Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Für den Senat beantworte ich die Anfrage wie folgt:
Zu Frage eins: Für die Beantwortung dieser und der folgenden Fragen wurde das polizeiliche Vorgangsbearbeitungssystem manuell ausgewertet,
da es keinen Abfrageparameter Flüchtling/geflüchtete Person gibt. Es wird darauf hingewiesen, dass die Zahlen nur eingeschränkt valide sind.
Bremerhaven: Nach den Erkenntnissen der Ortspolizeibehörde Bremerhaven gab es im angefragten Zeitraum keine Suizide von Geflüchteten in Bremerhaven.
Stadt Bremen: Nach den Erkenntnissen der Polizei Bremen gab es in diesem angefragten Zeitraum drei Fälle.
Zu Frage zwei: Bremerhaven: Nach den Erkenntnissen der Ortspolizeibehörde Bremerhaven haben im angefragten Zeitraum drei Personen einen versuchten Suizid begangen. Zwei Personen waren im Besitz einer Duldung und eine im Besitz einer Aufenthaltsgestattung.
Bremen: Nach den Erkenntnissen der Polizei Bremen haben im angefragten Zeitraum 60 Personen einen versuchten Suizid begangen. 44 Personen befanden sich im Asylverfahren, 14 Personen waren im Besitz einer Duldung, und bei zwei Personen ist der Aufenthaltsstatus unbekannt.
Zu Frage drei: Bremerhaven: Die Personen waren 28, 30 und 46 Jahre alt. Zwei Personen waren männlich, eine Person weiblich. Zwei Personen waren albanischer und eine Person afghanischer Staatsangehörigkeit.
Bremen: In Bremen waren zehn Personen 15 bis 18 Jahre alt, 26 Personen 19 bis 25 Jahre alt, 20 Personen 26 bis 35 Jahre alt, und sieben Personen 36 Jahre und älter. 14 Personen waren weiblichen und 49 männlichen Geschlechts. In der Reihenfolge der Häufigkeit hatten die Personen die Staatsangehörigkeiten folgender Länder: Syrien, Afghanistan, Serbien, Ägypten, Marokko, Iran, Somalia, Guinea, Eritrea, Sierra-Leone, Indien, Albanien, Algerien, Bosnien-Herzegowina, Türkei und Gambia. – So weit die Antwort des Senats!
Danke, Herr Präsident! Erst einmal, Herr Senator, möchte ich mich ganz herzlich bedanken, dass Sie das manuell ausgewertet haben. Eine Rückfrage: Sie haben angegeben, dass 60 Personen in der Stadtgemeinde Bremen versucht haben, sich das Leben zu nehmen. Haben Sie eine Erklärung für diese extrem hohe Zahl?
Ich habe diese Frage erwartet und habe mir deswegen noch einmal die Akten der Personen, die sich in diesem Zeitraum das Leben genommen haben, geben lassen. Wenn man sich die Dinge anschaut, erkennt man sehr genau, dass es keinen Zusammenhang gibt. Wir haben alle Verfahren daraufhin angeschaut, ob sie im Zusammenhang mit einer geplanten Rückführung oder mit eingeleiteten aufenthaltsbeendenden Maßnahmen standen. In allen drei Fällen war das nicht der Fall. Es waren Personen, die einen sicheren Aufenthaltstitel hatten. Es war ein 16-jähriger syrischer Junge, der möglicherweise einen Konflikt mit seinem Vater hatte. Es war eine ältere Frau. Eine Person kam aus Ägypten, die sich in der JVA das Leben genommen hat. Es gibt also keinen Zusammenhang, auch wenn man vielleicht auf den ersten Blick vermuten kann, dass aufenthaltsbeendende Maßnahmen dazu geführt haben, dass diese Personen so reagieren.
Danke, Herr Präsident! Herr Senator, Ihre Antwort bezog sich ja nun auf die drei vollzogenen Suizide, aber meine Frage bezog sich auf die 60 versuchten Suizide, deren Anzahl sehr hoch ist. Haben Sie dort auch noch einmal genauer hingeschaut? Könnte es einen Zusammenhang mit Unterbringungsbedingungen oder anderen Faktoren geben?
