Protocol of the Session on May 17, 2006

Es gibt eine Arbeitsgruppe, die sich genau dieses Themas angenommen hat. Im Gegensatz zu dem, was die Rednerinnen und Redner von Grün und Rot hier vorgetragen haben, wird in dieser Arbeitsgruppe mit den Spitzenvertretern sowohl der Liga als auch der kommunalen Seite in völligem Einvernehmen ein Konzept entwickelt, das zum Inhalt hat, wie so etwas erstmals überhaupt umgesetzt werden kann. Es ist der Bedarf festzustellen, und die unterschiedlichen Angebote sind aufzunehmen. Es muss aber auch eine Perspektive festgelegt werden. Es kam zu Fachkonferenzen. Dabei ging es um Interventionsfelder und vieles mehr.

Ich werde darüber gerne weiter während einer Ausschusssitzung berichten. Ich glaube aber, dass sich dieses Haus einmal mit folgender Frage auseinander setzen sollte: Wie soll die Sozialpolitik aussehen? – Frau Fuhrmann, Sie recyceln hier jeden Tag einen Antrag. Tatsächlich geht es aber um die Frage, wie die Reformen umgesetzt werden können. Wir sollten uns gemeinsam um das Thema Langzeitarbeitslosigkeit und die dazu gehörigen

Reformen kümmern. Wir sollten uns um die weiter gehenden Schritte kümmern, die auf Bundesebene notwendig sind, damit die Reformen vor Ort gangbar werden, damit das also tatsächlich ermöglicht wird.

Genau dasselbe gilt natürlich auch für die anderen Schwerpunkte, die wir in den nächsten Jahren sehr konsequent weiterverfolgen werden. Dabei geht es um die Themen Familie und demographische Entwicklung. Selbstverständlich geht es dabei aber auch um die Kinderbetreuung und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf.

Ich lade Sie sehr herzlich ein, das mit uns und den Vertretern der Verbände zu diskutieren, unabhängig davon, ob es sich um Vertreterinnen und Vertreter der Verbände der Liga oder der Spitzenverbände handelt. Es gibt da auch noch andere sehr unterschiedliche Gruppen. Vertreterinnen und Vertreter des Sozialministeriums reden regelmäßig mit diesen. Gerne können sich die Mitglieder der Oppositionsfraktionen daran beteiligen.

Ich glaube aber, es ist nicht nötig, einen recycelten Antrag einzubringen, der immer dann eingebracht wird, wenn irgendwo etwas verlautbart wurde. Das zeigt für diese Sozialpolitik auch keinen zielführenden Weg auf.

(Beifall bei der CDU)

Zu einer Kurzintervention erhält Frau Fuhrmann von der SPD-Fraktion das Wort. Frau Fuhrmann, bitte sehr.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Das kann natürlich so nicht stehen bleiben.

Zunächst einmal muss ich Ihnen sagen: Hier von einem recycelten Antrag bzw.einer recycelten Rede zu sprechen, ist schon eine Frechheit und erfordert Chuzpe. Damit kann ich nicht gut umgehen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Frau Ministerin, offensichtlich haben Sie nicht zugehört. Offensichtlich hat auch Herr Kollege Rentsch nur teilweise zugehört. Sozialpolitik ist eben mehr – –

(Unruhe)

Meine Damen und Herren!

Wir haben hier über Demokratie gesprochen. Offensichtlich ist das nicht bei allen Teilen dieses Hauses so angekommen, wie es hätte ankommen sollen. Aber da das so schwierig ist, will ich das jetzt noch einmal ein wenig konkretisieren und auf den Punkt bringen.

Erster Punkt. Frau Ministerin, Sie sagten, der Ausbildungspakt sei wunderbar und das Land habe sich wunderbar daran beteiligt.Sie haben alle unsere Anträge dazu abgelehnt. Einer betraf die Forderung, die Ausbildungskapazitäten des Landes um 10 % hochzufahren. Im Regierungspräsidium Darmstadt beträgt die Zahl der Auszubildenden gerade einmal 1 % der Beschäftigten. Ange

sichts der gegenwärtig bestehenden Situation muss man das als Skandal bezeichnen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Zurufe von der SPD: Das ist unglaublich!)

