Protocol of the Session on July 10, 2003

Wann machen wir Ernst mit Befristung, Degression und Verringerung von Finanzhilfen? Wir haben nun einen fantastischen Bericht. Wir haben fast sämtliche Informationen, aber wir müssen die Konsequenzen daraus ziehen. Das ist die Aufgabe, vor der wir alle stehen.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP)

Schließlich,welche Vorschriften können abgebaut,welche Standards können problemlos reduziert werden, ohne dass sich inhaltlich etwas ändert, sodass wir damit aber sehr viel Geld sparen können?

Diesen Fragen muss sich die Landesregierung und müssen sich alle Fraktionen des Hessischen Landtages stellen. Es wäre leicht, mit den Stimmen der CDU-Fraktion den FDP-Antrag abzulehnen. Das ist mit der Mehrheit ohne weiteres möglich. Meine Damen und Herren, damit wäre aber kein einziges Problem gelöst.

(Beifall bei der FDP – Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Mit Ihrem Antrag allerdings auch nicht!)

Wenn der Antrag abgearbeitet wird, werden die Probleme schon gelöst, Herr Kollege.

(Jörg-Uwe Hahn (FDP): Herr Kaufmann macht in diesem Plenum keine Zwischenrufe!)

Man muss nicht alles beantworten. Man muss immer gucken, von wem es kommt und was er sagt.

Die im Antrag der SPD-Fraktion vorgeschlagenen Ziele für den Haushaltsplanentwurf des Jahres 2004 sind allesamt vernünftig, wenngleich aus unserer Sicht eher zu bescheiden.

(Norbert Schmitt (SPD): Das habe ich befürchtet!)

Die FDP will sich aber ganz bewusst nicht darauf beschränken, das Gewünschte für das Folgejahr festzustellen,sondern die Haushaltssanierung erfordert eine mittelfristige Anstrengung – alles andere wäre eine Illusion. Die Verabschiedung von Eckdaten bleibt, so gut sie ist, inhaltsleer, wenn man sich nicht zu einem Strategiewechsel bekennt. Genau diesen Strategiewechsel fordern wir mit unserem Antrag ein. Wir schlagen noch einmal das Gespräch zwischen Regierung und allen Parlamentsfraktionen vor,

(Beifall bei der FDP – Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

um eine einvernehmliche Lösung für die Landesfinanzen zu finden. Wer den Mut hat, sich mit dem Ministerpräsi

denten eines SPD-geführten Bundeslandes über Subventionskürzungen im Bund zusammenzusetzen, der sollte keine Angst davor haben, mit der Opposition in Hessen zu reden.

(Beifall bei der FDP)

Wir werden dem Dringlichen Entschließungsantrag der SPD-Fraktion zustimmen.Aber ich will ausdrücklich hinzufügen, dass diese Zustimmung selbstverständlich dem Antrag und nicht der Begründung des Antrages gilt. In der Begründung sind Formulierungen, die ich – auch für das Protokoll – ausdrücklich ablehnen möchte. Ich muss mich dagegen verwahren, dass mit Haushaltstricks gearbeitet worden sei, schon deshalb, um den Bundesfinanzminister Eichel zu schonen, der auch die Tarifsteigerungen im Haushaltsplan nicht verankert hat. So fair sollten wir sein, dass wir Herrn Eichel aus der Geschichte heraushalten.Auch die Festsetzung von globalen Minderausgaben ist weiß Gott kein Haushaltstrick. Das finden Sie auch auf der Kreisebene – als Bestätigung dafür, dass es kein Trick ist.