Wir haben diese 60 Fälle natürlich nicht auswerten können, aber ich sage einmal: Die drei vollendeten Suizide zeigen exemplarisch, dass es keine einfache Antwort auf dieses Thema gibt, aber wir haben die allgemeine Erfahrung gemacht, dass die Selbsttötungsquote bei Personen, die in schwierigen Verhältnissen leben, deutlich höher ist als bei der Durchschnittsbevölkerung. Ich kann das aus eigener Erfahrung schildern. Ich war in der JVA einmal zuständig für 500 bis 600 Gefangene. Wir hatten eine gewisse Anzahl an Selbsttötungen. Das überrascht eigentlich nicht. Es ist bitter, aber es ist völlig klar, dass, wenn man sich bundesweit die Zahlen aller Gefangenen anschaut, in diesem Personenkreis die Zahl der Selbsttötungen deutlich höher ist als in einem vergleichbaren anderen Feld. Ich will das jetzt nicht eins zu eins übertragen, aber wenn man sich einmal die persönliche Situation von vielen Flüchtlingen anschaut, die traumatisiert sind, die aus Bürgerkriegsverhältnissen kommen, überrascht es nicht, dass das Risiko, dass die sich etwas antun, um ein vielfaches größer ist – selbst
Herr Senator, haben Sie einmal auswerten lassen, ob es einen signifikanten Unterschied gibt zwischen Selbsttötungsversuchen oder auch vollendeten Selbsttötungen in der – ich nenne es einmal – Normalbevölkerung und den hier angesprochenen Zugewanderten, die möglicherweise in einem Asylprozess stecken?
Da verweise ich, Herr Abgeordneter, auf Ihre Anfrage vom 25. September 2017, Drucksache 19/1160. Auch darauf habe ich mich vorbereitet. Sie haben uns damals zwölf Fragen zu der gesamten Problematik der Selbsttötung gestellt und darauf nehme ich auch heute Bezug.
Ich empfehle letzteres, denn es macht, glaube ich, keinen Sinn, das, was Sie gefragt haben, hier noch einmal zu wiederholen.
Nein, das wollen wir nicht machen. Ich habe heute noch mehrere Fragen zu beantworten und möchte es dabei belassen.
Die vierte Anfrage betrifft die „Schulverweigerung im Land Bremen“. Die Anfrage trägt die Unterschriften der Abgeordneten Remkes, Timke und Gruppe BIW.
Erstens: Wie viele Fälle von Schulverweigerung in Form unentschuldigter Abwesenheit schulpflichtiger Kinder vom Unterricht sind im Jahr 2017 im Land registriert worden, wie hat sich die Zahl solcher Fälle seit dem Jahr 2012 entwickelt und wie viele Bußgeldbescheide wurden verhängt?
Zweitens: In wie viel Prozent aller Fälle aus Frage eins fehlten die schulpflichtigen Kinder unentschuldigt im unmittelbaren zeitlichen Umfeld von Schulferien – drei Tage vor Beginn und drei Tage nach Ende der Ferien? Bitte getrennt nach Jahren ausweisen!
Drittens: Nach wie vielen Tagen des unentschuldigten Fehlens wird im Land Bremen eine Schulversäumnisanzeige gestellt und wie viele Schulzuführungen durch die Polizei fanden im unter Frage eins genannten Zeitraum statt? Bitte getrennt nach Jahren ausweisen!
Zu Frage eins: Fälle von Schulvermeidung werden erfasst, wenn sie mittels eines Bußgeldbescheides sanktioniert worden sind. In der Stadtgemeinde Bremen kam es im Schuljahr 2017/2018, mit Stand Juli 2018, zu insgesamt 124 beschiedenen Vorgängen. Im Schuljahr 2016/2017 war die Zahl mit 60 Bescheiden vergleichsweise niedrig, da die Bescheidung wegen Personalengpässen vorübergehend ausgesetzt werden musste.
