Protocol of the Session on May 9, 2019

Ich bitte um die Gegenprobe!

(Dagegen SPD, CDU, Bündnis 90/Die Grünen, DIE LINKE, FDP, BIW, Abgeordneter Patrick Öztürk [SPD, fraktionslos], Abgeordnete Wendland [par- teilos])

Stimmenthaltungen?

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) lehnt den Antrag ab.

Gesellschaftliche Integration durch Beflaggung auf Schulhöfen mit der Bundesflagge Antrag des Abgeordneten Tassis (AfD) vom 13. Dezember 2018 (Drucksache 19/1967)

Dazu als Vertreterin des Senats Frau Senatorin Dr. Bogedan.

Die Beratung ist eröffnet.

Als erster Redner hat das Wort der Abgeordnete Tassis.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kollegen des hohen Hauses! Ich denke, es ist für lange Zeit ein letztes Mal, dass Sie mir zuhören müssen.

(Zuruf SPD: Na endlich!)

Jedenfalls geht es bei dem Antrag um gesellschaftliche Integration durch Beflaggung auf Schulhöfen, ein originäres AfD-Thema genauso wie Demokratie und Patriotismus.

Sämtliche Einwanderungsländer haben, da kann man auch wieder die USA oder andere der großen angelsächsischen Einwanderungsländer nennen, selbstverständlich den Brauch des Flaggenappells, des Singens der Hymne als Teil ihres Schulunterrichts und das haben sie schlicht und ergreifend deswegen, weil sie eine jahrhundertelange Erfahrung mit angelsächsischer Auffassung von Demokratie haben. Auch Länder wie Griechenland, die in der EU sind, das sei mir erlaubt hier zu erwähnen, haben einen sehr exzessiven Gebrauch von solchen Elementen in ihrem Schulunterricht.

(Abgeordneter Rupp [DIE LINKE]: Sie sehen ja, wohin das führt!)

In das Bremer Schulleben möchte die AfD, möchte ich, zumindest in einem kleinen Teil davon, in einer sehr abgespeckten Form, in einer vernünftigen Form, einmal in der Woche, zumindest am Eingang der Schulwoche, einen Fahnenappell mit dem Singen der dritten Strophe der Nationalhymne einführen.

Ich erhoffe mir davon, gerade weil Sie sich in den letzten vier Jahren auf den sehr schwierigen und sehr verantwortungsvollen Weg Ihrer Flüchtlingspolitik gemacht haben, von dem Sie wahrscheinlich nur aus finanzpolitischen Gesichtspunkten wieder abzubringen sind und nicht aus Vernunftgründen, mit diesem Antrag einen sehr kostengünstigen und sehr effektiven Weg für die Integration vorschlagen.

Solche Dinge, solche emotionalen Ansprachen einer Schülerschaft von großer Heterogenität schaffen Integration und einen Zusammenhalt und wenn dann die Fahne schwarz-rot-gold ist und keine andere Farbe hat, ist es auch eine demokratische Fahne, zu der aufgeschaut wird.

Das halte ich für wichtig, denn Trennfaktoren der verschiedensten Art sind ja nicht nur eine Gefährdung, wie ich geschrieben habe, sondern in der Tat auch eine Herausforderung, aber die müssen in einer Demokratie zusammengeführt werden und dem dient mein Antrag.

Zum Abschluss, Sie konnten sich ja die letzten vier Jahre nicht beschweren, dass ich meine Redezeit zu lange ausgedehnt habe, ich glaube, bei mir ist kein einziges Mal die Glocke geläutet worden. Gestatten Sie mir Ihnen persönlich, trotz allem, alles Gute und, nun ja, politisch für die nächsten vier Jahre Hals- und Beinbruch zu wünschen. – Vielen Dank!

Das Wort erhält der Abgeordnete Herr Dr. Güldner.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich beginne mit einem Zitat von Jean-Claude Juncker, vom gestrigen Tag. Man muss ihn nicht immer zitieren, aber in diesem Fall, finde ich, trifft er es so, als ob er den Antrag gelesen hätte. Er sagte den sehr schönen Satz: „Wir müssen den dummen Nationalismus entschlossen bekämpfen“. Ich finde, das ist wie für diesen Antrag bestellt, weil er das Letzte und vielleicht auch der Gipfel des Zynismus ist, zu dem Sie fähig zu sein scheinen.

Das, was Sie hier vorschlagen, womit Sie spalten wollen, womit Sie provozieren wollen, womit Sie Verunsicherung in die Gesellschaft treiben wollen, um dann hinterher von dieser Verunsicherung zu profitieren, dass Sie in Ihrer Überschrift sagen, das sei für die gesellschaftliche Integration, meint genau das Gegenteil, meine Damen und Herren.

