Meine Damen und Herren, ihr Lieben! Ich begrüße Sie alle sehr herzlich zur letzten Plenarsitzung vor der Sommerpause.
Ich freue mich, dass Sie alle – auch der Kollege Hoff – guten Mutes hier anwesend sind, und bitte Sie auch am heutigen Tag um eine gute Mitarbeit und um ein frohes Glückauf.
Zur Tagesordnung darf ich Ihnen mitteilen, dass die Punkte 14, 15, 17 bis 19, 21 bis 25, 27 bis 37, 39, 43, 46, 47, 49 bis 52, 54 bis 56, 65 bis 67, 69, 70, 73, 74 und 76 noch offen sind. Es ist also noch etwas.
Zum Ablauf der Sitzung: Wir tagen heute vereinbarungsgemäß bis 18 Uhr, bei einer Mittagspause von einer Stunde. Wir beginnen mit den drei Anträgen zur Aktuellen Stunde, zunächst Tagesordnungspunkt 65. Nach der Aktuellen Stunde geht es weiter mit Tagesordnungspunkt 35, Entschließungsantrag der Fraktion der FDP betreffend Einrichtung einer Kinderschule, danach Tagesordnungspunkt 36.
Meine Damen und Herren, entschuldigt fehlt heute, wie bereits gestern mitgeteilt, der Staatsminister Riebel.
Wir haben heute ein Geburtstagskind in unseren Reihen: Der Kollege Mark Weinmeister begeht seinen 36. Geburtstag. Herzlichen Glückwunsch im Namen des Hauses. Mark, Glück auf.
Herr Präsident, es geht um die hochgradige Betreibergläubigkeit des hessischen Umweltministers in Sachen des AKW Biblis – weil Sie den Titel dieser Aktuellen Stunde nicht genannt haben.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Bevor wir in die Meinungsverschiedenheiten geraten, ist es – denke ich – im Sinne aller, wenn ich von dieser Stelle aus unserer Kollegin Ursula Hammann gute Besserung wünsche.
Wir hoffen, dass sie nach der Sommerpause mit einem Blinddarm weniger, aber sonst in alter Frische wieder unter uns ist.
Herr Dietzel, nachdem Sie 1999 zur Atomaufsicht gekommen sind wie die Jungfrau zum Kind – ursprünglich war es ja Ihr Wunsch, allein Landwirtschaftsminister zu sein; die Atomaufsicht kam eher am Ende der Verhandlungen noch hinzu –, hatte 2003 der damals noch designierte Staatsminister Grüttner Ihnen die Atomaufsicht schon per Interview weggenommen.Aber dann fingen Sie an zu kämpfen. Wir hatten Hoffnung, dass, wenn der Minister Dietzel darum kämpft, die Atomaufsicht behalten zu dürfen, Sie das aus einem inhaltlichen Grund machen: weil Sie im Laufe der Jahre Spaß daran gefunden hatten und diese Aufgabe in Zukunft auch ernst nehmen wollten.
Ich kann mich daran erinnern, dass ich Ihnen in der Aussprache zur Regierungserklärung im April gesagt habe: Herr Dietzel, machen Sie was draus.
Die 100 Tage sind noch nicht vergangen, aber wir können jetzt schon feststellen: Leider haben Sie bisher nichts daraus gemacht. Herr Dietzel, das ist schade.
Meine Damen und Herren, worum geht es? Seit 1974 gibt es in einem sehr sensiblen System des Reaktors Biblis A ein zu kleines Sieb vor den Notkühlpumpen. Das ist eine Abweichung vom genehmigten Zustand. Dieses Problem existiert nicht irgendwo im Reaktor,sondern im sensibelsten Bereich, den man sich überhaupt nur vorstellen kann, nämlich dort, wo im Falle eines Falles die Funktionsfähigkeit der Kühlung und damit der Schutz vor der Katastrophe gewährleistet werden sollen.
Dem Betreiber von Biblis sind spätestens seit 1998 die realen Ausmaße bekannt. Aber nach eigenen Aussagen ist Ihnen nicht aufgefallen, dass dies vom genehmigten Zustand abweicht. Herr Dietzel, wann, wenn nicht jetzt, müsste man ernsthaft die Zuverlässigkeit des Betreibers RWE überprüfen?
