Protocol of the Session on July 12, 2006

(Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Er muss schizophren sein!)

seit er mit seiner Kampagne wie ein Marktschreier durchs Land reist und verkündet, alle Haushalte werden ab kommendem Jahr ca. 70 c beim Strom sparen. Ich freue mich über jede Entlastung,

(Michael Boddenberg (CDU): Auch die Mittelständler!)

die Familien zugute kommen.Aber, Herr Dr. Rhiel, seien Sie doch einmal ehrlich: Reicht es als Wirtschaftsminister, die vermeintliche Mutter Teresa der Stromverbraucher zu sein?

(Beifall bei der SPD)

Die vier großen Konzerne schmunzeln über Ihr schweißtreibendes Handeln, und die kleinen Stromanbieter gehen in die Knie. Damit bauen Sie in Hessen ohne große Not weitere Arbeitsplätze ab.

(Beifall bei der SPD)

Unterm Strich werden sich am Ende zwei Stromkonzerne den Markt teilen. Was Monopolisten tun, wissen wir, seit es sie gibt: Preise rauf, Mitarbeiterzahlen runter. Herr Dr. Rhiel, Sie sind seit über drei Jahren im Amt. Sie haben Netzwerke geknüpft, Broschüren gedruckt, Lippenbekenntnisse abgegeben, feine Reden gehalten – viel Input, no Output.

(Beifall bei der SPD)

Macht diese Arbeit eigentlich Freude, wenn man sich abrackert und nichts dabei herauskommt, wenn man sieht, dass Hessen nicht mehr einen der Spitzenplätze einnimmt und sich in der Dynamik im letzten Drittel befindet? Beunruhigt es Sie überhaupt nicht, dass unsere Arbeitslosenzahlen bundesweit am geringsten sinken?

(Beifall bei der SPD)

Warum wollen Sie eine Task-Force nicht unterstützen, um Not leidende Betriebe vor der Insolvenz zu retten? Eine Art Schuldnerberatung für kleine und mittlere Unternehmen könnte in der Region Arbeitsplätze sichern und Betriebe erhalten.Wenn der Insolvenzverwalter vor der Tür steht,dann ist es oft zu spät.Viele Unternehmen suchen in dieser Situation Unternehmens- und Betriebsberater auf – wo oft noch gutes Geld schlechtem hinterhergeworfen wird.

(Michael Boddenberg (CDU): Das ist richtig, Frau Kollegin!)

Lassen Sie es zu, dass Unternehmen, wenn es um ihre Belange geht, unabhängig von Verbänden ein Mitspracherecht bekommen. Herr Boddenberg, wenn Sie von längst bekannten Positionen reden, dann frage ich Sie: Warum beteiligen Sie sich nicht an der Stärkung des Mittelstandes und lehnen gute Vorschläge ab? Ich habe von Ihnen im letzten Jahr nicht eine Initiative oder einen Antrag gesehen.

(Beifall bei der SPD – Zuruf des Abg.Michael Bod- denberg (CDU))

Herr Koch, es scheint, als hätten Sie das Land längst aufgegeben.Ich kann auch von Ihrer Seite keinerlei Initiative erkennen, die unser Land wieder an die Spitze bringt, den Mittelstand stärkt und Kleinbetrieben eine Perspektive gibt;

(Zuruf des Abg.Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD))

ganz zu schweigen von Ihrem Aussitzen der Probleme in Bezug auf den Bankenstandort und den Ausbau des Frankfurter Flughafens.

(Beifall bei der SPD)

Ihre Bühne scheint Berlin zu sein. Hessen spielt bei Ihnen die zweite Geige. Zum wiederholten Male legen wir Vorschläge vor, die ein Anfang sein könnten, um Hessen auf den Spitzenplatz in Deutschland zu hieven. Ein Großteil unserer Forderungen ist kurzfristig umsetzbar und könnte eine Initialzündung hervorrufen. Wer so oft wie Sie in Berlin tingelt, der muss auch mitbekommen haben, was gerade zur Chefinnensache erklärt worden ist: Die Ideen von Gerhard Schröder und seinem Team sind von Frau Merkel übernommen worden und letzte Woche an den Start gegangen.

(Dr.Walter Lübcke (CDU): Gasprom!)

Die Entlastung und Förderung des Mittelstandes und der kleinen und mittleren Unternehmen stehen dort im Fokus. Es ist ein Mittelstandsentlastungsgesetz: die Entlastung von bürokratischen Vorschriften und Hürden, die Einsetzung eines Normenkontrollrates und die Einführung eines Standardkostenmodells, um Bürokratie messbar machen zu können und sie hinsichtlich Hemmnissen für diese Unternehmen zu untersuchen. Das Ziel der Bundesregierung ist die Stärkung des Mittelstandes, der Ausbau von Forschungs- und Entwicklungspolitik und der weitere Abbau von Bürokratie und Überregulierung. Für mehr Wachstum und Beschäftigung steht daher dort die Stärkung des Mittelstands im Mittelpunkt; denn kleinen und mittleren Unternehmen kommt eine zentrale Bedeutung zu,wenn es darum geht,Wachstumsmärkte im Inund Ausland zu erschließen,die Beschäftigungschancen in unserem Land zu erhöhen, Innovationen schnell und erfolgreich in neue Produkte umzusetzen sowie eine rationale Energieverwendung und -einsparung zu nutzen. Zeitgleich ergeht an die Länder die Aufforderung, Gleiches zu tun.Warum tun Sie das nicht?

