Protocol of the Session on March 28, 2019

(Beifall CDU, FDP, BIW – Abgeordnete Böschen [SPD]: Auch beim Rauchen!)

Ganz kurz – Storytelling ist immer ganz gut –, wir haben ja auch Beispiele aus dem eigenen Leben, auch mit diesem Thema, auch mit Folgeschäden et cetera. Ich kann Ihnen eines sagen: Wer mich schon 1969 gekannt hat, weiß, dass ich schon einmal ganz anders aussah. Auch, wenn ich aktuell ein leichtes Übergewicht habe, ich war damals ein

adipöses Kind. Durch Aufklärung – es war das Gesundheitsamt Bremen-Nord – haben die gesagt: Nein, das lassen wir nicht zu, dass dieser Junge, der im September geboren ist, als Kann-Kind eingeschult wird. Wir schicken ihn auf die Insel nach Borkum, Landverschickung, Spinatdiät.

(Heiterkeit – Abgeordnete Dr. Müller [Bündnis 90/Die Grünen]: Sie Armer!)

Ja und ohne die heutige – –.

(Heiterkeit – Abgeordneter Dr. Buhlert [FDP]: Viel ist auch nicht aus Ihnen geworden!)

Mir hat damals viel Grün gut getan.

(Heiterkeit)

Gut, Spaß beiseite. Aber es ist doch wirklich so: Wenn Sie dies vor Augen haben: Ich bin Sportler geworden, lebe überwiegend gesund, wir können ja gern einmal gemeinsam zu einem Arzt oder Apotheker gehen, uns den Blutdruck messen lassen, BZ messen, es geht mir richtig gut.

(Heiterkeit)

Was ich damit sagen wollte, ist: Nicht Zwang, sondern ein Angebot muss es geben. Es ist gut – und das haben wir auch als Fraktion der CDU gestützt –, dass wir diese Gesundheitsfachkräfte dort haben, wo wir sie nötig haben, nämlich in den Stadtteilen, in denen die Kinder sozial benachteiligt sind, in denen die Sozialindikatoren uns immer wieder sagen: Hier hat bisher alles nicht geholfen. Hier kommen die durch das Präventionsgesetz bereitgestellten Mittel richtig und zielgerichtet durch die Gesundheitsfachkräfte

(Beifall BIW)

an den Schulen zum Einsatz. Das sind Wege, wie man sie gehen kann und gehen muss. Deswegen, Frau Senatorin, sind wir diesen Weg auch mitgegangen, und ich bin ein sehr großer Verfechter dieser Maßnahmen. Dafür stehen wir gern zur Verfügung.

Was die Ampel angeht, nicht die politische Koalition oder so etwas, sondern diese Ernährungsampel als Zeichen: Das wird schon seit Jahren und Ewigkeiten diskutiert. Ich glaube, die Gesundheits- und Verbraucherschutzministerinnen und -minister haben da schon längst eine Lösung. Auch jetzt gibt es nach meinem Kenntnisstand parteiübergreifend

aus verschiedenen Ländern mit verschiedenen Regierungen das Bemühen, dass man etwas visuell Einfaches macht, dass man sagt: Los, das ist der Einstieg, um dann, Herr Prof. Dr. Hilz, auf die Rückseite der Packung zu schauen und zu sagen: Wie viel ist nun wirklich darin? Dann soll der mündige Bürger auch selbst entscheiden können.

So weit zum auch manchmal spaßigen, aber letztlich doch sehr ernsten Thema Übergewicht, Adipositas und Zucker in der Nahrung. Viel zu ernst und viel zu wichtig, um darüber zu lachen und darüber hinwegzusehen, weil die Folgeschäden und die Kosten für die Gesellschaft wirklich immens sind. Einige Zahlen wurden ja auch in den Raum geworfen. Wenn es darum geht, den Menschen Hilfe zur Selbsthilfe zu geben, sind wir sehr gern dabei. Bevormundungen und Verbote lehnen wir als Fraktion der CDU ab. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

(Beifall CDU, BIW)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Erlanson.

Sehr geehrter Herr Präsident! Hier gibt es passend zum Thema etwas Süßes. Ich werde das hier hinstellen.