Ich komme zum zweiten Punkt. Das „Hessenpraktikum“ erwies sich als eine riesige Luftblase. 100 c sollten pro Monat für die Unversorgten zur Verfügung gestellt werden. Dieses Projekt wurde völlig eingestellt. Darüber kann man nichts mehr lesen. Davon ist nichts mehr zu hören. Ich glaube, es waren auch nur drei oder vier junge Menschen, die dieses „wunderbare“ Angebot, das in Wirklichkeit eine Frechheit war, wahrgenommen haben.

(Dr. Thomas Spies (SPD): Es hat auch nichts getaugt!)

Ich komme zum dritten Punkt.Dabei geht es um die Kommunalisierung der Mittel des Sozialhaushalts. Frau Ministerin, Sie können viel erzählen.Aber Sie haben die Hälfte der Mittel, die ursprünglich in einem Gesamtpaket kommunalisiert werden sollten, im Rahmen der „Operation düstere Zukunft“ sang- und klanglos gestrichen. Jetzt sind gerade noch 12 Millionen c übrig. Dazu kann ich nur sagen: Inzwischen betreiben die Kommunen die Sozialpolitik. Das Land hat sich daraus komplett verabschiedet.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Frau Abgeordnete, die Redezeit im Rahmen einer Kurzintervention ist zu Ende.

Frau Präsidentin, ich komme zum Schluss meiner Rede. – Ich komme zum vierten Punkt. Sie reden immer von Ihrer Arbeitsmarktpolitik. Wir haben gerade die Antwort der Landesregierung auf unsere Große Anfrage zum Thema Umsetzung von Hartz IV in Hessen erhalten. Keine einzige Frage konnten Sie beantworten. Fast überall muss man lesen:

Eine Beantwortung der Frage ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht möglich.

Der Landesregierung liegen dazu also überhaupt keine Erkenntnisse vor. Das ist alles sehr dünn. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erhält Frau Schulz-Asche das Wort. Frau Schulz-Asche, bitte sehr.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich habe mich nach der Rede der Frau Ministerin noch einmal zu Wort gemeldet und will zu zwei Punkten etwas sagen.

Frau Ministerin, Sie haben Ihre Sozialpolitik wieder sehr rosig dargestellt. Schon in meinem ersten Redebeitrag habe ich das als potemkinsches Dorf bezeichnet. Ich bin während meiner ersten Rede unter anderem auch auf die Situation der langzeitarbeitslosen Menschen in Hessen eingegangen. Ich möchte wirklich sagen, dass das einer

der Bereiche ist, in denen sich das Versagen dieser Landesregierung sehr deutlich manifestiert. Die neu vorgelegten Zahlen zeigen deutlich, dass in Hessen wiederum die Fördermittel zur Wiedereingliederung Langzeitarbeitsloser zu über 50 % nicht abgerufen wurden.

Hier wird ständig darüber diskutiert, ob das Arbeitslosengeld II weiter gekürzt werden soll und welche sonstigen Maßnahmen unternommen werden sollen, um Hartz IV zu verschärfen. In diesem Zusammenhang muss man aber darauf hinweisen, dass die Ansätze zur Förderung, die in Hartz IV mit angedacht wurden,bei den Hilfeempfängern in Hessen nur in einem ganz geringen Umfang angekommen sind. Ich finde, das ist einer der ganz wesentlichen Punkte des Versagens Ihrer Sozialpolitik. Sie sind nicht in der Lage, Langzeitarbeitslose zu unterstützen, Fördermaßnahmen durchzuführen und die entsprechenden Gelder abzurufen, damit diese Menschen wieder in Arbeit vermittelt werden können.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Petra Fuhrmann (SPD))

Stattdessen reden Sie ständig über Einsparungen und unterstützen die Verschärfung dessen, was mit Hartz IV beschlossen wurde. Das ist ein gutes Beispiel für die unsoziale Seite Ihrer Politik. Das wollte ich zum einen sagen.

