Doch, es ist aber praktisch, da sind noch Faktoren, die man herausrechnen muss. Ich sage einmal Straßenbeleuchtung, Straßenreinigung und dergleichen helfen auch Fahrradfahrern und Fußgängern, das betrifft nicht nur Autofahrer. Deswegen glaube ich, dass wir auch eine vernünftige Verkehrsinfrastruktur haben, unabhängig vom individualen Autoverkehr. Wir haben Wirtschaftsverkehre. Die Hauptbelastung auf unseren Straßen sind keine Pkws, sondern das sind Lkws. Das muss man deutlich sagen.
Die Infrastruktur wird mehr von Lkws – –. Ich bin sofort fertig! Wir lehnen den Antrag ab und ich finde es trotzdem falsch, das so zu verrechnen. Aber wir können das kleinteilig noch einmal mit einer Excel-Tabelle nachrechnen. – Vielen Dank!
Bevor ich den nächsten Redner aufrufe, möchte ich auf der Besuchertribüne recht herzlich die Mitglieder des Arbeitervereins Use Akschen hier heute in der Bürgerschaft begrüßen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Besucherinnen und Besucher! Jeder soll den ÖPNV unentgeltlich nutzen dürfen. Auf den ersten Blick eine verlockende Idee, um Autofahrer zum Umstieg auf Bus und Bahn zu bewegen und so die Luftqualität in unseren Städten zu verbessern. Doch der Schein trügt, denn dieser Vorschlag bringt eine Reihe von Problemen mit sich. Auch die Erfahrungen, die weltweit mit dem Konzept kostenloser ÖPNV in den letzten Jahrzehnten gesammelt wurden, sind leider ernüchternd.
Da sind zunächst einmal die hohen Kosten. Nach Angaben des Verbandes Deutscher Verkehrsunternehmen haben Deutschlands ÖPNV-Unternehmen im Jahr 2017 mit insgesamt rund 10,3 Milliarden Fahrgästen Einnahmen in Höhe von 12,8 Milliarden Euro erzielt. Diese Einnahmen würden bei einem kostenlosen ÖPNV natürlich wegfallen und müssten kompensiert werden. Doch dabei bleibt es nicht. Denn die Umsetzung des Modells würde, und davon gehen sowohl Experten als auch die Fraktion DIE LINKE in ihrer Antragsbegründung aus, zu einem drastischen Anstiegs des Fahrgastaufkommens führen. Diese Entwicklung aber macht mehr Fahrzeuge und mehr Personal sowie einen Ausbau der Verkehrsinfrastruktur erforderlich, was wiederum Investitionen in Milliardenhöhe notwendig macht und zugleich die laufenden Kosten für die Verkehrsbetriebe deutlich erhöhen würde.
Unter dem Strich ist mit erheblichen Mehrbelastungen zu rechnen, die letztlich die Bürger finanzieren müssten, sei es in Form von Steuern oder einer pauschalen Nahverkehrsabgabe, wie sie etwa die Grünen fordern.
Der angeblich unentgeltliche ÖPNV wäre also in Wahrheit gar nicht kostenlos, weil man den Menschen die dafür erforderlichen Gelder an anderer Stelle aus der Tasche ziehen würde. Bedenken Sie, allein in Bremen wird die BSAG jedes Jahr schon mit 50 Millionen Euro bezuschusst. Der Vorschlag der Partei DIE LINKE, den Steuererlass für Dieselfahrzeuge zu streichen und so den kostenlosen ÖPNV, wenn auch nur teilweise, gegen zu finanzieren, ist populistisch, weil wichtige Faktoren ausgeblendet werden.
Zunächst gibt es eine generelle Förderung von Dieselkraftstoffen in Deutschland nicht, wie unlängst die Bundesregierung in Beantwortung einer Anfrage der Grünen im Deutschen Bundestag festgestellt hat, denn im Gegenzug müssen Dieselfahrer höhere Kfz-Steuern entrichten. Die Subventionierung von Dieselkraftstoff wurde in Deutschland bereits in den 1950er Jahren eingeführt, um die Wettbewerbsfähigkeit der Speditions- und Nutzfahrzeugbranche zu stärken sowie die Landwirtschaft zu entlasten.
