Protocol of the Session on November 8, 2018

Die Vorstellung, dass Antisemitismus etwas mit zurückgebliebenen Gesellschaften zu tun hat, ist falsch. Antisemitismus ist bedauerlicherweise Bestandteil auch gerade fortentwickelter Gesellschaften. Festzustellen war nämlich folgende Entwicklung, dass neben dem religiösen Fundament, das zu jeder Zeit mobilisiert gewesen ist, im Mittelalter für politische oder wirtschaftliche Zwecke -- Wenn es gesellschaftliche Spannung gegeben hat, hat man Juden zu Sündenböcken gemacht und gesagt, die waren es, oder man hat sie zum Opfer stilisiert und hat gesellschaftliche Spannungen darüber gelöst.

Diese mittelalterliche Stigmatisierung von Juden wurde aber Anfang des 20. Jahrhunderts um etwas Weiteres ergänzt. Es ist das rassistische und das nationale Element hinzugekommen. Es hat Juden nicht nur wegen ihrer Religiosität gebrandmarkt, sondern es hat Juden gebrandmarkt, weil sie angeblich internationalistische Verschwörer waren. Jeder, der den Prototyp aller Verschwörungstheorien jemals gelesen hat, die Protokolle der Weisen von Zion -- Es lohnt sich nicht, es zu lesen, aber es ist als Zeitdokument durchaus interessant. Dort wird sehr deutlich dargestellt, wie das Weltjudentum sich finanztechnisch verschwört, um die Völker der Welt in Unfrieden zu stürzen, damit der Jude an sich profitiert.

Dieses Lügenpamphlet, Herr Tassis, wird von Ihrem Kollegen Gedeon übrigens heute noch als Beweis dafür herangezogen, warum Juden aus der Gesellschaft auszuschließen sind, weil sie nämlich Kapitalisten sind, weil sie Internationalisten sind und das deutsche Volk gefährden. Herr Tassis, es würde mich freuen, wenn Sie dazu Ihrem Kollegen einmal ein paar Worte sagen.

(Beifall)

Dieser Gleichklang von Antisemitismus und Nationalismus hat Carl von Ossietzky 1932 zu der lakonischen Feststellung animiert: Der Antisemitismus ist dem Nationalismus blutsverwandt und dessen bester Alliierter.

Seit 1932 ist viel passiert. Zeit ist ins Land gegangen. Es stellt sich die Frage: Wie definiert man Antisemitismus eigentlich heute? Der Kollege Röwekamp ist eben schon darauf eingegangen. Nach

Beschluss des Bundeskabinetts, aber nicht nur dessen, sondern auch nach Beschluss des Deutschen Bundestages hat in Deutschland die Definition der Internationalen Allianz für Holocaust-Gedenken zu gelten. Die Internationale Allianz für HolocaustGedenken ist eine zwischenstaatliche Einrichtung – also nicht, dass man glaubt, dazu haben sich irgendwelche Leute einmal zusammengeschlossen – , die 1998 von dem ehemaligen schwedischen Ministerpräsidenten Göran Persson gegründet wurde. Diese Gesellschaft hat 31 Mitgliedsstaaten, darunter Deutschland, Österreich, Frankreich, Israel und die USA.

Diese Gesellschaft hat 2016 bei einer Konferenz in Bukarest die Definition beschlossen. Sie lautet: Antisemitismus ist eine bestimmte Wahrnehmung von Juden, die sich als Hass gegenüber Juden ausdrücken kann. Der Antisemitismus richtet sich in Wort oder Tat gegen jüdische oder nichtjüdische Einzelpersonen und/oder deren Eigentum sowie gegen jüdische Gemeindeinstitutionen oder religiöse Einrichtungen. Dann macht sie in ihren Erläuterungen in der Tat die weitere Ausführung, dass der Staat Israel auch als Ziel antisemitischer Ausfälle betrachtet werden kann.

Kollege Röwekamp, die Internationale Allianz für Holocaust-Gedenken stellt demokratisch aber auch Folgendes fest: Eine Kritik an Israel, die sich auf einem Niveau bewegt, wie sie ein beliebiges anderes Land auch treffen könnte, ist nie als antisemitisch anzusehen. Die Frage, ob Antisemitismus im Umgang mit Israel vorherrscht – ich habe eben ausgeführt, wie ich zu Israel stehe – macht sich fest an dem 3-D-Test: Dämonisierung, Doppelstandards und Delegitimierung.

