Protocol of the Session on November 8, 2018

Die Fraktion der FDP, Herr Dr. Buhlert ist eben noch einmal darauf eingegangen, wer es denn eigentlich machen soll und ob das eigentlich eine entscheidende Frage ist, wer ein solches integriertes Notfallzentrum betreibt – –. Ich glaube auch, es ist für Patientinnen und Patienten am Ende unerheblich, ob es nun Ärzte aus den Krankenhäusern sind, ob es die niedergelassenen Ärzte sind, wer genau den Auftrag bekommt. Ich finde auch, die Organisation dieser Dinge sollten die Profis machen.

Herr Erlanson hatte noch einmal das Thema Finanzen angesprochen. Klar, auch die Finanzierung ist wichtig, darum haben wir das ja auch in unserem Antrag stehen, eben eine Kosten deckende Vergütung hinzubekommen. Sie haben die 49 Euro angesprochen, die die Krankenhäuser bekommen, wenn dort ein Notfall eingeliefert und behandelt wird. Es ist unerheblich für das Krankenhaus, was für ein Aufwand betrieben wird, wie teuer auch die Versorgung ist, es gibt diese Pauschale von 49 Euro.

Nun muss man sagen, da ist Bremen noch recht gut aufgestellt, in anderen Bundesländern ist das noch deutlich weniger. Das macht aber auch deutlich,

wir brauchen insgesamt in Deutschland einen Systemwechsel, der allen helfen würde, sowohl den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den Kliniken, in den Praxen, bei dem Bereitschaftsdienst und im Rettungsdienst aber auch den Patientinnen und Patienten. Deswegen werbe ich noch einmal sehr ausdrücklich für unseren Antrag und bitte um Zustimmung. – Vielen Dank!

(Beifall SPD)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Erlanson.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Ich will an der Stelle noch einmal einen weiteren Aspekt einfach nur ins Gespräch bringen. Es gibt nämlich auch einen sozialen Faktor. Der soziale Faktor besteht darin, darüber haben wir in der letzten Zeit auch das eine oder andere Mal diskutiert, dass wir zunehmend die Erfahrung machen, dass in prekären Stadtteilen die Ärztedichte abnimmt. Das heißt, in prekären Städten gibt es weniger Hausärzte, es gibt weniger Fachärzte. Das ist natürlich eine Entwicklung, die dazu führt, dass es Menschen in diesen Stadtteilen gibt, denen es auf der einen Seite schwerfällt, größere Entfernungen zurückzulegen, weil sie vielleicht nicht das nötige Geld dafür haben. Es bedeutet aber auf der anderen Seite auch, dass die Menschen feststellen, es gibt in meinem Viertel, in meinem Stadtteil keine Arztpraxis mehr, zu der ich gehen könnte, also ist der nächste Weg, zum Beispiel in eine Notfallambulanz oder ein Krankenhaus, wenn eines in der Nähe ist.

Wir sind in Bremen durchaus in der glücklichen Situation, dass wir eine relativ wohnortnahe Versorgung durch Krankenhäuser aufweisen können, wir haben insgesamt 16 Krankenhäuser in Bremen. Dementsprechend orientieren sich Menschen dann dorthin. Das alles zusammen, jeder kann das merken, stellt sich als eine ziemlich komplizierte und unklare Gemengelage heraus. Wir als Fraktion DIE LINKE nehmen im Moment wahr, dass sich auf der einen Seite die Große Koalition in Berlin und auf der anderen Seite die Fraktionen der SPD und Bündnis 90/Die Grünen und die Fraktion der CDU separat, auf den Weg gemacht haben und jetzt versuchen wollen, zu sagen, okay, Problem erkannt, wir müssen uns zusammensetzen. Wir müssen auf der einen Seite gesetzliche Änderungen vornehmen, das ist klar, aber wir müssen natürlich auch noch etwas darum ringen und uns damit auseinan

dersetzen, was denn das tatsächlich funktionierende Modell sein soll. Das ist auch in beiden Anträgen, die jetzt vorgelegt worden sind, noch nicht klar. Deshalb werden wir uns als Fraktion DIE LINKE bei beiden Anträgen enthalten. – Danke sehr!