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen, SPD, CDU, DIE LINKE, FDP)

Man ist in dieser Legislaturperiode manchmal geneigt, das so skurrile, esoterische, das von der AfD, also von dem Rest der AfD, der übrig geblieben ist, kommt, gar nicht ernst zu nehmen. Und das ist eine große Gefahr, das passiert einem auch mit Herren, die mit Dackel-Krawatte im Bundestag sitzen, dass

manche denken: Das ist alles ein skurriler Scherz, den man nicht ernst nehmen muss.

Ein guter Freund von mir hat für die ARD eine Dokumentation über die extreme Rechte in der AfD gedreht und dort viele Aufnahmen gemacht. Der hervorragende Film ist auch gesendet worden und mein Freund hat gerade den Grimme-Preis dafür bekommen. Wen sieht man bei dem Treffen der rechten Flügel und der Rechtsextremen in der AfD durch das Bild spazieren? Das ist der Abgeordnete Herr Tassis aus Bremen.

So viel zu der Frage, ob das harmlos oder ob das nicht harmlos ist, was hier verkündet wird. Auch dieser Antrag passt ganz genau in diese rechtsextreme Seite, die Sie in der AfD und das ja nicht allein, sondern mit vielen Ihrer Kollegen vertreten, Herr Tassis.

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen, SPD, CDU, DIE LINKE, FDP)

Wir haben gestern über den Schulkonsens gesprochen und das schließt jetzt alle mit ein, auch die, die mit dem Schulkonsens nicht einverstanden waren, die aber auch sachliche Vorschläge vorgelegt haben, wie sich Schule verbessern und verändern soll. Da haben wir über Monate hart gerungen, um zu schauen, was wir für Schule machen müssen, wie wir Schule in Bremen besser machen können und haben einen politischen Prozess gehabt.

Ihnen fällt zu diesem Thema, wie Bildung in Bremen besser werden kann, ein Fahnenappell auf dem Hof ein, bei dem Sie die Flagge hochziehen und die Hymne singen wollen. Das ist Ihr Beitrag zur Bildungspolitik und vielleicht muss man das draußen noch ein bisschen weiter verbreiten, dass das die gehaltvollen Beiträge der AfD zu den eigentlichen politischen Problemen in diesem Lande Bremen sind, meine Damen und Herren.

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen, SPD, CDU, DIE LINKE, FDP)

Ich habe mir im Internet noch einmal Videos angesehen, in denen Mitglieder Ihrer Partei die erste Strophe des Deutschlandliedes offen singen – alle wissen was gemeint ist. Wenn Sie jetzt fordern, dass auf dem Schulhof, in fest geschlossenen Reihen angetreten und die Fahne hochgezogen werden soll, meinen Sie dann damit, dass man die erste oder dritte Strophe singen soll? Das müssen Sie erklären, angesichts Ihrer Parteifreunde, die offen und im Internet für jeden nachvollziehbar die erste

Strophe singen und sich damit ganz klar, zur nationalsozialistischen Tradition bekennen. Die wissen, was sie tun und die sind in dieser Frage wirklich völlig schmerzfrei! Dass Sie in dieser Ecke verortet werden, mein lieber Herr Tassis, können Sie auch mit solchen Anträgen nicht verhindern.

An die Menschen draußen kann man nur appellieren: Ihr wollt, dass die Politik sich verändert, Ihr seid unzufrieden, Ihr seid in vielen Momenten vielleicht gekränkt und sagt, dass Ihr es denen einmal zeigen wollt? Dann zeigt es ihnen im demokratischen Spektrum, zeigt es ihnen nicht durch ein Bekenntnis zu einer Partei, die sich jeden Tag offen, immer weiter in Richtung einer NPD-Tradition entwickelt, die in diesem Lande ganz viele Menschen nicht gewählt hätten.

Bisher ist es der AfD in Teilen gelungen, so zu tun, als ob sie eine bürgerliche Alternative wäre, die sie aber nicht ist, sondern sie ist ein ganz eindeutig rechtsextremes Projekt geworden und die meisten Mitglieder bekennen sich auch dazu, so wie man es in diesem Film sehr gut sehen konnte, der Abgeordnete Tassis und die ganze Bremer AfD.

Deswegen finde ich, dass dieses Haus hier nicht nur diesen Antrag, sondern auch diesen Anlauf der AfD auf dieses Haus, der ja für manche schon sicher scheint, in diesen zweieinhalb Wochen noch versuchen sollte, zu verhindern. Vielleicht gelingt es ja, das wäre für den Zusammenhalt dieses Hauses sehr schön.

