Protocol of the Session on July 13, 2006

in die noch die Pensionsleistungen der Lehrer eingerechnet sind, sind wirklich kein schlagfähiges Argument.

(Beifall bei der SPD – Zuruf der Ministerin Karin Wolff)

Ihre Redezeit.

Frau Präsidentin,ich will zum Schluss kommen.– Die Kultusministerin hat sich gestern dazu geäußert, sie sei wohlgemut, dass es keine Änderungsanträge zu ihrem Gesetzentwurf gibt.Wir haben unsere Bedenken in einem Dringlichen Antrag zu Papier gebracht – eine letzte Chance, sich mit Argumenten auseinander zu setzen.

(Lachen des Abg. Hans-Jürgen Irmer (CDU))

Aber Ihre Gesetzesvorlage kann man nicht durch Änderungsanträge verbessern. Die kann man nur in den Müll werfen.

(Beifall bei der SPD)

Für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat Herr Kollege Wagner das Wort.

(Michael Boddenberg (CDU): Jetzt kommt das Gleiche noch einmal!)

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sagt Ja zur verlässlichen Schule, aber Nein zur Verschlechterung der Qualität an unseren Schulen. Deswegen lehnen wir den Gesetzentwurf der CDU ab.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Wenn man sich die Anhörung etwas genauer anschaut, als das die Kollegen von der CDU getan haben, dann kann man das, was uns die Angehörten gesagt haben, glaube ich,unter einer Überschrift zusammenfassen.Sie haben Ja zur verlässlichen Schule und Nein zur Unterrichtsgarantie plus gesagt. Das war das Fazit der Landtagsanhörung, die wir hier durchgeführt haben.

(Beifall der Abg. Kordula Schulz-Asche (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN))

Der Kollege Herr hat gesagt, er will eine ganz sachliche Diskussion.Herr Kollege Herr,das wollen wir auch.Dann schauen wir uns doch etwas einmal ganz sachlich an. Das Land stellt den Schulen zusätzliche Mittel zur Verfügung. Trotzdem sagen alle an Schulen beteiligten Eltern, Lehrerinnen und Lehrer, Schülerinnen und Schüler: Wie ihr es macht, ist es falsch.

(Michael Boddenberg (CDU): Quatsch!)

Es ist doch ein ziemlich einmaliger Vorgang, dass Schulen zusätzliche Mittel bekommen, aber trotzdem aus berechtigten Sorgen um die Qualität sagen: So, wie Sie es machen wollen, geht es nicht.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Lothar Quanz (SPD) – Michael Boddenberg (CDU): So ein Unsinn!)

Das sollte in einer sachlichen Debatte der CDU doch auch zu denken geben. Es ist eben keine Unterrichtsgarantie plus, die Sie hier vorgelegt haben. Es ist eine Unterrichtsgarantie murks, die zu Recht von den an den Schulen Beteiligten abgelehnt wird.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Petra Fuhrmann (SPD))

Es sollte Ihnen doch zu denken geben, dass bei einer Veranstaltung der CDU im März,als die Bundeskanzlerin auf das Thema Unterrichtsabdeckung in Hessen zu sprechen kam, gebuht wurde.

(Michael Boddenberg (CDU): Fünf GRÜNE und drei Sozis waren da!)

Herr Generalsekretär Boddenberg, das sollte Ihnen in einer sachlichen Debatte doch zu denken geben.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Ihnen sollte doch zu denken geben, dass die Frau Kultusministerin bei einer Veranstaltung in Marburg im angeblichen Bildungsland Nr. 1 noch nicht einmal mehr das Gespräch mit Studierenden über ihre Bildungspolitik sucht, sondern als Polizistin verkleidet die Veranstaltung aus dem Hinterausgang verlässt. Das sollte Ihnen doch in einer sachlichen Debatte zu denken geben.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Hans-Jürgen Irmer (CDU): Schwachsinn!)

Meine Damen und Herren, Ihnen sollte zu denken geben, dass vor nicht einmal zwei Wochen 7.000 Menschen im angeblichen Bildungsland Nr. 1 gegen die Bildungspolitik der Landesregierung demonstriert haben. Meine Damen und Herren, in einer sachlichen Debatte sollte Ihnen das zu denken geben.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD – Zuruf des Minis- ters Karlheinz Weimar)

Mit dem Gesetz,das Sie jetzt vorgelegt haben,machen Sie drei Kardinalsfehler.

(Jörg-Uwe Hahn (FDP): Erstens!)

Erstens, Herr Kollege Hahn, verwischen Sie die Grenze zwischen Betreuung und Unterricht.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Andrea Ypsilanti (SPD) – Jörg-Uwe Hahn (FDP): Ich nicht!)

