Protocol of the Session on November 22, 2006

Dringlicher Antrag der Fraktionen der SPD und der FDP betreffend Wirtschaftsförderung in Hessen effizienter gestalten – Hessen-Agentur und IBH zusammenführen – Drucks. 16/6369 –

Die erste Wortmeldung kommt von Herrn Kollegen Frankenberger von der SPD-Fraktion.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Nach wie vor rutscht unser Bundesland Hessen – unter sozialdemokratischer Verantwortung das wirtschaftsstärkste Land in Deutschland – weiter ab. Hessen verliert an Profil,der Wirtschaftsstandort wird geschwächt,und Chancen werden vertan.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Wichtige Themen wie der Ausbau des Flughafens Frankfurt Main, für den Wirtschaftsstandort Hessen eine der wichtigsten Infrastrukturmaßnahmen überhaupt, werden dilettantisch abgearbeitet. Da helfen auch alle Nebelkerzen des Ministerpräsidenten von heute Morgen nicht darüber hinweg, dass Sie hier vonseiten der Landesregierung bisher dilettantisch gearbeitet haben.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Ein Beispiel: Der Finanzplatz Frankfurt wird unter der Verantwortung von Wirtschaftsminister Rhiel sträflich vernachlässigt. Wir erkennen unter dieser Landesregierung keine Perspektiven für den wichtigsten Bankenstandort in Deutschland. Dringende Aufgaben wie die im Bundesdurchschnitt angespannte Situation am Arbeitsmarkt oder die nach wie vor bedrohliche Situation bei den hessischen Ausbildungsplätzen werden nicht angepackt.

Der vorliegende Entwurf des Einzelplans 07 spiegelt die Ideenlosigkeit wieder, mit der Herr Dr. Rhiel die Wirtschaftspolitik in Hessen betreibt.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Wenn der Wirtschaftsminister dann eine Idee hat, muss er nach einigen Monaten seine Fahnen kleinlaut wieder einrollen.Wir erinnern uns noch sehr gut daran, wie Herr Dr. Rhiel zu Beginn des Jahres den Strompreisen und den großen Stromversorgern in Deutschland den Kampf angesagt hat. Entgegen allen Warnungen hat er den Verbrauchern in Hessen vorgegaukelt, Super-Rhiel habe so starke Muskeln, dass er dauerhaft für niedrige Strompreise in Hessen sorgen könne.

(Michael Boddenberg (CDU): Herr Frankenberger, Sie waren doch dagegen!)

Herr Rhiel, es sind die vielen kommunalen Energieversorgungsunternehmen in Hessen, die dafür sorgen, dass überhaupt noch ein bisschen Wettbewerb besteht. Mit Ihrer Politik haben Sie den kommunalen Unternehmen schwere wirtschaftliche Schäden zugefügt.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Herr Rhiel,es kommt aber noch viel schlimmer:Sie haben in Kauf genommen, dass die kommunalen Unternehmen und deren Arbeitsplätze vor Ort verschwinden.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Herr Dr. Rhiel, mit Ihrem Handeln haben Sie diesen Unternehmen Schaden zugefügt und das Vertrauen der Verbraucher in Hessen in Ihre Politik missbraucht.

(Petra Fuhrmann (SPD): So ist es!)

Dann, Herr Rhiel, haben Sie sich doch wieder in die Büsche geschlagen.Außer Spesen nichts gewesen. Das mussten Sie kleinlaut einräumen.

(Beifall bei der SPD)

Die Energie, mit der dieser Wirtschaftsminister die kommunalen Unternehmen in Hessen schikaniert hat,hätte er lieber darauf verwenden sollen, sich um die Verbesserung des Wirtschaftsstandorts Hessen und um die Wirtschaftsdaten zu kümmern. Glauben Sie mir, davon hätten die Menschen unseres Bundeslandes Hessen mehr gehabt.

Wir setzen mit unseren Änderungsanträgen klare Zukunftsakzente. Wir setzen auf mehr Mobilität durch Förderung des öffentlichen Personennahverkehrs und die Entwicklung eines Mobilitätsplans für die Region RheinMain. Das ist ein Thema, das Sie sträflich vernachlässigen.

