Protocol of the Session on September 13, 2006

Der vierte Punkt – das hat Kollegin Henzler bereits angesprochen – ist die Frage der zusätzlichen Landesprogramme, die staatlichen Schulen zur Verfügung stehen. Hier gibt es bei den freien Trägern große Fragezeichen,ob das tatsächlich alles sauber in die Berechnung ihrer Zuschüsse einbezogen ist.

Hier gibt es zwei Wege. Entweder weist man den freien Trägern nach, dass das alles ganz sauber geschehen ist; oder man öffnet die Landesprogramme, die staatlichen Schulen zur Verfügung stehen, auch den Schulen in freier Trägerschaft. Diese zwei Wege gibt es.Aber auch das leistet dieser Gesetzentwurf leider nicht.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Was wird in diesem Gesetzentwurf geregelt? Er sagt, dass der Anteil der Gastschulbeiträge von 50 auf 75 % erhöht werden soll. Das ist mit Sicherheit ein Schritt in die richtige Richtung. Aber, wie gesagt, es fehlt die Überarbeitung der Bemessungsgrundlage.

Das Zweite, was dieser Gesetzentwurf leistet, ist: Er schafft neu einen Zuschuss des Landes für die Investitionskosten. Das ist für die Schulen in freier Trägerschaft sicherlich eine Hilfe. Denn sie erhalten mehr Geld als bisher. Das soll nicht in Abrede gestellt werden.Aber das ist natürlich völlig unsystematisch. Systematisch wäre es gewesen, die Bemessungsgrundlagen zu überarbeiten und dann die Prozentsätze festzulegen, anstatt einen neuen Fördertatbestand zu schaffen,der – Frau Ministerin,in Ihrer Rede wurde es deutlich – vor allem deshalb entstanden ist, weil man die Probleme der Konnexität vermeiden will, die sich mit der Erhöhung des Prozentsatzes beim Gastschulbeitrag ergeben; denn in Zweifelsfragen will man darauf eine Antwort haben.

(Zuruf der Ministerin Karin Wolff)

Frau Ministerin,Sie brauchen nicht den Kopf zu schütteln, das steht in Ihrem eigenen Gesetzentwurf drin. In Ihrem eigenen Gesetzentwurf sagen Sie zunächst kraftvoll, Fragen der Konnexität sind durch diesen Gesetzentwurf nicht berührt. Einen Absatz später aber heißt es: Wenn Fragen der Konnexität doch berührt sein sollten,dann sind sie dadurch gelöst,dass das Land einen Investitionskostenanteil übernommen hat. Also kommt der Investitionskostenzuschuss weniger aus sachlichen und systematischen Überlegungen für die Finanzierung der Schulen in freier Trägerschaft.

(Ministerin Karin Wolff: Nein!)

Der dritte Punkt, den Sie regeln, ist die Wartefrist, wenn ein Schulträger sein Angebot erweitern will. Hier sagen Sie: Wenn die Verlässlichkeit dieses Trägers hinreichend nachgewiesen ist, dann soll die Wartefrist von drei Jahren auf die staatliche Förderung entfallen. – Das finden wir ausdrücklich richtig. Das ist ein sinnvoller Schritt. Wenn ein Träger zuverlässig ist, muss er das nicht erneut drei Jahre lang nachweisen.

Woran Sie allerdings nichts ändern, ist, dass die Wartefrist von drei Jahren nicht nur eine Wartefrist ist, sondern gleichzeitig auch bedeutet, dass die Schulen in freier Trägerschaft in diesen ersten drei Jahren nicht den vollen Fördersatz erhalten.

(Zuruf des Abg. Mark Weinmeister (CDU))

Nein, nein, nein, daran ändert dieser Gesetzentwurf nichts. Es wäre wichtig gewesen, das auch zu regeln: wenn ein Träger nach drei Jahren bewiesen hat, dass er zuverlässig ist,

(Zuruf des Abg. Mark Weinmeister (CDU))

dass er dann auch rückwirkend die vollen Fördersätze erhält, nicht nur einen anteiligen Fördersatz.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Fazit für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN deshalb: Sie regeln einige Punkte. Dies bringt eine Verbesserung für die Schulen in freier Trägerschaft. Aber dieser Gesetzentwurf ist weit davon entfernt, tatsächlich eine umfassende Neuregelung der Ersatzschulfinanzierung zu sein. Wir werden versuchen, in den Ausschussberatungen daran noch das eine oder andere zu verbessern,von Ihnen noch die eine oder andere Zusage zu erhalten, wie denn die weitere Entwicklung sein wird – ob es beispielsweise eine feste Zusage an die Schulen in freier Trägerschaft gibt, wie und vor allem wann die Bemessungsgrundlage überarbeitet wird.