Zuvor war die Zahl der Vorgänge von 86 im Schuljahr 2011/2012 über 110 in 2012/2013, 140 in 2013/2014 auf 253 in 2014/2015 angestiegen und schließlich im Schuljahr 2015/2016 zuletzt wieder leicht auf 243 Vorgänge zurückgegangen.
Die Entwicklung in der Stadtgemeinde Bremerhaven ist vergleichbar. Dort kam es im Jahr 2018, mit Stand Juli 2018, zu insgesamt 39 beschiedenen Vorgängen. Im Jahr 2012 wurden 24 Bußgeldverfahren eingeleitet. Im Jahr 2013 lag die Zahl bei 37 und im Jahr 2014 bei 32. In der Spitze kam es hier ebenfalls im Jahr 2015 zum höchsten Wert mit 52 Vorgängen. Es folgten 25 und 19 Bußgeldverfahren in den Jahren 2016 und 2017.
Zu Frage zwei: In der Stadtgemeinde Bremen schwankt die Anzahl der beschiedenen Fälle von Schulverweigerung, die im Umfeld der Ferien lagen, erheblich.
Im Jahr 2011/2012 waren es 33,72 Prozent aller beschiedenen Vorgänge. Im Jahr 2012/2013 lag die Quote bei 18,18 Prozent, im Jahr 2013/2014 bei 12,85 Prozent, im Jahr 2014/2015 bei 13,83 Prozent, im Jahr 2015/2016 bei 27,57 Prozent, im Jahr 2016/2017 bei 40,0 Prozent und im Jahr 2017/2018, mit Stand Juli 2018, bei 6,45 Prozent.
Eine Differenzierung nach der Länge der Ferienverlängerung erfolgt dabei nicht. In Bremerhaven werden diese Angaben statistisch nicht erfasst.
Zu Frage drei: Nach dem Handbuch „Schulabsentismus“ müssen Schulen bereits ab dem ersten unentschuldigten Fehltag tätig werden. Sollten vier oder mehr unentschuldigte Fehltage im Schulhalbjahr auftreten, werden weitere Maßnahmen in die Wege geleitet, so die mögliche Einbindung des Sozialdienstes junger Menschen, der Erziehungsberechtigten oder die Abhaltung von Klassenkonferenzen. Sollten diese Maßnahmen nicht innerhalb von sechs Wochen eine Besserung des Schulbesuches zeigen, soll das Regionale Beratungs- und Unterstützungszentrum, ReBUZ, eingeschaltet werden.
Wann und ob ein Antrag auf Einleitung eines Bußgeldverfahrens gestellt wird, wird sehr individuell und in der Regel nach der Mitarbeit der Familien und nicht nach der Anzahl der Fehltage entschieden. Erreichen die Mitarbeitenden der ReBUZ die Familien und es findet ein Beratungsprozess statt, wird selten ein Bußgeldantrag gestellt. Werden die Familien nicht erreicht und ein Beratungsprozess kann nicht stattfinden, wird schneller zu dem Instrument des Bußgeldantrages gegriffen. Schulzuführungen durch die Polizei werden von den Schulen jeweils im Einzelfall, in der Regel mit den jeweiligen Kontaktpolizisten, veranlasst. Eine gesonderte statistische Erfassung erfolgt nicht.
Wichtig ist, dass der Fokus der Arbeit der ReBUZ hinsichtlich Schulverweigerung auf Beratung und Unterstützung liegt und nicht auf Sanktionierung. – Soweit die Antwort des Senats.
also nicht der Höhe nach, sondern wie viel Prozent dann auch tatsächlich bezahlt werden oder im Sande verlaufen?
Das kann ich Ihnen jetzt nicht genau sagen. Ich weiß aber, dass es auch eine größere Anzahl von Bußgeldbescheiden gibt, bei denen wir noch Außenstände haben.