Meine Damen und Herren, was Sie hier als Zehn-PunkteProgramm vorlegen, das ist ein Gremien gebärendes Zehn-Punkte-Programm zum Bürokratieaufbau. Es ist genau das Gegenteil dessen, was Mittelständler von Politik erwarten. Lassen Sie mich an einigen wenigen Beispielen deutlich machen, was Sie an zusätzlicher Bürokratie aufbauen: Sie wollen eine Verbindungsstelle zwischen hessischer Wirtschaft und EU. Dafür besteht überhaupt kein Bedarf. Sie wollen regionale Kompetenznetzwerke und wollen von oben in die Regionen hineinregieren, wo es bereits funktionierende Strukturen gibt. Sie wollen einen Mittelstandsbeirat, und Sie wollen eine Projektgruppe aus Vertretern von klein- und mittelständischen Unternehmen,Verwaltung und Politik.
Meine Damen und Herren,der Informationsfluss über die Kammern und Berufsverbände läuft hervorragend.
Da sind keine Sozialdemokraten erforderlich. Sie toppen das Ganze mit einer Mittelstandsauswirkungsklausel. All das haben wir schon vor einigen Monaten ausführlich fachlich diskutiert. Wir haben Ihnen sehr deutlich dargelegt,dass es ein Bürokratiemonstrum würde,wenn wir das in die Tat umsetzten. Eine Mittelstandsauswirkungsklausel – das will ich an dieser Stelle ganz deutlich sagen – ist nach Meinung unserer Fraktion überhaupt nicht erforderlich. Die Mittelstandspolitik wird bei uns als eine Querschnittsaufgabe sehr ernst genommen. Wir sind mit dem Kopf immer dabei, und wir wissen bei all dem, was wir tun und was wir entscheiden, dass wir den Mittelstand und die Auswirkungen auf ihn berücksichtigen müssen.
Frau Tesch,dass Sie ein Bürokratiemonster aufbauen wollen, wird – wenn auch zugegebenermaßen etwas verklausuliert – durch einen Satz in der Begründung mehr als deutlich, den ich sehr entlarvend finde und den ich mit Ihrer Erlaubnis, Herr Präsident, zitiere: Es müsse ein Maß an Regelungsdichte gefunden werden, „das unternehmerische Betätigung nicht durch bürokratische Hemmnisse erschwert,“ – das ist so weit in Ordnung – „aber gleichzeitig auch berechtigten Belangen des Arbeits-,Verbraucherund Umweltschutzes Rechnung trägt“.
Das ist aufgrund der Erfahrungen der vergangenen Jahre für Mittelständler eine Bedrohung, wenn es aus dem Munde oder der Feder von Sozialdemokraten kommt.
Deshalb setzen wir dem einen wirkungsvollen Bürokratieabbau entgegen, indem in Hessen erstmalig unter CDU/FDP-Regierung Gesetze und Verordnungen befristet wurden, indem bereits seit 1999 40 % aller Verwaltungsvorschriften und 15 % aller Rechtsverordnungen gestrichen wurden. Weitere 13 % der Gesetze und 15 % der Verwaltungsvorschriften stehen noch auf der Streichliste.
Auch die von uns unterstützte Statistikreform auf Bundesebene, die dazu geführt hat, dass in Hessen 15.000 – das sind 70 % – Meldungen weniger von kleinen und mittleren Industrieunternehmen an das Statistische Landesamt erfolgen müssen, ist ein wesentlicher Beitrag dazu, Bürokratie in unserem Land abzubauen.
Frau Kollegin Tesch, an dieser Stelle komme ich auf das von Ihnen angesprochene Mittelstandsförderungsgesetz zu sprechen, von dem Frau Kollegin Schönhut-Keil vor einem Jahr an dieser Stelle sehr treffend sagte, dass niemand so richtig gemerkt hat, dass es dieses Gesetz gibt, weil dort auch nichts geregelt wird, was noch der Regelung bedarf.
