Protocol of the Session on September 26, 2018

nicht nur untersucht werden, woran das liegt, sondern man muss diesen hohen Krankenstand natürlich auch so schnell wie möglich verringern. Auch im Bereich Wiedereingliederungsmanagement von Langzeiterkrankten haben meine Bremerhavener CDU-Kollegen und –Kolleginnen noch viel Verbesserungspotenzial erkannt. Da wurde wohl im Personalmanagement schon seit einiger Zeit einiges vor sich hergeschoben, was sie jetzt aufzuarbeiten haben. Wie schon gesagt, die Abarbeitung der Probleme in Bremerhaven und Bremen unterscheiden sich, aber die fatale Wirkung auf die Antragsteller ist stets dieselbe. Da gibt es auch nichts schönzureden.

(Beifall CDU)

Ich möchte das noch einmal deutlich festhalten. Den Betroffenen entstehen unnötige finanzielle Schwierigkeiten, und eventuell rutschen sie sogar in Verschuldung. Sie fühlen sich hin und her geschoben, degradiert und nicht mehr wertgeschätzt. Das ist einfach nicht nötig, und es ist auch nicht länger erträglich. Viele fühlen sich von der Politik immer weniger verstanden, das wissen wir alle. Durch Unachtsamkeit an solchen Stellen wird das massiv befördert. Auch das wissen wir eigentlich alle. Für mich ist es zudem ein Irrglaube - wie es die Bremer Fraktionen der SPD und Bündnis 90/Die Grünen meinen – dass man als Bremer Politiker mit sozialem Engagement auf Bundesebene in Bremen bei den Bürgern punkten kann.

Sie können sich auf Bundesebene hundertmal für mehr Hartz IV oder für eine Entschärfung von Sanktionen beim Jobcenter einsetzen. Wenn Sie es nicht schaffen, zuvor vor der eigenen Haustür zu kehren, die eigenen Behörden gut aufzustellen, dann merken die Menschen, dass es eigentlich gar nicht um sie geht, sondern nur um politisches Schönwettermachen.

(Beifall CDU, Abgeordnete Dr. Schaefer [Bündnis 90/Die Grünen]: Na ja, auf Bundesebene streitet man sich ja nur, da wird ja nicht regiert!)

Da muss ich jetzt aber sagen, dass Frau Dogan von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen sich anders hingestellt hat als die Fraktion der SPD. Als abschließenden Satz habe ich nur noch zu sagen, dass Sonntagsreden und leere Versprechungen nicht weiterhelfen und dass sich an der Stelle etwas tun muss. – Vielen Dank!

(Beifall CDU)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Dr. Buhlert.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir reden wiederholt über Behörden, die ihre Arbeit nicht so tun können und nicht so verrichten, wie wir als Bürgerinnen und Bürger das erwarten und zu Recht erwarten können. Die Wohngeldstellen in Bremen und Bremerhaven stehen in einer Reihe mit der Kfz-Zulassung, der Elterngeldstelle, dem Stadtamt, dem Standesamt und sicherlich kann der eine oder andere noch weitere Stellen benennen.

Natürlich sind die Kommunen dafür verantwortlich, und insofern ist es nicht nur der Senat, der hier in der Verantwortung steht. In Bremerhaven ist es nämlich der Magistrat, der dort gefordert ist, Abhilfe zu schaffen. Und es ist nicht so, dass man das da schönredet oder schönreden könnte, wie es Herr Pohlmann versucht hat und zudem versucht hat, alles zu beschwichtigen.

Frau Dr. Claudia Schilling, Sozialdezernentin in Bremerhaven, hat laut „Nordsee-Zeitung“ gesagt, in der Wohngeldstelle brennt die Hütte. Und das beschreibt es, glaube ich, ziemlich deutlich.

(Beifall FDP)

Und wenn Sie als Mensch, der 30 Prozent seines Einkommens und mehr für die Miete aufbringen muss, lange auf das Geld warten müssen, heißt das, Sie müssen an anderer Stelle Konsumverzicht üben. Sie können nichts anderes kaufen, Sie müssen warten, bis Sie das Geld bekommen, und das belastet, und das führt dazu, dass Sie jeden Tag, jede Stunde wieder daran denken müssen, dass Sie hier missachtet und Ihre Rechte nicht gesehen werden und Sie als Mensch nicht so gesehen werden, wie es Ihnen eigentlich gebührt.

