Die GRÜNEN haben in den letzten Wochen nichts unversucht gelassen, sich als Botschafter für die Arbeitsagentur quasi missbrauchen zu lassen. Vielleicht war es kein Missbrauch, sondern sie haben es freiwillig gemacht; das weiß ich nicht.Auf jeden Fall hat der Kollege Bocklet sehr aktiv für die BA geworben, was ich einerseits okay finde; denn wenn er ein so gutes Verhältnis mit der BA hat, ist es in Ordnung.Auf der anderen Seite teilen wir die Auffassung nicht, Herr Kollege Bocklet, dass die Bundesagentur der bessere Part im Bereich von Hartz IV ist.
Die ersten eineinhalb Jahre SGB II haben klar gezeigt: Die Verschiebebahnhöfe, die wir beseitigen wollten, haben wir nicht beseitigt. Im Gegenteil, jetzt sind für die Betreuung von Langzeitarbeitslosen teils die Kommunen, teils die Arbeitsgemeinschaften von Kommunen und Arbeitsagentur und teils die Bundesagentur in Alleinzuständigkeit zuständig.
Die erzwungene Kooperation zwischen der BA und den Kommunen funktioniert in keiner Weise. Sie funktioniert deshalb nicht, weil die zentralistische Steuerung der Bundesagentur für Arbeit immer wieder zu Problemen führt. Eine zentralistisch gesteuerte Bundesagentur kann eben nicht flexibel auf die Probleme vor Ort eingehen. Sie ist an die Anweisungen aus Nürnberg gebunden. Wenn vor Ort ein Problem auftritt, kann sie eben nicht flexibel Lösungen auflegen. Ganz im Gegenteil, sie ist von Anweisungen abhängig.
Gerade die Zeitverzögerungen, die sich bei der zentralistischen Steuerung der Arbeitsmarktpolitik ergeben, sind unserer Ansicht nach das Problem.
Die Zeitverzögerungen durch nicht abgestimmte Software und mangelnde Transparenz beim Datenaustausch haben die Probleme verschärft.Ich werde gleich noch darauf eingehen. Die nicht vorliegenden Zahlen sind sicherlich kein Problem allein der Landesregierung, Herr Kollege Bocklet. Das ist ein Problem, dessen Ursache wir an anderer Stelle suchen müssen. Es war unserer Ansicht nach vom Grundsatz her ein Fehler, die Beziehern von ALG-II der Bundesagentur für Arbeit als verantwortliche Stelle zuzuweisen. Die Bundesagentur ist, wie sich gezeigt hat, komplexen Aufgaben in keiner Weise gewachsen, und die zentralistische Struktur ist das Hauptproblem.
Es wäre richtig gewesen, die Kommunen mit der Aufgabe der Reintegration der Arbeitslosen zu betrauen, und eine kommunale Trägerschaft mit der damit verbundenen De
Nur die Kommunen sind nämlich in der Lage, die vor Ort vorhandenen Probleme zu lösen. Sie sind in der Lage, einen Kontakt zu den Arbeitgebern vor Ort aufzubauen.Sie sind in der Lage,im Rahmen ihrer Möglichkeiten auch die Arbeitshemmnisse, die bei den Langzeitarbeitslosen vorhanden sind, richtig abzubauen. Das haben wir in den vergangenen Monaten sehen können.
Wer mit den Optionskommunen und den Arbeitsgemeinschaften in Hessen spricht, der kann bei keinem der beiden Modelle feststellen, dass sich die Leute nicht bemühen. Man kann aber feststellen, dass es bei den Arbeitsgemeinschaften gerade im Rahmen der Kompetenzfrage immer wieder Probleme gibt. An dieser Schnittstelle entscheiden sich viele Fragen. Deshalb sagen wir Liberale: Diese Schnittstellenproblematik könnte man lösen, indem man den Kommunen die alleinige Zuständigkeit gibt.
Die Debatte darf aber nicht darüber hinwegtäuschen – das hat der Kollege Bocklet meiner Meinung nach nicht zutreffend gesagt –,dass es auch im Rahmen von Hartz IV Fälle von Missbrauch gibt. Dabei handelt es sich nicht immer um Leistungsmissbrauch, sondern es gibt auch einen Missbrauch von Verantwortung.Wenn es in Hessen Kommunen gibt, wo 50 % der unter 25-Jährigen nicht zu den Profilinggesprächen erscheinen, dann zeigt das doch, dass es sowohl auf der Seite der Leistungsempfänger als auch auf der Seite der Leistungsgeber Probleme gibt. Es kann doch nicht wahr sein, dass die wenigen Sanktionsmöglichkeiten teilweise nicht richtig genutzt werden. Es muss aber auch die Frage gestellt werden, ob die Sanktionsmöglichkeiten, die wir haben, überhaupt ausreichend sind. Ich sage: Die Sanktionsmöglichkeiten sind nicht ausreichend.Wenn eine Person, die auf Hartz IV angewiesen ist, die ihr möglichen Anstrengungen, wieder ins Erwerbsleben zurückzufinden, nicht unternimmt, dann macht diese Person etwas falsch. Das darf von der Gesellschaft nicht belohnt werden.
