Protocol of the Session on September 13, 2006

(Michael Boddenberg (CDU): Ich frage nur nach Ihrer wöchentlichen Arbeitszeit!)

Wenn Sie Probleme haben, sich daran zu erinnern: Der Herr Präsident hat heute Morgen dankenswerterweise erwähnt, dass im Kuppelsaal des Landtags ein AlzheimerInformationstag stattfindet.Vielleicht sollten Sie sich einmal dort melden. Dann könnten Sie Rückschlüsse darauf ziehen, warum Sie das vergessen haben. Meine Damen und Herren,Sie legen hier eine Form von politischem Alzheimer an den Tag.

(Zurufe von der CDU: Unverschämtheit! – Rüpel! – Weitere Zurufe von der CDU)

Meine Damen und Herren!

Wir wollen über das sprechen, was Sie in den letzten Jahren hier gemacht haben. Die „Operation düstere Zukunft“ hat für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Gehaltseinbußen in Höhe von 12,6 % gebracht. Wenn Sie uns schon nicht glauben, möchte ich Ihnen jetzt einmal zitieren, was der Beamtenbund dazu gesagt hat. Der Beamtenbund hat in einer Stellungnahme erklärt:

Nur allein die vorgesehene Absenkung des Weihnachtsgeldes, die Streichung des Urlaubsgeldes und die mit eingerechnete Erhöhung der Wochenarbeitszeit bedeuten im Vergleich zum heutigen Einkommen eine Gehaltsreduzierung von 12,5 %.

Jetzt versuchen Sie, mit der Auszahlung von 250 c pro Jahr ein Signal an die Beamtenschaft zu senden. Das wird Ihnen nicht gelingen.

(Beifall bei der SPD)

Ich will Ihnen verdeutlichen,was das für einen 40-jährigen Oberkommissar, verheiratet und mit zwei Kindern, heißt. Wenn es nicht die „Operation düstere Zukunft“ gäbe, hätte er aufgrund der jetzt 42 Stunden Wochenarbeitszeit 4.700 c mehr in der Tasche. Das haben Sie mit Ihrer „Operation düstere Zukunft“ angerichtet.Jetzt versuchen Sie, mit einer Sonderzahlung von 250 c die Stimmen der Beamtinnen und Beamten billig wieder einzukaufen. Das wird Ihnen nicht gelingen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Frau Kollegin Zeimetz-Lorz, da Sie aus der Pressemitteilung zitiert und gerade gesagt haben, Sie hätten ein Gespräch mit Vertretern des Beamtenbundes geführt, will ich Ihnen erzählen, was der Ministerpräsident vor der letzten Wahl versprochen hat.Vor der letzten Wahl hat der Ministerpräsident den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie den Beamten versprochen – daran wird er sich hoffentlich noch erinnern –, es werde in Hessen keine Sonderopfer für Beamtinnen und Beamte geben.

(Günter Rudolph (SPD): Versprochen – gebrochen!)

Das hat der Ministerpräsident vor der letzten Wahl versprochen. Meine sehr verehrten Damen und Herren, kaum war die Wahl vorbei, kaum hatten Sie die absolute Mehrheit in diesem Haus, war dieses Versprechen nichts mehr wert. Sie haben es gebrochen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf der Abg. Birgit Zeimetz-Lorz (CDU))

Wenn Sie mir das nicht glauben, kann ich aus dem „Polizeispiegel“ vom Dezember 2003 zitieren:

Als sich Roland Koch vor etwa neun Monaten erneut zur Wahl stellte, hatte er sie wieder alle ganz lieb, alle im öffentlichen Dienst, von denen er hoffte, dass sie ihm ihr Kreuz schenkten. Auch die Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten.Das gerade in den Köpfen der Polizisten verankerte Gerechtigkeitsempfinden nutzte Roland Koch mit seinem Versprechen vor der Wahl: „Mit mir wird es keine Sonderopfer für Beamte geben!“ Nach der Wahl dann der Wortbruch des Jahres: Statt „gesagt – getan“ kam es zu „gewählt – vergessen“.