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen, SPD, CDU, DIE LINKE, FDP)

Zu Beginn meiner parlamentarischen Tätigkeit habe ich solche Reden, über den Abgeordneten Tittmann der DVU halten müssen und da galt im Übrigen das Gleiche. Man ist zunächst einmal versucht, sich zurückzulehnen und zu sagen: Das alles ist einfach eine skurrile Veranstaltung, die politisch nicht weiter bedeutend ist, aber auch die DVU, die hier teilweise in Fraktionsstärke saß, war ein rechtsextremes Projekt, das eine vollkommen eindeutige Zielrichtung hatte und sich ebenso eindeutig an nationalsozialistische Inhalte anlehnte, insofern schließt sich auch da der Kreis.

Ich finde, dass der Zusammenhalt in diesem Parlament, der bei allem Streit der untereinander demokratisch wichtig und unverzichtbar ist, die sehr, sehr wichtige Funktion hat, solche Tendenzen zu verhindern. Ich wünsche mir, dass das erhalten

bleibt, dass wir hier über die Fraktionsgrenzen hinweg zusammenarbeiten können.

Mein Herz schlägt in diesem Moment – weil ich damals, in meiner ersten Legislaturperiode auch als Letzter auf der Liste, gerade noch so, bei einem sehr schlechten Ergebnis der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, hineingekommen bin – für all diejenigen, die vielleicht keinen so aussichtsreichen Platz haben und die jetzt mit ganz viel Herzblut bangen und auf ihren Wiedereinzug in das Parlament hoffen. Denen drücke ich ganz besonders die Daumen, weil sie wahrscheinlich ganz besonders viel Herzblut haben, dass sie es am Wahltag schaffen. Dann steht einer großen Karriere nichts im Wege, wenn das am 26. Mai Erfolg hat.

Ihnen allen alles Gute für die nächste Legislaturperiode und für die weitere Zeit. – Ich bedanke mich!

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen, SPD, CDU, DIE LINKE, FDP)

Als nächste Rednerin erhält Frau Dr. Schaefer das Wort für eine Kurzintervention.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, lieber Matthias Güldner! Es gab jetzt Reden von zwei Abgeordneten, die das Parlament verlassen und ich weiß welche Rede mir deutlich, deutlich besser gefallen hat, das war nämlich die Letzte.

Es ging um Fahnen und ich möchte die Gelegenheit nutzen, zu sagen, dass Du für die Demokratie immer mit wehenden Fahnen und, wie man gerade noch einmal gemerkt hat, geballter Energie vorangelaufen bist. Du hast es in deiner Rede geschafft, Demokratie und Bildungspolitik zusammenzubringen, und zwar mit einem deutlichen Bekenntnis gegen rechts und das ist gut so, denn es ist dein Wunsch gewesen, dass wir alle gemeinsam hier im Parlament weiterhin gegen rechts, für die Demokratie eintreten und dafür möchte ich Dir ganz herzlich danken!

Ich möchte noch einmal sagen, Du bist für uns immer der Polit-Checker gewesen, der strategische Kopf, Du warst, gerade als Fraktionsvorsitzender, ein Vermittler mit guter Laune und Ray-Ban-Brille, wie wir alle wissen, und dem berühmten schwarzen T-Shirt, das Du immer trägst.

Du scheidest freiwillig aus und das ist für uns als Fraktion hart. Wir werden Dich nicht nur als Bildungspolitiker vermissen, aber wir wissen auch, wenn Du dich für etwas entschieden hast, dann ist es unumstößlich, egal wie sehr wir versuchen, Deine Entscheidung zu ändern. Du hast es Dir in den Kopf gesetzt und setzt das um, dafür gebührt Dir Respekt.

Du hast es bei der Bildungspolitik geschafft, vielleicht auch zu Hause, mit gutem Beispiel voranzugehen und alle Bereiche abzudecken. Von dem Sohn, der studiert bis hin zu den Kindern, die noch in den Kindergarten gehen – einen besseren Bildungspolitiker, der überall live dabei ist, konnten wir uns gar nicht wünschen, und Du hast die Demokratie wirklich, genauso wie gerade, mit Herzblut gelebt.

(Glocke)

Ich komme sofort zum Schluss. Ich sage es einfach in der Mundart von Hessi James: „Ei, isch werd disch vermisse!“ und ich glaube, das werden wir alle hier im Parlament, nicht nur wir als Fraktion, sondern die ganze Bürgerschaft. Ich möchte Dir ganz herzlich für deine Arbeit hier danken!

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen, SPD, CDU, DIE LINKE, FDP)