Unter diesem Aspekt muss es gerechtfertigt sein, sich auch dieses Gesetz genau anzuschauen und zu schauen, in welche Richtung es novelliert werden kann, oder auch zu prüfen, wie wir es im vergangenen Jahr getan haben, ob man gegebenenfalls darauf verzichten kann. Das ist legitim, nicht weniger und nicht mehr tun wir.
Meine Damen und Herren, kommen wir zu unserer Politik. Wir nehmen uns der Aufgaben der Zukunft an. Für uns gilt im Gegensatz zu Ihnen die Maxime: Handeln statt Diskutieren. Wir wissen, dass sich der Mittelstand den Herausforderungen der Globalisierung stellen muss. Wenn Sie in den Mittelstandsbericht der Hessischen Landesregierung vom vergangenen Jahr schauen, wird deutlich, wie Osterweiterung und Internationalisierung inzwischen auch beim Mittelstand – selbst nach der EU-Definition: bis 250 Mitarbeiter – eine entscheidende Rolle spielen. 63 % aller betroffenen Unternehmerinnen und Unternehmer bejahen die Frage, ob die Internationalisierung und Osterweiterung unmittelbaren Einfluss auf ihre Betriebe haben.
Deshalb machen wir eine Politik, die im Gegensatz zu Ihrer Politik dem Mittelstand kein Korsett anlegt, sondern wir schaffen einen Rahmen, in dem er sich frei bewegen kann. Das will ich an einigen Beispielen einer erfolgreichen Mittelstandspolitik der Hessischen Landesregierung und unserer Fraktion deutlich machen. Ich mache das in Stichworten und vertiefe es nicht, weil wir ohnehin im Thema sind, die Öffentlichkeit durch die gute Informationspolitik im Bilde ist und ich bei Sozialdemokraten die Hoffnung aufgegeben habe, dass die Inhalte zu transportieren sind.
Wir haben uns der innerstädtischen Geschäftsquartiere angenommen.Wir haben mit der „Bürgschaft ohne Bank“ eine Möglichkeit geschaffen, dass Existenzgründer auch in Zeiten von Basel II die Chance haben, eine Existenz zu gründen, wenn sie das Häuschen der Oma nicht mit ins Spiel bringen können. Wir haben – das war Gegenstand der Fragestunde am gestrigen Tag – mit Hessen-Invest
Start auch für technologieorientierte Existenzgründer ein maßgeschneidertes Programm geschaffen. Wir haben, auch wenn Sie das gerne bestreiten,den Hochschulzugang für Handwerksmeister an den hessischen Universitäten ermöglicht.
Wir haben in dem Ausbildungspakt Hand in Hand mit der hessischen Wirtschaft dafür gesorgt, dass möglichst alle Bewerber einen Ausbildungsplatz in Hessen bekommen.
Wir haben uns auch der schwierigen Gruppen angenommen, indem die Mittel für die Altbewerber und für das Konkurslehrlingsprogramm verdoppelt wurden. Wir haben die Beratung bei PPP intensiviert, indem sowohl die Auftraggeber als auch die Auftragnehmer mit maßgeschneiderten Broschüren und Informationsmaterial versorgt werden.
Wir haben das Vergaberecht novelliert, indem wir die Grenzen für die freihändige Vergabe angehoben haben. Wir sind in diesen Tagen dabei,in der Fraktion Vorschläge zur Weiterentwicklung des Vergaberechts zu erarbeiten.
Wir haben uns – auch das ist ein wichtiger Punkt – dem Pfändungsschutz der privaten Altersvorsorge Selbständiger mit dem Ziel angenommen, sie der gesetzlichen Altervorsorge gleichzustellen. Wir sind dabei, das große Problem der Beiträge zur gesetzlichen Unfallversicherung für den Mittelstand zu lösen.
Meine Damen und Herren, ich will nur am Rande die großen Infrastrukturprojekte der Flughäfen in Frankfurt und in Calden ansprechen. Frau Kollegin Tesch, nur so viel zu Nordhessen: Die Wirtschaftsförderung und die Infrastrukturförderung in Nordhessen sind überproportional gut.Sie zeigen in den Arbeitsmarktzahlen in Kassel und in der Region ihre positiven Wirkungen. Dass Sie das ignorieren, ist Ihr Problem.