(Beifall FDP)

Nun kann man sehr schnell darüber reden, was man kurzfristig machen kann. Da gilt es eben, Personal einzustellen. Wir haben dann auch auf der Homepage des Bauressorts eine Stellenausschreibung gefunden. Ja, das braucht man, um das Ganze schnell zu tun. Wenn man aber weiß, dass im Jahr 2016 die Änderung erfolgt ist, die dazu geführt hat, dass das Aufkommen steigt, was zu erwarten war, dass eine neue Software eingeführt wird, dann muss man nicht warten, bis das Desaster kommt, sondern man weiß, dass man vorbauen kann und entsprechend handeln muss.

(Beifall FDP)

Aber wir sind im Landtag, und deswegen auch noch ein paar Hinweise, ein paar Dinge grundsätzlicher Art. Ich stimme Frau Dogan zu, und wir Freien Demokraten sehen auch, dass von jedem Bürger verlangt wird, hier seine Dinge zu tun. Sie haben ihre Rechte, aber wir als Staat stehen auch in der Pflicht, diese Rechte zu erfüllen. Und wenn der Staat diesen Rechten nicht nachkommt und nicht einmal die Organisation hinbekommt, nicht einmal die Verwaltung hinbekommt, dann fangen die Menschen an, an diesem Staat und an der Demokratie zu zweifeln. Und das führt nicht nur zu Politikverdrossenheit, sondern auch zu Demokratieverdrossenheit, und das müssen wir abstellen, das sind wir als Demokraten unserem Staat und unserer Demokratie schuldig.

(Beifall FDP)

Der Staat muss funktionieren, und wir müssen uns darum kümmern, dass die Verwaltung funktioniert. Ich möchte noch genereller in die Frage einsteigen, ob diese ganze Organisation der Sozial- und Transferleistungen eigentlich noch zeitgemäß ist. Ist es noch zeitgemäß, dass man mehreren Ämtern darlegen muss, welches Einkommen man erzielt, dass man das dem Finanzamt erklären muss, der Sozialbehörde und in Bremen dann auch noch dem Bauressort, dass man 20-seitige Anträge mit Hinweisen, zusätzlichen Fragebögen und Bescheinigungen vorlegen muss, und man nicht einmal die Unterlagen vollständig haben kann, sondern jeder falsch gesetzte oder nicht gesetzte Haken dazu führt, dass man das Ganze nicht einreichen kann? Führt es nicht dazu, dass wir überlegen müssen, ob wir diese Transferleistungen zusammenbringen?

Wir Freien Demokraten schlagen dazu ein Bürgergeld vor, das man an einer Stelle und viel einfacher beantragen kann, für das es nicht so komplizierte Verfahren gibt, wie wir sie bisher für viele differenzierte und viel zu differenzierte Sozialleistungen haben, die wir damit nicht in der Höhe in Frage stellen wollen, aber in ihrer Kompliziertheit durchaus kritisieren.

(Beifall FDP)

Und ein Weiteres: In Bremen kann man den Wohngeldantrag im Internet finden. Es gibt ja Menschen, die wenig Einkommen haben und durchaus der digitalen Welt offen gegenüberstehen. In NordrheinWestfalen finden Sie beim Ministerium einen Antrag auf Wohngeld, den Sie digital stellen können

und den können Sie dann an Ihre Heimatgemeinde weiterleiten. Und dort werden die Fragen gleich bei den Feldern mit beantwortet, in denen Sie etwas eintragen müssen und können. Übrigens können diese Felder Ihnen dann höchstwahrscheinlich, ich habe es nicht getestet, auch noch sagen, wenn Sie sie nicht korrekt ausgefüllt haben, dass der Antrag unvollständig ist und Sie ihn besser noch einmal vollständig ausfüllen, in dem roten Feld, das aufleuchtet, noch entsprechende Ergänzungen machen und dann einen vollständigen digitalen Antrag absenden, der dann digital überprüft werden kann, der dann im Prinzip von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern einer Wohngeldstelle leicht bearbeitet werden kann. So etwas wünsche ich mir, und solche digitalen Möglichkeiten gibt es.

Und vielleicht kann ja einmal jemand im Magistrat und im Senat fragen, ob man eine derartige Software mit unserer Software verbinden kann und spätestens bei der nächsten Reform auch auf solche Methoden setzen. Dann reden wir nicht nur über zusätzliches Personal, sondern dann reden wir über eine Verwaltung, die Angebote für diejenigen macht, die sich in dieser digitalen Welt bewegen.