Jetzt würde ich noch einmal gern etwas zu den Ausführungen des Innensenators sagen. Ich fand die Wortwahl falsch. Dass aber die Diskussion darüber, wie Israel seine Grenzen schützt, auch in Israel eine umstrittene Diskussion ist -- Breaking the Silence hat auch eine klare Position zum Einsatz von Scharfschützen an der Grenze. Ich glaube, es steht uns nie an, die Existenz des Staates Israels in irgendeiner Frage in Zweifel zu ziehen. Aber es steht uns natürlich an, auch die innenpolitischen Debatten, die es in Israel gibt, von Deutschland aus zu kommentieren und zu begleiten.

Ich glaube, dass es das gewesen ist, was der Innensenator – zugegebenermaßen in einer nicht angemessenen Wortwahl – inhaltlich wollte und getan hat. Ich halte das für legitim und würde das auch für mich in Anspruch nehmen, diese Frage des

Grenzregimes in Israel diskutieren zu dürfen. Ich glaube aber auch, die Grenze ist erreicht, wenn man die Grenze des Staates Israels infrage stellt und damit dessen Existenzrecht. Das können wir als Deutsche nicht zulassen.

(Beifall)

Kommen wir zurück auf die Definition. Entscheidend ist übrigens an dieser Definition, dass nicht erst vom Antisemitismus gesprochen wird, wenn offener Hass durch Worte geäußert oder Taten demonstriert wird, sondern es ist von einer Wahrnehmung die Rede. Das heißt, Antisemitismus ist ein Phänomen, das nicht durch die Anwesenheit oder das Verhalten von Juden ausgelöst wird, sondern ein Problem derjenigen und desjenigen ist, der diese antisemitische Wahrnehmung hat.

Aus dieser bestimmten Wahrnehmung der Welt kann allerdings offener Hass auf Juden werden. Das bedeutet, hinter jeder judenfeindlichen Tat steckt ein antisemitisches Weltbild, aber nicht mit jeder antisemitischen Wahrnehmung müssen sich zwingend offene Ablehnung oder Hass äußern. Mit der Betonung auf die Wahrnehmung wird auf bestimmte Formen des Antisemitismus reagiert, so beispielsweise auf die in Deutschland bekannte Täter-Opfer-Umkehr.

In Deutschland, aber auch in Westeuropa werden seit Jahrhunderten Juden dafür verantwortlich gemacht, dass es Antisemitismus gibt. Das heißt, nicht der Antisemitismus ist das Problem, sondern die Anwesenheit oder das Handeln von Juden. Dies hat übrigens in Teilen der deutschen Gesellschaft auch zur Schuldabwehr nach dem Holocaust geführt. Juden wurde vorgeworfen, sie würden die Shoah ausnutzen, um vor allem den Deutschen Schuldkomplexe einzureden. Verschwörungslegenden behaupteten sogar, Juden hätten den Holocaust nur empfunden. Das ist übrigens noch Realität im Jahr 2018. Gerade jetzt sind wieder Menschen in Deutschland verurteilt worden, die den Holocaust geleugnet haben.

Ich glaube, die Bekämpfung des heutigen Antisemitismus ist nicht nur eine selbstverständlich sittlich gebotene Pflicht nach den Erfahrungen der Shoah, sondern ich glaube, die Bekämpfung des Antisemitismus muss die DNA jedes freiheitlichen und demokratischen Staates sein, denn die Geschichte des Antisemitismus lehrt: Werden Juden diskriminiert oder werden sie verfolgt, sind die Bürgerrechte von Nichtjuden gleichfalls wenig wert.

