Protocol of the Session on March 28, 2019

Bei dem Punkt vier will ich ganz deutlich sagen, dass ich es richtig gut finde, dass die Fraktion der FDP dem zustimmt. Bei Punkt vier sagen wir, dass wir erwarten, dass von der senatorischen Dienststelle ein Konzept erstellt wird, in dem man sich Gedanken darüber macht, wie man Arbeitsbedingungen in der Pflege, in der Erwachsenenpflege, –

nicht in der Altenpflege, sondern in der Erwachsenenpflege – verbessern kann. Da kann man sich denken: Arbeitsbedingungen verbessern, was soll das sein? Es gibt ganz viele Sachen, die verändert werden können. Einfache Sachen wie zum Beispiel die zuverlässige Planung durch einen Dienstplan, der nicht jeden zweiten Tag umgeworfen wird. Das ist ein großes Anliegen von Schwestern und Pflegerinnen und Pflegern in der normalen Erwachsenen- und in der Kinderkrankenpflege. Diese Arbeitsbedingungen werden einfach nicht vorgehalten. Das passiert nicht. Das ist ein großes Problem.

Ich kann Ihnen berichten: Ich bin, glaube ich, bekannt dafür, weil ich aus dem Krankenhaus komme, dass ich sehr oft versuche, in die Praxis zu gehen. Ich habe mir neulich bei einer Stationsbegehung eine Leiharbeiterin und einen Leiharbeiter einfach beiseite genommen und habe versucht, mit denen zu sprechen, zu fragen, was denn das Problem ist. Die haben mir ganz deutlich gesagt: „Die Arbeitsbedingungen in dem Krankenhaus sind so schlecht, ich habe das jahrelang mitgemacht, ich werde das nicht mehr weiter machen. Ich bin zu einer Leiharbeitsfirma gegangen, da habe ich einen festen Dienstplan. Ich kann sagen, ich will von Montag bis Freitag arbeiten. Ich möchte keine Nachtwachen haben. Ich muss morgens später kommen, weil ich Kinder habe, die in den Kindergarten müssen, der sonst nicht offen hat.“ Sie haben auch gesagt: „Wir bekommen auch ein bisschen mehr Geld, aber das ist es nicht. Es ist die Anerkennung, wie ein Leasingauto vor der Tür stehen zu haben, mit dem man zum Dienst fahren, das man aber auch privat benutzen kann, oder das Handy, das zur Absprache nötig ist, das man auch privat benutzen kann.“

(Glocke)

Das sind alles Punkte, von denen man sagen muss, das sind Arbeitsbedingungen, bei denen Fachkräfte sagen: Ich bin doch nicht dumm und gehe ins Krankenhaus, sondern ich gehe zu einer Leiharbeitsfirma. Das müssen wir aufbrechen. Das ist unsere Aufgabe. Deshalb ist unser Punkt vier ganz wichtig, in dem wir gesagt haben, es muss ein Konzept entwickelt werden, mit dem man sich wirklich Gedanken darüber macht,

(Glocke)

wie man Arbeitsbedingungen verbessern kann. Wie ich schon sagte, das Thema ist so groß, so notwendig, aber man bräuchte mehr Zeit. –Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Dehne.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie mich noch ein paar Worte sagen, weil jetzt auch getrennte Abstimmung beantragt wurde.

Zu dem Thema Ausbildungsplätze, da hat Herr Dr. Buhlert schon völlig zu Recht gesagt: Die Ausbildungsplätze, die jetzt bestehen, auch die werden schon zum Teil nicht besetzt. Das heißt, eine bloße Erhöhung der Ausbildungsplatzzahlen bringt uns doch an dieser Stelle nicht weiter.

(Beifall SPD, CDU, FDP)

Mit dem Pflegeberufereformgesetz wird außerdem die Deckelung von Ausbildungsplatzzahlen aufgehoben. Man muss auch einmal ganz deutlich sagen: Wenn man in andere Bundesländer schaut, haben die zum Teil keine kostenlose Ausbildung, die müssen noch Geld mitbringen. Die schauen mich manchmal an, wenn ich sage: Nein, in Bremen ist das anders. Auch dort sind wir nicht die letzten der Bewegung. Im Gegenteil, wir sind dort gut aufgestellt. Natürlich geht auch immer noch mehr. Das ist keine Frage.

Die Leiharbeit ist attraktiv, selbstverständlich. Im Gesundheitsbereich ist Leiharbeit attraktiv für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Das gilt für Ärztinnen und Ärzte, das gilt für Pflegekräfte. Ich sage Ihnen ganz ehrlich: Wenn Leiharbeit schon immer für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu solch guten Arbeitsbedingungen und solch guter Entlohnung geführt hätte, dann wäre ich auch ein Fan von Leiharbeit, schon von Anfang an. Wir sehen also jetzt durch diesen Mangel, der vorhanden ist, dass die Leiharbeit für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer attraktiv ist. Natürlich muss uns daran gelegen sein, dass die Arbeitsbedingungen in den Krankenhäusern so attraktiv sind, dass das nicht mehr nötig ist, weil das natürlich zu Problemen für die Arbeitgeber führt, in diesem Fall für die Krankenhäuser.