Ich will auf die Diskussion über die nicht vorliegenden Zahlen eingehen, die in den letzten Wochen sehr intensiv geführt wurde. Dazu will ich ganz sachlich sagen: Wir teilen die Kritik der GRÜNEN nicht.Zutreffend ist:Es wäre gut gewesen, wenn wir nach eineinhalb Jahren Zahlen vorliegen hätten, um seriös entscheiden zu können, welches der Modelle, ob die Option oder die Arbeitsgemeinschaft, das bessere ist. Das sieht die Landesregierung genauso.
Herr Kollege Bocklet, wir können uns die Zahlen aber nicht herzaubern. Die Landesregierung schreibt auch die Computerprogramme nicht selbst. Es mag ja sein, dass sie einen guten Draht zu Microsoft hat, aber Microsoft hätte uns bei diesem Problem auch nicht helfen können.
Der Vortrag, den wir im Sozialpolitischen Ausschuss gehört haben, hat doch klar gezeigt, dass das Problem nicht auf der Seite der Landesregierung liegt, weil diese rechtlich überhaupt keine Handhabe in diesem Bereich hat, sondern es liegt auf der Seite der Bundesagentur für Arbeit und der Optionskommunen, die bei der Wahl der Software nicht ordentlich gesteuert haben, sodass die Erstellung einer vergleichbaren Statistik nicht möglich ist.
Deshalb kann man sich nicht einfach hierhin stellen und sagen, Frau Lautenschläger erfülle ihren Job als Arbeitsministerin nicht. Das ist wirklich zu kurz gesprungen. Ich sage für die FDP ganz offen:Wir sind der Auffassung, dass die Landesregierung vieles in diesem Bereich tut, weil sie ein Interesse daran haben muss, dass wir beide Systeme miteinander vergleichen können. Diesen Wettbewerb wollten wir, und als FDP sagen wir, diesen Wettbewerb werden wir auch durchziehen. Wir werden sehen, welche Variante zum Schluss die bessere ist.
Die Frau Kollegin Schulz-Asche hat die Möglichkeit, mit einer Kurzintervention auf meine Ausführungen einzugehen.
Die jüngsten Untersuchungen des Bundesrechnungshofs zeigen ganz klar, dass die Vermittlungserfolge der Bundesagentur bezüglich der Arbeit Suchenden nach wie vor katastrophal sind. Wir haben Zahlen vorliegen, Herr Kollege Bocklet, aber über die haben Sie leider nicht gesprochen. Der Bundesrechnungshof hat nämlich substanziell nachvollzogen, wie die BA auf Bundesebene und in den einzelnen Ländern arbeitet. Mit einem Drittel der überprüften ALG-II-Empfänger sind, so der Bundesrechnungshof, noch keine strategischen Gespräche geführt worden, obwohl die Betroffenen durchschnittlich bereits seit siebeneinhalb Monaten Leistungen bezogen haben. Nur in etwa der Hälfte der Fälle gibt es eine Eingliederungsvereinbarung. Sie haben Recht: Das ist völlig inakzeptabel.
Von der Umsetzung der Forderung, dass derjenige, der arbeitet, mehr zum Leben haben muss als derjenige, der arbeiten kann, aber allein von staatlichen Transferleistungen lebt, sind wir weit entfernt. Das Fortentwicklungsgesetz der Bundesregierung und der beiden großen Parteien hat hier in keiner Weise ein Gegensteuern bewirkt. Nichts ist passiert.
In dem Gesetzentwurf findet sich auch kein Wort zu der wichtigen Frage der Teilung der Kosten für Unterkunft und Heizung zwischen dem Bund und den Kommunen nach dem Jahre 2006. Die von CDU/CSU und SPD ursprünglich vereinbarte so genannte Revisionsklausel zum Optionsgesetz hat sich als absolut undurchführbar erwiesen. Das haben wir von Anfang an gesagt. Diese Revisionsklausel ist nicht praktikabel,und sie wird letztendlich dazu führen, dass die Kommunen in diesem Bereich die Zeche zu zahlen haben.
Die bestehende gesetzliche Festschreibung der Beteiligung des Bundes in Höhe von 29,1 % ist bis 2006 befristet. Die Kommunen brauchen deshalb schon jetzt Planungssicherheit für die nächsten Jahre, nicht erst dann, wenn der Zug schon abgefahren ist.
Die BA kann auch weiterhin die notwendige Anpassung der so genannten Software A2ll zum beabsichtigten Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens des Fortentwicklungsgesetzes nicht gewährleisten. Das zeigt wieder einmal, dass die BA nicht in der Lage ist, die Reformbestrebungen seitens der Bundesregierung zu unterstützen. Man kann wirklich geteilter Meinung sein,ob das,was die Bundesregierung hier macht, richtig ist. Das ist keine Frage. Wir finden es zwar nicht richtig, was die Bundesregierung macht, aber es ist zutreffend, dass die Bundesregierung auf jeden Fall die Pflicht hat, alles zu tun, um die BA irgendwann in den Griff zu bekommen.