(Beifall DIE LINKE)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Pirooznia.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wie können wir die Situation in der Notfallaufnahme verbessern? Es fängt mit einer einheitlichen Leitstelle für alle Notrufe an, die rund um die Uhr zu erreichen ist. Das heißt, es muss eine bessere Koordinierung der bestehenden unterschiedlichen Angebote erfolgen. Egal ob Stroke- , Polytrauma- oder auch die Kinder-Hotline. Kurz gesagt, eine Reduktion unnötiger Doppelstrukturen durch die Schaffung einer integrierten Notrufleitzentrale.

Weiter möchten wir durch unseren Antrag eine einheitliche Anlaufstelle für Notfallpatientinnen und patienten schaffen, und das als integrierte Notfallzentren. Diese sollten an einem oder in der Nähe eines Krankenhauses angesiedelt sein und rund um die Uhr für die Notfallversorgung zur Verfügung stehen.

Die Trägerschaft – und deshalb ist es wichtig, darauf einzugehen, weil von selbst, das sehen wir aktuell, gibt es diese Strukturen nicht – und Kooperationsform der integrierten Notfallzentren ist dabei flexibel auszugestalten, sodass sie durch die jeweiligen Kassenärztlichen Vereinigungen, die Krankenhäuser selbst, aber auch durch Kommunen oder Ärztenetzwerke betrieben werden können.

Wozu dies gut sein soll? Ganz einfach, durch die engere Verzahnung der Strukturen wird die Zusammenarbeit beziehungsweise die Beziehung zwischen den niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten mit den Klinikärztinnen und -ärzten gestärkt. Auch können, durch eine engere räumliche Zusammenarbeit, Notfälle direkt aus der Praxis in die Klinik und umgekehrt, geleitet werden. Um dies zu erreichen, ist die Einführung einer verpflichteten und standardisierten Triage notwendig.

Ich wäre jetzt auf das Argument von Herrn Erlanson eingegangen, aber der hat den Raum anscheinend verlassen.

Eine Triage könnte wie folgt aussehen: Man wählt die erste Gruppe Patientinnen und Patienten aus, die sofort stationär behandelt werden müssen. Die zweite Gruppe, Patientinnen und Patienten, die sofort ambulant therapiert werden und als dritte Gruppe natürlich Patientinnen und Patienten, die später beziehungsweise nicht im Rahmen des Notdienstes versorgt werden müssen. Um das gewährleisten zu können, bedarf es natürlich einer besonderen Berücksichtigung und besonderer Prozeduren, insbesondere für junge, für alte, für psychisch Erkrankte und für beeinträchtigte Menschen. Das heißt, es muss ein rechtssicheres TriageSystem geschaffen werden, welches standardisiert und evaluierbar in den einzelnen Prozessen und Systemen der Notfallversorgung implementiert wird.

Dies ist auch die Möglichkeit, um eine Rechtssicherheit sicherzustellen und daher die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Notfallzentralen nicht der Gefahr auszusetzen, einer Hilfeleistung nicht nachgekommen zu sein.

All diese Fakten zusammen betrachtet, bitte ich Sie, unseren Antrag zu unterstützen. Meine Fraktion lehnt den Antrag der Fraktion der CDU ab. Frau Dehne hat diese Gründe bereits aufgeführt. – Vielen Dank!

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen, SPD)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Dr. Buhlert.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ja, wir alle haben unseren Auftrag, für Bremen und Bremerhaven tätig zu sein. Ich möchte eines dazu noch einmal sagen, ein Triagesystem ist etwas, was in jedem Krankenhaus eigentlich in der Notfallaufnahme schon gemacht wird. Das ist aber nichts, was uns hilft, dem Ansturm der Menschen gerecht zu werden, der dort aufläuft. Wir müssen das machen, was hier in beiden Anträgen in unterschiedlicher Form gefordert wird. Es geht dabei auch um die Frage, wer das Geld bekommt, die Kassenärzte oder die Krankenhäuser. Das ist die Entscheidung, die wir treffen müssen. Aber zum Schluss bleibt doch die Frage, haben wir genügend Kapazitäten dort, haben wir genügend Ärztinnen und Ärzte, die sich um die Patienten kümmern?