(Lachen des Abg.Norbert Schmitt (SPD) – Norbert Schmitt (SPD):Vom Innenminister!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir hatten gestern über einen Dringlichen Antrag der CDU-Fraktion gesprochen. Da ging es um das Vorziehen der Steuerreform. In diesem Antrag hieß es unter II.3.: „ein linearer Subventionsabbau in allen Bereichen und ein verbindlicher mittelfristiger Konsolidierungskurs zum Abbau der Staatsverschuldung und der Senkung der Staatsquote.“ Meine Damen und Herren von der CDU, das ist goldrichtig, das stimmt in Berlin, das stimmt in Wiesbaden. Genau dieses möchten wir mit Ihnen gemeinsam realisieren. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege von Hunnius. – Das Wort hat nun Kollege Kaufmann, Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Dr. Jung, es ist richtig, dass wir zum wiederholen Male die Haushaltspolitik der Regierung hier diskutieren müssen.Ich kann auch verstehen,dass Sie es nicht mehr so gerne hören mögen.

(Dr. Franz Josef Jung (Rheingau) (CDU): Darum geht es doch gar nicht!)

Uns, insbesondere die Opposition, zwingt die nicht vorhandene Qualität dieser Politik dazu, das erneut hier zum Thema zu machen, und zwar nicht, um, wie das der Finanzminister so gerne tut, von Stolz zu schwärmen – wir erinnern uns: bei fast jeder Gelegenheit erklärt er ihn hier –, sondern aus Sorge um die Finanzen unseres Landes.

(Dr. Franz Josef Jung (Rheingau) (CDU): Wiederholungen im Plenum!)

Herr Kollege Dr. Jung, um darauf einzugehen: Manchmal haben Wiederholungen auch einen pädagogischen

Wert, vor allem dann, wenn man etwas schwer von Begriff ist und eine Weile braucht, bis man versteht.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Michael Boddenberg (CDU): Dass Sie Ihre eigene Uhr mitbringen!)

Herr Boddenberg, ich weiß, Sie wollen mich aus dem Konzept bringen. Das wird Ihnen nicht gelingen.

Seit langem steht fest, solide und transparent, wahr und klar, wie Haushaltswirtschaft zu sein hat, ist das nicht, sondern sprunghaft, windig, wirr, unüberlegt und nicht ganz seriös.

Wie Sie wissen, stammt dieses Urteil aus dem Blatt für kluge Köpfe, und zwar vom November 2001, und bezieht sich auf diesen Finanzminister, den wir leider immer noch haben.

(Zuruf des Abg. Michael Boddenberg (CDU))

Doch was das Schlimmste dabei ist: Es sind seitdem keinerlei Bemühungen zur Korrektur dieses desaströsen Kurses oder gar zur Rückkehr zu einer geordneten Finanzpolitik zu erkennen. Im Gegenteil, es wird immer schlimmer. Die letzte Legislaturperiode, das war Weimars erste als Finanzminister, schloss er mit einer Rekordnettoneuverschuldung von 4,6 Milliarden c ab, wenn man ehrlich rechnet.

Für dieses Jahr sind bereits planmäßig weitere 1 Milliarde c vorgesehen.Wir haben vom Kollegen von Hunnius, der diese 4,5 Milliarden c mitgemacht hat, gehört, dass eingeschätzt wird, dass er beim Doppelten allein für dieses Jahr liegen wird.

Gucken wir die ganz aktuellen Zahlen der ersten fünf Monate dieses Jahres an. Herr Weimar, selbst bereinigt um die kalkulatorisch vollständige Rücklagenentnahme weisen Sie einen negativen Finanzierungssaldo von 1,4 Milliarden c auf.Das sind – man höre und staune – 136 % der für das gesamte Jahr 2003 geplanten Nettoneuverschuldung.

Sagen wir es etwas verständlicher umgangssprachlich: Herr Weimar, Sie verantworten, dass Hessen in diesem Jahr in fünf Monaten trotz Rücklagenentnahme 1,4 Milliarden c mehr ausgegeben hat, als es zur Verfügung hatte. Das sind in jeder Sekunde 260 c zuviel, oder allein während meiner Redezeit laufen 230.000 c erneut auf.

(Jörg-Uwe Hahn (FDP): Dann reden Sie schneller, damit es billiger wird!)