(Beifall)

Lassen Sie mich mit einer vielleicht etwas langweiligen lyrischen Zusammenfassung schließen, weil viele von Ihnen sie schon gehört haben, aber ich glaube, es gibt wenige Beispiele, die in besserer Prägnanz zusammenfassen können, was ich eben gesagt habe. Martin Niemöller hat in diesem Zusammenhang Zeilen formuliert, die es übrigens in unterschiedlichen Variationen gibt, aber die immer noch sehr eindrücklich sind und die das Problem des Antisemitismus sehr klar zusammenfassen. Er hat gesagt: Als die Nazis die Juden holten, habe ich geschwiegen, ich war ja kein Jude. Als sie die Kommunisten holten, habe ich geschwiegen, ich war ja kein Kommunist. Als sie die Sozialdemokraten einsperrten, habe ich geschwiegen, ich war ja kein Sozialdemokrat. Als sie die Gewerkschafter holten, habe ich geschwiegen, ich war ja kein Gewerkschafter. Als sie die Katholiken holten, habe ich geschwiegen, ich war ja kein Katholik. Als sie mich holten, gab es keinen mehr, der protestieren konnte. Deshalb wehret den Anfängen!

(Beifall)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Vogt.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Vorrednerinnen und meine Vorredner haben es schon gesagt. Antisemitismus ist weltweit wieder auf dem Vormarsch. Es gab nicht nur den furchtbaren Anschlag vor zwei Wochen in Pittsburgh. Es gibt die ganzen Verschwörungstheorien, die durch das Internet gehen, die unter anderem auch vom Präsidenten der USA geteilt werden. Der Vorsitzende der AfD, Herr Gauland, hat in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ ein Pamphlet veröffentlichen können, in der hat er den Begriff Juden gegen Globalisten ausgetauscht, hat aber ansonsten eine Hetzschrift veröffentlichen können, die an Zeiten des Nationalsozialismus erinnern.

Es gibt auch andere Sachen, die mir Sorgen machen. Ich will das gar nicht verhehlen. Ich finde die Boykottkampagne in Berlin, die dazu geführt hat, dass israelische Künstlerinnen und Künstler nicht mehr aufgetreten sind, überschreitet genau in der Definition auch die Grenze und ist mit Sicherheit antisemitisch zu bewerten.

(Beifall)

Es ist auch mit Sicherheit kein Zufall, dass der Senat in seinem Bericht feststellt, dass die Zahl antisemitischer Straftaten 2017 auf dem höchsten Stand war. Wir haben es insgesamt mit einer Entwicklung zu tun, die mich mit Sorge erfüllt und die uns mit Sorge erfüllt. Ich sehe es auch so, dass der zunehmende Antisemitismus ein Auftrag für alle Demokratinnen und Demokraten ist, den Kampf gegen Antisemitismus in allen gesellschaftlichen Bereichen zu stärken, also wirklich in allen.

Es gibt ihn klassisch von rechts, in Deutschland wird er gerade durch eine Partei wieder hoffähig oder durch eine Partei in die Parlamente getragen. Es gibt ihn in der Mitte der Gesellschaft, auch das ist lange bekannt. Es gibt ihn aber auch hinter versteckter Israelkritik und es gibt ihn durch alle Religionsgemeinschaften. In Bremen haben wir es natürlich auch – darauf hat der Kollege Röwekamp auch hingewiesen – mit Religionsgemeinschaften zu tun, die tatsächlich vom Judenhass leben, wie dem Salafismus.

Ich finde, wir dürfen keinen dieser Bereiche vernachlässigen. Ich halte es überhaupt nicht für zielführend, muss ich an dieser Stelle sagen, wenn einige, zum Glück nicht hier im Parlament, aber einige in der Bevölkerung so tun, als hätten wir es im Land der nationalsozialistischen Gräueltaten jetzt nur mit einem importierten Phänomen zu tun.

Ich will aber trotzdem, weil das meine Vorrednerrinnen und Vorredner noch nicht so getan haben, auf den Senatsbericht im Konkreten eingehen, weil ich ihn an einer Stelle unbefriedigend finde und auch finde, dass der Bericht den aktuellen Herausforderungen nicht ganz gerecht wird. Mir fehlt nämlich eine systematische Verankerung des Kampfs gegen Antisemitismus in der Bildungsarbeit.