(Beifall FDP)

Das Papier werden wir noch weiter brauchen, aber wir müssen diese Angebote in der digitalen Welt machen, um die Stellen zu entlasten, damit wir die Dinge hinbekommen und die Verwaltung gewährleisten. Denn die Menschen haben zu Recht die Erwartung, dass die Verwaltung funktioniert, und da sollten wir doch so etwas wie Digitalisierung endlich einmal nutzen. – Vielen Dank!

(Beifall FDP)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Bücking.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Kollege Herr Pohlmann hat gesagt, das Thema hätte wohl besser in die Stadtbürgerschaft gehört.

(Abgeordneter Dr. vom Bruch [CDU]: Da hat es gar nichts zu suchen!)

Da mag er Recht haben, aber ich glaube, dass wir darüber reden, ist absolut angemessen. Denn das Thema ist hier an diesem Ort, wo wir gemeinsam Politik zu verantworten, haben an der richtigen Stelle. Es gibt also einen Bedarf an Debatte, und ich

möchte dazu sagen, es gibt einen Bedarf an Korrektur.

Wir als Regierungskoalition und namentlich wir als Fraktion Bündnis 90/Die Grünen haben einen anderen Anspruch an das, was Verwaltung leisten muss, wenn es um elementare soziale Rechte geht. So, wie es im Moment ist, ist es absolut unbefriedigend und für die Betroffenen ein kaum erträglicher Zustand. Nicht für alle, viele bekommen ihr Geld, aber doch für einen großen Teil, der ewig warten muss und dringend darauf angewiesen ist. Das möchte ich an den Anfang stellen, und ich möchte sagen, wenn man konfrontiert ist mit einem solchen „Lack“ zwischen Anspruch und dem, was wir an einer so wichtigen Stelle wirklich leisten, dann kann man sich nur entschuldigen. Dann kann man sich bei den Betroffenen nur entschuldigen.

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen, FDP)

Ich glaube aber auch, dass es ein bisschen wohlfeil ist, an der Stelle aufzuhören, weil man nämlich anschauen muss, woher das Problem kommt und wie man es abstellen kann. Was wird bereits getan, um es abzustellen? Meine Kollegin Frau Dogan hat schon über Bremerhaven gesprochen, ich will ein paar Sätze zu Bremen sagen und möchte darauf aufmerksam machen, dass da ein Unterschied ist.

(Zuruf Abgeordnete Ahrens [CDU])

Ja, auch in Bremen quält dieses Problem seit eineinhalb Jahren. Das, glaube ich, muss man zum Ausgangspunkt machen, wenn man genauer hinsieht. Aber die Bremer Wohngeldstelle wird seit diesen eineinhalb Jahren, seitdem wir sehen, dass es dieses Problem gibt, systematisch unterstützt, systematisch begleitet und mittlerweile umorganisiert, um sich ihrer Aufgabe besser stellen zu können. Das, was wir da gemacht haben, zeigen wir Ihnen gern ausführlich in jedem Dokument.

(Abgeordnete Ahrens [CDU] meldet sich für eine Zwischenfrage.)

Nein, Frau Ahrens, ich muss hier meine Argumentation vortragen, Sie können sich gern, wenn ich zu Ende gesprochen habe, noch einmal zu Wort melden.

Die Bremer Wohngeldstelle – wenn man heute die Bilanzen ansieht, und das zeigt ein bisschen, was wir hinter uns haben – hat mit einem beunruhigenden Krankenstand zu kämpfen – Größenordnung ein Fünftel der Belegschaft – sie hat mit dem zu

kämpfen, was wir sonst beglückend finden, dass mittlerweile drei Kolleginnen in den Mutterschutz gegangen sind. Das ist nicht planbar. Sie hat zu kämpfen mit einer enormen Fluktuation, und alle diese Phänomene treten immer wieder auf. Es ist deswegen ja nicht nebensächlich für das Management im Ressort, darauf Antworten zu finden. Was haben die nun gemacht? Als Allererstes haben sie dreimal eine Gruppe von drei bis vier Kolleginnen und Kollegen aus anderen Ressorts, namentlich dem Finanzressort, gebeten zu helfen. Das haben die auch gemacht. Das hat das Problem kleiner gehalten als es wäre, wenn die nicht gekommen wären.