Sie können ja weiterhin zusehen, dass die Bundesagentur für Arbeit Ihnen auf der Nase herumtanzt. Ich finde es „wunderbar“, dass Sie da stehen und sich anschauen, was die BA hier für eine Veranstaltung betreibt. Aber wie wäre es, wenn Sie im Rahmen Ihrer Gesetzgebungskompetenz endlich einmal Ihrer Pflicht nachkommen und die BA dazu zwingen würden, das zu machen, was ihre Aufgabe ist, nämlich ihren gesetzlichen Pflichten nachzukommen?
Mit dieser halbherzigen Fortentwicklung von Hartz IV ist es nicht getan.Auch die Anträge, die die Landesregierung hier vorgelegt hat, sind meines Erachtens der absolut falsche Weg. Sie tun genau das Gegenteil von dem, was Sie selbst gefordert haben. Sie fordern in Ihrem Antrag z. B., dass ALG-II-Empfänger unter 25 Jahren wieder von der BA betreut werden sollen. Herr Kollege Krämer, ich muss wirklich sagen, Sie verlassen den Pfad, den Sie selber eingeschlagen haben.
Sie müssen sich einmal für eine Seite entscheiden. Man kann z. B. sagen, die Option ist die bessere Idee, wir testen das aus und wollen einen Wettbewerb haben. Ich hoffe, dass sich das im Endeffekt bewahrheitet, aber wenn das nicht der Fall ist, muss man Konsequenzen ziehen. Wir werden uns vom Ergebnis überraschen lassen.
Es kann aber nicht sein,dass im Rahmen des Wettbewerbs schon jetzt Vorfestlegungen getroffen werden und das System wieder komplett auf die andere Seite gezogen wird. Das ist der völlig falsche Weg.
Wir Liberale wollen einen anderen Weg gehen, auch im Rahmen des Fortentwicklungsgesetzes. Wir hätten uns vorgestellt, dass die Bundesregierung zumindest in Tendenzen dem nachkommt, was die Hessische Landesregierung relativ lange vertreten hat. Mittlerweile ist davon kaum noch etwas zu hören. Es ist schade, dass Frau Lautenschläger heute nicht da ist, weil sie meines Erachtens eine sehr ambitionierte Kämpferin für das Optionsmodell war.Sie war zusammen mit Herrn Koch sehr ambitioniert. Sie ist wie ein Tiger gestartet und hat laut gehustet. Mittlerweile hört man gar nichts mehr.
Es ist schade, dass die Hessische Landesregierung mit einem Alibiantrag versucht, das, was auf Bundesebene zwischen den beiden großen Koalitionären vereinbart worden ist, ein Stück weit wieder infrage zu stellen. Auch an der Stelle müssen Sie sich irgendwann einmal entschei
den. Entweder sind Sie ein Teil der Bundesregierung, dann müssen Sie für die Reformen zusammen mit den Kollegen auf Bundesebene einstehen, oder Sie machen hier eine eigene Politik. Aber dieser Mischmasch nach dem Motto „Wir machen zwar auf Bundesebene mit, aber wir haben damit eigentlich nichts zu tun“, der geht nicht. Irgendwann müssen Sie sich für eine Seite entscheiden.
Ich denke, es ist völlig legitim, dass alle Fraktionen in diesem Hause unterschiedliche Auffassungen haben. Es ist völlig legitim, dass wir unterschiedliche Modelle präferieren. Wir alle haben unterschiedliche Tendenzen, wie wir mit unserer Politik den Arbeitsmarkt reformieren wollen. Wir müssen dann aber zu dem stehen, was wir gesagt haben. Sie handeln nach dem Motto: Wir haben am Anfang gesagt,alles soll in eine Richtung aufgebaut werden;heute sagen wir, es ist zwar alles nicht so gut gelaufen; der Weg ist nicht schlecht, aber auf Bundesebene müssen wir das und das ändern. – Das führt dazu, dass keiner mehr weiß, was Sie wollen, sehr geehrter Herr Krämer. Sie müssen sich entscheiden, für was Sie stehen. Das haben Sie mit diesem Antrag nicht geschafft.
Ich will Ihnen sagen, was die FDP in diesem Bereich erreichen will, weil ich der festen Überzeugung bin, dass das, was wir vorschlagen, der richtige Weg zu einer Arbeitsmarktreform ist, die diesen Namen wirklich verdient. Wir brauchen eine leistungs- und kundenorientierte Versicherungsagentur auf Bundesebene, die sich wirklich als Versicherungsagentur versteht und für die ersten zwölf Monate die Auszahlung des Arbeitslosengeldes übernimmt. Wir brauchen die Abschaffung der drittelparitätischen Selbstverwaltung der Bundesagentur für Arbeit.