(Beifall bei der SPD)

Wir setzen auf erneuerbare Energien und den Ausbau der effizienten Energienutzung.Wir setzen auf eine Verbesserung der Arbeitsmarkt- und Ausbildungsstruktur und die effiziente Gestaltung der Wirtschaftsförderung.

(Beifall bei der SPD)

Geradezu verheerend ist die Situation bei den Ausbildungsstellen in Hessen. Da können Sie noch so viele Lobeshymnen auf den Ausbildungspakt singen – er hält bei Weitem nicht, was mit ihm versprochen wurde.

Hinsichtlich der Arbeitslosenquote nahm Hessen im ersten Halbjahr 2006 auch nur den vierten Rang ein. Selbst jetzt, wo sich ein Silberstreif am Horizont auf dem Arbeitsmarkt bundesweit abzeichnet, liegen uns andere Bundesländer wieder um eine Nasenlänge voraus. Bei Rankings hinsichtlich der Dynamik, wie sie in der „Wirtschaftswoche“ veröffentlicht werden, rutscht Hessen weiter ab.

Herr Rhiel, ein Kernproblem dabei ist, dass bei Ihnen die Förderung des Mittelstands in Hessen eine einzige große Baustelle ist.Obwohl da die meisten Arbeitsplätze in Hessen sind, ist hier die Enttäuschung über die Wirtschaftspolitik der Landesregierung am größten.

(Beifall bei der SPD – Michael Boddenberg (CDU): Wer sagt das? Sagen Sie das? Nennen Sie jemanden, der das sagt! Außer Ihnen kenne ich niemanden, der das sagt!)

Die Fakten sind ernüchternd: Hinsichtlich der Intensität der Unternehmensgründungen liegt Hessen nur auf Platz sechs. Im Vergleich der Bundesländer liegt RheinlandPfalz wieder weit vor uns. Es belegt Rang eins.

Hinsichtlich der Unternehmensinsolvenzen liegt Hessen auf Platz drei. Hinsichtlich der Innovationskraft Hessens kann man feststellen, dass die Patentintensität rückläufig ist.

Unser Zehn-Punkte-Programm für den Mittelstand, das von allen Seiten des Handwerks und den Mittelstandsverbänden gelobt wurde, wurde von Ihnen schnöde zurückgewiesen. Es ist weder eine Aktualisierung des Mittelstandsförderungsgesetzes vorgesehen, noch werden neue effektivere Förderinstrumente entwickelt. Es ist weder eine Mittelstandsauswirkungsklausel noch die Förderung regionaler Kompetenznetzwerke vorgesehen. Dann halten Sie auch noch an der unsinnigen Trennung monetärer und nicht monetärer Förderung fest.

(Beifall bei der SPD)

Sie haben mit der Hessen-Agentur einen aufgeblähten Apparat geschaffen, der in seinem eigenen Saft und dem des Ministerpräsidenten schmort. Statt Existenzgründer und Unternehmen zu fördern,versorgen Sie dort alte Spezis. Statt gemeinsam insbesondere die Außenwirtschaftsabteilung des Wirtschaftsministeriums zu stärken und eine vernünftige Wirtschaftsförderung zu betreiben,erfindet die Hessen-Agentur ein Hessenparfüm, um dann dem Duft der großen weiten Welt als Reisebüro der Landesregierung nachzujagen.

(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Nicola Beer und Dieter Posch (FDP))

Die Hessen-Agentur hat es nicht geschafft, sich als eine effiziente Beratungseinrichtung für kleine und mittlere Unternehmen zu etablieren.

(Nicola Beer (FDP):Tja!)

Existenzgründer müssen zwischen der Beratung der Hessen-Agentur und der Investitionsbank Hessen hin- und herlaufen, um finanzielle Förderung zu erhalten. Das ist nicht weniger,sondern mehr Bürokratie.Das schadet dem Wirtschaftsstandort Hessen.