Wir könnten uns beispielsweise vorstellen, dieses Gesetz nur auf ein Jahr zu befristen und Ihnen diesen Auftrag mitzugeben, sodass wir dann sagen könnten: Ende 2007 machen wir die richtige, die umfassende Reform der Ersatzschulfinanzierung. Das wäre für die Beratung im Ausschuss ein denkbares Modell. – Ich danke Ihnen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die nächste Rednerin ist Frau Kollegin Habermann für die SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe den Eindruck, dass es selbst die gutwilligsten Zuhörerinnen und Zuhörer, die im Saal ohnehin nur spärlich vorhanden sind, sehr strapaziert, wenn drei Oppositionsredner dieselben Argumente vortragen.

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Mach es trotzdem noch einmal! – Michael Siebel (SPD):Aber deine werden die richtigen sein!)

Ich werde mich deswegen mit meinen Ausführungen sehr kurz fassen. Auch die SPD-Fraktion sieht in diesem Gesetzentwurf Verbesserungen für die Schulen in freier Trägerschaft; auch die SPD-Fraktion sieht das größte Manko dieses Gesetzentwurfs darin,dass es nicht gelungen ist,die angekündigte Reform der Finanzierung der Ersatzschulen, der Schulen in freier Trägerschaft auf solide Füße zu stellen, d. h. dafür zu sorgen, dass eine Berechnungsgrundlage angewendet wird, die transparent macht, was den Schulen tatsächlich an Kosten entsteht, um darauf die Finanzierung der Schulen in freier Trägerschaft zu gründen. Das ist das größte Manko, und es ist ein Manko, das meines Erachtens nicht bedeuten kann, dass in den nächsten fünf Jahren nichts mehr passiert.

Frau Kultusministerin, Sie haben selbst auf diesen Punkt hingewiesen. Sie haben auch darauf hingewiesen, dass wir im Lande Hessen bald so weit sein werden, diese Grundlagen zu erstellen. Dann sollte es auch möglich sein, nicht die berühmte Fünfjahresfrist abzuwarten,sondern mit der Arbeit zu beginnen, ein Ersatzschulfinanzierungsgesetz auf die Füße zu stellen, das den Anforderungen des Bundesverfassungsgerichts genügt.

(Beifall bei der SPD)

Dieses Manko teilt sich besonders mit, wenn man sich die Situation der Förderschulen in freier Trägerschaft anschaut.Auch darauf wurde schon hingewiesen:Die Unterfinanzierung ist eklatant, und die Zahlen, die dem Kultusministerium schon jetzt als Kostenberechnungen zur Verfügung stehen, sagen ebenfalls aus, dass es eine Unterfi

nanzierung gibt. Deswegen muss diesem Zustand im Gesetz schnellstens abgeholfen werden.

Frau Ministerin, wir fragen uns, warum Sie bei der Frage der Gastschulbeiträge gesprungen sind und warum Sie dann bei 75 % gelandet sind.Wenn es in der Tat kein Problem der Konnexität ist, dann ist die Argumentation auch nicht einleuchtend, wenn Sie sagen: „Wir machen die 75 % analog dem Regelbeihilfesatz der Personalkosten“; denn die Gastschulbeiträge gleichen den Sachaufwand der Schulträger untereinander aus. Sie tun das auf einer angenommenen Kostenbasis; und ob der Schulträger ein öffentlicher oder privater ist,sollte dabei keine Rolle spielen. Das heißt, die Forderung unserer Fraktion, diese Angleichung in Gänze vorzunehmen und auf 100 % zu gehen, werden wir sicherlich noch einmal im Ausschuss diskutieren.

Wir halten den Einstieg in eine Investitionskostenförderung für gut.Er ist sicherlich zu begrüßen.Er ändert nichts an der Tatsache, dass insgesamt nur sehr wenige Veränderungsschritte an einem Gesetz gemacht wurden, das auf keiner soliden Finanzierungs- und Berechnungsbasis beruht.

Ich habe mit Interesse zur Kenntnis genommen, dass alle Redner in der Regel die Arbeit der Schulen in freier Trägerschaft hier am Pult noch einmal besonders loben;sie ist auch zu loben.

Frau Kultusministerin, ich habe aber auch mit Interesse zur Kenntnis genommen,dass Sie sagen,dass sie wertvolle Anregungen und Impulse für die Entwicklung unserer öffentlichen Schulen böten. Da sage ich für meine Fraktion: Ich würde mir wünschen, dass die Landesregierung ein paar dieser Anregungen und Impulse ab und zu aufnimmt, wenn es um die Schulpolitik dieses Landes geht.