Nichts von alledem gehen Sie ernsthaft an. Wir sind uns völlig einig, dass dort größere Siebe installiert werden müssen. Herr Umweltminister, die Frage ist aber, ob Sie bei der Genehmigung dessen, was dort umgebaut werden muss, unkritisch die Angaben und Berechnungen der Betreiberin – nach den Erfahrungen, die wir mit RWE gemacht haben – übernehmen sollen oder ob wir nicht an jedem Schritt aus gutem Grund und im Interesse der Sicherheit der Bevölkerung Qualitätssicherung brauchen.
Jetzt ist es so gekommen, dass das Bundesumweltministerium sich genötigt sah, einzugreifen. Denn im bisherigen Verfahren wollten Sie die Genehmigung erteilen,ohne ordentlich die Genehmigungsvoraussetzung zu überprüfen. Sie haben die Ergebnisse der Betreiberversuche ohne ausreichende Qualitätssicherung übernommen. Sie konn
ten im bisherigen Genehmigungsverfahren nicht nachweisen, dass der Reaktor auch im schlimmsten aller möglichen Fälle – und den muss man in diesem Zusammenhang immer annehmen; denn die Folgen sind ungleich höher als bei jeder anderen Industrieanlage – noch ausreichend gekühlt werden kann.
Sie waren in einem bundesaufsichtlichen Gespräch – so eine Presseerklärung des Bundesumweltministeriums – am 2. Juli in Bonn nicht in der Lage, konkret gestellte, sicherheitstechnisch bedeutsame Fragen zum Genehmigungsentwurf ausreichend zu beantworten. Trotzdem wollten Sie die Genehmigung an RWE schicken. Meine Damen und Herren, das können wir uns nicht leisten, im Interesse der Sicherheit der Bevölkerung.
Herr Dietzel, deswegen verlangen wir von Ihnen erstens, dass Sie alle Probleme ordentlich qualitätssichern – damit wir sicher sein können, dass dort die größtmögliche Sicherheit gewährleistet ist.
Zweitens verlangen wir von Ihnen, dass Sie nicht mehr so betreibergläubig sind, sondern die Sicherheitsinteressen der Bevölkerung vor die Interessen der Betreiber des Atomkraftwerks Biblis stellen.
Drittens verlangen wir eine zügige, aber ordentliche Bearbeitung; denn Sie wissen – Atomkonsens –, auch wir haben kein Interesse daran, dass dieser Reaktor jetzt lange stillsteht, weil das die endgültige Stilllegung verzögern würde.Aber auch hier gilt: Sicherzeit zuerst. Sicherheit ist das oberste Gebot gerade in den atomtechnisch relevanten Fragen.
Ein letzter Satz.– Herr Dietzel,ich nehme ein Beispiel aus einem anderen Bereich, mit dem Sie beruflich zu tun haben.Wenn Sie auf Ihrem Acker mit Ihrem Schlepper fahren und Ihnen dort der Motor verreckt – ich weiß nicht, welche Marke Sie haben, Fendt vielleicht: „Wer Fendt fährt, führt“ –, gehen Sie doch auch nicht zur Firma Fendt und sagen: „Liebe Leute, liegt das an euch oder an mir?“, sondern Sie gehen zu einem unabhängigen Sachverständigen. Genau das verlangen wir von Ihnen in diesem Zusammenhang. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Lieber Kollege Al-Wazir, ich habe großes Verständnis dafür, wie Sie sich heute Morgen mit diesem Thema abgequält haben. Es ist natürlich schwierig,wenn man nicht Mitglied in dem betreffenden Ausschuss ist und keine einzige Diskussion
über all das miterlebt hat, mit dem wir uns im Zusammenhang mit dem Thema Biblis auseinander gesetzt haben. Ich hätte nie geglaubt, dass ich mir einmal wünschen würde, dass die Kollegin Hammann im Plenum zu diesem Thema vorträgt. Ich wünsche ihr von dieser Stelle aus gute Besserung.
Herr Al-Wazir,das,was Sie heute Morgen vorgetragen haben, entbehrte jeglicher Realität. Der Titel dieser Aktuellen Stunde „Hochgradige Betreibergläubigkeit des hessischen Umweltministers“ ist nicht nur eine Provokation, sondern er ist auch falsch in der Sache. Es ist eine bodenlose Unverschämtheit gegenüber dem Umweltminister, und ich weise das in aller Schärfe zurück.