Zweitens: Sie haben mittlerweile durchgesetzt, dass die Vollzeitstellen von 13 auf 18, also immerhin um beachtliche fünf, aufgestockt worden sind. Das ist auch bedeutsam. Dann hält man so etwas besser aus. Und schließlich haben sie sich jetzt eine Neuorganisation der Arbeit vorgenommen und schon durchgeführt. Diese Neuorganisation der Arbeit führt dazu, dass die Unterbrechungen, die der einzelne Sachbearbeiter zu erleiden hat, wenn er angerufen wird, wenn eine neue Akte kommt, wenn Kundschaft kommt, in einem Front Office abgefangen werden und die anderen Kollegen sich auf das Abarbeiten der einzelnen Akten konzentrieren können, verbunden mit der Hoffnung, dass diese Verminderung der Störungen, Ablenkungen, Unterbrechungen dazu führen, dass die Leistung steigt. Wir haben die Akten, die ewig liegen, aus dem Tagesgeschäft herausgenommen, um sie als eigenen Block abzuarbeiten, damit der Kollege sozusagen aus der Depression entlassen wird, neben einem Stapel Akten im Schatten zu sitzen.

Das alles scheinen mir vernünftige Maßnahmen zu sein. Wenn man ehrlich ist, führen sie nicht dazu, dass plötzlich die Zahl der liegen gebliebenen Akten abnimmt, sondern Umorganisation selbst kostet wieder Zeit und Kraft mit der Konsequenz, dass wir damit rechnen, dass es jetzt noch einmal einen kleinen Anstieg gibt und dann allerdings auch wirklich einen Abbau.

Das kann man nun hinterfragen und sagen: Hätte nicht gleich am Anfang dieses Prozesses, also vor einem Jahr, sage ich einmal, die Neuorganisation stattfinden müssen, dann wären wir jetzt weiter? Eine völlig berechtigte Frage. Ich glaube, dass das Ressort eine Zeitlang geglaubt hat, mit dem Abarbeiten des liegen gebliebenen Aktenbergs sei das Problem zu lösen und erst im Zuge der weiteren Entwicklung erkannt hat, dass mit diesem Team in

der jetzigen Organisationsweise das Problem auf Dauer nicht handhabbar ist.

Das alles muss man, glaube ich, wissen, wenn man sich gegen die Sorgen und die Polemik behaupten will, die sagt: Nichts ist in der jetzigen Situation schädlicher als ein schwacher und dysfunktionaler Staat, als eine schwache und nicht leistungsfähige Verwaltung, vor allem dann, wenn sie etwas mit dem Alltagsleben der Menschen und mit ihren sozialen Sorgen vor dem Hintergrund eines außer Rand und Band geratenen Wohnungsmarkts zu tun hat. Das finde ich einen Hinweis, der absolut berechtigt ist.

Ich selbst werbe sehr dafür, dass wir einen funktionsfähigen starken, leistungsfähigen Staat haben, der in der Lage ist, dazu beizutragen, dass die Leute mit den schmaleren Schultern, die Leute mit den größeren wirtschaftlichen Sorgen, die Leute mit den geringeren Verbindungen unterstützt werden. Deswegen finde ich die Lage keineswegs geeignet, um zu sagen: Wir machen alles richtig. Aber ich finde, wir können nachweisen, dass wir am Richtigen arbeiten und dass wir mit Sicherheit demnächst sagen können: Es ist besser geworden. – Vielen Dank!

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Janßen.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch wir haben uns in der Zuständigkeit aufgeteilt, Bremerhaven und Bauzuständigkeit. Ich möchte jetzt noch einmal auf ein paar Kommentare eingehen, die im Laufe dieser Debatte gefallen sind. Mir hat es gut gefallen, dass die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hier mit einer Rednerin und einem Redner noch einmal dargestellt haben, dass die Situation nicht zufrieden stellend ist und wir einen handlungsfähigen Staat brauchen. Ich habe es auch so wahrgenommen, Sie haben sich entschuldigt dafür. Das finde ich eine Herangehensweise an einen derartigen Zustand, der der Sache angemessen ist. Man stellt fest, es gibt hier einen Missstand. Und genau das, meine sehr geehrten Damen und Herren von der Fraktion der SPD, habe ich bei Ihnen vermisst. Ich finde, das ist in der Lage angebracht.

(Beifall DIE LINKE, FDP)