Ich habe den Eindruck, dass noch nicht so richtig in allen Ressorts durchgedrungen ist, was Antisemitismus ist und wie man ihm begegnet. Und das, obwohl, Herr Röwekamp – jetzt ist er nicht anwesend –, sich der Senat in seiner Antwort der erweiterten Antisemitismusdefinition der Expertenkommission des Deutschen Bundestages anschließt. Ich muss das auch ganz klar und deutlich sagen, ich finde es richtig, dass auch der sekundäre Antisemitismus in die Definition mit einbezogen ist.

Wir können es nicht dulden, wenn Jüdinnen und Juden unterstellt wird, dass sie heute aus dem Holocaust Profit schlagen. Wir werden mit Sicherheit auch nicht zulassen können, dass dieses Gedenken

an deutsche Verbrechen in der Zeit des Nationalsozialismus jetzt von einer Partei und von gesellschaftlichen Gruppierungen abgewehrt wird.

Ich finde es genauso richtig, dass der Senatsbericht in Punkt 2.2 zutreffend sagt, dass Antisemitismus keine beliebige Diskriminierungsform ist, die einfach mit anderen Formen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit gleichgestellt werden kann. Diese Definition im Bericht macht deutlich, dass der Begriff Rassismus nicht die feindlichen Einstellungen gegenüber Jüdinnen und Juden mit umfasst. Antisemitismus bedarf daher meiner Meinung nach einer eigenen Analyse und einer eigenen Präventionsarbeit.

(Beifall DIE LINKE)

Das Problem ist für mich, dass die richtige Definition in dem Bericht zwar vorweggestellt wird, aber teilweise in dem Folgenden gar nicht zur Beachtung kommt. Besonders auffällig ist es an dem Punkt, an dem über die Arbeit an der Hochschule für Künste berichtet wird. Hier heißt es, die verschiedenen Formen der Fremdenfeindlichkeit würden thematisiert. Liebe Kolleginnen und Kollegen, Fremdenfeindlichkeit ist nun wirklich überhaupt kein Begriff, mit dem man auch nur ansatzweise Feindschaft gegen das Judentum erklären kann.

Ich habe das hier an dieser Stelle genau vor zwei Jahren schon einmal gesagt: Juden sind keine Fremden. Sie sind keine Fremden in Deutschland und sie sind keine Fremden in Bremen. Daher können wir nicht den Begriff Fremdenfeindlichkeit bemühen, wenn wir Antisemitismus meinen, weil das die Ausgrenzung – ich vermute, nicht gewollt – impliziert, die wir eigentlich vermeiden wollen. Daher finde ich den Bericht an dieser Stelle, ehrlich gesagt, problematisch.

(Beifall DIE LINKE, FDP)

An anderen Stellen ist mir das auch aufgefallen. Es werden oft Programme gegen Rassismus aufgezählt, aber es wird nicht genau erläutert, warum das auch Projekte sind, die Antisemitismusprävention leisten können oder sollen. Ich habe selbst Diskussionen in einem Ausschuss geführt, als es darum ging, dass wir Antisemitismus an Schulen ernst nehmen müssen. Ich habe hier schon oft gesagt, dass die Lehrlehrkräfte dabei etwas Unterstützung brauchen. Es gibt jetzt die Fortbildungen, aber sie sind teilweise trotzdem im Unterricht überfordert.

Wenn ich dann aber in einer Ausschusssitzung gesagt bekomme, wir wollen doch lieber über gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit reden, dann finde ich das genau falsch, denn wir müssen Antisemitismus genau dort benennen, wo er auftritt und nicht allgemein unter gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit oder Rassismus subsumieren. Letztere haben wir auch an Schulen, aber wir haben auch antisemitische Äußerungen und Verhaltensweisen auf Schulhöfen und in Klassen.

Ich muss ehrlich sagen, dass es mich sehr betroffen gemacht hat, dass der Vorstand der jüdischen Gemeinde im Lauf des vergangenen Jahres zweimal mithilfe von Artikeln in der Zeitung die Öffentlichkeit gesucht hat und über den zunehmenden Antisemitismus an Schulen berichtet hat. Ich glaube, das sind Hilferufe, die wir alle ernst nehmen müssen.