Lassen Sie mich einige wenige Worte zur Energiepolitik sagen. Es ist geradezu abenteuerlich, welche Wahrnehmung die Sozialdemokraten haben oder was sie vorgeben, als Wahrnehmung zu haben.
Das steht in krassem Gegensatz zu der Wahrnehmung in der bundesdeutschen Öffentlichkeit. Wenn die „Bild“Zeitung titelt: „Super-Rhiel“, sprechen Sie von „Mutter Teresa“. Das zeigt, wie weit Sie von der Realität entfernt sind.
Diese mutige Politik gegen eine Erhöhung von Energiepreisen und damit für den Wirtschaftsstandort Hessen wird bundesweit, wird national honoriert. Nur die kleinkarierten Sozialdemokraten in der hessischen SPD-Landtagsfraktion haben dies noch nicht erkannt. Das ist bedauerlich, aber ich befürchte, es ist nicht zu ändern.
Jetzt zu dem alten Hut, Hessen-Agentur und IBH müssten zusammengeführt werden. Meine Damen und Herren, wir haben gemeinsam mit Ihren Stimmen im vergangenen Jahr die IBH von einer AG in eine Anstalt des öffentlichen Rechts umgewandelt, um die Refinanzierungsmöglichkeiten zu verbessern. Damals waren Sie erfreulicherweise auf unserer Seite. Wir wissen, weil es sich im Praxisbetrieb bewährt hat,
dass die Trennung von monetärer Förderung einerseits bei der IBH und von Beratungstätigkeit andererseits bei der Hessen-Agentur ein Erfolgskonzept ist. Es hat sich, wie ich sagte, in der Praxis bewährt, und es wird keine Änderung in Ihrem Sinne geben, weil das ein Rückschritt in der Wirtschaftsförderung wäre.
Meine sehr verehrten Damen und Herren,lassen Sie mich abschließend noch einige wenige Bemerkungen zum Antragsteller machen und vor allem auch die Frage stellen: Wie wird die SPD bei den kleinen und mittelständischen Unternehmen wahrgenommen? Sie werden bei den Unternehmerinnen und Unternehmern in Hessen als diejenigen wahrgenommen, die Seite an Seite mit der Gewerkschaft sinnvolle Betriebsvereinbarungen torpedieren und damit Betriebe in Turbulenzen bringen.
Sie sind diejenigen, die der Novellierung der HGO widersprochen haben, als es um das Subsidiaritätsprinzip ging, das wir in § 121 Abs.4 der HGO eingeführt haben,weil Sie immer noch Kommunalbetrieb und Staatswirtschaft den absoluten Vorrang vor freiem Unternehmertum geben.
Sie werden als diejenigen wahrgenommen, die die Nivellierung unterschiedlicher ökonomischer Verhältnisse in unserer Gesellschaft zum Ziel haben und sich mit dem mittelständischen Grundsatz, dass sich Leistung lohnen muss, nicht identifizieren können.
Das Ganze findet den Ausdruck darin, dass im Verhältnis von Sozialdemokraten insbesondere zu den größeren Betrieben des Mittelstandes noch viel Missgunst im Spiel ist, weil Sie alle, die nicht ins Koordinatenkreuz von BAT und Beamtenrecht passen, von vornherein mit Misstrauen beäugen. Diese Leute sind Ihnen suspekt.
Da wirkt es wie Hohn, wenn Ihr Fraktionsvorsitzender Walter gegenüber der „FAZ“ erklärt, die SPD wolle das Sprachrohr des Mittelstandes sein.
Ich kann Ihnen sagen, der Mittelstand hat kein Kommunikationsproblem. Es gibt fähige Interessenvertreter in den Berufsverbänden, in den Kammern, die durchaus als selbstbewusste Unternehmer in der Lage sind, mit denjenigen zu kommunizieren, mit denen sie es für erforderlich halten.
Ich stelle abschließend fest: Der Mittelstand braucht keine Lautsprecher. Er braucht handlungsfähige und leistungsfähige Partner in der Politik. Das ist die hessische Union, und das wird auch so bleiben.