Lassen Sie mich noch eines zu Punkt eins sagen, der hier auch getrennt abgestimmt werden soll. Wir bleiben bei unserer Ablehnung, denn wie ich schon erklärt habe, hat sich der Senat bereits im Gesetzgebungsverfahren für diese Dinge, die Sie in Ihrem Antrag aufschreiben, eingesetzt. Das wird er auch

weiter tun. Deshalb brauchen wir das an dieser Stelle nicht.

Lassen Sie mich auch noch einen Punkt zu dem Gesetzentwurf sagen, den Sie bis Mai gern vorgelegt haben möchten: Ambitionierter Zeitrahmen, das zu allererst, und die Fraktion der SPD ist der Auffassung, dass es hier eine konkurrierende Gesetzgebung gibt. Wenn Sie das Thema Qualität in der Pflege ansprechen und das Thema Qualität im Gesundheitswesen und im Krankenhaus, dann ist das ein hoch komplexes Thema. Evidenz hatten wir schon, es muss wissenschaftlich gefestigt sein, was man da fordert und was ich auch immer wieder und gern noch einmal an dieser Stelle sage. Dann müssen wir uns auch über die Anzahl der Krankenhäuser in Deutschland unterhalten, denn im OECDSchnitt hat kein Land so viele Krankenhäuser wie Deutschland. Das heißt, wenn die Politik sich auch trauen würde, kleine Häuser zu schließen, würden dann natürlich Personalkapazitäten frei, um an anderer Stelle zu arbeiten.

Wir brauchen keine Insellösung, wir brauchen bundeseinheitliche Vorgaben, und ganz ehrlich, Herr Erlanson, solche Themen wie Dienstpläne mit einem Senatskonzept, was jetzt auch bis Ende Mai schnell aufgestellt werden soll, abzuarbeiten, das kann nicht Aufgabe von Senatsressorts und von Politik sein, das muss auf operativer Ebene gelöst werden. – Herzlichen Dank!

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Als nächste Rednerin hat das Wort Frau Senatorin Prof. Dr. Quante-Brandt.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir diskutieren über den Antrag der Fraktion DIE LINKE und ich möchte darauf eingehen, was wir in Bremen schon alles tun.

(Abgeordneter Rupp [DIE LINKE]: Warum über- rascht mich das jetzt nicht?)

Das weiß ich nicht, vielleicht, weil Sie wissen, dass es klug ist, dass man sich immer erst einmal das vergegenwärtigt, was man kann und was man macht. Wir haben genau diese Studie auf den Weg gebracht, um in der Zukunft genügend Auszubildende zu haben. Ich bin mir sicher, dass wir die Ausbildungszahlen steigern müssen. Ich bin davon überzeugt, dass wir das sukzessive erreichen müssen, und ich glaube nicht, Herr Rupp, dass wir 2020 das Ziel 50 Prozent mehr, also eine Verdoppelung,

erreichen. Aber die Zielsetzung ist, 2023 bei einer solchen Verdoppelung anzukommen.

Wobei ich sagen muss – und da muss ich kurz auf Herrn Erlanson eingehen –, wir haben ab 2020 das Pflegeberufereformgesetz. Ab dann müssen wir die kranken Kinder und die Altenpflege zusammen bedenken, das heißt, dann geht es darum, dass man diese Bereiche addiert. Das muss man einfach sehen. Gerade in dem Punkt, dass wir eine generalistische Ausbildung haben, wird eine große Stärke liegen, weil wir dann Sorge dafür tragen können, dass die Entlohnungen zusammenwachsen und aus meiner Sicht dann auch die Arbeitsbedingungen besser werden.

Mit der Entscheidung, sich zu vergegenwärtigen, was wir alles an zusätzlichem Personal und Ausbildung brauchen, haben wir eine richtig wichtige und gute Entscheidung getroffen.

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Wir haben jetzt auch ein anderes Finanzierungsmodell. Dieses führt dazu, dass die Länder mit entscheiden. Wir entscheiden mit, wie viele Ausbildungsplätze besetzt werden können. Dadurch, dass wir einen knapp zehnprozentigen Landesanteil zu zahlen haben, ist die Steuerungsmöglichkeit gegeben. Ich glaube, das ist eine gute Entscheidung.

Ein weiterer wichtiger, guter Punkt ist, dass wir in Bremen gesagt haben, wir werden die Auszubildenden stützen.

(Glocke)

Meine Damen und Herren, es wäre hilfreich, wenn Sie der Rednerin zuhören würden, dann kommen wir auch schnell in die nächsten Debatten.

Ich kann an dem Punkt zum Ende kommen, welche Bedeutung wir der Ausbildung beimessen, welche Schritte wir in die Wege geleitet haben.