(Heiterkeit)

Sie dürfen dabei auch etwas sagen.

(Heiterkeit – Beifall)

Ich denke, mein Vorredner hat das gesagt. Natürlich ist das sehr verführerisch und Gummibärchen sind sicherlich etwas Schönes. Würfelzucker würde ich jetzt nicht direkt essen wollen, aber gut. Man hätte jetzt auch eine Flasche Coca-Cola hier hinstellen können, diese entspricht im Verhältnis so etwa 40 bis 42 Würfeln Zucker, die 200 Gramm Gummibärchen entsprechen 49 Würfeln Zucker.

Richtig ist auch, meine Vorredner haben darauf hingewiesen, die Kennzeichnungspflicht, die es teilweise gibt, die aber sicherlich an vielen Stellen ungenügend ist. Wenn man sich vorstellt, dass gerade wenn Kinder – die Vorredner haben viel darüber geredet – vor Gummibärchen stehen, sie dann nicht die klein gedruckten Zahlen lesen werden

und für sich entscheiden können: Mensch, das ist aber viel Zucker.

Ich finde, das geht nicht. Ich finde, da sind andere Sachen besser, wo man sagen muss – –: In der Tat, Unterstützung und Erziehungsmaßnahmen, das hat der Bericht auch gezeigt, das gibt es mittlerweile in Bremen. Das ist, denke ich, auch sehr gut, es wird angenommen aber es wird auch gemacht. Andererseits muss man aber auch sagen, an bestimmten Stellen sollte man das einfach verpflichtend einführen, wie zum Beispiel so eine Nährstoffampel.

(Beifall DIE LINKE)

So ein Kind muss wenigstens die Chance haben, zu schauen: Mensch, da ist eine rote Ampel und ich habe einmal gelernt, dass das nicht gut ist. Das heißt nicht, dass es verhindern wird, dass Kinder Gummibärchen essen und dass sie sie vielleicht gut finden und dann wieder mehr davon essen. Aber ich finde, es ist ein Anreiz, noch einmal über das eigene Verhalten nachzudenken. Es ist auch ein Hinweis für Eltern, das wurde ja auch schon gesagt, das ist nicht nur so, dass es an den Kindern liegt, weil diese unklug oder Süßmäuler oder sonst irgendwas sind, sondern es liegt durchaus auch an dem, was Eltern machen.

Es liegt aber auch daran, das will ich auch noch einmal deutlich sagen, was die Industrie teilweise veranstaltet. Wir wurden, um auch ein Beispiel aus der Praxis zu bringen, bei uns in der Klinik, irgendwann als stillfreundliches Krankenhaus zertifiziert und dabei hat man festgestellt, dass eigentlich für alle Neugeborenen von Milupa und allen möglichen Firmen, die Babyflaschen mit entsprechender Babymilch und die Babykost kostenfrei zur Verfügung gestellt wurden. Da hat man hat sich gefragt: Was ist das?

Dann hat man das im Laufe der Zeit untersucht und im Grunde genommen festgestellt, wie viel Zucker in die Babynahrung hineingemischt war,

(Abgeordnete Böschen [SPD]: Sauerei!)

die dann von der Industrie umsonst abgegeben worden ist. Das führt sicherlich dazu, dass diese Kinder, wenn sie zwei, drei, vier Jahre alt sind, schon auf diese zuckerhaltige Nahrung, Süßigkeiten und Getränke konditioniert sind. Da ist es schon sehr schwer, das wieder herauszubekommen. Wir haben dann nicht nach dem Staat gefragt, sondern einfach gesagt: Die Hebammen werfen

jetzt all diese Flaschen und die Produkte von Alete und was so angeliefert wurde, hinaus und sagen den entsprechenden Vertreten: Wir nehmen die Produkte nicht mehr. Das ist auch eine Möglichkeit, damit umzugehen, und ich finde, die ist sehr, sehr richtig.