Im Moment haben wir die Situation, dass die Notfallambulanzen nicht genügend Personal, nicht ge

nügend Räumlichkeiten und nicht genügend Kapazitäten haben, all die Menschen, die dort hinkommen, in angemessener Weise und in angemessener Zeit zu versorgen, ihnen die Möglichkeit zu geben, in der Art behandelt zu werden, wie sie es brauchen. Deswegen müssen wir uns darauf verständigen, dass wir dort eine Zusatzleistung implementieren, egal in welcher Trägerschaft. Beispielsweise als Portalpraxis, der ich sehr viel abgewinnen kann. Ich glaube, das wird auch das sein, was auf Bundesebene eher durchsetzbar ist als das Aufheben der verschiedenen Säulen, die wir bisher haben – in dem Fall müssten wir ganz viel am System ändern, das macht es schwieriger – das ist nämlich das Intelligente an dem Vorschlag von Schleswig-Holstein. Wenn es aber gelingt, das zu ändern, bin ich auch einverstanden, dass die Leistung von den Krankenhäusern erbracht wird.

Es geht doch darum, dass wir dann ausreichend Räume, Kapazitäten und Menschen haben, die die Patienten, die kommen, die Patientenströme entsprechend gliedern, entsprechend behandeln können, damit den Menschen geholfen wird, die dort, aus welchen Gründen auch immer sind. Herr Pirooznia hat es angesprochen, dass einige sich dort hinsetzen, weil sie es gar nicht anders kennen. Warum auch immer sie dort sind, dass ihnen geholfen wird, das müssen wir doch schaffen. Dafür sind beide Ansätze richtig. Ich glaube nur, dass der Ansatz, den die Fraktion der CDU hier vorschlägt, derjenige ist, der auf Bundesebene eher den Konsens findet, weil er nicht so sehr die Systemfrage stellt wie der der Koalition. Wir werden aber, wie gesagt, beiden zustimmen, weil es darum geht, den Patientinnen und Patienten zu helfen. – Vielen Dank!

(Beifall FDP)

Als nächste Rednerin hat das Wort Senatorin Prof. Dr. Quante-Brandt.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Thema ist insofern sehr wichtig – insbesondere dass es jetzt auch in einen Klärungsprozess eingebracht wird – weil deutlich geworden ist, dass die Menschen mit dem System, so wie Sie das beschrieben haben und wie sie es jetzt vorfinden, nicht so umgehen, wie es aufgebaut und aufgestellt ist.

Wir sind aber, glaube ich, bei dieser ganzen Debatte um die Verbesserung der Notfallversorgung aufgefordert, daran zu arbeiten, dass die Systemb

rüche, die in der Notfallversorgung liegen, behoben werden. Systembrüche zu überwinden heißt, Sektoren übergreifend zu denken und die Notfallversorgung auch Sektoren übergreifend anzulegen.

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Das heißt an dieser Stelle, dass die Krankenhäuser, dass die Kassenärztlichen Vereinigungen, dass die gesamte Behandlungsorganisation in Bezug auf die Fälle, die jetzt auch in den Bereitschaftsdienst oder in die Krankenhäuser kommen, dass diese in eine vernünftige Reihenfolge gebracht werden und dann auch vernünftig abgearbeitet werden können.

Darum geht es und da ist es so, dass wir feststellen, dass es eine bundesgesetzliche Regelung ist, denn am Ende geht es an dieser Stelle schlicht und ergreifend um Geld. Es geht darum, wer hier was, an welcher Stelle und vor allen Dingen wofür, bezahlt. Es geht darum, festzustellen, dass die bundesgesetzliche Regelung, die jetzt gilt – dass sozusagen der kassenärztliche Bereitschaftsdienst immer nur dann tätig ist, wenn die Praxen geschlossen sind – dass dieses System an der Stelle aufgehoben werden soll.

Darüber gibt es eine große Debatte, auch innerhalb der Ärzteschaft, weil die Ärzteschaft sagt und auch die Kassenärztlichen Vereinigungen sagen: Diese Portalpraxen, diese sieben-Tage-24-Stunden ist ein System, das wir gar nicht schaffen, wir haben keine Ärzte und keine Räume dafür. Das ist deren Argumentation. Die niedergelassenen Ärzte sagen: Das sollen wir jetzt auch noch machen, dass ihr uns Patienten in unseren Alltag hineinsteuert. Das ist die Perspektive, die aus dem niedergelassenen System als Problem angesprochen wird.

Aus den Krankenhäusern ist natürlich die ganze Frage: Welche Kosten treten bei uns auf, wenn Patientinnen und Patienten von uns versorgt werden müssen, die eigentlich nicht die Schwere der Erkrankung haben? Denn das wissen wir, nur 40 Prozent derer, die in der Notfallversorgung auflaufen, werden am Ende stationär aufgenommen. Das zeigt, dass da eine Differenzierung notwendig ist.