(Beifall des Abg. Lothar Quanz (SPD))

Meine Damen und Herren, ich sage Ihnen auch, welche Anregungen und Impulse ich meine. Ich stelle fest, dass in Schulen freier Trägerschaft sehr oft der Begriff der „individuellen Förderung“ nicht per Verordnung festgelegt wird,sondern ernst genommen wird,und dass mit der Förderung ungleicher Talente Ernst gemacht wird; dass damit Ernst gemacht wird, diese Talente in Differenzierung innerhalb einer Klassengemeinschaft zu fördern, Kinder nicht zu beschämen, auf Sanktionen und darauf zu verzichten, dass Kinder sitzen bleiben oder mit schlechten Noten die Motivation am Lernen verlieren. All das sind für mich Punkte, die es besonders wichtig machen, dass wir die Finanzierung dieser Schulen auf solide Füße stellen. Ich wünsche mir, dass ein paar der inhaltlichen Anregungen in der Schulpolitik dieser Landesregierung ankommen.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, insgesamt ist das Gesetz eine Basis, auf der wir im Ausschuss konstruktiv beraten können. Ich sehe deswegen der Anhörung und der dortigen Diskussion mit Spannung entgegen. – Danke schön.

(Beifall bei der SPD)

Für die Fraktion der Union hat Herr Kollege Weinmeister das Wort.

Frau Vorsitzende, meine Damen und Herren! Lieber Kollege Wagner, liebe Kollegin Habermann, ich weiß, dass der heutige Tag wehtut.

(Kordula Schulz-Asche (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN):Warum?)

Die Unterrichtsgarantie plus läuft.Wenn ich daran denke, was Sie vorher an die Wand gemalt haben, welche Szenarien ausgemalt worden sind und wie der Schuljahresbeginn stattgefunden hat, so ist das schon etwas Besonderes. Am Ende dieses Tages haben wir auch noch das Ersatzschulfinanzierungsgesetz, wogegen Sie nicht wirklich etwas sagen können, sondern Sie haben verschiedene Punkte herausgehoben, die Ihrer Meinung nach auch in Zukunft noch in Auftrag gegeben werden müssen.

(Michael Siebel (SPD): Also kann man daran noch arbeiten!)

Da sind wir uns in Teilen sogar einig.Aber so richtig kann man nichts dagegen sagen. Heute ist kein Tag für die Opposition.

(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ach, schauen wir mal! – Michael Siebel (SPD): Es steht 5 : 0 für uns!)

Nichtsdestotrotz denken wir, dass die Ersatzschulfinanzierung auch mit diesem Gesetzentwurf auf einem guten Weg ist. Man muss es immer wiederholen; manchmal hat man das Gefühl, man vergisst so leicht:Wenn heute darüber gesprochen wird, dass Ersatzschulen eine vergleichbare Ausstattung und Ausrüstung bekommen wie die Schulen des staatlichen Bildungssystems, und wenn man dann überlegt, was in den Neunzigerjahren in diesem Land Hessen alles passiert ist, dann frage ich mich wirklich: Sind SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN noch die gleichen Parteien, oder hat irgendeine Metamorphose stattgefunden?

(Michael Siebel (SPD): Wir hoffen doch, dass es nicht andere sind!)

Wir haben immer gesagt, dass uns die Privatschulen in besonderer Art und Weise am Herzen liegen.Wir haben das durch die Novellen im Jahr 2002 deutlich gemacht.

(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Na ja!)

Wir haben für die Schulen in privater Trägerschaft die Zuschüsse, die Sie auf 72,5 % verringert hatten, wieder auf 75 % erhöht. Wir haben die Wartezeiten verkürzt. – Lieber Kollege Wagner, das ist natürlich ein schönes Stichwort: Wenn Sie heute sagen, dass diejenigen, die nur drei Jahre warten müssen, am Ende nur 50 % ihrer Kosten wiederbekommen, dann ist das inhaltlich richtig. Die Schulen würden sich bestimmt wünschen, dass sie die volle Finanzierung bekämen.Wenn ich aber daran denke, wie das vorher war – dass man bis zu neun Jahre gewartet hat und hinterher nichts bekommen hat, auch für die vorigen Jahre –, dann stelle ich fest: Das ist eine deutliche Verbesserung, die wir eingeführt haben, und das sollte man an dieser Stelle auch sagen.

(Beifall bei der CDU)

Wenn ich mir die reinen Zahlen anschaue – die Ministerin hat darauf hingewiesen: 1999 hatten wir für die Schulen in privater Trägerschaft 123 Millionen im Ist; heute sind das 164,3 Millionen c –, dann stelle ich fest, dass wir über ein Drittel mehr in die Privatschulen hineingegeben haben.

Ich glaube, auch das ist ein Zeichen, dass wir hinter den Privatschulen stehen.

Zum Ersatzschulfinanzierungsgesetz durfte ich im Jahr 2002, als wir die erste Novelle gemacht haben, auch sprechen.