lange zurückliegen, aufgeklärt werden konnten. Das ist gut. Deswegen müssen Sie sich dafür nicht feiern lassen. Es ist ein Instrument, das in diesem Haus völlig unstrittig diskutiert wird,ein Element der Polizei, das sie für ihre Arbeit braucht. Die Polizei braucht vor allem aber auch Personal, damit sie dies umsetzen kann.

Herr Minister, deswegen sind Ihre Stellenkürzungen im Bereich der Polizei der falsche Ansatz. Und deswegen ist die Aktuelle Stunde kein Grund, sich selber feiern zu lassen, weil vieles, was hier vorgetragen wurde, relativ unstrittig ist. Sie wollen viel mehr. Dem erteilen wir eine klare Absage. Bürgerrechte und effektive Verbrechensbekämpfung sind keine Gegensätze. Sie können gemeinsam sinnvoll angewendet werden, wie wir das seit vielen Jahren fordern. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)