Ich komme zum Zweiten. Sie haben uns vorgeworfen, wir würden einen Antrag recyceln. Mir liegt ein Artikel der „Frankfurter Rundschau“ vom 28. April 2006 vor. Ich weiß nicht, wie lange es bei Ihnen dauert, bis Sie etwas als verfallen ansehen. Für mich liegt der April 2006 noch nicht lange zurück. Das ist also noch nicht verfallen.

Auch der Jahresempfang der Diakonie in Hessen und Nassau ist noch nicht so lange her. Dort wurde der Abschluss einer Sozialcharta gefordert, mit der eine vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen der Landesregierung und den Wohlfahrtsverbänden endlich wieder etabliert werden könnte. Dieser Jahresempfang ist auch noch nicht so lange her. Wenn ich mich richtig erinnere, fand er im März 2006 statt.

Es stellt sich hier also nicht die Frage, ob etwas recycelt wird.Vielmehr stellt sich die Frage,wie ernst Sie die Wohlfahrtsverbände überhaupt noch nehmen. Schon zu Beginn meiner ersten Rede hatte ich kurz aus der Kritik an der Arbeit der Landesregierung zitiert. Ich möchte das jetzt noch einmal tun. Herr Woltering, das ist der Vorsitzende der Liga der Freien Wohlfahrtspflege in Hessen, also nicht irgendwer, kritisiert – ich zitiere aus dem Artikel der „Frankfurter Rundschau“ –:

Der „vernachlässigte“ Dialog mit der Regierung sei „demoralisierend“.

Das zeigt den aktuellen Stand, wie sich die Wohlfahrtsverbände von dieser Landesregierung behandelt fühlen.

Die Wohlfahrtspflege drohe ihre Rolle als „Lobby der Benachteiligten“ und Sensorium für Missstände im sozialen Bereich zu verlieren. Dabei sei jeder Staat gut beraten, etwa die Präventionsarbeit sozialer Einrichtungen zu nutzen, die „im Endeffekt Kosten spare“.

Weiter kann man in dem Artikel lesen:

In einem ersten Entwurf eines Positionspapiers wollen sich die Verbände auf ihre Grundsätze als Teil des sozialstaatlichen Systems besinnen und daraus politische Forderungen zur Landtagswahl formulieren.

(Beifall der Abg. Petra Fuhrmann und Dr. Thomas Spies (SPD))

Das zu tun,ist auch richtig.Aus ihrer Sicht ist das ihre Aufgabe.

Die positiven Erfahrungen, die man bei der Übertragung sozialer Leistungen auf die Kommunen gemacht habe, sollten auf Landesebene übertragen werden. „Alle Beteiligten vereinbaren klare Zielsetzungen und Aufgaben“,... „Das ist echte Sozialplanung....“

Das steht in einem Artikel der „Frankfurter Rundschau“ aus dem April dieses Jahres. Meine Damen und Herren, Sie reden hier über die Liga der Freien Wohlfahrtspflege, also über die großen Anbieter sozialer Leistungen, die wir in Hessen haben. Dass Sie unseren Antrag als recycelt bezeichnet haben, zeigt, wie wenig ernst Sie die Wohlfahrtsverbände im politischen Dialog tatsächlich nehmen. Sie versuchen, unseren Antrag zu diskreditieren. Sie versuchen, zu negieren, dass die großen Wohlfahrtsverbände genau diese Forderungen stellen. Sie wollen nicht ein verlässlicher Partner in der Sozialpolitik werden. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor.

Meine Damen und Herren, damit werden der Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend „Soziale Charta“ auch für Hessen, Drucks. 16/5542, und der Dringliche Antrag der Fraktion der CDU betreffend zukunftsgewandte Sozialpolitik, Drucks. 16/5588, zur weiteren Beratung an den Sozialpolitischen Ausschuss überwiesen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 8 auf:

Zweite Lesung des Gesetzentwurfs der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN für ein Gesetz zur Sicherstellung einer hochschuleinheitlichen Entwicklungsplanung – Drucks. 16/5525 zu Drucks. 16/5411 –