Das war der Ministerpräsident vor der letzten Wahl.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Von daher kann ich die Beamtinnen und Beamten nur davor warnen, das zu glauben, was Sie ihnen hier wieder einmal versprechen.

Sie sagen immer, all das sei sozusagen alternativlos gewesen. Unsere Fraktion hat seinerzeit einen dezidierten Vorschlag eingebracht, wie wir in Anbetracht der Haushaltslage und der Personalkostenquote, die wir haben, genau dieselben Einsparpotenziale generieren können, auf die Sie hingewiesen haben. Man kann beim Weihnachtsgeld einen Deckel einziehen und braucht nicht auf 42 Stunden zu gehen.

Wir hätten uns gewünscht, dass Sie mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern einen solidarischen Prozess organisieren und darüber diskutieren, wie man angesichts dieser Haushaltslage eine vernünftige Personalpolitik macht. Das haben Sie nicht getan. Sie haben eine autistische Personalpolitik betrieben. Das heißt, Sie haben nicht das Gespräch mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gesucht. Das fällt Ihnen jetzt auf die Füße.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Eines Ihrer großen Argumente war, Sie müssten den Haushalt sanieren, ins Gleichgewicht bringen. Gestern hatten wir das Vergnügen, dass der Finanzminister dieses Landes die Eckpunkte des Haushalts 2007 vorgestellt hat. Was haben wir gehört? Wir haben 1,1 Milliarden c mehr Einnahmen, und Sie werden neue Schulden in der Größenordnung von 1,3 Milliarden c aufnehmen. Das ist die Haushaltspolitik, die Sie machen. Mit dem Argument, eine vernünftige Haushaltspolitik zu machen, haben Sie die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Landes rasiert. Jetzt stellt sich heraus, dass all das nichts genützt hat.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Michael Boddenberg (CDU): Wenn wir das machen, was Sie sich wünschen, wären wir wahrscheinlich bei 5 Milliarden c!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich möchte Ihnen noch eine Frage stellen. Wenn Sie schon sagen, dass alle Beamten, die 42 Stunden arbeiten, 250 c mehr bekommen sollen,warum nehmen Sie dann die Angestellten aus? Wir haben neu eingestellte Angestellte, die laut Vertrag 42 Stunden arbeiten müssen.Auch alle diejenigen,die befördert worden sind oder befördert werden wollen, haben nun eine längere Arbeitszeit.

Warum gehen Sie an diesen Angestellten vorbei? Warum bekommen sie z. B. nicht die 250 c, die Sie hier in den Himmel hängen? Das ist eine Frage, die Sie nicht beantwortet haben. Diese Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter arbeiten nach Ihrer Argumentation schon 42 Stunden pro Woche. Das haben Sie völlig ausgeblendet.

Herr Frömmrich, gestatten Sie eine Zwischenfrage von Frau Zeimetz-Lorz?

Nein, das kann Frau Zeimetz-Lorz noch klarstellen. – Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich finde, Sie sollten sich die Personalpolitik, die Sie in den letzten Jahren hier organisiert haben, noch einmal durch den Kopf gehen lassen. Ich glaube, das ist alles andere als eine moderne Personalpolitik. Sie sollten damit aufhören, etwas gegen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu machen.

Sie sollten mehr Wert darauf legen, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beim Reformprozess sowie beim Prozess der Gestaltung von Arbeitszeiten und Tarifen mitzunehmen.Es ist nicht richtig,dass Sie sich z.B.aus dem Diskurs über die Tarifverträge völlig ausblenden, weil Sie aus der Tarifgemeinschaft der Länder ausgetreten sind.