Herr Kollege Boddenberg, im vergangenen Jahr war es leider auch so.Wir mahnten Sie nachdrücklich. Da mahnten wir die FDP – Herr Kollege von Hunnius, auch Sie werden sich erinnern – gleich mit, denn damals haben Sie alles mitgetragen, was Sie heute so strikt verändert sehen wollen.Wir mahnten Sie dringlich, Ihre Pflicht zu tun und sich um die Haushaltswirtschaft ernsthaft zu kümmern.

Das war vergebens. Am Ende des Jahres standen rund 2 Milliarden c Nettoneuverschuldung in der Bilanz und ein Finanzminister da, der von einem verfassungswidrigen Haushaltsvollzug künden musste, den er zu verantworten hatte, um im gleichen Atemzug wieder von seinem Stolz darüber zu sprechen, wie genau er doch dieses Desaster habe kommen sehen. Wir erinnern uns an den Begriff „Punktlandung“.

Meine Damen und Herren, das ist die Methode Weimar. Ich sage Ihnen: So richtet man auch ein reiches Land wie Hessen zugrunde.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Es ist unsere Pflicht als Haushaltsgesetzgeber und übrigens die Pflicht des gesamten Landtages und nicht nur der Opposition, dies zu unterbinden. Wir dürfen nicht länger zulassen, dass dieser Finanzminister seine Pflichten so massiv vernachlässigt und den Weg in den Schuldenstaat immer weiter beschleunigt.

Herr Weimar, Sie werden sicher anschließend gebetsmühlenartig wieder lamentieren, dass natürlich andere an der Situation schuld sind, zuvörderst die Bundesregierung, vielleicht auch das Wetter, manchmal Herr von Plottnitz. Wir haben das alles schon x-mal gehört. Wir kennen diesen Sermon, den Sie und Ihre Kabinettskollegen jetzt schon auswendig und im Schlaf herbeten können,wirklich bis zum Erbrechen. Er wird durch Wiederholung nicht richtiger.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Verantwortung für Hessens Finanzen liegt – ich unterstreiche das Wort – leider bei Ihnen und nicht in den Händen der von Ihnen so beschworenen finsteren Mächte, auch wenn Sie uns dies weismachen wollen. Herr Finanzminister, Ihr so gerne wiederholter Rechtfertigungssatz: „Die Ausgaben haben wir im Griff, allein die Einnahmen fehlen“, war schon immer der pure Offenbarungseid für einen Finanzminister.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Jetzt haben wir es auch schwarz auf weiß. Es ist auch die Unwahrheit. Wenn der Ausgabenzuwachs im Haushaltsplan doppelt so hoch ist – Kollege Schmitt hat es im Detail angesprochen –, wie der Finanzplanungsrat vorgegeben hat, dann haben Sie das vorgegebene Ziel um 100 % verfehlt. Doch wenn Ihnen die Opposition dann – das ist diese Woche geschehen – ungezügelte Ausgabenpolitik vorhält, dann zeigen Sie sich empört und spielen den Beleidigten. Wer seine Ausgaben so stark steigert, der versagt und betreibt ungezügelte Ausgabenpolitik.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Meine Damen und Herren, schauen wir uns – leider müssen wir es immer wieder tun – einmal die Maßnahme des Finanzministers an. Alle Jahre kommt nicht nur das Christkind, sondern zuvor im Mai die Haushaltssperre. Sie wird vom Finanzminister „Sicherungssperre“ genannt. Am Haushaltsgesetzgeber vorbei wird sehr willkürlich die Haushaltswirtschaft zum Stottern gebracht.

Weimar fuchtelt mit dem von ihm selbst so genannten schärfsten Schwert des Finanzministers herum. Doch was bewirkt er damit? – Wir wissen aus Erfahrung, am Ende bringt es keine ernsthafte Erleichterung für den überstrapazierten Haushalt. Letztes Jahr war das Ergebnis 2 Milliarden c Schulden zusätzlich.

(Gottfried Milde (Griesheim) (CDU): Wenn nicht einmal das etwas bringt, was dann?)

Denn auch Sie sind so locker darüber hinweggegangen. Aber die Haushaltssperre minimiert nicht nur die soziale Infrastruktur dieser Gesellschaft, sie ruiniert sie sogar.