Bei dem Punkt zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen liegen wir nicht sehr weit auseinander. Die Pflegeinitiative hat eine Arbeitsgruppe gegründet. Darin sind alle Akteure miteinander verbunden und diskutieren das. Ich bin der Meinung, sie sollen das auch weiter betreiben. Wenn aus Ihrer Sicht der Eindruck besteht, dass wir uns als Behörde noch stärker einzubringen haben, dass wir noch

mehr Impulse eingeben müssen, dann können wir das natürlich tun. Ich würde nur erst einmal gern mit denen Rücksprache halten.

Dann zu dem Punkt, ob man eine Personalbemessungsuntergrenze braucht oder einen Personalbedarf. Das ist ein Thema, über das wir schon länger reden. Ich habe den Initiatoren des Volksbegehrens schon häufiger die Gelegenheit gegeben, dass wir das miteinander austauschen können. Sie kennen die Position des Landes Bremen. Wir haben uns im Bundesrat eingebracht und gesagt, die Pflege braucht ein zweites Maß. Es ist unsere feste Überzeugung, dass wir neben der Personalbemessungsuntergrenze ein Obermaß brauchen, das sich nicht nur daran orientiert, risikoadjustiert, dass, wenn nicht ausreichend Personal vorhanden ist, keine Pflege mehr möglich ist, sondern dass wir das vom Bedarf her entwickeln.

Frau Dehne ist darauf eingegangen: Wir gehen davon aus, dass es eine konkurrierende Gesetzgebung gibt. Sie wissen, dass sowohl die Deutsche Krankenhausgesellschaft e.V. als auch der Deutsche Pflegerat e.V. sagen, wir wollen uns in diese Pflegepersonalbemessung vom Positiven, sozusagen vom Bedarf her einbringen. Das Land Bremen hat jetzt eine Expertengruppe ins Leben gerufen. Wir haben gesagt, aus Bremen heraus muss ein Impuls für die Bundesebene entwickelt werden.

(Glocke)

Sofort – den Satz zu Ende, dann kann ich mir das anhören, was Herr Rupp noch wissen möchte. Wir haben jetzt eine Expertengruppe, die sich genau mit der Frage auseinandersetzt, wie wir eine Personalbedarfsmessung in das Pflegepersonal-Stärkungsgesetz integriert bekommen. Da haben wir Herrn Simon, Herrn Rothgang und wir werden noch eine weitere Person einbeziehen.

Ich finde, dass wir in Bremen ehrlich gesagt ziemlich viel ziemlich Gutes auf den Weg gebracht haben, um diese politisch notwendige Initiative, nämlich den Bedarf mehr in den Mittelpunkt zu rücken, politisch zu positionieren.

(Beifall SPD)

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Rupp? Bitte, Herr Rupp!

Frau Senatorin, ich wollte Sie in Ihrem Argumentationsfluss nicht

unterbrechen. Ich habe nur eine sehr konkrete Frage: In Ihrer Studie wird für 2015 – Klammer auf, 2016, Klammer zu – eine Fachkräftelücke von 276 Menschen konstatiert, für 2020 von 1 163. Kennen Sie die Fachkräftelücke vom letzten Jahr?

Nein, tut mir leid, die habe ich nicht im Kopf. Ich habe die Daten jetzt auch nicht vorliegen. Wenn Sie die noch haben möchten, dann schaue ich in die Studie und reiche sie Ihnen nach. Das können wir vielleicht im Nachgang, nicht jetzt, sondern zu einem anderen Zeitpunkt, noch einmal miteinander diskutieren.

Die Bedeutung und die Notwendigkeit, dass Ausbildungsplätze aufgebaut werden müssen, sind allen klar. Wir müssen dafür Sorge tragen, dass die Auszubildenden auch kommen. Da sind viele wichtige und richtige politische Entscheidungen getroffen worden mit all diesen Dingen, mit Ausbildungsvergütung, mit der Anerkennung des ersten Ausbildungsjahres, ohne dass das in die Personalbemessung der Krankenhäuser einbezogen wird. Man muss irgendwann zur Kenntnis nehmen: Die Welt entwickelt sich und sie wird nicht schlechter, nicht immer, nicht in allem. In diesem Punkt wird sie ehrlich gesagt besser.

(Beifall SPD)

Wir werden uns wahrscheinlich einig sein, dass wir feststellen, es ist ein bisschen spät. Das finde ich auch, ein bisschen spät aufgewacht, völlig richtig. Dass die Demografie unterschätzt worden ist, ist richtig. Entscheidend ist doch, dass jetzt agiert wird. Wenn jetzt gehandelt wird, dann lassen Sie uns darüber positiv reden und lassen Sie uns gemeinsam dafür werben, dass dieser Beruf etwas Spannendes, etwas Gutes ist und eine Zukunft hat. Deswegen würde ich darum bitten, dass wir uns mit positivem Wording auf diese Bereiche beziehen. Gleich vorweg: Ich unterstelle keinem, dass, wenn er Problembereiche anspricht, er sozusagen ein Kritikaster ist. Nein, das unterstelle ich überhaupt nicht. Ich sage nur, wir brauchen Pflegekräfte, wir haben bessere Bedingungen und jetzt geht es darum, diese Plätze auch besetzen zu können. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. – Die Beratung ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung.

Hier ist getrennte Abstimmung beantragt.