Wir fordern Sie auf: Kommen Sie wieder zu einem vernünftigen Umgang mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zurück. Machen Sie eine vernünftige Personalpolitik. Ich glaube, dass wir im Lande Hessen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie Beamtinnen und Beamte beschäftigen, mit denen man durchaus einen vernünftigen Diskurs organisieren und die Zukunft des Landes gestalten kann. Sonderzulagen, wie Sie sie zurzeit als einwandfreie Maßnahme im Vorfeld des Wahlkampfes organisieren, sind nicht der richtige Weg. Sie sollten das Gespräch mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern suchen und endlich wieder in die Tarifgemeinschaft der Länder zurückkehren. Das wäre der richtige Weg für die zukünftige Personalpolitik.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Herr Frömmrich, die Redezeit ist beendet.

Die Redezeit ist um. – Frau Zeimetz-Lorz, ich bin sehr gespannt, wie Sie das den Angestellten dieses Landes erklären. Sie werden das jetzt im Rahmen Ihrer Kurzintervention machen. Die Personalpolitik, die Sie betreiben, ist an die Wand gefahren. Auch Ihre 250 c Sonderzahlung helfen nicht. Kehren Sie wieder zu einem vernünftigen Umgang mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Landes zurück.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Frau Zeimetz-Lorz, Sie haben die Gelegenheit zu einer Kurzintervention.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Kollege Frömmrich, ich kenne von klein auf einen Spruch, der sich nach meiner Überzeugung heute einmal mehr bestätigt hat. Der Spruch lautet:Wer schreit, ist im Unrecht.

(Beifall bei der CDU – Zurufe von dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich muss Ihnen ganz ehrlich sagen, dass ich einigermaßen erstaunt bin über das, was Sie hier mit doch recht lauter Stimme vorgetragen haben.

(Norbert Schmitt (SPD): Wenn man schlecht hört, ist es auch nicht gut!)

Ich beantworte Ihre Frage gern.Aber ich will Ihnen auch eine Frage stellen. Sie haben Ihre Rede mit einer beeindruckenden Lautstärke vorgetragen. Aber eines ist mir

nicht klar geworden, obwohl Sie die Redezeit ausgeschöpft haben.

(Michael Boddenberg (CDU): Was wollen Sie uns eigentlich sagen?)

Deshalb lautet meine Frage an Sie:Was wollen Sie uns sagen, und wollen Sie dem Gesetzentwurf zustimmen, oder wollen Sie ihn ablehnen?

(Michael Boddenberg (CDU): Da bin ich sehr gespannt!)

Ich denke, Sie haben zwar laut, aber nicht deutlich vorgetragen. Herr Kollege Frömmrich, was Ihre Frage betrifft, wie wir mit den Angestellten umgehen: Ich finde es einigermaßen erstaunlich, dass Sie diese Frage stellen. Darauf kann ich Ihnen nur antworten, indem ich Ihnen eine Gegenfrage stelle: Haben Sie schon einmal etwas vom Tarifrecht gehört? Haben Sie schon einmal etwas davon gehört, dass das eine ganz andere Regelungsgrundlage ist?

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Über den BAT wird doch gar nicht mehr verhandelt! – Weitere Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Richtig. Wir sind aus der Tarifgemeinschaft der Länder ausgestiegen. Wir reden und verhandeln trotzdem. Wie das funktioniert, hat der Herr Innenminister in den Verhandlungen mit dem Marburger Bund mehr als deutlich gemacht. Hessen ist das einzige Bundesland, in dem kein einziger Klinikarzt auch nur einen Tag gestreikt hätte.

(Beifall bei der CDU)

Dann sagen Sie bitte nicht, wir seien ausgestiegen und machten nichts mehr mit den Angestellten. So geht es, so funktioniert es.

(Günter Rudolph (SPD): So machen Sie es aber!)

Deswegen reden wir auch über die Angestellten und Arbeiter im hessischen Landesdienst. – Vielen Dank.