Zu diesem spielt der Dieselmotor beim Pkw keine Rolle, eine komplette Streichung der Steuererleichterung, wie Sie von linker Seite gefordert wird, würde nicht nur die Besitzer von Diesel-Pkw, sondern eben auch das Transportgewerbe treffen, das sich schon jetzt in einem harten Wettbewerb mit Billiganbietern aus Osteuropa behaupten muss. Das würde nicht nur die Arbeitsplätze in der Branche gefährden, sondern auch die Verbraucherpreise steigen lassen. Schließlich müssen praktisch alle Güter, und vor allem solche des täglichen Bedarfs, ganz oder teilweise mit dieselbetriebenen Lkw transportiert werden.
Dieselben nachteiligen Verbrauchspreiseffekte hätte der Wegfall der Dieselsubventionierung für die Landwirtschaft. Um diese Probleme zu vermeiden, müsste es für die beiden Wirtschaftszeige eine finanzielle Kompensation geben. Die eingesparten Mittel aus der Streichung des Steuernachlasses für Dieselkraftstoff würden also nicht vollumfänglich für die Finanzierung eines kostenlosen ÖPNV-Angebots zur Verfügung stehen.
Die Idee, den öffentlichen Personennahverkehr für alle Bürger unentgeltlich zu machen, trifft noch auf ein weiteres Problem, das in der öffentlichen Diskussion bislang kaum Beachtung gefunden hat. In Deutschland fehlt es schon heute an Fahrern für
Busse und Bahnen. In einer aktuellen Umfrage des Bundesverbandes Deutscher Omnibusunternehmer e.V., bdo, geben 79,1 Prozent der Busunternehmer an, über zu wenig Mitarbeiter zu verfügen, weil offene Stellen mangels geeigneter Bewerber nicht besetzt werden können.
Akut fehlen 2 000 bis 3 000 Busfahrer. Wegen der demographischen Entwicklung soll diese Personallücke in den nächsten Jahren sogar auf bis zu 10 000 Fachkräfte anwachsen. Sollte der kostenlose ÖPNV auch nur teilweise, etwa für bestimmte Zielgruppen, realisiert werden, würde das den Bedarf an entsprechend qualifizierten Fahrern noch einmal deutlich ansteigen lassen.
Davon unabhängig stellt sich die Frage, ob die Einführung eines kostenlosen ÖPNV tatsächlich dazu führt, dass mehr Autofahrer auf Busse und Bahnen umsteigen. Umfragen, wie die Partei DIE LINKE sie in ihrer Antragsbegründung zitiert, die eine hohe Umsteigebereitschaft in der Bevölkerung signalisieren, sind mit Vorsicht zu genießen, da viele Befragte sozial erwünschte Antworten geben. Die Praxiserfahrungen, die durch die Gratisnutzung öffentlicher Verkehrsmittel weltweit gesammelt wurden, sprechen leider eine andere Sprache.
Vor diesem Hintergrund ist der Vorschlag der LINKEN, das Recht zur kostenfreien Nutzung von Bussen und Bahnen zunächst auf ausgewählte Nutzergruppen wie Kinder, Jugendliche, Senatoren und Senioren zu beschränken
Senatoren, Entschuldigung!, nehme ich zurück, – wenig zielführend um die Luftqualität zu verbessern, denn diese Personen fahren vergleichsweise selten mit dem Auto – das war jetzt bezogen auf die Senatoren. Der Grund, warum Menschen den eigenen Pkw dem Bus oder der Bahn vorziehen, ist die höhere Flexibilität, mit dem Auto kommt man regelmäßig leichter und schneller an das Ziel, ohne ein Umsteigen und lange Fußwege und das zu jeder gewünschten Zeit.