Der Grund, warum man sich seinerzeit gegen den Antrag von Schleswig-Holstein gewandt hat: Die Portalpraxis allein ist nicht die Lösung. Die Lösung wird sein, dass man über bundesgesetzliche Regelungen zu einem Gesamtsystem und auch zu einer gemeinsamen Gesamtfinanzierung kommen muss,

wie KVen und wie Krankenhäuser dann zusammen diese Patientinnen und Patienten sinnvoll in dieses medizinische Versorgungssystem hineinführen.

Das ist jetzt dadurch noch einmal weiter verbunden worden, dass wir diese einheitliche Rufnummer haben wollen, dass es eine einheitliche Terminvergabestelle geben soll. Das Gesetz wird gegenwärtig auch diskutiert.

Das heißt, im Moment sollen alle Versatzstücke um die Patientensteuerung – sinnvoll in die jeweiligen Institutionen, also in das niedergelassene System, in das ambulante System oder aber in die stationäre Aufnahme zu steuern – in der Bund-Länder-Arbeitsgemeinschaft behandelt werden, die nun seit anderthalb Jahren anfangen soll, das muss ich fairerweise sagen, aber immer noch nicht ihre Arbeit aufgenommen hat.

Und da war die Entscheidung, gegen die Portalpraxen, gegen diese Rechtsänderung, gegen diese Gesetzesänderung zu stimmen. Nicht, weil Portalpraxen das falsche Instrument sein können, sondern weil man nur diese eine Facette jetzt nicht im Vorhinein gesetzlich regeln wollte. Man muss ein integriertes Gesamtsystem finden, um die Notfallversorgung so aufzustellen, dass Kassenärztliche Vereinigungen als auch stationäre Finanzierungssysteme aufeinander abgestellt werden, um dann für die gesamte Notfallsituation etwas Vernünftiges zu regeln.

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Also kein Plädoyer gegen Portalpraxen, sondern nur ein Plädoyer dafür, dass man sagen muss: Das muss man alles zusammenführen. Man muss sozusagen ein integriertes Notfallzentrum aufbauen, und da ist eine Facette die Portalpraxis. So ist es im Grunde vorgesehen, und so ist es auch gedacht, dass wir dann diese gesamte Frage der Notfallversorgung debattieren. Der Antrag der Koalition ist an der Stelle noch weitgehender, weil er die ganzen Fragestellungen der Zielgruppen aufnimmt und deutlich macht: Man braucht für Kinder und ältere Menschen etwas, aber auch das muss man sagen, das steht jetzt nicht gegen das, was mit der Vertagung der Portalpraxen behandelt wurde.

Ich nehme aus der Debatte mit, welche Bedeutung das hat: Die Bedeutung, dass wir die Notfallversorgung verbessern müssen. Ich nehme auch mit, dass wir sehr intensiv mit der Kassenärztlichen Vereini

gung darüber zu diskutieren haben, die Portalpraxen im Moment sehr skeptisch gegenübersteht, vor allem diesem sieben-Tage-24-Stunden-Prinzip.

Die Gesundheitsministerkonferenz findet das richtig. Der Sachverständigenrat findet es auch richtig. Der Sachverständigenrat verbindet es aber mit der Steuerung eines Leitsystems. Diese Debatten nehmen wir mit. Wir werden auf Bundesebene sehr dafür werben, dass jetzt endlich diese Arbeitsgruppe anfängt. Am Ende ist es natürlich eine Kostenfrage und der Bundesgesetzgeber muss Regelungen treffen, die von den Kassen, die die Kosten zu tragen haben, übernommen werden müssen.

Herzlichen Dank für die Debatte, ich hoffe, dass das auch noch einmal deutlich macht, dass wir an dieser Stelle sehr dafür werben, dass die Patientinnen und Patienten bei uns besser versorgt werden. Man kann nicht oft genug die 116117 benennen und dafür werben, dass die Menschen an dieser Stelle wirklich den kassenärztlichen Bereitschaftsdienst nutzen, weil er ihnen mehr helfen kann als das lange Sitzen in der Notfallaufnahme in Krankenhäusern. – Herzlichen Dank!

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Die Beratung ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung.

Als Erstes lasse ich über den Antrag der Fraktion der CDU mit der Drucksachen-Nummer 19/1658 abstimmen.