(Beifall bei der SPD)

Es ist für Hessen und unsere Wirtschaft eine große Chance, wenn wir nun an einem Strang ziehen. Herr Dr. Rhiel, die Aufforderung zur Unterstützung des Mittelstandes zieht sich wie ein roter Faden durch die Arbeit der SPD-Fraktion, und wir hören auch nicht auf, Sie daran zu erinnern.

(Beifall bei der SPD)

Bekanntlich lernen Menschen durch ständige Wiederholung – bei der Landesregierung kann ich überhaupt keinen Lernprozess feststellen. Erst im Januar dieses Jahres haben wir zum Bürokratieabbau und zur Überregulierung einen Berichtsantrag gestellt und Sie unter anderem gefragt, ob Sie eine Mittelstandsauswirkungsklausel einführen würden. Der wesentliche Kern Ihrer Antwort war, der bürokratische Aufwand sei zu groß, um die Unternehmen zu entlasten.

(Michael Boddenberg (CDU): Das hilft keinem Menschen, außer Ihnen!)

Ihre Antwort ist ein Armutszeugnis und, wenn man es genau nimmt, eine Frechheit.

(Beifall bei der SPD)

Herr Boddenberg, Sie sprechen, wenn es um Bürokratieabbau geht,weiterhin von einem bürokratischen Monster. Sie haben es leider nicht verstanden. In den Niederlanden hat es dazu geführt, dass Tausende Arbeitsplätze entstanden sind. SAP und E-Government wurden in Hessen eingeführt, und die Verwaltung wurde mit großem Aufwand auf Produkthaushalte umgestellt. Das alles sind Grundlagen für die Einführung von Standardkostenmodellen. Sie schaffen die Möglichkeit, Bürokratie messbar zu machen und hinsichtlich Sinn oder Unsinn zu überprüfen.

Herr Dr. Rhiel, ich hoffe, dass wir von Ihnen anschließend nicht nur nette Lippenbekenntnisse hören.Die Unternehmen sind es leid, Ihre Broschüren und Schriften zu lesen. Wir wollen von Ihnen auch nicht immer wieder hören,wie wichtig der Mittelstand sei. Das wissen wir schon seit langem.Wir wollen auch nicht hören,wie sich der Mittelstand hinsichtlich der Ausbildungsplätze anstrengt.Auch das ist uns bekannt.Einen Stromminister brauchen wir nicht und einen Berliner Abgeordneten in diesem Hause ebenso nicht.

(Beifall bei der SPD)

Lesen Sie unsere Forderungen aufmerksam, stimmen Sie zu, und packen Sie es vor allen Dingen an.

(Zuruf des Abg. Michael Boddenberg (CDU))

Ich gehe auf Ihren Antrag nicht ein, da Sie sich mit fremden Federn schmücken. Die schlechten Zahlen belegen: Es reicht einfach nicht, was Sie tun. – Danke schön.

(Anhaltender Beifall bei der SPD)

Der nächste Redner ist Herr Abg. Williges für die Fraktion der CDU.

Herr Präsident,meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Kollegin Tesch, bei aller persönlichen Wertschätzung

(Zuruf von der SPD: Oh!)

und Anerkennung Ihrer Bemühungen muss man bei der Analyse Ihres Antrags doch feststellen,dass er ein frischer Aufguss einer alten Substanz ist

(Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Na, so frisch war der Aufguss auch nicht!)

und dass von Impulsen keine Rede sein kann. Es ist der Aufguss eines SPD-Antrags in diesem Hause vom vergangenen Jahr, kombiniert mit einem Antrag aus Berlin vom Februar dieses Jahres, der fast wortgleich übernommen worden ist.

(Silke Tesch (SPD): Das stimmt überhaupt nicht!)

Wir stellen fest, in diesem einen Jahr hat sich vieles getan: Der Mittelstand hat an der positiven konjunkturellen Entwicklung in diesem Land partizipiert. Die Mittelstandsförderpolitik des Landes Hessen ist vorangekom

men, nur die SPD hat sich bedauerlicherweise – wie so oft – nicht bewegt.

(Beifall bei der CDU)

Ihr Antrag ist nicht gereift, sondern er wirkt abgestanden, und es ist ganz offensichtlich, dass die Sozialdemokraten versuchen, den mangelnden Rückhalt im Mittelstand durch blinden Aktionismus zu kompensieren.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, wir Christdemokraten sind permanent mit Mittelständlern im Gespräch. Wenn man sie konkret fragt, welche Erwartungen sie an die Politik stellen, dann sagen sie ziemlich knapp, präzise und zugegebenermaßen auch etwas verkürzt: Lasst uns in Ruhe arbeiten, und redet uns so wenig wie möglich rein.

(Lachen bei Abgeordneten der SPD)

Meine Damen und Herren, was Sie hier als Zehn-PunkteProgramm vorlegen, das ist ein Gremien gebärendes Zehn-Punkte-Programm zum Bürokratieaufbau. Es ist genau das Gegenteil dessen, was Mittelständler von Politik erwarten. Lassen Sie mich an einigen wenigen Beispielen deutlich machen, was Sie an zusätzlicher Bürokratie aufbauen: Sie wollen eine Verbindungsstelle zwischen hessischer Wirtschaft und EU. Dafür besteht überhaupt kein Bedarf. Sie wollen regionale Kompetenznetzwerke und wollen von oben in die Regionen hineinregieren, wo es bereits funktionierende Strukturen gibt. Sie wollen einen Mittelstandsbeirat, und Sie wollen eine Projektgruppe aus Vertretern von klein- und mittelständischen Unternehmen,Verwaltung und Politik.