Wer die Menschen dazu bringen will, weniger mit dem Auto zu fahren, der muss den ÖPNV attraktiver machen, entweder durch den Ausbau des Streckennetzes, wie Herr Janßen schon gesagt hat, oder eine dichtere Taktung auch außerhalb der Stoßzeiten. Nur umsonst reicht nicht, so das Resümee von Verkehrsforschern und den Experten.
Dem schließen wir uns als Bürger in Wut an. Das Konzept kostenloser ÖPNV ist nicht geeignet, die Schadstoffbelastung in unseren Städten nachhaltig zu reduzieren.
Im komme zum Schluss! Mit ihrem Antrag versucht die Fraktion Die LINKE ein Verkehrsmodell zu retten, das weder innovativ noch sinnvoll ist. Deshalb lehnt die Gruppe Bürger in Wut diesen Antrag ab. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die Debatte hat ja mehrere Aspekte: Das eine ist der soziale Aspekt. Über die Frage, können die Leute den ÖPNV benutzen und bezahlen oder reicht das, was sie an Transferleistungen hierfür bekommen, nicht aus, und sind sie dazu in der Lage, kann man diskutieren.
Da kann man über Hartz-VI-Sätze diskutieren und fragen, ob der Bund an der Stelle mehr geben muss oder ob wir andere Maßnahmen ergreifen müssen, damit diese Gruppen die Nutzung, die sie bezahlen, sich dann auch wirklich leisten können. Das ist die eine Komponente. Die andere Sache, die man auch diskutieren kann ist, ob wir die Teilhabe in der Größenordnung haben wollen und ob ÖPNVNutzung damit zur Teilhabe gehört. Das können wir diskutieren, da kann man auch über Ticketmodelle nachdenken.
Das andere sind die Fragen: Was bewirkt das Ganze ökologisch und was bewirkt das Ganze dann für unsere Stadt? Das erste ist, kostenloser ÖPNV lässt erst einmal alle Einnahmen wegfallen, die über Tickets erzielt werden. Und das heißt, diese müssen kompensiert werden und wir reden dann über einen steuerfinanzierten ÖPNV, wo natürlich der Bund vielleicht einmal einen Zuschuss gibt. Am Ende aber ist der ÖPNV eine Aufgabe der Kommunen und das heißt, Sie fordern nichts anderes, als dass das Geld an anderer Stelle in Bremen fehlt. Das muss man sehen. Dann muss man sehen, ob man das will oder ob man diese Prioritätensetzung haben will. Wir als Freie Demokraten haben diese Prioritätensetzung nicht.
Das andere ist, ob Sie die Ziele erreichen. Stickoxidbelastung ist nicht das Problem Bremens. Da würde der Bund eine andere Kommune vorziehen.
Die nächste Frage ist: Können wir die Ziele, die wir wollen, nicht anders erreichen und nutzen dann wirklich mehr Leute den ÖPNV? Es wird hier immer so schlankweg behauptet, dann steigen mehr Leute da ein. Und sind es die richtigen, wird dann infrage gestellt. Man kann diese Frage stellen. Tallin ist gemeinhin ein Beispiel, wo das praktiziert wird und das immer hochgehalten wird. Ja, da sind die Fahrgastzahlen gestiegen. Wir als Fraktion der FDP haben dort mit dem Verkehrsministerium gesprochen. Warum sind die Fahrgastzahlen in Tallin gestiegen? Sie haben mehr Einwohner und sie haben eine neue Linie zum Flughafen gebaut. Das ist die Begründung. Es hat diesen Umstieg der Autofahrer nicht gegeben.
Da sage ich, es kommt auf zwei entscheidende Sachen an, das Angebot und die Frage, was kostet das andere darum herum, Parken und weiteres. Das sind die Einflussfaktoren. Es gibt häufig viel größere Qualitätsansprüche. Wir müssen auch einmal davon abkommen, immer zu diskutieren, wie wir das heutige System machen und dann auch zu diskutieren, ob es ungerecht ist zwischen Radfahrern, Fußgängern und Autofahrern zu verteilen. Ja, eine Straße muss eben 40, 60 Tonnen aushalten und die Brücke für die Fahrzeuge auch. Ein Radweg braucht das nicht. Den können Sie ganz anders bauen.