(Beifall bei der SPD und der Abg. Nicola Beer (FDP))

Unser gemeinsamer Dringlicher Antrag mit den Kollegen der FDP-Fraktion fordert Sie auf, endlich mit dem Irrsinn der verschiedenen Anlaufstellen Schluss zu machen. Entwickeln Sie endlich ein Konzept für eine effektive integrierte Wirtschaftsförderung. Wir wollen die Investitionsbank Hessen als Dienstleister für die hessischen Unternehmen und Existenzgründer stärken. Wir wollen monetäre und nicht monetäre Wirtschaftsförderung in Hessen zusammenführen, wie es bereits in anderen Bundesländern Praxis ist. Herr Rhiel, stärken Sie die Fachressorts. Verzahnen Sie Ihre Arbeit endlich mit einer Beratungsund Investitionsbank. Sie haben aber offensichtlich nicht die Kraft, das gegenüber der Staatskanzlei durchzusetzen, und außerdem ist auch kein Wille in diese Richtung erkennbar.

(Beifall bei der SPD und des Abg. Dieter Posch (FDP))

Als ersten Schritt fordert die SPD, die 4 Millionen c, die Sie zusätzlich in die Hessen-Agentur stecken wollen, wieder in das Wirtschaftsministerium zurückzuführen. Es ist nicht nachvollziehbar, warum diese Institution, die für jedermann erkennbar der Wirtschaft in Hessen nicht nutzt, 4 Millionen c zusätzlich bekommen soll.

Ich komme zum Schluss meiner Rede. Die Energiepolitik dieser Landesregierung gleicht einer Geisterfahrt. Die Wiederbelebungsversuche an der Atomkraft sind, energiepolitisch gesehen, von vorgestern.

(Beifall bei der SPD und der Abg. Ursula Ham- mann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Diese Landesregierung setzt auch unter globalen Gesichtspunkten das völlig falsche Signal. Hessen ist ein Standort mit hohem Innovationspotenzial. Das müssen wir stützen und ausbauen, um den Standort Hessen weiterzuentwickeln. Wir wollen, dass für ein Förderprogramm zur effizienten Nutzung der Energie und für die Nutzung erneuerbarer Energien 15 Millionen c in die Hand genommen werden. Denn in diesem Sektor entstehen zukunftssichere Arbeitsplätze in Hessen.

(Beifall bei der SPD)

Mit diesem Geld würden wir insbesondere die kleinen und mittleren Unternehmen und das Handwerk stärken. Damit würden wir Marktanreize zur Einführung der Nutzung erneuerbarer Energien schaffen und würden die Unternehmen befähigen, mit den entsprechenden Produkten neue Märkte zu erschließen.

Meine Damen und Herren, zu guter Letzt möchte ich noch Folgendes sagen. Fangen Sie die Kürzung der Regionalisierungsmittel auf. Treten Sie für das ein, was Herr Rhiel den Verkehrsverbünden versprochen hat. Wir wollen, dass die Kürzung der Regionalisierungsmittel ausgeglichen wird,damit die Verkehrsverbünde ordentlich wirtschaften und auf die Erhöhung der Fahrpreise verzichten können. – Meine Damen und Herren, ich danke Ihnen.

(Beifall bei der SPD)

Herr Kollege Frankenberger, vielen Dank. – Das Wort hat Herr Kollege Wagner für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! „Hessen vorn“, das war einmal das Markenzeichen der Wirtschafts- und Verkehrspolitik unseres Landes. „Hessen vorn“, das stand dafür, dass Hessen eine der geringsten Arbeitslosenquoten der Bundesrepublik Deutschland aufwies. „Hessen vorn“ bedeutete, dass Hessen einmal eine Landesregierung hatte, die sich darum bemühte, dass alle Jugendlichen tatsächlich einen Ausbildungsplatz bekamen.„Hessen vorn“ hat einmal zu Zeiten früherer Landesregierungen bedeutet, dass diese Bundesland ganz vorne mit dabei war, wenn es um den öffentlichen Personennahverkehr und die Busse und Bahnen ging. „Hessen vorn“ war das Markenzeichen der rot-grünen Landesregierungen unseres Landes.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)