(Beifall)

Ich finde es auch richtig, dass das Bundesland Bremen endlich ein Abkommen mit der pädagogischen Abteilung der Gedenkstätte Yad Vashem abgeschlossen hat oder abschließen will. Wir waren ja nun zweimal zusammen dort. Mir fehlen aber in dem Bericht die Hinweise darauf, was dieses Abkommen mit Yad Vashem in der Praxis für die Schulen bedeutet, mit welchen Mitteln Förderprogramme oder Fortbildungsprogramme unterlegt werden und wie viele Lehrkräfte davon überhaupt profitieren können.

Ich vermisse ebenfalls ein Konzept, wie Gedenkstättenarbeit mit Schulen verknüpft und in den Unterricht integriert wird. An vielen Stellen des Berichts liest man den Namen des Denkortes Bunker Valentin. Ich finde, das ist noch kein Konzept. Der Denkort ist eine sehr wertvolle Einrichtung, die ich auch oft besucht habe, und ich bin sehr dankbar für die Arbeit, die dort gemacht wird. Es ist aber auch ein Ort der Zwangsarbeit und der Vernichtung durch Arbeit und nicht ein Ort der Judenverfolgung und Judenvernichtung.

Ich finde daher, dass die Gedenkarbeit im Sinne der Aufarbeitung des Antisemitismus, der Aufklärung über die Gräueltaten des Nationalsozialismus und der Shoah auch an anderer Stelle geschehen muss, und ich denke auch, dass das nicht Klassenfahrten zur Gedenkstätte in Bergen-Belsen ersetzen können.

Ich muss ganz ehrlich sagen, wir hatten das zuletzt in der Landeszentrale für politische Bildung. Selbst,

wenn es in ein Konzept eingebettet werden könnte, den Denkort Bunker Valentin auch noch anders pädagogisch zu begleiten, gibt es ein ganz praktisches Problem. Die Führungen kosten für Schulklassen 50 Euro. Hinzu kommen Anfahrtskosten. Es ist in der Landeszentrale durchaus noch einmal erläutert worden, dass es Stadtteile gibt, in denen dieses Geld nicht zusammenkommt.

Das sind genau die Stadtteile, von denen ich aus dem Alltag weiß, dass sie Probleme mit Antisemitismus haben. Deshalb denke ich, dass es nicht geht, dass diese wichtige Gedenkarbeit von den Klassen getragen werden muss. Das muss tatsächlich vom Senat getragen werden.

(Beifall DIE LINKE)

Der Kollege Röwekamp hat ein paar positive Sachen erwähnt, die an der Universität stattfinden. Völlig unbestritten, finde ich auch. Ich frage mich aber, warum Antisemitismusprävention nur in der Referendariatsarbeit im Fach Politik integraler Bestandteil ist. Für alle anderen Lehramtsanwärterrinnen und Lehramtsanwärter gibt es lediglich ein Wahlmodul. Ich glaube, wir müssen unsere künftigen Lehrkräfte unterstützend befähigen, mit Vorurteilen umgehen zu können. Das, denke ich, muss weitergehend und durchaus mehr im Querschnitt in der Referendariatsausbildung verankert werden.

Wenn das nicht passiert, ist es kein Wunder, dass Lehrerinnen und Lehrer in der schulischen Praxis überfordert sind, wenn sie mit Vorurteilen und Verschwörungstheorien konfrontiert sind. An der Universität wird der Antisemitismus, laut Bericht, in den Bereichen Kultur- und Sozialwissenschaften behandelt. Der Themenbereich wäre aber meiner Meinung nach Querschnittsaufgabe an der gesamten Universität.

Es gibt Dinge im Bericht, die haben mich einfach stutzig gemacht. Es gibt ein Seminar zur Ökonomie der Zerstörung, zur Wirtschaft im Nationalsozialismus. Das wird aber am Institut für Geschichte angeboten. Warum nicht auch in den Wirtschaftswissenschaften? Warum gibt es keine solche Veranstaltung in den Naturwissenschaften? Es waren schließlich deutsche Chemiker, die das Gas für die Vernichtungslager hergestellt haben.

Ich glaube, dass man einfach noch viel mehr Bewusstsein schaffen kann. Ich möchte auch zwei, drei Sachen noch einmal ergänzend erläutern, warum ich mich jetzt hier in diesem Debattenbeitrag so sehr auf Bildung und Universität fokussiert habe.