Insofern sind wir nicht bei dieser Ungerechtigkeitsdebatte zwischen der Finanzierung der verschiedenen Verkehrsmittel, sondern sagen: Es muss auskömmlich und bedarfsgerecht finanziert werden, was für Radfahrer, für Fußgänger, für ÖPNV und für Autos da ist und es muss dabei auch geschaut werden, wie die vernünftige Mischung ist. Es muss Verkehr insgesamt gedacht werden.
Aber stellen Sie sich einmal den Verkehr der Zukunft vor? Haben wir dann noch eine Straßenbahn in der jetzigen Art? Haben wir dann noch Busse mit Fahrern? – ich glaube übrigens nicht, dass die BSAG ein Problem hat Fahrerinnen und Fahrer zu gewinnen, das ist eine Debatte im ländlichen Raum, das kann man gut und gern sehen – aber haben wir das dann noch so? Haben wir dann nicht vielmehr autonom fahrende Fahrzeuge? Haben wir dann nicht alle eher einen Mobilitätsdienstleister
der uns versorgt? Haben wir dann noch eigene Autos oder kommen autonom fahrende Fahrzeuge zu uns oder fahren zumindest, wenn sie uns in die Stadt gebracht haben, autonom zum Laden in ein Lade- und nicht mehr in ein Parkhaus, das wir dann sinnvoll dort positionieren, wo Wind- und Solarstrom ankommen, um ihn zu nutzen.
Haben wir nicht eine ganz andere Situation und müssen wir nicht auch die Intermodalität bedenken? Ist es nicht bei viel mehr Menschen so, dass sie auf ihre App schauen wollen und sagen, ich bin jetzt da und wie komme ich am schnellsten an folgenden Ort, und sich nicht fragen: Ist das bequem mit dem Auto, ist das soundso oder kann ich mir das nicht anders vorstellen. Wir müssen doch Mobilität ganz neu denken. Wir diskutieren immer noch, als ob wir die Leute, wie in den 1970er Jahren, dazu bewegen müssen, durch attraktiven ÖPNV, diesen noch besser nutzen zu können.
Wir müssen alles dieses vor der Zukunftsentwicklung ansehen und nicht einfach sagen: Wir machen hier einmal eben schnell eine Geschichte, weil wir glauben, Sozialhilfebezieher, Transferleistungsbezieher entlasten zu können und damit unserem Klientel etwas Gutes zu tun, weil wir es nicht schaffen, die Hartz-VI-Sätze zu erhöhen und auf der anderen Seite aber vorgeben, dass wir damit viel mehr Leute in den ÖPNV bekommen.
Es funktioniert mit dem kostenlosen ÖPNV, wenn Sie aber das Angebot nicht ausweiten, kann ich Ihnen sagen, wird dann natürlich auch die Bahn im Zweifel überfüllter sein mit Leuten, die sonst Rad gefahren und zu Fuß gegangen sind.
Das habe ich auch bei Herrn Saxe gehört, ist nicht das Hauptanliegen, sondern die Frage ist: Wie bekommen wir Menschen dazu, sich ökologisch fortzubewegen. Dazu gehört für mich aber auch ein moderner Individualverkehr mit nachhaltigen Antrieben und nachhaltigen Fahrzeugen, das dürfen wir dabei nicht vergessen. – Vielen Dank!
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich werde dem Antrag der Fraktion DIE LINKE zustimmen und möchte das kurz begründen:
Wir haben in der Alternative für Deutschland große verkehrspolitische Debatten genau über dieses Thema: Kostenloser Nahverkehr. Bundesweit sind wir uns durchaus noch nicht ganz einig. Die Grundidee ist, dass entgegen vieler Finanzströme, die wir in der Bundesrepublik für fehlentwickelt halten, man in der Tat den Ausbau des öffentlichen Personennahverkehrs bundesweit – aber auch in Modellen als ein interessantes volkswirtschaftliches Vorhaben vielleicht bis zum Jahr 2050 – entwickeln könnte und halten kann.