(Beifall DIE LINKE)

Trotzdem glaube ich, das, was bei dieser Großen Anfrage herausgekommen ist, man muss ja deutlich sagen, also zumindest ist eine Zuckersteuer, wie in Großbritannien und in Mexiko – ich weiß, dass es dazu auch andere Meinung gibt, aber das ist ein sehr schwieriges Pflaster –, ein kleiner Ansatz, die Konzerne dazu zu bewegen, möglicherweise ihre Praxis zu verändern. Möglicherweise sagen sie aber auch: Wir machen das gerade nicht, weil wir uns dadurch in Zukunft die Einnahmen nehmen.

Das mag sein, aber ich finde, es ist eine Sache, die man überlegen muss. Genauso sollte man die Nährstoffampel auf jeden Fall in Betracht ziehen, auch wenn sie schon so lange diskutiert wird. Man kann sich fragen, warum wird sie so lange diskutiert, und warum setzt man sich nicht endlich einmal durch und sagt: Wir machen jetzt so etwas!

In dem Sinne kann ich nur sagen: Schöne Mittagspause, und wer sich hier noch einmal bedienen will, gern! – Vielen Dank!

(Beifall DIE LINKE)

Nein, das nehmen Sie bitte wieder mit!

(Heiterkeit)

Gut, das mache ich.

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Schäfer.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kollegen! Schade eigentlich, dass Herr Erlanson die Häppchen wieder mitgenommen hat. Ich komme gleich noch einmal vorbei.

(Abgeordneter Fecker [Bündnis 90/Die Grünen]: Das war der Grund Ihrer Meldung!)

Ja, das war eigentlich der Grund. Wir haben jetzt ganz viel über Informationen geredet, über die

Frage, ob Zucker ungesund oder gesund ist, und es ist einfach so: Natürlich macht die Dosis das Gift. Wir brauchen Zucker als Treibstoff und irgendwann ist Zucker zu viel. Ich glaube aber, dass Informationen hier nicht der einzige Aspekt sein dürfen bei der ganzen Geschichte.

Nehmen wir einmal ein anderes Beispiel, nehmen wir einmal das Thema Alkohol. Da gibt es viele Leute, die sagen, ein Glas Wein sei gesund, aber wenn jemand anfängt, eine Flasche Schnaps in seinem Aktenregal oder in seinem Schreibtisch zu verstecken, und die herauszieht und sich heimlich damit betrinkt, dann kann man davon ausgehen, dass er ein Suchtproblem hat und dass er auch weiß, dass er etwas tut, das falsch ist. Deswegen versteckt er es ja. Er ist sich seiner Handlungsweise bewusst, aber er kann nun einmal nicht anders, es ist eine Sucht.

Der deutsche Begriff für Adipositas ist Fettsucht. Fettsucht ist natürlich ein etwas unzutreffender Begriff, denn es geht hier nicht um die Fettsucht, die Sucht nach Fett, sondern es ist eine Esssucht. Es ist eine Essstörung, eine Krankheit. Ich weiß nicht, wer von Ihnen schon mit adipösen Menschen zu tun hatte, wir haben ja den einen oder anderen hier im Hause, der da an der Grenze ist, und wir kennen das vielleicht aus dem familiären Umfeld, aus dem Freundeskreis.

Womöglich kennen Sie die Beobachtung, dass die Leute ihr Essverhalten vor sich selbst und vor ihren Freunden und ihrer Familie verstecken. Da werden Dinge gekauft, von denen man genau weiß, dass sie ungesund sind, dass sie zu viele Kalorien haben, und dann werden sie versteckt oder sie werden angebrochen und in einem Anfall der Klarheit wieder entsorgt und weggeworfen. Um es kurz zu machen: Esssucht ist eine Störung, eine Krankheit, die verschiedene mögliche Ursachen hat, auch psychische Ursachen. So eine Krankheit gehört behandelt. Eine simple Ampel, die mich informiert, wie viele Kalorien ein Nahrungsmittel beinhaltet und welche Nährstoffe darin sind, kann ja ganz gut sein, wenn ich mit dieser Information verantwortlich umgehen kann.

Aber der Punkt ist nun einmal, dass adipöse Menschen mit dieser Information nicht verantwortlich umgehen können. Die machen es nicht deshalb nicht, weil sie nicht wissen, dass das, was sie ihrem Körper da antun, ungesund ist, sondern weil sie nicht anders können, weil sie nun einmal eine Sucht haben. – Vielen Dank!