Das ist der erste Kardinalfehler. Niemand in diesem Land hätte etwas dagegen, wenn für die Betreuung bei kurzfristigem Unterrichtsausfall in den ersten zwei Tagen auch Nichtpädagogen eingesetzt werden dürfen.Mit Ihrem Gesetzentwurf sagen Sie aber: Nichtpädagogen und Leute, bei denen die Qualifikation nicht hinreichend bestimmt ist, dürfen bis zu fünf Wochen an unseren Schulen unterrichten. Damit verwischen Sie die Grenze zwischen Betreuung und Unterricht. Das geht zulasten der Qualität. Meine Damen und Herren, deswegen lehnen wir das ab.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Es gibt ein sehr interessantes Statement des Pressesprechers des Kultusministeriums aus dem „Darmstädter Echo“ vom 27. Juni:

Die gesamte Vertretungsdiskussion bezieht sich nach Boergens Darstellung ohnehin nur auf die ersten Tage des Unterrichtsausfalls. „Schlimmstenfalls gibt es zwei Tage angeleitetes Lernen“, sagt der Pressesprecher. Für längerfristige Ausfälle ab dem vierten Tag organisiere das Staatliche Schulamt die Vertretung.

Frau Kultusministerin, das ist das Modell von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, aber nicht das, was in Ihrem Gesetz steht. Genau das ist der Unterschied.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Wenn es so wäre, dass das Staatliche Schulamt ab dem dritten Tag für den geforderten Fachunterricht fachlich qualifizierte Kräfte zur Verfügung stellt, dann wäre das ein gutes Modell, dann hätten Sie unsere Zustimmung. Das hatten wir vorgeschlagen.Ich entnehme dem,dass Ihr eigener Pressesprecher mittlerweile das Konzept der GRÜNEN als Ihres ausgibt, dass Sie mittlerweile eingesehen haben, dass das der richtig Weg gewesen wäre und dass es eine gute Idee gewesen wäre, es so zu machen, Frau Kultusministerin. Leider machen Sie es heute in Ihrem Gesetz anders.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Der zweite Kardinalfehler ist, dass Sie den schwarzen Peter für Unterrichtsausfall an die Schule abschieben wollen. Das ist der einzige Grund, weshalb Sie nicht zwischen Betreuung und Unterricht trennen. Sie wollen diesen Graubereich.Sie wollen,dass nicht mehr nachvollziehbar ist,wo die Kultusministerin zu wenig Stellen zur Verfügung gestellt hat und wo die Schulen den Betreuungspool nicht richtig aufgebaut haben. Diese Grenze wollen Sie nicht mehr,weil Sie sich aus Ihrer Verantwortung – wie ich finde, einer originär staatlichen Verantwortung – für eine ausreichende Personalausstattung an unseren Schulen zurückziehen.Das ist der zweite Kardinalfehler in diesem Gesetz.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Michael Bodden- berg (CDU))

Frau Ministerin Wolff, seit sieben Jahren sagen Sie, Sie wollten die Unterrichtsgarantie. Seit sieben Jahren haben Sie es nicht hinbekommen. Jetzt sollen die Schulen das ausbaden, woran Sie gescheitert sind.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Hans-Jürgen Irmer (CDU): Sie sagen doch bewusst die Unwahrheit!)

Herr Kollege Irmer, machen Sie es einmal ein paar Dezibel leiser. Zu Ihnen kommen wir in unserem Änderungsantrag noch. Machen Sie es einmal ein paar Dezibel leiser.

(Hans-Jürgen Irmer (CDU): Sie sagen bewusst die Unwahrheit! Dummes Zeug, was Sie erzählen! Das ist gelogen! – Zuruf des Abg. Michael Boddenberg (CDU))

Ganz ruhig, Herr Kollege Irmer. – Die Schulen sollen ausbaden, was die CDU im Wahlprogramm versprochen hatte. Unsere Schule haben Besseres zu tun, als die gebrochenen Wahlversprechen der CDU zu erfüllen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Der dritte Kardinalfehler Ihres Gesetzes – wie auch leider Ihrer Schulpolitik insgesamt – ist, dass Sie mit dem Kopf durch die Wand wollen und dass Sie Reformen und Veränderungen gegen die Schulen durchsetzen wollen.

Meine Damen und Herren, wenn wir an unseren Schulen aber nachhaltig etwas verändern wollen, wird das nur mit den Schulen gehen. Frau Kultusministerin, dann darf man Schulleitern nicht mit Abordnungen drohen. Dann darf man keine Maulkörbe erlassen, sondern müsste vielleicht einmal das ernst nehmen, was einem die Praktiker sagen, und müsste auch Konsequenzen aus dem ziehen, was uns die Angehörten in der Anhörung gesagt haben. – Sie haben das leider nicht getan.

Frau Kultusministerin, wenn Sie dann in der „FAZ-Sonntagszeitung“ davon sprechen, dass Sie die Schulen unter Veränderungsstress setzten, dann kann ich Ihnen sagen: Die Wahrnehmung an den Schulen ist nicht, dass Sie Veränderungsstress ausstrahlen; die Wahrnehmung ist, dass Sie für unsere Schulen eine Belastung sind. Das ist die Wirklichkeit in unserem Lande.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)